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§ 1 Grundlagen

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Strafrecht Allgemeiner Teil

Part of the book series: Springer-Lehrbuch ((SLB))

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Zusammenfassung

Das Strafrecht ist Teil des Öffentlichen Rechts. Denn mit dem Strafrecht tritt der Staat dem Einzelnen kraft seiner staatlichen Hoheitsgewalt entgegen. Er greift etwa durch die Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe massiv in grundrechtlich verbürgte Rechtspositionen ein. Deshalb gelten für das Strafrecht dieselben Legitimationsbedingungen, die bei staatlichen Rechtseingriffen ganz allgemein zu beachten sind.

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Notes

  1. 1.

    S. dazu etwa Jäger, in: SK StGB9, Vor § 1 Rn. 1 ff.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte – Die Ermächtigung zum strafrechtlichen Vorwurf im Lichte der Grundrechtsdogmatik dargestellt am Beispiel der Vorfeldkriminalität, 1996; Sax, in: Die Grundrechte Bd. 3, 2. Halbb., S. 909 ff.; Vogel, StV 1996, 110 ff.; vgl. a. Hecker, in: Schönke/Schröder30, Vor § 1 Rn. 30 ff.

  2. 2.

    Näher zur Bedeutung des Zweckgedankens im Strafrecht Freund, GA 1995, 4 ff.; ausführlicher ders., in: Wolter/Freund, Straftat, 1996, S. 43 ff.; vgl. a. Jakobs, Staatliche Strafe, S. 1 ff.; Langer, Sonderstraftat, S. 161 f.

  3. 3.

    Legitimierbar ist also nur eine „relative Straftheorie“. Im Sinne einer solchen mit Recht BGHSt 24, 40, 42 (unter Berufung auf den Grundgedanken des 1. Strafrechtsreformgesetzes); s. a. Berz, Rechtsgüterschutz, S. 32 ff.; Bringewat, Grundbegriffe3, Rn. 10 ff.; Günther, Strafrechtswidrigkeit, S. 149 ff.; Jäger, in: SK StGB9, Vor § 1 Rn. 1 ff., jew. m. w. N.

  4. 4.

    Zu den Anforderungen, die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben, s. etwa Sachs, in: Sachs, GG8, Art. 20 Rn. 145 ff.; ferner Appel, Verfassung und Strafe, S. 569 ff.; Kaspar, Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz, S. 27 ff., 351 ff., 619 ff.; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 10 ff.; ergänzend Jestaedt/Lepsius (Hrsg.), Verhältnismäßigkeit – Zur Tragfähigkeit eines verfassungsrechtlichen Schlüsselkonzepts, 2015.

  5. 5.

    Zur Bedeutung des Zweckgedankens im Strafrecht s. die Nachw. oben (§ 1) Fn. 2.

  6. 6.

    Einen knappen Überblick über die Straftheorien vermittelt Zippelius, Rechtsphilosophie6, § 37 I (S. 198 ff.); s. a. Hörnle, Straftheorien2; näher zu diesen etwa Henrici, Die Begründung des Strafrechts in der neueren deutschen Rechtsphilosophie, 1961, S. 39 ff.

  7. 7.

    Aus diesem Grund mit Recht krit. zur geläufigen Einordnung von nicht dezidiert spezial- oder generalpräventiv ausgerichteten Konzepten als vermeintlich absolut Hörnle, Straftheorien2, S. 3. Ein Konzept ist schon dann nicht mehr absolut, wenn es Schuldspruch und Strafe nach begangener Tat einen (legitimen) Zweck zuzuweisen vermag.

  8. 8.

    Zur auf der Grundlage des abstrakt-generellen Strafgesetzes (als Ermächtigungsgrundlage) zu bildenden konkreten Sanktionsanordnung (als Entscheidungsnorm) aus normentheoretischer Sicht näher Freund/Rostalski, GA 2018, 264 ff.

  9. 9.

    Zur Relevanz des Strafzwecks für die Strafzumessung s. statt vieler Streng, StV 2018, 593, 595.

  10. 10.

    In der Sache gilt das bereits für die beiden Vorauflagen, in denen lediglich der Begriff der restitutiven Straftheorie (noch) nicht verwendet wird. Er dient von der 3. Aufl. an der deutlicheren Abgrenzung von den traditionellen Präventionstheorien der Spezial- und Generalprävention. Die von diesen besonderen Präventionstheorien benannten Zwecke liegen als Strafzwecke neben der Sache (näher dazu unten Rn. 12 ff., 18 ff.). Eine Neuerung stellt die Vorstellung des Konzepts einer retributiven expressiven Straftheorie dar, die Schuldspruch und Strafe als autonomes Recht der Person des Täters einer Straftat konzipiert und dabei auf jedwede an Drittinteressen orientierte präventive Zweckausrichtung verzichtet.

  11. 11.

    Unklar bleibt freilich, wie die Zufügung eines Übels in Gestalt von Strafe begangenes Unrecht aus der Welt schaffen soll. Vielmehr führt die Bestrafung eher zur Verdoppelung der Übel: Das eine kann das andere nicht aufheben. – Vgl. dazu etwa Roxin, AT I4, § 3 Rn. 8 f.; Timm, Gesinnung und Straftat, S. 54.

  12. 12.

    D. h. die Strafe hat keinen Zweck – oder anders ausgedrückt: Sie ist Selbstzweck. – Anders demgegenüber die „relativen“ Straftheorien, bei denen – freilich mit großen Unterschieden im Einzelnen – zumeist die Verhütung zukünftiger Straftaten Zweck der Strafe ist. Wie die retributive expressive Straftheorie i. S. Rostalskis unten Rn. 37 ff. zeigt, sind die Begriffe „relativ“ und „präventiv“ (mit Blick auf Drittinteressen) allerdings nicht synonym zu verstehen. Vielmehr bietet dieses Konzept einen Legitimationsgedanken von Strafe an, der weder Selbstzweck noch auf zukunftsgerichtete Prävention zum Schutz von Drittinteressen gerichtet ist. Näher zur – zweck- und wertrationale Aspekte verbindenden – relativen Straftheorie der Restitution i. S. Freunds sowie der retributiven expressiven Straftheorie i. S. Rostalskis unten Rn. 28 ff., 37 ff.

  13. 13.

    Kant, Metaphysik der Sitten, S. 229. – Freilich lassen sich auch absolute Straftheorien – wenngleich mit Abstrichen – in ein zweckorientiertes Präventionsmodell integrieren; vgl. etwa Seelmann, JuS 1979, 687 ff. (zu Hegels Straftheorie); Streng, Strafrechtliche Sanktionen3, Rn. 10 ff. m. w. N. – S. dazu noch unten Rn. 24 ff.

  14. 14.

    Sachlich übereinstimmend z. B. Haas, Strafbegriff, S. 235 ff.; Hörnle, Straftheorien2, S. 18 ff.; Joecks, in: MünchKommStGB3, Einl. Rn. 59. – Näher zu den – auch zweckrationalen – Legitimationsbedingungen staatlicher Rechtseingriffe BVerfGE 45, 187, 253 f.; s. a. BVerfGE 90, 145, 171 ff. (Cannabis-Entscheidung); 73, 206, 253 f.; 39, 1, 47; Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 77 ff., 139 ff., sowie die oben Fn. 1 genannte Literatur. – S. a. Roxin, AT I4, § 3 Rn. 8: „Die metaphysische Idee der Gerechtigkeit zu verwirklichen, ist der Staat als eine menschliche Einrichtung weder fähig noch berechtigt“; Jescheck/Weigend, AT5, § 8 III 4 (S. 71); Zippelius, Rechtsphilosophie6, § 37 I 2 (S. 200). – Zur Problematik verschiedener Gerechtigkeitsbegriffe s. etwa Heimberger, Der Begriff der Gerechtigkeit im Strafrecht, 1903.

  15. 15.

    S. dazu unten (§ 1) Rn. 28 ff., § 2 Rn. 9 ff. et passim. – Zum Zusammenhang zwischen personalem Unrecht, Schuld und Strafe vgl. a. Zaczyk, FS Otto, 2007, S. 191 ff. Zu einem entsprechenden funktionalen Schuldverständnis vgl. Streng, Strafrechtliche Sanktionen3, Rn. 15 ff.

  16. 16.

    Diese restitutive Straftheorie als spezielle Form der (relativen) präventiven Straftheorie ist auf einer anderen Ebene angesiedelt als die besonderen Präventionstheorien (der Spezial- oder Generalprävention). Zwar wird bei der restitutiven Straftheorie in Gestalt der Wahrung des Rechts dessen verhaltenswirksame Anerkennung (auch) in der Zukunft gewährleistet. Jedoch ist die insofern richtige Maßnahme genau die angemessen missbilligende Reaktion auf die begangene Straftat. Eine weitergehende präventive Ausrichtung darf gerade nicht stattfinden (näher dazu unten Rn. 13 ff., 18 ff.). Eine gänzliche Abkehr von präventiven Begründungsansätzen im herkömmlichen Sinne (Schutz von Drittinteressen) im Bereich der Straftheorie vollzieht die (relative) retributive expressive Straftheorie nach Rostalski (unten Rn. 37 ff.).

  17. 17.

    v. Liszt, ZStW 3 (1883), 1 ff.; näher dazu Frisch, ZStW 94 (1982), 565 ff.

  18. 18.

    Sachlich übereinstimmend etwa Murmann, GK4, § 8 Rn. 33; s. a. Freund, GA 1999, 509, 510 m. Fn. 3, 533 f.; dens., GA 2010, 193, 195; Frisch, in: Positive Generalprävention, 1998, S. 125, 140 f. – Das gilt nicht minder für das Jugendstrafrecht, namentlich für die deshalb verfassungswidrige Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen; näher dazu Konze, Die Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen gemäß § 17 II Fall 1 JGG – Gemessen an den Grundsätzen angemessenen Strafens, 2015, S. 93 ff., 127 f.

  19. 19.

    S. dazu Freund, GA 2010, 193, 202 f.; Murmann, GK4, § 8 Rn. 26 a. E.; vgl. a. Hörnle, Straftheorien2, S. 25.

  20. 20.

    v. Feuerbach, Lehrbuch14, §§ 13 ff.

  21. 21.

    I. S. eines solchen Konzepts wohl Kaspar, AT2 § 1 Rn. 14 ff.; Kuhlen, in: Positive Generalprävention, 1998, S. 55 ff. – Mit Recht krit. demgegenüber etwa Murmann, GK4, § 8 Rn. 38; s. a. Frisch, in: Positive Generalprävention, 1998, S. 125, 133 ff.

  22. 22.

    Ein Beispiel für eine entsprechende Fehlleistung sogar des Gesetzgebers bietet die Strafschärfungsregelung des § 164 Abs. 3 für den Fall, dass falsch verdächtigt wird, um eine (unverdiente) Milderung der eigenen Bestrafung oder gar ein Absehen von Strafe zu erreichen. Das liegt geradezu klassisch auf der Linie Feuerbachs mit seiner Idee der Schaffung eines zugkräftigen Vermeidemotivs bei dem, der in starker Versuchung steht, eine Straftat zu begehen. Unabhängig von der empirischen Haltbarkeit eines derartigen Konzepts ist es jedenfalls normativ inakzeptabel, gerade dem Täter einen größeren Vorwurf zu machen, der ein menschlich durchaus verständliches und für sich genommen rechtlich nicht zu beanstandendes Motiv für die Tatbegehung hat und bei dem deshalb die Tatvermeidemacht entsprechend eingeschränkt ist. Konkret: Wenn von zwei Tätern einer im Wesentlichen gleichen falschen Verdächtigung der eine unter den Voraussetzungen des § 164 Abs. 3, der andere dagegen aus purer Bosheit ohne jeden nachvollziehbaren Anlass handelt, ist die Tat des zweiten sogar erheblich gewichtiger als die des ersten. Daran kann selbst der Gesetzgeber aufgrund seiner Bindung an höherrangiges Recht nichts ändern. – Zur Kritik an § 164 III s. a. Zopfs, ZIS 2011, 669 ff.

  23. 23.

    Zutreffend gegen generalpräventiv motivierte Strafschärfungen etwa Köhler, Über den Zusammenhang von Strafrechtsbegründung und Strafzumessung, 1983, S. 40 ff.; deren spekulativen Charakter rügt mit Recht Frisch, ZStW 99 (1987), 349, 365, 370 f.

  24. 24.

    S. dazu etwa BGHSt 7, 28, 32; 24, 132, 133 f.; 27, 2, 3; Haas, Strafbegriff, S. 274 ff.; Jescheck/Weigend, AT5, § 82 IV Nr. 6, (S. 880 f.); Streng, StV 2018, 593, 597 f.; dens., Strafrechtliche Sanktionen3, Rn. 626 ff., jew. m. w. N. – Speziell die Spielraumtheorie mag verlockend sein, scheitert aber, sobald die Schuldstrafenbestimmung nach rechtsstaatlich akzeptablen Kriterien vorgenommen wird und insbesondere insofern (im Wesentlichen) gleiche Fälle auch gleich behandelt werden. Dann gibt es keinen „Spielraum“ mehr für präventive Spekulationen. Näher zur Kritik an der Spielraumtheorie Frisch, ZStW 99 (1987), 349, 362 f.; Hörnle, Tatproportionale Strafzumessung, S. 23 ff.; Köhler, Strafrechtsbegründung und Strafzumessung, S. 22 ff.; s. dazu auch Freund, GA 1999, 509, 515 ff., 524 ff.

  25. 25.

    Zur Problematik der „Antinomie der Strafzwecke“ s. etwa Jescheck/Weigend, AT5, § 8 V (S. 76), § 82 IV 5 (S. 879); Streng, Strafrechtliche Sanktionen3, Rn. 46.

  26. 26.

    Zu diesem für die Erreichung des Strafzwecks entscheidenden Quantifizierungsaspekt s. Hörnle, Straftheorien2, S. 44 f.

  27. 27.

    Insofern sachlich übereinstimmend etwa Hörnle, Tatproportionale Strafzumessung, S. 135 ff., 388 f. m. w. N. – Dass bei Ergreifen des speziellen Mittels der Strafe der angestrebte Zweck mit der gerechten Vergeltung kompatibel sein muss, betont mit Recht Kargl, GA 1998, 53, 64; vgl. a. Streng, Strafrechtliche Sanktionen3, Rn. 34 f. – Weitergehende „Maßnahmen“ sind nicht mehr als Strafe legitimierbar (zu den Maßregeln der Besserung und Sicherung s. unten [§ 1] Rn. 65 f.).

  28. 28.

    Besonders beliebt ist etwa die Berufung auf § 46 I 2 (Berücksichtigung der Strafwirkungen für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft); vgl. dazu z. B. Haas, Strafbegriff, S. 285 ff.

  29. 29.

    Näher dazu Freund, GA 1999, 509, 532 ff.

  30. 30.

    Nach Roxin, AT I4, § 2 Rn. 7 „sind unter Rechtsgütern alle Gegebenheiten oder Zwecksetzungen zu verstehen, die für die freie Entfaltung des Einzelnen, die Verwirklichung seiner Grundrechte und das Funktionieren eines auf dieser Zielvorstellung aufbauenden staatlichen Systems notwendig sind.“

  31. 31.

    Im Anschluss an Jakobs mit Blick auf den Rechtsgüterschutz als zu erfüllender Aufgabe zwischen nicht mehr beeinflussbarer Vergangenheit und noch beeinflussbarer Zukunft zutreffend differenzierend etwa Heckler, Ermittlung der Rücktrittsleistung, S. 81 ff.; Sancinetti, FS Jakobs, 2007, S. 583, 599 f.

  32. 32.

    Näher zur Problematik des Tötungsverbots Ingelfinger, Grundlagen und Grenzbereiche des Tötungsverbots – Das Menschenleben als Schutzobjekt des Strafrechts, 2004. – Zu den Entstehungsbedingungen kontext- und adressatenspezifischer Ver- und Gebote aus normentheoretischer Sicht Freund/Rostalski, GA 2018, 264 ff.

  33. 33.

    Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 83, 88 f.; Jakobs, Norm, Person, Gesellschaft3, S. 109 ff., 111 ff.; Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, B. I. 2.; dies., RW 2015, 1, 18 ff.; dies., GA 2016, 73, 74 f.; Timm, Gesinnung und Straftat, S. 42 f.

  34. 34.

    Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, B. I. 2.; s. a. Hegel, Grundlinien, § 100.

  35. 35.

    Zum Verständnis von Schuldspruch und Strafe als Widerspruch gegenüber dem Verhaltensnormverstoß des Täters s. a. Jakobs, AT2, 1/9 ff.; dens., Staatliche Strafe, S. 28 ff.; weiterführend Frisch, GA 2015, 65, 67 f., 75 ff.

  36. 36.

    Zu den Problemen der Bildung und Befolgung kontext- und adressatenspezifischer (Verhaltens-)Normen näher Freund/Rostalski, GA 2018, 264 ff., 270 ff.

  37. 37.

    Sachlich übereinstimmend Frisch, in: Positive Generalprävention, 1998, S. 125, 139 f.: Schuldspruch und Strafe stellen „das durch die Tat gestörte Recht(sverhältnis) wieder her“.– Zum Verständnis von Schuldspruch und Strafe als Negation der Negation des Rechts s. bereits Hegel, Grundlinien, § 97, § 99.

  38. 38.

    Auf dieser Linie liegend bereits Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, 1992, S. 80 ff., 85 ff., 107 ff.; vgl. dazu auch Frisch, in: Positive Generalprävention, 1998, S. 125, 139 f.; dens., GA 2015, 65, 67 f., 75 ff.; Murmann, GK4, § 8 Rn. 22 (wenngleich im Kontext absoluter Straftheorien): „Wiederherstellung des verletzten Rechts“, jew. m. w. N.

  39. 39.

    Sie lässt sich vor diesem Hintergrund begreifen als Fortentwicklung generalpräventiver Lehren, wie sie uns u. a. begegnen bei Jakobs, AT2, 1/9 ff.; s. a. dens., Norm, Person, Gesellschaft3, S. 108 ff.; konkretisierend dens., Staatliche Strafe, S. 28 ff.; s. ferner Appel, Verfassung und Strafe, S. 460 ff. (Strafe als Instrument der Normrehabilitierung); Frisch, in: Von totalitärem zu rechtsstaatlichem Strafrecht, 1992, S. 201, 241; Frister, AT8, 2. Kap. Rn. 26 f. – Zur entsprechenden Einordnung vgl. Hörnle, Straftheorien2, S. 32 ff.

  40. 40.

    Vgl. zu diesem wichtigen Aspekt der Legitimation von Schuldspruch und Strafe dem davon Betroffenen gegenüber Hörnle, Straftheorien2, S. 47 ff.

  41. 41.

    In dem bekannten Inselbeispiel Kants stellt sich dagegen durchaus die Frage, ob das Inselvolk, das sich als solches auflöst und in alle Welt zerstreut, nicht auch Elemente seines Rechts weiterträgt, die in ihrem Bestand nach wie vor zu schützen sind.

  42. 42.

    Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, B. I. 2.; s. dort auch näher dazu, dass der Straftäter durch seine Tat seinen Status als Bürger nicht verliert; s. ferner dort (B. I. 3.) zu der auch im Hinblick auf eine expressive Straftheorie bestehenden Notwendigkeit der Verhängung eines zusätzlichen Strafübels neben dem Schuldspruch.

  43. 43.

    I. E. ebenso bereits Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 109 ff.

  44. 44.

    S. Binding, Abhandlungen I, S. 69 f.; Calliess, NJW 1989, 1338, 1340; Günther, Recht und Moral, S. 205, 214 ff.; Hassemer, Hauptprobleme der Generalprävention, S. 29, 32 f.; Köhler, Strafrechtsbegründung und Strafzumessung, S. 36 ff., 40 ff.; Lüderssen, Hauptprobleme der Generalprävention, S. 54, 56 f.; Naucke, Hauptprobleme der Generalprävention, S. 9, 20 f., 26; Pawlik, Rudolphi-FS, S. 213, 216, 226 f. Speziell zur Kritik an v. Feuerbach s. Jakobs, Staatliche Strafe, S. 21 ff., 36. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Frage der Verletzung der Menschenwürde des Einzelnen durch die negative Generalprävention findet sich bei Meyer, Gefährlichkeitsdelikte, S. 29 ff.; Pawlik, Person, Subjekt, Bürger, S. 25 ff.; dems., ZIS 2006, 274, 282; Timm, Gesinnung und Straftat, S. 50 ff. – S. dazu, dass sich dieser Vorwurf auch gegen sämtliche Spielarten der Spezialprävention richtet, Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, B. I. 4. a.

  45. 45.

    Zur „Objektformel“ s. BVerfGE 9, 89, 95; 27, 1, 6; 28, 386, 391; 45, 187, 228; 50, 166, 175; 87, 209, 228; vgl. außerdem BVerfGE 5, 85, 204; 7, 198, 205; BVerwG, NJW 1982, 664, 664.

  46. 46.

    Näher zum Ganzen Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, B. I. 2. m. w. N.

  47. 47.

    Hegel, Grundlinien, § 100.

  48. 48.

    Näher zum Verhältnis von Verhaltensnorm und Sanktionsnorm etwa Ingelfinger, Tötungsverbot, S. 31 ff.; Kindhäuser, AT8, § 2 Rn. 2 ff.; Mikus, Die Verhaltensnorm des fahrlässigen Erfolgsdelikts, S. 19 ff.; Renzikowski, FS Gössel, 2002, S. 3 ff.

  49. 49.

    In der Sache zutreffend differenzierend etwa Renzikowski, Restriktiver Täterbegriff, S. 58; s. a. Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 77 f. Fn. 33; dens., in: Von totalitärem zu rechtsstaatlichem Strafrecht, 1992, S. 201, 210 ff.; Murmann, GK4, § 8 Rn. 5 ff.; vgl. ferner Kleinert, Persönliche Betroffenheit, S. 71, 94 ff., 117 ff. – Näher zur Bedeutung der gesetzlichen Tatbestände sogleich unten (§ 1) Rn. 68 ff.

  50. 50.

    Beispiele unten § 2 Rn. 13 f.

  51. 51.

    Wer sich auf ein entsprechendes Verursachungsverbot beschränkt, erweist dem berechtigten Anliegen des Rechtsgüterschutzes einen Bärendienst: Vordergründig betrachtet scheint das Konzept der „Verursachungsverbote“ zwar einen lückenlosen „Rundumschutz“ zu bieten. Tatsächlich wird so aber nur Verwirrung darüber gestiftet, welche Verhaltensweisen rechtlich zu beanstanden sind und bei welchen dies nicht der Fall ist. Keiner kann bei einem „Verursachungsverbot“ wirklich erkennen, was er von Rechts wegen tun oder lassen darf. – Zur Problematik von „Verursachungsverboten“ s. ergänzend unten § 2 Rn. 29, 33 ff.

  52. 52.

    Vereinfacht: Insoweit konkurrieren die Regeln über den strafrechtlichen Verantwortlichkeitsausschluss mit den Regeln über die rechtfertigende Einwilligung in die Beeinträchtigung eigener Rechtsgüter. Näher dazu noch unten § 5 Rn. 77.

  53. 53.

    Vor diesem Hintergrund ist die gar bußgeldbewehrte Gurt- und Helmpflicht jedenfalls nicht unproblematisch; vgl. dazu etwa BVerfG NJW 1982, 1276 (zur Verfassungsmäßigkeit der Helmpflicht); BVerfG NJW 1987, 180 f. (zur Verfassungsmäßigkeit der Gurtpflicht); krit. dazu etwa Dehner/Jahn, JuS 1988, 30 ff. – Näher zur ganzen Problematik Fischer, Die Zulässigkeit aufgedrängten staatlichen Schutzes vor Selbstschädigung, 1997; Schwabe, JZ 1998, 66 ff.; s. a. Murmann, Selbstverantwortung, S. 422 f.; Nestler, in: Handbuch des Betäubungsmittelstrafrechts, § 11 Rn. 49 ff., 97 ff.

  54. 54.

    Zum berechtigten Schutz von Individualrechtsgütern sowie von Rechtsgütern der Allgemeinheit (Universalrechtsgütern) s. Freund, in: MünchKommStGB3, Vor § 13 Rn. 47 ff. – Näher zur äußerst umstrittenen Problematik der Legitimation eines (strafbewehrten) Verbots des Beischlafs zwischen Geschwistern (§ 173 II 2) BVerfG NJW 2008, 1137 ff.; Greco, ZIS 2008, 234 ff.; Roxin, StV 2009, 544 ff.; vgl. a. Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, S. 452 ff.

  55. 55.

    Mit Recht betont von Jakobs, AT2, 2/23.

  56. 56.

    Selbstverständlich sind an dieser Stelle auch weitere einschlägige Grundrechte − etwa Art. 4, 5 GG − zu berücksichtigen. Die Forderung nach einer eigenständigen „Rechtfertigung durch Grundrechte“ setzt daher mitunter zu spät an, weil es sich bereits um ein Tatbestandsproblem handeln kann. Andernfalls geht es auch nicht etwa um neue Rechtfertigungsgründe, sondern um die Konkretisierung des allgemeinen rechtfertigenden Prinzips der Wahrung des überwiegenden Interesses; s. dazu unten § 3 Rn. 5 ff.

  57. 57.

    S. dazu die Angaben oben (§ 1) Fn. 1 und 4. – Instruktiv zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch Bleckmann, JuS 1994, 177 ff.

  58. 58.

    Näher dazu, dass diese elementare Legitimationsbedingung nicht selten missachtet wird, s. etwa unten § 4 Rn. 3 ff. (vgl. a. unten § 4 Rn. 13 ff.) zur Problematik des „untauglichen Normadressaten“; ferner unten § 2 Rn. 29, 33 ff. zur Frage der „Geltung“ von „Verursachungsverboten“.

  59. 59.

    Zur grundlegenden Bedeutung ex ante planbaren Schutzes für die Konturierung zu missbilligenden Verhaltens näher Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 71 f., 96 ff.; s. a. dens., Vorsatz und Risiko, S. 76 ff., 124 ff.; Jakobs, FS Lackner, 1987, S. 53, 72 f.; Mir Puig, FS Jescheck, 1985, S. 337 ff.; Armin Kaufmann, Bindings Normentheorie2, S. 139; Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 60 ff.

  60. 60.

    Näher zu Bedeutung der Erforderlichkeit Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 74 f., 127 ff., 137 ff.; Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 55 ff., 73 ff., jew. m. w. N.

  61. 61.

    Näher zum Erfordernis der Güter- und Interessenabwägung bei der Angemessenheitsbeurteilung Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 74 f., 129 ff., 137 ff.; Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 55 f., 78 ff., 206 ff., 221 ff., 275 ff., jew. m. w. N.; ausgehend von individuellen Rechtspositionen bei der Konkretisierung der diese schützenden öffentlich-rechtlichen Verhaltensnormen auch Haas, in: Operationalisierung von Verantwortung, 2004, S. 193, 217 f.; vgl. a. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht2, Rn. 218; Mir Puig, FS Herzberg, 2008, S. 55, 71 f.; ferner Jäger, in: SK StGB9, Vor § 1 Rn. 24 f. (allerdings zur Angemessenheit der Strafe, die aber allemal die Angemessenheit der Verhaltensnorm voraussetzt, auf deren Miss- oder Nichtachtung mit Strafe reagiert werden soll). – Neben der Sache insofern der Einwand von Kühnbach (Solidaritätspflichten, S. 107 ff.), der Rechtsgüterschutz als ausreichende Legitimationsgrundlage für Verhaltensnormen bedeute „einen Freibrief für alle erdenklichen Verhaltensnormen“.

  62. 62.

    Zur Bedeutung der zu erwartenden Akzeptanz durch den Betroffenen für die Wirksamkeit von Verhaltensnormen Freund, GA 1991, 387, 390 ff., 396 ff. m. w. N.

  63. 63.

    Keine Strafe ohne Schuld. – Näher zum Schuldgrundsatz als einer Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes BVerfGE 20, 323, 331; BGHSt 2, 194, 200 f.; Roxin, AT I4, § 3 Rn. 48 ff.; s. a. Frister, Schuldprinzip, S. 29 ff., 39 ff. et passim; Freund, Normative Probleme der „Tatsachenfeststellung“, S. 67 ff. – Für Jakobs, Staatliche Strafe, S. 32, liegt die Legitimation der Bestrafung des Täters in dessen Verantwortlichkeit für den (drohenden) Normgeltungsschaden.

  64. 64.

    Zur Schuldunfähigkeit näher unten § 4 Rn. 13 ff., 27, 47, 49 ff.

  65. 65.

    Näher zu dieser Problematik Mulch, Strafe und andere staatliche Maßnahmen gegenüber juristischen Personen – Zu den Legitimationsbedingungen entsprechender Rechtseingriffe, 2017; Freund, in: MünchKommStGB3, Vor § 13 Rn. 146 ff. jew. m. w. N.; Rostalski, Der Tatbegriff im Strafrecht, E. V.

  66. 66.

    Henssler/Hoven/Kubiciel/Weigend, Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes, Köln 2017.

  67. 67.

    Gleichlautend § 1 StGB. – Zu Art. 103 II GG s. etwa BVerfG JZ 1997, 142, 143 ff. m. Anm. Starck; BVerfG NJW 2007, 1666.

  68. 68.

    Kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz.

  69. 69.

    Auch wenn es nicht um eine Bestrafung i. e. S. geht, wird aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) i. V. m. den Grundrechten für hoheitliche Eingriffe das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage abgeleitet und es gilt der Gesetzlichkeitsgrundsatz. Die dort auftauchende Frage, ob er in strenger Form zu beachten ist oder gewissen Modifikationen unterliegt (i. S. einer strengen Form wohl BVerfG NJW 1996, 3146), stellt sich jedenfalls im Bereich des materiellen Strafrechts i. e. S. wegen Art. 103 II GG nicht, kann aber z. B. im Strafprozessrecht auftauchen (s. dazu z. B. BVerfG JZ 1996, 1175 m. krit. Anm. Gusy; s. a. Störmer, ZStW 108 [1996], 494, 505 ff.). – Näher zum Ganzen Schmitz, in: MünchKommStGB3, § 1 Rn. 19 f. m. w. N.

  70. 70.

    Kein Verbrechen ohne vorausgehendes Gesetz. Ein historisches Beispiel für einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot bildet das am 22. Juni 1938 erlassene „Gesetz gegen Straßenraub mittels Autofallen“, das mit rückwirkender Kraft zum 01.01.1936 die Todesstrafe dem androhte, der in räuberischer Absicht eine „Autofalle“ stellte.

  71. 71.

    Kein Verbrechen ohne geschriebenes Gesetz.

  72. 72.

    Kein Verbrechen ohne bestimmtes Gesetz. Allerdings dürfen die Bestimmtheitsanforderungen auch nicht überspannt werden, sodass konkretisierungsbedürftige Gesetzesbegriffe sachbedingt möglich sind. Zur Problematik der Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung vgl. etwa Freund, FS Küper, 2007, S. 63 ff.

  73. 73.

    Zum fragmentarischen Charakter des Strafrechts vgl. etwa Jescheck/Weigend, AT5, § 7 II 1 (S. 52 f.); Maiwald, FS Maurach, 1972, S. 9 ff.

  74. 74.

    Wörtlich: Nicht zweimal wegen derselben Tat. – Interessant insofern auch BVerfG StraFo 2007, 369 f. zur erneuten Verurteilung eines Vaters wegen Kindesentziehung durch weiteres Unterlassen (§§ 235 II Nr. 2, 13) nach entsprechender Vorverurteilung (das BVerfG stützt seine Entscheidung allerdings vor allem auf das Gebot schuldangemessenen Strafens).

  75. 75.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 2.

  76. 76.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 9 f.

  77. 77.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 28 ff., 49

  78. 78.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 28 ff., 38 ff.

  79. 79.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 48 ff.

  80. 80.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 53 ff.

  81. 81.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 59 ff.

  82. 82.

    S. näher oben (§ 1) Rn. 63 ff.

  83. 83.

    Zur spezialpräventiven Zweckrichtung der Maßregeln der Besserung und Sicherung, die bereits im Marburger Programm Franz v. Liszts angelegt war, näher Frisch, ZStW 94 (1982), 565 ff. und ZStW 102 (1990), 343 ff.; ferner Freund, GA 2010, 193, 196 ff.; zur Reform vgl. etwa Schneider, NStZ 2008, 68 ff.

  84. 84.

    Am Anfang der inzwischen intensiven Auseinandersetzungen stand wohl die Verwendung des Begriffs „Feindstrafrecht“ bei Jakobs, ZStW 97 (1985), 751 ff.

  85. 85.

    Vgl. dazu bereits Jakobs, ZStW 97 (1985), 751, 753 f.; dens., Staatliche Strafe, S. 44: „… wer die kognitive Garantie nicht leistet, er werde sich als Person im Recht verhalten, muß auch nicht als Person im Recht behandelt werden“.

  86. 86.

    Jakobs, Staatliche Strafe, S. 41, 43, spricht von der Sicherung einer Gefahrenquelle, wobei die Entpersonalisierung allerdings nur punktuell erfolgen soll. – Kennzeichnend für das Feind-„Strafrecht“ sind eine weite Vorverlagerung der Strafbarkeit, keine der Vorverlagerung entsprechende Reduktion der Strafe, der Übergang zur Bekämpfungsgesetzgebung und der Abbau prozessualer Garantien; vgl. Jakobs, in: Die deutsche Strafrechtswissenschaft, S. 47, 51 f. – S. freilich auch U. S. Supreme Court v. 12.06.2008 – 06-1195 (Boumediene v. Bush) – zu den Verfahrensrechten der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 im Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba festgehaltenen sog. „enemy combatants“ (abrufbar unter <http://www.supremecourtus.gov>).

  87. 87.

    Im Ergebnis übereinstimmend etwa Greco, GA 2006, 96, 106, der den Begriff des „Feindstrafrechts“ mit Recht für überflüssig und gefährlich hält.

  88. 88.

    I. d. S. mit Recht Binding, Handbuch des Strafrechts, S. 155. Binding beklagt bereits zu seiner Zeit, dass die ganz verkehrte Vorstellung, die Straftat bedeute eine Verletzung des Strafgesetzes, immer noch geläufig sei. Insofern hat sich leider bis heute nicht allzu viel geändert (vgl. etwa die Redeweise von den „Gesetzesverletzungen“ in § 52; s. dazu noch unten § 11 Rn. 10 ff.).

  89. 89.

    Im Zweifel muss freigesprochen werden: in dubio pro reo.

  90. 90.

    Näher zur formalen Garantie des nullum crimen-Satzes Schünemann, Grund und Grenzen, S. 56 ff.; Krey, Keine Strafe ohne Gesetz, 1983; s. a. Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 112; Kuhlen, FS Otto, 2007, S. 89 ff. – Zur im Einzelfall schwierigen Abgrenzung von zulässiger Tatbestandsauslegung und verbotener Analogie vgl. Schmitz, in: MünchKommStGB3, § 1 Rn. 71 ff. m. w. N.

  91. 91.

    Lesenswert zur Wortsinngrenze bei der Auslegung Scheffler, Jura 1996, 505 ff.: „Verlust der Empfängnisfähigkeit“ als „Verlust der Zeugungsfähigkeit“ i. S. des § 224 (in der Fassung bis zum Inkrafttreten des 6. StrRG)? – Mit dem Inkrafttreten des dem alten § 224 (Schwere Körperverletzung) entsprechenden neuen § 226 (Schwere Körperverletzung) durch das 6. StrRG am 01. April 1998 erledigt sich freilich das konkrete Problem: Denn damit ist auch der „Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit“ ausdrücklich erfasst.

  92. 92.

    Anders, aber offensichtlich verfehlt BGHSt 10, 375 f. (zu § 3 I Nr. 6 PrFDG): „Dem bloßen Wortlaut nach fällt ein Kraftfahrzeug … nicht unter die Vorschrift, wohl aber nach ihrem Sinn. … Demgemäß wird nach dieser Vorschrift auch bestraft, wer zum Zwecke des Forstdiebstahls ein Kraftfahrzeug mitbringt.“ – Zutreffend demgegenüber etwa Kern/Langer, Anleitung8, S. 34; Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten, S. 627 f., 629, betont mit Recht, dass der Wortlaut einer Strafnorm geradezu die Sperre für eine material überzeugende Lösung bedeuten kann.

  93. 93.

    Zur Problematik der Regelbeispielstechnik s. etwa Kühl, in: Lackner/Kühl29, § 46 Rn. 11 ff.; Strangas, Rechtstheorie 16 (1985), 466 ff., jew. m. w. N.; vgl. auch Freund, ZStW 109 (1997), 455, 470 f.

  94. 94.

    Zu dieser früher z. T. als „herrschend“ bezeichneten Auffassung vgl. etwa Wessels, BT 121, Rn. 939; Lackner/Kühl22, § 308 Rn. 4.

  95. 95.

    S. etwa Horn, in: SK StGB, 23. Lfg. Sept. 1988, § 308 Rn. 6.

  96. 96.

    Vgl. zur Problematik der Wahlfeststellung die Nachweise unten § 11 Rn. 66.

  97. 97.

    BGHSt 1, 127 ff.

  98. 98.

    Näher zu dieser Problematik Freund, Urkundenstraftaten2, Rn. 294 ff.; ders., in: MünchKommStGB3, § 274 Rn. 53 ff.; Koch, in: NomosHK-GS, § 274 StGB Rn. 17; Küper/Zopfs, BT10, Rn. 411 f., jew. m. w. N.

  99. 99.

    I. S. einer solchen teleologischen Betrachtungsweise konzipiert Langer, Sonderstraftat, S. 28 ff., 141 ff., die „tatbestandsmäßige Strafwürdigkeit“ als selbstständiges Verbrechenselement neben dem „tatbestandsmäßigen Unrecht“ und der „tatbestandsmäßigen Schuld“ (s. a. dens., FS Otto, 2007, S. 107 ff.) und schafft damit jedenfalls ein im Grundsatz begrüßenswertes materielles Filterkriterium.

  100. 100.

    Insofern gibt es keine überzeugende Alternative zu einem dezidiert funktionalen Legitimationsansatz. Das zeigen etwa gerade die (gegenüber einem vordergründigen Systemfunktionalismus mit Recht) kritischen Überlegungen von Schneider (Kann die Einübung in Normanerkennung die Strafrechtsdogmatik leiten? – Eine Kritik des strafrechtlichen Funktionalismus, 2004), die ihrerseits von einer – durchaus begrüßenswerten – personfunktionalen Sicht geleitet werden. Letztlich ist der von Schneider konstruierte Gegensatz zwischen einer systemfunktionalen Sicht einerseits und einer personfunktionalen Sicht andererseits jedoch ein falscher: Das System hat für die Person(en) eine (dienende) Funktion und muss dementsprechend so konzipiert werden, dass es auch dem Einzelnen gerecht wird. Ohne Systemfunktionen ist aber nicht auszukommen.

  101. 101.

    Näher zu dieser (Methode der) Rechtsfolgenlegitimation Freund, JZ 1992, 993 ff. – I. S. eines knappen Überblicks über die verschiedenen „Auslegungsmethoden“ der klassischen juristischen Methodenlehre s. Jäger, in: SK StGB9, Vor § 1 Rn. 62 ff.

  102. 102.

    Im Tatbestandsbereich wird nur ein grundsätzliches rechtliches Missbilligungsurteil gefällt – genauer: es handelt sich um ein Vorbehaltsurteil. Denn ein endgültiges Missbilligungsurteil setzt das Fehlen von Rechtfertigungsgründen sowie ein hinreichendes Gewicht des personalen Fehlverhaltens voraus; s. dazu noch näher unten §§ 3, 4.

  103. 103.

    Im Sinne eines solchen Konzepts nachdrücklich etwa Herzberg, GA 2016, 737 ff., 747 ff.; s. auch Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, S. 53, 83 (mit dem Modell der aus den Sanktionsnormen abgeleiteten Verursachungsverbote; zur Kritik daran s. Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 121 ff.).

  104. 104.

    Näher dazu Freund/Rostalski, GA 2018, 264 ff.

  105. 105.

    Ohne hier auf das Verhältnis von Recht und Moral näher eingehen zu können, umfasst der Kreis moralisch zu missbilligenden Verhaltens jedenfalls erheblich mehr als der Kreis des rechtlich zu missbilligenden Verhaltens. – Beispiel: Wer einer Bekannten wahre Liebe heuchelt, um kurzfristige persönliche Vorteile in Form sexuellen Entgegenkommens zu erlangen, verstößt zwar nicht gegen eine rechtliche, wohl aber gegen eine moralisch begründbare Verhaltensnorm.

  106. 106.

    Näher zur materialen Garantie des nullum crimen-Satzes Jäger, in: SK StGB9, § 1 Rn. 1 ff.; Krey, Keine Strafe ohne Gesetz, 1983; Schünemann, Grund und Grenzen, S. 255 ff.; s. a. Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 112 ff.

  107. 107.

    Zur Frage der unzulässigen Delegation von Gesetzgebungsbefugnissen vgl. BVerfG NJW 1989, 1663; Ossenbühl, DVBl 1967, 401, 402 ff.; näher zur Problematik qualifizierter Blankettgesetze (mit „Rückverweisungstechnik“) Volkmann, ZRP 1995, 220 ff.; s. a. Freund, ZLR 1994, 261, 281 ff.

  108. 108.

    Zur – im Detail freilich umstrittenen – Ratio des § 216 StGB s. etwa Freund, Erfolgsdelikt und Unterlassen, S. 271 f. auch in Fn. 21 f.; dens., in Humane Orientierungswissenschaft, 2008, S. 149, 158 f.; Herzberg, NJW 1996, 3043, 3046 f.; Ingelfinger, Tötungsverbot, S. 166 ff., 214 ff.; Murmann, Selbstverantwortung, S. 488 ff., 514 ff.

  109. 109.

    Näher dazu unten § 2 Rn. 11 ff.

  110. 110.

    Näher dazu unten § 2 Rn. 19 ff., § 6 Rn. 27 ff., 65 ff.

  111. 111.

    Dabei stellen sich im Strafverfahren Probleme des entsprechenden Nachweises. Und bei der Fallbearbeitung auf der Basis eines vorgegebenen Sachverhalts stellen sich Probleme der Unterordnung des Verhaltens und Geschehens unter die Normvoraussetzungen – also der Subsumtion.

  112. 112.

    Näher dazu unten § 3.

  113. 113.

    Näher dazu unten § 4.

  114. 114.

    Näher dazu unten § 2 Rn. 52 ff.

  115. 115.

    Krit. dazu Freund, GA 1995, 4 ff., 8 ff.

  116. 116.

    Bei Schefflers zweistufigem Vorgehen (Jura 1996, 505, 509 f.) ist das immer der erste Schritt.

  117. 117.

    Erstmals von Freund publiziert im Rahmen eines Beitrags zum Aufbau der Straftat in der Fallbearbeitung in der JuS 1997, 235 ff., 331 ff.

  118. 118.

    S. zu diesem Streit etwa Bringewat, Grundbegriffe3, Rn. 265 f. (der nachdrücklich für den dreigliedrigen Straftatbegriff eintritt); Wessels/Beulke/Satzger,AT48, Rn. 184 ff. (Rn. 194 wird immerhin angemerkt, die Kontroverse dürfe nicht zu hoch bewertet werden), jew. m. w. N.

  119. 119.

    Auch diese „Vorsatzprüfung“ ist nur unter Vorbehalt möglich, weil sich der Betreffende keiner rechtfertigenden Situation gegenübersehen darf. Ein vorsätzlicher tatbestandsspezifischer Verhaltensnormverstoß setzt das Fehlen einer entsprechenden Vorstellung voraus. Ohne Berücksichtigung dieses Aspekts kann lediglich ein für eine Verurteilung wegen Vorsatztat nicht ausreichender „halber Vorsatz“ festgestellt werden. Die Verdunkelung dieser einfachen Einsicht ist auf das gerügte Schubladendenken zurückzuführen, das u. a. sachlich Zusammengehöriges willkürlich trennt und auch heute noch Anhänger der sog. strengen Schuldtheorie dazu verleitet, im Falle eines Erlaubnistatbestandsirrtums eine Vorsatztat anzunehmen. – Näher zur Problematik des Erlaubnistatbestandsirrtums unten § 7 Rn. 110 ff.

  120. 120.

    Eine bloß hypthetische Infragestellung durch einen Homunkulus als fiktiver Person genügt nicht. – Zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts für das Verhaltensunrecht der Fahrlässigkeitstat s. etwa unten § 5 Rn. 23 ff.

  121. 121.

    Daran fehlt es beispielsweise in den Fällen des Handelns in Unkenntnis der rechtfertigenden Sachlage. Die von manchen angenommene Strafbarkeit wegen vollendeter Straftat („Vollendungslösung“) in derartigen Fällen ist wiederum auf das gerügte Schubladendenken zurückzuführen, bei dem es voreilig zu einer Erfolgszurechnung auf Tatbestandsebene kommt. Indessen gilt: Wenn nur geschieht, was von Rechts wegen bei zutreffender Kenntnis der Schlage geschehen durfte, ist das Nichtvermeiden dieses Verlaufs nicht geeignet, einen Verstoß gegen eine tatbestandsspezifische Verhaltensnorm zu begründen. Daher liegt insofern auch keine spezifische Fehlverhaltensfolge vor. – Näher zu dieser Problematik unten § 3 Rn. 19 f.

  122. 122.

    S. dazu das mögliche Aufbaumodell (in verschiedenen Ausprägungsformen) unten § 12 (unter II.).

  123. 123.

    Vgl. dazu Peters, Die strafrechtsgestaltende Kraft des Strafprozesses, 1963.

  124. 124.

    Näher zum Zusammenhang zwischen Straftatsystem und Strafzumessung Frisch, in: 140 Jahre Goltdammer’s Archiv, 1993, S. 1 ff.; s. a. Freund GA 1999, 509 ff.; ferner noch unten § 2 Rn. 45 f., § 4 Rn. 80 ff., § 5 Rn. 9 ff., § 9 Rn. 1 ff., 18.

  125. 125.

    Weiterführend mit einem neuen Regelungsmodell der ratio-gerechten Strafschärfung Julia Heinrich, Die gesetzliche Bestimmung von Strafschärfungen – Ein Beitrag zur Gesetzgebungslehre, 2016.

  126. 126.

    I. d. S. z. B. Roxin, AT I4, § 7 Rn. 4 ff.; Ebert, AT3, S. 14 ff.; vgl. a. Bringewat, Grundbegriffe3, Rn. 263 m. w. N.

  127. 127.

    Näher dazu unten § 2 Rn. 9 ff. einerseits sowie § 2 Rn. 52 ff. andererseits.

  128. 128.

    Ein Epileptiker, der bei einer Autofahrt urplötzlich einen Anfall mit einer Verkrampfung des rechten Beines und der nicht beeinflussbaren Folge des Durchtretens des Gaspedals erleidet (und so einen für einen anderen tödlichen Unfall verursacht), „verhält“ sich insoweit nicht strafrechtsrelevant. Anknüpfungspunkt kann in einem solchen Fall nur die Inbetriebnahme bzw. das Führen des Fahrzeugs (als Epileptiker) sein (s. dazu näher BGHSt 40, 341 ff. m. Anm. Foerster/Winckler, NStZ 1995, 344 f.).

  129. 129.

    Mit Recht betont Renzikowski, in: Matt/Renzikowski, Vor § 13 Rn. 52: „Sollen impliziert Können“.

  130. 130.

    Lesenswert dazu Jakobs, Der strafrechtliche Handlungsbegriff, 1992; s. a. Bringewat, Grundbegriffe3, Rn. 269 ff.; Herzberg, FS Jakobs, 2007, S. 147 ff.; Walter, in: LK12, Vor § 13 Rn. 28 ff.; Werle, JuS 1986, L 41, 42 f.

  131. 131.

    Zu einer solchen Funktion vgl. etwa Kühl, AT8, § 2 Rn. 3 m. w. N.; krit. dazu Herzberg, GA 1996, 1, 7 ff.; Armin Kaufmann, FS Welzel, 1974, S. 393 ff.

  132. 132.

    Mit Recht gegen eine solche „Vorprüfung“ z. B. Otto, AT7, § 5 Rn. 40 f.; zumindest i. S. der Möglichkeit einer Integration der Probleme des Handlungsbegriffs in den Bereich der Tatbestandsmäßigkeit (des Verhaltens) etwa auch Kühl, AT8, § 2 Rn. 3.

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Freund, G., Rostalski, F. (2019). § 1 Grundlagen. In: Strafrecht Allgemeiner Teil. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-59030-0_1

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