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§ 11 Straftateinheit und Mehrheit von Straftaten (Straftatenkonkurrenz)

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Strafrecht Allgemeiner Teil

Part of the book series: Springer-Lehrbuch ((SLB))

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Zusammenfassung

Wir haben uns im Bisherigen vor allem mit der Frage des Eingreifens einzelner Sanktionsnormen befasst und diese dabei eher isoliert betrachtet. Eine solche isolierte Betrachtungsweise ist nicht selten ausreichend, um dem verwirklichten Straftatunrecht gerecht zu werden: Wenn in einem bestimmten Einzelfall überhaupt nur eine einzige Sanktionsnorm ein einziges Mal einschlägig ist, stellen sich keine Konkurrenzprobleme. Fragen des Verhältnisses der mehrfachen Erfüllung von Sanktionsnormen oder verschiedener Sanktionsnormen zueinander stellen sich erst, wenn in einem bestimmten Fall zumindest formal-begrifflich eine Sanktionsnorm mehrfach oder mehrere Sanktionsnormen einschlägig sind. Freilich kann material gesehen dennoch nur eine einzige Straftat vorliegen. Man spricht dann verbreitet von „scheinbarer“ oder „unechter“ Konkurrenz oder auch von „Gesetzeskonkurrenz“.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. zu diesen Begriffen etwa v. Heintschel-Heinegg, in: MünchKommStGB3, Vor § 52 Rn. 21; Kühl, AT8, § 21 Rn. 5; Otto, AT7, § 23 Rn. 31.

  2. 2.

    Der Begriff der „unechten“ (oder „scheinbaren“) Konkurrenz ist also genauso irreführend wie der der „unechten“ Unterlassungsdelikte, bei denen auch nicht „unecht“, sondern durchaus „echt“ (i. S. v. tatsächlich) unterlassen wird; s. dazu näher oben § 6 Rn. 14. – Und der Begriff der „Gesetzeskonkurrenz“ hilft nicht weiter, weil in den hier interessierenden Fällen mehrere Strafgesetze immer miteinander konkurrieren. Er taugt damit nicht als Differenzierungskriterium.

  3. 3.

    Mit Recht krit. insofern etwa auch Puppe, in: NK5, § 52 Rn. 17, 35 ff. – Zur verfehlten Orientierung an vorrechtlichen Gegebenheiten s. bereits oben § 1 Rn. 119 im Kontext des strafrechtlichen Handlungsbegriffs. – Zur Kritik am gegenwärtigen Konzept der Konkurrenzlehre näher Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, D. XI.; s. a. Freund, GA 2005, 321, 323 ff.

  4. 4.

    Näher zu solchen Fällen sogleich unten (§ 11) Rn. 31.

  5. 5.

    Vgl. dazu etwa BGHSt 1, 168, 170 f.; 4, 219, 220 f.

  6. 6.

    Zur Unbrauchbarkeit eines vorrechtlichen Handlungsbegriffs im (Straf-)Recht s. bereits oben § 1 Rn. 119.

  7. 7.

    Näher dazu oben § 1 Rn. 68 ff.

  8. 8.

    Zum genauen Verhältnis der kontext- und adressatenspezifisch konkretisierten Verhaltensnorm und der konkreten Sanktionsanordnung durch das Strafgericht, für die das abstrakte Strafgesetz die Ermächtigungsgrundlage bildet, s. Freund/Rostalski, GA 2018, 264 ff.

  9. 9.

    Dem Handlungsbegriff des Gesetzes fehlt das „normative Rückgrat“, das im Grunde wiederum erst durch die Straftatlehre Kontur erhält – etwa in Gestalt der Einbeziehung tatbestandsmäßiger (!) Unterlassungsverhaltensweisen in den recht farblosen „Handlungsbegriff“ des Gesetzes. – S. zum Ganzen Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, D. XI.

  10. 10.

    Vgl. dazu unten (§ 11) Rn. 54.

  11. 11.

    Weder Ideal- noch Realkonkurrenz zwischen verschiedenen gleichartigen oder ungleichartigen Straftaten liegt vor, wenn zwar formal-begrifflich die Voraussetzungen mehrerer Sanktionsnormen erfüllt sind, aber sachlich ein Vorrang der einen im Verhältnis zur anderen anzunehmen ist. In derartigen Fällen so genannter unechter Konkurrenz wird die zurücktretende Strafnorm verdrängt und kommt jedenfalls im Schuldspruch nicht mehr selbstständig zum Ansatz. Auch bei formal-begrifflich konstruierbarer mehrfacher Erfüllung derselben Strafnorm kann sachlich eine einzige Straftat vorliegen. – S. dazu sogleich unten (§ 11) Rn. 20 ff.

  12. 12.

    Näher zu solchen Fragen der „Konkurrenz“ verschiedener Vorschriften Engisch, Einführung in das juristische Denken8, S. 162 ff.

  13. 13.

    Vgl. nur BGHSt 8, 54.

  14. 14.

    Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder30, Vor § 211 Rn. 7; Kühl, in: Lackner/Kühl29, § 216 Rn. 1.

  15. 15.

    Näher dazu Freund/Putz, NStZ 2003, 242 ff.

  16. 16.

    Zur Unterscheidung des Unrechts der unterlassenen Hilfeleistung (als eines nichtbegehungsgleichen Unterlassungsdelikts) von dem weitergehenden Unrecht begehungsgleichen Unterlassens näher oben § 6.

  17. 17.

    Zur Verdrängung regelmäßiger Begleittaten auch bei verschiedenen Handlungen oder Unterlassungen s. noch unten (§ 11) Rn. 46 ff.

  18. 18.

    Vgl. statt vieler Eisele, in: Schönke/Schröder30, § 241 Rn. 16; für ein Zurücktreten der Bedrohung selbst hinter der versuchten Nötigung BGH NStZ 2006, 342; Heger, in: Lackner/Kühl29, § 241 Rn. 4 m. w. N. zu der umstrittenen Problematik.

  19. 19.

    I. d. S. noch die Vorauflage.

  20. 20.

    BGHSt 14, 386, 388; Puppe, in: NK5, Vor § 52 Rn. 20; Samson, in: SK StGB, 27. Lfg. Juli 1990, § 248b Rn. 18. – I. S. e. problematischen Tatbestandslösung Hoyer, in: SK StGB, 47. Lfg. Februar 1999, § 248b Rn. 18, der den im Fahrzeug befindlichen Kraftstoff schon nicht als eigenständige fremde Sache i. S. v. § 242 begreift.

  21. 21.

    Vgl. dazu etwa Eser, in: Schönke/Schröder30, § 113 Rn. 3, 43, 45/46; Wessels/Hettinger/Engländer, BT 142, Rn. 698, jew. m. w. N.

  22. 22.

    Vgl. etwa RGSt 70, 243, 244 (erklärt sich „aus den Bedürfnissen des Lebens“); BGHSt 5, 136, 138.

  23. 23.

    Vgl. etwa BGHSt 26, 4, 7 ff.

  24. 24.

    S. dazu etwa Stree, in: Schönke/Schröder25, Vor § 52 Rn. 52.

  25. 25.

    BGHSt 40, 138 ff.; instruktiv dazu v. Heintschel-Heinegg, in: MünchKommStGB3, § 52 Rn. 62; Jäger, in: SK StGB9, Vor § 52 Rn. 33 ff., jew. m. w. N.

  26. 26.

    Zur mitbestraften Vortat vgl. etwa Fischer66, Vor § 52 Rn. 64. – Dieser Gedanke der mitbestraften Vortat ist auch nach Einführung der formellen Subsidiaritätsklausel durch das 6. StrRG nicht entbehrlich geworden, da es sich bei ihr um eine überflüssigerweise ins Gesetz aufgenommene bloße Konkurrenzregel ohne tatbestandseinschränkende Funktion handelt, welche die materiellen Konkurrenzregeln unberührt lässt; näher Freund/Putz, NStZ 2003, 242, 245 f.

  27. 27.

    Fischer66, § 242 Rn. 59; Sternberg-Lieben/Bosch, in: Schönke/Schröder30, Vor § 52 Rn. 131.

  28. 28.

    S. dazu Freund, Urkundenstraftaten2, Rn. 230.

  29. 29.

    Zur „Konsumtion“ und zur „Subsidiarität“ näher etwa Wessels/Beulke/Satzger, AT48, Rn. 1283 ff.

  30. 30.

    Im Sinne eines Tatbestandsauschlusses etwa BGHSt 14, 38, 43 ff.; anders – nämlich für eine Lösung auf Konkurrenzebene – dagegen z. B. Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT 241, Rn. 328 ff. m. w. N. – An diesem Problem hat sich auch nach der Einführung der formellen Subsidiarität bei § 246 durch das 6. StrRG nichts geändert.

  31. 31.

    Insoweit handelt es sich um ein Problem des Besonderen Teils, das hier nicht weiter diskutiert werden kann.

  32. 32.

    S. dazu bereits oben (§ 11) Rn. 26.

  33. 33.

    Anders noch die Vorauflage!

  34. 34.

    Die gängige Regel des „Vorrangs“ der Tatbestandsverwirklichung durch Tun (vgl. statt vieler etwa Kuhlen, FS Puppe, S. 669, 682; ferner auch Freund, AT2, § 11 Rn. 40) ist daher zumindest missverständlich. Richtig ist nur, dass keine zwei vollendeten Taten vorliegen. Es handelt sich aber um eine Tat, die durch Tun und begehungsgleiches Unterlassen begangen worden ist. Nur diese Sichtweise gewährleistet – auch strafzumessungsrechtlich – die angemessene Erfassung des verwirklichten (Verhaltens-)Unrechts.

  35. 35.

    Die Körperverletzung tritt nach allgemeinen Regeln als Durchgangsstadium hinter der Tötung zurück.

  36. 36.

    Vgl. Fischer66, § 123 Rn. 27 ff. – Wenn von manchen in derartigen Fällen eine Tatbestandsverwirklichung nach § 123 durch begehungsgleiches Unterlassen angenommen wird (vgl. etwa Schäfer, in: MünchKommStGB3, § 123 Rn. 26 m. w. N. auch zur zutreffenden Gegenauffassung), so ist dies deshalb fehlerhaft, weil das bloße garantenpflichtwidrige Aufrechterhalten des unrechtmäßigen Zustands (des in der fremden Wohnung Verweilens) das gesetzliche Erfordernis des „Eindringens“ nach Wortlaut und Ratio nicht zu erfüllen vermag. Jedenfalls sperrt hier die Entsprechensklausel des § 13 I die Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs.

  37. 37.

    Fischer66, § 123 Rn. 45; Heger, in: Lackner/Kühl29, § 123 Rn. 13; Schäfer, in: MünchKommStGB3, § 123 Rn. 69. Mit Blick auf eine Sachbeschädigung – z. B. an der Tür (§ 303) – ist die Frage sehr umstritten; vgl. dazu Fischer66, § 303 Rn. 23; Schmitz, in: MünchKommStGB3, § 244 Rn. 79 i. V. m. § 243 Rn. 93; ferner den Anfragebeschluss BGH v. 06.03.2018 – 2 StR 481/17, BeckRS 2018, 19351, der für die Annahme von Tateinheit (§ 52) plädiert.

  38. 38.

    I. d. S. etwa BGHSt 21, 194, 195; Kühl, in: Lackner/Kühl29, § 224 Rn. 12. – Eine Ausnahme kann sich für § 224 I Nr. 5 ergeben, weil die schwere Folge i. S. des § 226 I Nr. 3 das Unrecht der Lebensgefährdung nicht erfasst; für die Annahme von Tateinheit in solchen Fällen BGHSt 53, 23 f.

  39. 39.

    Vgl. BGH NJW 1998, 2987, 2988; Freund, GA 1999, 509, 512; Kühl, in: Lackner/Kühl29, § 46 Rn. 21.

  40. 40.

    In der Stoßrichtung zutreffend deshalb BGH NStZ 2001, 642 ff. (mit Blick auf §§ 242 I, 243 I 2 Nr. 1 u. 2) m. zust. Anm. Kargl/Rüdiger, NStZ 2002, 202 f. und Sternberg-Lieben, JZ 2002, 514 ff.

  41. 41.

    Näher dazu Eisele, Die Regelbeispielsmethode, S. 379 f. m. w. N. pro et contra.

  42. 42.

    S. dazu oben (§ 11) Rn. 28 ff.

  43. 43.

    Beispielsweise verdrängt nach zutreffender Auffassung das versuchte Tötungsdelikt die vollendete Körperverletzung nicht; vgl. dazu BGHSt 44, 196; s. a. Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder30, § 212 Rn. 23.

  44. 44.

    Eine solche abschließende privilegierende Spezialvorschrift wird – allerdings mit äußerst zweifelhafter Argumentation – vor allem von der Rechtsprechung beim Tatbestand der Rechtsbeugung (§ 339) im Verhältnis zu sonst eingreifenden Strafvorschriften angenommen. Betroffen ist insbesondere die danach ausgeschlossene Strafbarkeit wegen Freiheitsberaubung; solange es die Todesstrafe gab, ging es auch um Mord (§ 211), Totschlag (§ 212) und fahrlässige Tötung (§ 222); vgl. dazu etwa BGHSt 10, 294 ff.; Heger, in: Lackner/Kühl29, § 339 Rn. 11 m. w. N.

  45. 45.

    Vgl. etwa BGHSt 20, 235, 238.

  46. 46.

    Vgl. etwa BGHSt 19, 188, 189 f.

  47. 47.

    Fischer66, § 52 Rn. 2 ff.; Kühl, in: Lackner/Kühl29, § 52 Rn. 8 ff.

  48. 48.

    Vgl. etwa BGHSt 26, 24, 27 f. (weitere Straftatbestandserfüllung sogar erst in der Phase der materiellen Beendigung eines formell vollendeten Raubes); Wessels/Beulke/Satzger, AT48, Rn. 1267 m. w. N.

  49. 49.

    Vgl. dazu etwa v. Heintschel-Heinegg, in: MünchKommStGB3, § 52 Rn. 13 m. w. N.

  50. 50.

    Weitere Fälle zum Nachdenken: Jemand feuert gleichzeitig zwei Pistolen auf zwei Menschen ab, oder er löst zugleich mit der Schussabgabe auf einen Menschen einen Fernzünder für eine Bombe aus, die mehrere Menschen tötet.

  51. 51.

    Kühl, in: Lackner/Kühl29, § 53 Rn. 3 ff.; Sternberg-Lieben/Bosch, in: Schönke/Schröder30, § 54 Rn. 2 ff.

  52. 52.

    Kritisch zur gesetzlichen Differenzierung und mit weiteren Beispielen etwa auch v. Heintschel-Heinegg, in: MünchKommStGB3, Vor § 52 Rn. 6; s. a. dens., FS Jakobs, 2007, S. 131, 145.

  53. 53.

    Zu den hier nicht näher zu diskutierenden Möglichkeiten näher Puppe, in: NK5, § 52 Rn. 2 ff. m. w. N.; s. a. Erb, ZStW 117 (2005), 37 ff.; Freund, GA 2005, 321, 323 ff.; v. Heintschel-Heinegg, in: MünchKommStGB3, Vor § 52 Rn. 3 ff.

  54. 54.

    Zu diesen Kriterien s. Freund, GA 1999, 509, 526 ff. Insofern genügt die bloße Erfassung des relevanten Strafzumessungssachverhalts noch nicht; vielmehr ist auch eine entsprechende rechtliche Bewertung notwendig.

  55. 55.

    Weiterführend dazu etwa Deiters, Strafzumessung, S. 15 ff., 60 ff.; Erb, ZStW 117 (2005), 37, 50 ff.; zur Bedeutung der Strafwirkung für die angemessene Reaktion auf die begangene(n) Straftat(en) vgl. Freund, GA 1999, 509, 531 ff.

  56. 56.

    Zur Rolle des Opfers, die für die Wiederherstellung des gestörten Rechtsfriedens wichtig ist, s. etwa Rössner, FS Roxin, 2001, S. 977, 985 f. – Insofern ist die Einzeltatbewertung keineswegs fiktiv (wie etwa Erb, ZStW 117 [2005], 37, 47 annimmt), sondern auf die tatsächlich in einem bestimmten Kontext begangene Tat bezogen.

  57. 57.

    Vgl. dazu den gleichnamigen Titel der Schrift von Streng, Strafzumessung und relative Gerechtigkeit, 1984.

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Freund, G., Rostalski, F. (2019). § 11 Straftateinheit und Mehrheit von Straftaten (Straftatenkonkurrenz). In: Strafrecht Allgemeiner Teil. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59030-0_11

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