Zusammenfassung
Sozialforscher kommen seit Jahrzehnten zu dem Schluss, dass die sozialen Erscheinungen in entwickelten Gesellschaften immer vielgestaltiger werden: Es finden sich immer unterschiedlichere Ausbildungs- und Verwaltungseinrichtungen, Gesetze, Unternehmen und Produktionsstätten, Familienformen, religiöse Vergemeinschaftungen, politische Parteien und Lager, soziale Bewegungen, „Szenen“, Cliquen etc. Dass immer wieder gesellschaftliche Erscheinungen aussterben und international gleichartige Phänomene (zum Beispiel Bachelor- und Master-Universitätsabschlüsse, Kleidermoden, Kettenläden oder multinationale Konzerne) traditionelle verdrängen, ändert am Trend hin zu wachsenden Unterschieden wenig.
In der sozialwissenschaftlichen Terminologie bezeichnet man die wachsende gesellschaftliche Vielgestaltigkeit als soziale Differenzierung, Pluralisierung und Individualisierung. Eine wesentliche Ursache für diese Entwicklungen stellen Modernisierungsvorgänge dar. Ihr Kern besteht in wachsender Konkurrenz zwischen den und innerhalb der Gesellschaften. Sie führt zu funktionalen Differenzierungen, erkennbar an vielfältigen Rationalisierungsvorgängen und Spezialisierungen. Dadurch steigern sich Produktivität, Wohlstand und Bildungsgrade der Menschen. Ihre Freiheitsgrade wachsen. Familienformen, Milieus, Lebensstile etc. pluralisieren sich aus. Die Menschen werden unabhängiger von herkömmlichen Normen. Die Individualisierung nimmt zu und mit ihr die eigenständige und eigenverantwortliche Gestaltung von Biografien.
Modernisierungstheorien sind Fortschrittstheorien. Deren Sichtweise trifft jedoch nicht immer zu und ist oft zu optimistisch. Das zeigen unter anderem wachsende Ungleichheiten sowie ethnische und religiöse Konflikte auf der ganzen Welt. Gerade diese Gegenmodernisierungen rufen jedoch Phänomene wie grenzüberschreitende Migration und neue gesellschaftliche Vielgestaltigkeit hervor. Konkurrenz und Modernisierungsvorgänge könnten dadurch profitieren.
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Hradil, S. (2019). Wachsende Vielfalt durch Konkurrenz und Effizienz. In: Klempt, E. (eds) Explodierende Vielfalt. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58334-0_22
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