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Das Wuppertaler Curriculum der Elementarteilchenphysik

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Kohärenz im Unterricht der Elementarteilchenphysik

Zusammenfassung

Seit 2016 wird an der Bergischen Universität Wuppertal das Wuppertaler Curriculum für den Unterricht der Elementarteilchenphysik entwickelt. Im Rahmen des Projekts Elementarteilchenphysik kompetent und spannend unterrichten haben sich Dr. Oliver Passon (Physik und ihre Didaktik), Prof. Dr. Wolfgang Wagner, Prof. Dr. Christian Zeitnitz (beide: Experimentelle Elementarteilchenphysik) und Thomas Zügge (Projektmitarbeiter in der AG Physik und ihre Didaktik) regelmäßig zur interdisziplinären Verständigung über den Bildungswert der Teilchenphysik und die Frage nach angemessenen curricularen Strukturen für einen Schulunterricht zum Thema getroffen. Dabei ist der Entwurf für ein Curriculum der Elementarteilchenphysik entstanden.

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Notes

  1. 1.

    Das Projekt wurde im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung als Teilprojekt der mit Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Maßnahmenlinie „Curriculare Weiterentwicklung“ im Projekt „Kohärenz in der Lehrerbildung“ (KoLBi) in der AG Physik und ihre Didaktik bei Prof. Dr. Johannes Grebe-Ellis an der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt.

  2. 2.

    Die Anforderungen des bayrischen Lehrplans lauten sehr ähnlich.

  3. 3.

    Man beachte, dass die Zuordnung nicht im Bereich „Quantenobjekte“ (GK) bzw. „Quantenphysik“ (LK) erfolgt.

  4. 4.

    Das Kunstwort „Mereologie“ bezeichnet die philosophisch-logische Untersuchung von Teil-Ganze-Beziehungen.

  5. 5.

    Dieser Umstand ist jedoch auch der Tatsache geschuldet, dass der Lehrplan (vorsichtig formuliert) sehr ambitionierte Ziele formuliert.

  6. 6.

    Die tatsächliche Reichweite der durch die starke Wechselwirkung vermittelten Anziehung zwischen den Quarks (\(\sim 0{,}2\,\mathrm {fm}\)) ist nicht identisch mit der Reichweite der hier betrachteten Kernbindung zwischen den Nukleonen (\(\sim 2{,}5\,\mathrm {fm}\)). Für den Zweck der qualitativen Abschätzung einer oberen Grenze genügt dies aber. Als Referenzwert für die Ausdehnung eines Kerns, welcher weit im „abgeknickten Bereich“ der Verteilung stabiler Kerne liegt, kann der von Rutherford errechnete Radius des Goldkerns (Ordnungszahl 79, \(\mathrm {Kernradius} \sim 12\,\mathrm {fm}\)) verwendet werden.

  7. 7.

    Das Akronym SLAC steht für die kalifornische Forschungseinrichtung Stanford Linear Accelerator Center.

  8. 8.

    Die Geschichte ist jedoch komplizierer: Etwa haben \(\Lambda \) (Lambda) und \(\Sigma ^0\) (Sigma 0) denselben Quarkinhalt, nämlich uds. Der Unterschied zwischen diesen Baryonen begründet sich erst durch Isospin- und Gruppendarstellungsargumente. Um diese Komplikation zu vermeiden, muss die Auswahl der Hadronen mit Bedacht vorgenommen werden. Günstig sind z. B. Neutron (udd), \(\Sigma ^+\) (uus; „schweres Proton“), \(\Delta ^{++}\) (uuu) und die geladenen \(\pi \)-Mesonen (\(u\bar{d}\) bzw. \(\bar{u}d\)). Das neutrale Pion (\(\pi ^0\)) ist hingegen ein (bis auf Normierung) \((u\bar{u}-d\bar{d})\)-Zustand. Das Reizvolle an der Diskussion dieses Beispiels liegt natürlich darin, dass hier bereits auf dem Niveau des statischen Quarkmodells deutlich wird, dass die Teil-Ganze-Relation der Quantenphysik nicht Aggregation, sondern Superposition bzw. Mischung sind.

  9. 9.

    Bereits die Sprechweise „tiefinelastisch“ ist kurios. Unter einer elastischen Streuung versteht man bekanntlich einen Prozess, bei dem die Summen der kinetischen Energie vor und nach dem Prozess identisch sind. Bei einer inelastischen Streuung findet hingegen eine Veränderung (z. B. Anregung) des Streupartners statt. Die hier betrachtete tiefinelastische Streuung ist eine inelastische Streuung am Proton – aber gleichzeitig eine elastische Streuung an seinen Konstituenten.

  10. 10.

    Auf Anfrage stellen wir diesen Textauszug gerne zur Verfügung!

  11. 11.

    Das eV (sprich e-Volt oder Elektronenvolt) als verbreitete Energieeinheit der Atom- und Teilchenphysik entspricht näherungsweise \(1,60\cdot 10^{-19}\)J. Es wird wegen \(m=\frac{E}{c^2}\) und der Vereinbarung \(c=1\) ebenso als Masseneinheit verwendet. Dann gilt die Umrechnung \(1\frac{\mathrm {eV}}{c^2}\approx 1{,}78 \cdot 10^{-37}\)kg.

  12. 12.

    Die Bestimmung der Quarkmassen ist dabei eine subtile Angelegenheit. Da freie Quarks nicht beobachtet werden können, ist eine direkte Messung der Masse (vor allem der leichten Quarks) nicht möglich. Ihre indirekte Bestimmung erfolgt mit Methoden der sog. Gittereichtheorie.

  13. 13.

    Diese Massendifferenz markiert vielleicht am deutlichsten die Notwendigkeit, in der Teilchenphysik die traditionelle „Teil-Ganze-Beziehung“ zu revidieren. Das naive Teilchenbild für Materie ist im Grunde so lange sinnvoll, wie das Energieäquivalent der Massen der betrachteten „Konstituenten“ deutlich größer als die Bindungsenergie zwischen ihnen ist. Dies ist schließlich die notwendige Bedingung, um zwischen den „Teilen“ eines „Ganzen“ überhaupt unterscheiden zu können. Für die Abschätzung der Bindungsenergie kann auch die Anregungsenergie gewählt werden. Im Falle eines Atoms werden etwa 500 eV schwere Elektronen und Kerne mit Massen von \(\mathcal{{O}}(1 \mathrm {GeV})\) durch Energien in der Größenordnung von \(\mathcal{{O}}(10 \mathrm {eV})\) gebunden. Im Kern betragen die Anregungsenergien hingegen schon einige KeV, liegen damit aber immer noch deutlich unter den Massen von Proton und Neutron. Innerhalb der Nukleonen nun kehren sich (wie gerade erläutert) die Verhältnisse um. Die Behauptung „Neutron und Proton bestehen aus drei Quarks“ muss deshalb um die Bemerkung ergänzt werden, dass hier zwischen „Valenzquarks“ (auch „Konstituentenquarks“ genannt) und „Seequarks“ unterschieden wird – vgl. Baustein 4.

  14. 14.

    Es wird sich zeigen, dass der Versuch einer angemessenen Darstellung dieses theoretischen Werkzeugs recht technisch ausfällt. Die vielen populären Darstellungen erkaufen sich ihre Verständlichkeit leider durch fachliche Fehler.

  15. 15.

    Diese Darstellung zeichnet den historischen Entwicklungszusammenhang nur ungenau nach. Für eine genauere Darstellung siehe Passon (2019) und die Referenzen darin.

  16. 16.

    Das Lehrbuch zur Quantenfeldtheorie von (Klauber 2013, S. 239) formuliert dies so: „[...] Feynman diagrams imply, for example, that an incoming particle sheds a virtual propagator particle at a particular spacetime point (vertex). But recall that we integrate over all spacetime to get a final transition amplitude relation in terms of momenta, with no spacetime coordinates involved“.

  17. 17.

    Aus diesem Grund ist die Wellenlinie des Photons auch ungerichtet, da es sein eigenes Antiteilchen darstellt.

  18. 18.

    Wir hatten eingangs die Analogie zur Reihenentwicklung der Sinus-Funktion hergestellt. Dem Argument \(x\ll 1\) dieser Funktion entspricht in der Reihenentwicklung der Streumatrix \(\mathcal {S}\) die sog. Kopplungskonstante \(\alpha \), die in der QED im Wesentlichen dem Quadrat der elektrischen Ladung entspricht (genauer: \(\alpha =\frac{e^2}{2c\epsilon _0 h}\approx \frac{1}{137}\)). Jeder Vertex trägt nun einen Faktor der Kopplung bei; deren Anzahl entspricht also der „Ordnung“ der Reihenentwicklung. Für eine konsistente Näherung in n-ter Ordnung müssen also alle Beiträge mit \(\le n\) Vertices berücksichtigt werden. Je genauer die Berechnung der Streumatrix \(\mathcal {S}\) erfolgen soll, desto höhere Zahlen von Vertices (und damit auch Feynman-Diagrammen) müssen betrachtet werden. (Hinweis: In Lehrbüchern zur ETP gibt es unterschiedliche Konventionen für die Nummerierung und Bezeichnung der Ordnungen.)

  19. 19.

    Der NRW-Lehrplan verwendet diese Sprechweise; andere Bezeichnungen sind „Botenteilchen“, „Wechselwirkungsteilchen“ oder (fachsprachlich) „Eichbosenen“. An dieser Stelle ist zusätzlich eine Anmerkung zum Photonbegriff angebracht: Es erscheint zunächst günstig, dass mit dem „Photon“ ein Konzept aus dem Unterricht der Quantenmechanik (QM) wieder aufgegriffen wird. Kurioserweise stellt das Photon jedoch einen Fremdkörper in einem Curriculum der nicht-relativistischen QM dar! Die übliche Einführung über den lichtelektrischen Effekt missachtet, dass dieser Effekt auch semi-klassisch (d. h. ohne „Photonen“) erklärt werden kann. Einsteins Lichtquantenhypothese von 1905 war zwar historisch sehr bedeutsam und radikal – konzeptionalisiert das „Lichtquant“ in gewisser Hinsicht aber noch zu klassisch (d. h. als lokalisiert und unterscheidbar). Das „aktuelle Photon“ findet seine fachwissenschaftliche Heimat erst in der relativistischen Quantenfeldtheorie und ist z. B. vollkommen unlokalisiert. Die in Schulbüchern und Lehrplänen übliche Parallelisierung von „Elektronen“ und „Photonen“ als „Quantenobjekte“ ist somit fachlich problematisch (Passon und Grebe-Ellis 2015, 2017).

  20. 20.

    Es bietet sich an, dass die Lernenden die Konstruktion weiterer Feynman-Diagramme versuchen, die in höherer Ordnung (also mit mehr Vertices) zum Vorgang \(e^+e^-\rightarrow e^+e^-\) beitragen. Ebenfalls reizvoll kann die Aufgabe sein, Feynman-Diagrammen zu zeichnen, bei denen die Anzahl der Teilchen im Anfangs- und Endzustand verschieden ist. Man erkennt dadurch, dass dieses Kalkül in der Lage ist, die für die ETP typische Erzeugung und Vernichtung von Teilchen zu beschreiben. Gleichzeitig ist die Konstruktion streng regelgeleitet: An allen Vertices muss die elektrische Ladung erhalten sein, und lediglich der fundamentale Vertex tritt (in verschiedenen Orientierungen) auf. Die Nützlichkeit dieses mathematischen Werkzeugs leuchtet unmittelbar ein.

  21. 21.

    Ein Unterschied zum Doppelspaltexperiment besteht jedoch darin, dass wir hier lediglich einen Näherungswert betrachten. Es tragen (beliebig) viele weitere Feynman-Diagramme zum Wirkungsquerschnitt bei. Und noch ein technisches Detail sei der Vollständigkeit halber erwähnt: Bei der hier betrachteten sog. Bhabha-Streuung (\(e^+e^-\rightarrow e^+e^-\)) werden die Beiträge der beiden Diagramme aus den Abb. 8.5 („s-Kanal“) und 8.6 („t-Kanal“) nicht addiert, sondern subtrahiert, da Elektronen und Positronen der Fermi-Dirac-Statistik unterliegen. Für unser Argument spielt dies jedoch keine Rolle, denn in jedem Fall treten zusätzliche Interferenzterme auf.

  22. 22.

    Der Begriff „virtuell“ hat hier auch eine technische Bedeutung, auf die Robert Harlander in Kap. 2 genauer eingeht.

  23. 23.

    Um einem Missverständnis vorzubeugen: Die sog. „Eichfelder“ und zugehörigen „Eichbosonen“ des Standardmodells (Photon, Gluonen, W und Z) sind natürlich ein etablierter Bestandteil der mathematischen Beschreibung. Unsere Kritik richtet sich gegen die bildhafte Vorstellung, dass der „Austausch“ dieser „Teilchen“ eine angemessene Beschreibung der Wechselwirkung ist.

  24. 24.

    Technisch ausgedrückt, werden die ein- und auslaufenden Zustände „asymptotisch“, d. h. für \(t\rightarrow \pm \infty \), betrachtet.

  25. 25.

    Die Fernsehserie „The Bang Theory“ verwendet Feynman-Diagramme häufig. In Folge S1.13 scheitern die Hauptfiguren während einer Quiz-Show an der Interpretation eines Diagramms. Für die Schülerinnen und Schüler ist dieses Feynman-Diagramm am Ende des Bausteins nicht nur beschreibbar, sondern auch die Frage des Moderators kritisierbar.

  26. 26.

    Wir bemerken am Rande, dass die Störungstheorie streng genommen gar nicht auf gebundene Zustände (wie das Neutron) anwendbar ist, da die vorausgesetzte Kleinheit der Kopplung nicht vorliegt. In diesem konkreten Fall sind die notwendigen Korrekturen jedoch relativ klein.

  27. 27.

    Das einkommende d hat eine elektrische Ladung von \(-\frac{1}{3}\), und am Vertex verzweigt seine Linie in ein u (\(+\frac{2}{3}\)) und das neue Austauschteilchen. Für dessen elektrische Ladung x muss folglich \(-\frac{1}{3}=x+\frac{2}{3}\) gelten. Ein neues Austauschteilchen einzuführen, bedeutet technisch gesprochen auch, weitere Typen von Vertices und Kopplungskonstanten einzuführen (hier: eine schwache Ladung).

  28. 28.

    Die Massen sind beträchtlich: Die W-Bosonen wiegen ca. 80 GeV und das Z ca. 90 GeV. Dies entspricht der Masse von großen Atomen wie Brom, Krypton oder Rubidium.

  29. 29.

    Üblicherweise (auch in vielen Lehrbüchern auf Hochschulniveau) wird hierfür die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation für Energie und Zeit verwendet. Aus \(\Delta E \Delta t \approx h\) wird gefolgert, dass die Reichweite \(s=c\Delta t\) zu \(s\approx \frac{hc}{\Delta E}\) abgeschätzt werden kann. Setzt man für \(\Delta E\) das Energieäquivalent der Austauschteilchenmassen ein (\(m_W\approx 80\) GeV), findet man eine „Reichweite“ von \(s\approx 10^{-17}\)m (in der Literatur wird i. d. R. ein Wert von \(2\cdot 10^{-18}\)m angegeben). Unbefriedigend an diesem Argument ist jedoch, dass in der Energie-Zeit-Unbestimmtheitsrelation eigentlich ein \(\ge \)-Zeichen steht – die Abschätzung also nur eine untere Grenze liefert, obwohl man eine obere Grenze der Reichweite argumentieren möchte!

  30. 30.

    In der (nicht unproblematischen) Verbildlichung durch Feynman-Diagramme kann auf diese Weise ein dynamisches Bild des Quarkinhalts gezeichnet werden, in dem Gluonen in virtuelle Quark-Antiquark-Paare aufspalten etc. Diese zusätzlichen Quarks werden als „Seequarks“ bezeichnet (vgl. Fußnote 13). Pivarski (2014) formuliert im selben Zusammenhang: „[...] so when we say that a proton contains three quarks, it is because the total number of quarks minus the total number of antiquarks is always three (two more up quarks than anti-up and one more down quark than anti-down). Adding a few more quark-antiquark pairs doesn‘t change the difference“. In einem technischen Sinne enthält das Proton aber sogar unendlich viele Seequarks.

  31. 31.

    Obiger Kompetenzerwartung scheint jedoch die Voraussetzung zugrunde zu liegen, dass es sich bei den Austauschteilchen um ein „Modell“ im gleichen Sinne handelt, wie z. B. bei der Modellierung des elektrischen Stromkreises durch einen Wasserstromkreis. Unsere Darstellung sollte deutlich gemacht haben, dass wir bei aller Unschärfe des Modellbegriffs das Austauschteilchen in diesem Sinne nicht für ein Modell der Wechselwirkung halten. Die Austauschteilchen-Metapher leitet sich vielmehr aus der Symbolsprache der Feynman-Diagramme ab, deren Elemente lediglich auf einzelne mathematische Terme referieren, die zur Berechnung beobachtbarer Größen beitragen.

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Zügge, T., Passon, O. (2020). Das Wuppertaler Curriculum der Elementarteilchenphysik. In: Passon, O., Zügge, T., Grebe-Ellis, J. (eds) Kohärenz im Unterricht der Elementarteilchenphysik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61607-9_8

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