Zusammenfassung
Viele ostdeutsche Unternehmen haben lange von personalwirtschaftlich „paradiesischen Bedingungen“ profitiert: Die Arbeitsmärkte hielten ein Überangebot fachlich gut qualifizierter Arbeitskräfte bereit, und die hohe Erwerbslosigkeit trug dazu bei, dass verängstigte Beschäftigte ihre Ansprüche an Arbeit „krisengerecht“ anpassten. Die betriebliche Integration der Arbeitenden stand in dieser historischen Phase nicht nur unter stetem Vorbehalt, sie war gleichzeitig eng begrenzt. Die Unternehmen adressierten die Menschen primär als Arbeitskraft, weniger als Bürger im Betrieb. Inzwischen haben sich die Asymmetrien auf den ostdeutschen Arbeitsmärkten umgekehrt, und die Arbeitsansprüche der Subjekte werden neu konfiguriert. Ein zukunftsfähiges Personal- und Kompetenzmanagement muss, insbesondere in schrumpfenden Regionen, die veränderten Ansprüche der Subjekte an Arbeit systematisch reflektieren und mit der in Ostdeutschland tief verwurzelten Traditionen „begrenzter Integration“ brechen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Literatur
Ahlers, E. (2016). Arbeit und Gesundheit im betrieblichen Kontext. Befunde aus der Betriebsrätebefragung des WSI 2015. Düsseldorf: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung.
Behr, M. (2017). Das Ende des ostdeutschen Arbeitsspartaners. Warum der Umbruch auf dem Arbeitsmarkt die Arbeitskultur verändern wird. Berliner Debatte Initial, 3, 29–42.
Behr, M., & Engel, T. (2001). Entwicklungsverläufe und Entwicklungsszenarien ostdeutscher Personalpolitik. Ursachen, Folgen und Risiken der personalpolitischen Stagnation. In P. Pawlowsky & U. Wilkens (Hrsg.), Zehn Jahre Personalarbeit in den neuen Bundesländern. Transformation und Demographie (S. 255–278). München: Hampp.
Bielenski, H., Magvas, E., & Parmentier, K. (1992). Arbeitsmarkt-Monitor für die neuen Bundesländer. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2, 136–157.
Blien, U., & Phan thi Hong, V. (2015). 25 Jahre nach der Wiedervereinigung. Schwierige Startbedingungen wirken nach. IAB-Forum, 1, 4–14.
Bundesagentur für Arbeit. (2017). Blickpunkt Arbeitsmarkt – Fachkräfteengpassanalyse. Nürnberg: Bundesagentur für Arbeit.
Deutscher Bundestag. (2016). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der (…) Fraktion DIE LINKE– Drucksache 18/10369 – Niedriglöhne in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin: Drucksache 18/10369 vom 21.11.2016. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/103/1810369.pdf. Zugegriffen: 1. Dez. 2018.
Dörre, K. (2001). Das deutsche Produktionsmodell unter dem Druck des Shareholder Value. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 4, 675–704.
Dörre, K. (2011). Prekarität und Macht. Disziplinierung im System der Auswahlprüfungen. WSI-Mitteilungen, 8, 394–401.
Dörre, K. (2014). Das deutsche Jobwunder. Vorbild für Europa? Brüssel: Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Dörre, K., Goes, T., Schmalz, S., & Thiel, M. (2016). Streikrepublik Deutschland? Die Erneuerung der Gewerkschaften im Osten. Frankfurt a. M.: Campus.
Economist. (2017). East Germany’s population is shrinking (15.04.2017). https://www.economist.com/finance-and-economics/2017/04/15/east-germanys-population-is-shrinking. Zugegriffen: 1. Nov. 2018.
Erlinghagen, M. (2010). Zunehmende Angst vor Jobverlust trotz gleichbleibender Beschäftigungsstabilität. Informationsdienst Soziale Indikatoren, 44, 1–4.
Göttert, A., Hinz, S., Meyer, D, Schmalz, S., Singe, I., & Dörre, K. (2016). Erste Ergebnisse der Regionalstudie „Arbeit und Leben“ (RAuL). Jena. https://www.soziologie.uni-jena.de/Arbeitsbereiche/Arbeits__+Industrie_+und+Wirtschaftssoziologie/Herausgeberschaften/Working+Papers.html. Zugegriffen: 2. Jan. 2018.
Hagn, H. (2016). Atypische Beschäftigung in Thüringen. Statistisches Monatsheft Thüringen, 23, 32–38.
Heyme, R., & Martens, B. (2016). Arbeiten in Thüringen. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung von Beschäftigten in Thüringen 2016. Erfurt: Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.
Hinz, S., & Göttert, A. (2017). Das Ende des „Raubbaus“? Der demografische Wandel als Gelegenheitsfenster für nachhaltige Arbeit in Ostdeutschland. Arbeits- und Industriesoziologische Studien, 2, 37–52.
Hirschman, A. O. (1970). Exit, voice and loyalty: responses to decline in firms, organizations and states. Cambridge MA: Harvard University Press.
Kalina, T., & Weinkopf, C. (2017). Niedriglohnbeschäftigung 2015 – bislang kein Rückgang im Zuge der Mindestlohneinführung. http://www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2017/report2017-06.pdf. Zugegriffen: 15. Febr. 2018.
Kern, H., & Schumann, M. (1984). Das Ende der Arbeitsteilung? Rationalisierung in der industriellen Produktion: Bestandsaufnahme, Trendbestimmung. München: Beck.
Kern, H., & Schumann, M. (1998). Kontinuität oder Pfadwechsel. Das deutsche Produktionsmodell am Scheideweg. SOFI-Mitteilungen, 26, 7–14.
Lutz, B. (2010). Fachkräftemangel in Ostdeutschland, Konsequenzen für Beschäftigung und Interessenvertretung. Frankfurt a. M.: Otto Brenner Stiftung.
Neuhauss, M.-E., & Singe, I. (2017). Vom Planerfüllungspakt zur Konfliktbereitschaft? Zur Geschichte des Arbeiterbewusstseins in Ostdeutschland. Berliner Debatte Initial, 3, 43–57.
Putzing, M., Frei, M., Kriwoluzky, S., Walter, G., & Prick, S. (2017). IAB-Betriebspanel. Länderbericht Thüringen. Erfurt: Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.
Ragnitz, J. (2015). Ostdeutschland im Schatten gesamtwirtschaftlicher Entwicklung. Berliner Debatte Initial, 26(2), 5–17.
Reckwitz, A. (2008). Subjekt/Identität: Die Produktion und Subversion des Individuums. In S. Moebius & A. Reckwitz (Hrsg.), Poststrukturalistische Sozialwissenschaften (S. 75–92). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Röbenack, S., & Artus, I. (2015). Betriebsräte im Aufbruch? Vitalisierung betrieblicher Mitbestimmung in Ostdeutschland. Frankfurt a. M.: Otto Brenner Stiftung.
Schmalz, S., Hinz, S., Hasenohr, A., & Singe, I. (2017). Totgesagte leben länger: Demografischer Wandel und Arbeitspolitik in Ostdeutschland. Berliner Debatte Initial, 3, 7–21.
Schmerbauch, A. (2017). Fachkräfteentwicklung und Demografie – Perspektiven und Strategien in Ostthüringer Unternehmen. Erfurt: IWT – Institut der Wirtschaft Thüringens GmbH.
Schmidt, W., Schönberger, K. (1999). „Jeder hat jetzt mit sich selbst zu tun“. Arbeit, Freizeit und politische Orientierungen in Ostdeutschland. Konstanz: UVK.
Slupina, M., Damm, T., & Klingholz, R. (2016). Im Osten auf Wanderschaft. Wie Umzüge die demografische Landkarte zwischen Rügen und Erzgebirge verändern. Berlin: Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung.
Statistisches Bundesamt (Destatis). (2017). Verdienste auf einen Blick, 2017. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.
Thompson, P. (2003). Disconnected capitalism: Or why employers can’t keep their side of the bargain. Work, Employment & Society, 2, 359–378.
Thüringer Landesamt für Statistik. (2015). Entwicklung der Bevölkerung Thüringens 2015 bis 2035 nach Kreisen – Bevölkerungsvorausberechnung. Erfurt: Thüringer Landesamt für Statistik.
Windolf, P. (2001). Die wirtschaftliche Transformation. Politische und ökonomische Systemrationalitäten. In W. Schluchter & P. Quint (Hrsg.), Der Vereinigungsschock (S. 392–413). Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2020 Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Singe, I. (2020). Demografie, Arbeitsmarkt und „neue Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ in Ostdeutschland – Werden die Grenzen des Kompetenzmanagements verschoben?. In: Knackstedt, R., Kutzner, K., Sitter, M., Truschkat, I. (eds) Grenzüberschreitungen im Kompetenzmanagement. Kompetenzmanagement in Organisationen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59543-5_9
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-59543-5_9
Published:
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-59542-8
Online ISBN: 978-3-662-59543-5
eBook Packages: Psychology (German Language)