Skip to main content

Mechanik deformierbarer Körper

  • Chapter
  • First Online:
Physik
  • 68k Accesses

Zusammenfassung

Seile und Taue, die wir bereits in den vergangenen Kapiteln benutzt haben, sind nur zwei Beispiele für deformierbare Körper. Auch andere Festkörper wie z. B. Holzbalken oder sogar Stahlträger können sich aufgrund äußerer Krafteinwirkungen verformen. Je nach Richtung der Krafteinwirkung, können sie gedehnt, gestaucht, gedreht oder gebogen werden. Wie man die Auswirkungen dieser Verformungen physikalisch beschreibt, werden wir in diesem Kapitel untersuchen.

Drahtseile können hohe Zugkräfte übertragen und werden daher in vielen Bereichen verwendet. Ein bekanntes Beispiel ist der Einsatz von Tragseilen in den Aufzugsanlagen von Hochhäusern. Die Seildehnung hängt hierbei von dem wirksamen Seilquerschnitt und den Materialeigenschaften ab. (© Wolfgang-Beck/Getty Images/iStock.)

? Wie kann man berechnen, ob sich ein Stahlseil für den sicheren Betrieb eines Fahrstuhls eignet? (Siehe Übung 9.1.)

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Peter Kersten .

Editor information

Editors and Affiliations

Appendices

Im Kontext: Kohlenstoffnanoröhrchen: Klein und kräftig

Die häufigste Modifikation von reinem Kohlenstoff ist Grafit, der in einlagigen, doch festen, leicht aufeinander gleitenden Schichten vorkommt. Die Kohlenstoffatome im Grafitgitter sind in einem wabenartigen Sechseckmuster angeordnet, vergleichbar mit Bienenwaben oder Maschendraht. Kohlenstoffgitter können aber auch Röhrchen mit ein paar Nanometern Durchmesser und einigen Mikrometern Länge bilden. Wegen ihrer geringen Abmessungen werden sie Nanoröhrchen genannt, die englische Abkürzung ist CNT (carbon nanotubes). Ein Nanoröhrchen kann aus einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen bestehen. Es gibt aber auch Röhrchen, die wie eine russische Puppe ineinandergesteckt sind und eine mehrlagige Wand haben.

figure d

Kohlenstoffnanoröhrchen werden in großer Zahl hergestellt. (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Zhong Lin Wang, Georgia Tech)

Nanoröhrchen können – je nach Durchmesser und Orientierung des Kohlenstoffgitters – ganz verschiedene Eigenschaften haben. Bislang sind über 300 verschiedene Typen von Kohlenstoffnanoröhrchen identifiziert worden. Je nach Herstellungsmethode1 entstehen zwischen zehn und 50 verschiedene Typen auf einmal.2 Die Isolierung einer größeren Menge von Nanoröhrchen eines einzigen Typs ist ein anspruchsvoller Prozess.\({}^{3,\,4}\) Die meisten Nanoröhrchen werden grammweise mit einem Nanoröhrchenanteil zwischen 65 und 95 % verkauft. (Die verbleibenden Verunreinigungen sind verschiedene Formen von Kohlenstoff.) Reinere Typen sind erheblich teurer (bis ca. 500 Euro pro Gramm).5 Die Eigenschaften der Nanoröhrchen weichen erheblich von Kohlenstofffasern ab6, wie sie in Faserverbundwerkstoffen verwendet werden. Kohlenstofffasern sind ein spezieller Typ von industriell erzeugtem Grafit, aber sie sind keine hohlen Röhren.

Da Nanoröhrchen so winzig sind, mussten besondere Messverfahren entwickelt werden, um ihre Zugfestigkeit und ihren Elastizitätsmodul zu bestimmen.\({}^{7,\,8}\) Nach den Messergebnissen liegt der \(E\)-Modul für einwandige Nanoröhrchen9 im Mittel bei 1,25 \(\text{TN}\cdot\text{m}^{-2}\), die Bandbreite10 liegt zwischen 0,32 und 1,47 \(\text{TN}\cdot\text{m}^{-2}\). Auf das Volumen gerechnet ist die Elastizität damit fünfmal höher als bei Stahl, auf das Gewicht gerechnet sogar noch erheblich höher. Bei mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhrchen ist die Variation des \(E\)-Moduls noch höher11 (zwischen 270 \(\text{GN}\cdot\text{m}^{-2}\) und 950 \(\text{GN}\cdot\text{m}^{-2}\)), und ihre Zugfestigkeit liegt zwischen 11 \(\text{GN}\cdot\text{m}^{-2}\) und 63 \(\text{GN}\cdot\text{m}^{-2}\). Kohlenstoffnanoröhrchen haben damit eine höhere Zugfestigkeit und einen weit höheren Elastizitätsmodul als Aramidfasern wie Kevlar12 von entsprechendem Gewicht. Nanoröhrchen sind das steifste bekannte Material überhaupt mit der höchsten bekannten Zugfestigkeit.

Kohlenstoff-Nanoröhrchen ertragen nicht nur Spannungen bei geringer Dehnung, sondern sie können auch selbst starke Spannungen erzeugen. Kürzlich wurde gezeigt, dass die Röhrchen auf darin eingeschlossene Metallkristalle einen Druck von 40,53 \(\text{GN}\cdot\text{m}^{-2}\) ausüben, wenn sie bestrahlt und wärmebehandelt werden13 – das ist etwa ein Zehntel des Drucks, der im Erdkern herrscht! Wenn die Röhrchen schrumpfen, pressen sie das Metall in haarartige feine Fasern.

Obwohl Nanoröhrchen selbst eine extreme Festigkeit zeigen14, sind daraus gesponnene Garne15, Fasern16 und Bänder17 weit weniger fest. Doch selbst diese Erzeugnisse habe noch eine hohe Zugfestigkeit und einen hohen Elastizitätsmodul. Ein großer Teil der Festigkeit von Nanoröhrchen resultiert aus dem regelmäßigen Gitter der Kohlenstoffatome. Bei einem Gitterfehler wird das Nanoröhrchen geschwächt.18 (Das erklärt auch die starke Streuung der Festigkeitswerte bei Nanoröhrchen.) Da schon für Anwendungen moderater Abmessungen einige Milliarden von Nanoröhrchen erforderlich sind, können diese makroskopischen Anwendungen schon aus statistischen Gründen nicht dieselbe Festigkeit pro Einheitsvolumen (oder Einheitsmasse) haben wie einzelne Röhrchen.19 Doch selbst eine kleine Zugabe von relativ reinen Nanoröhrchen kann die Festigkeit und Steifigkeit von bestehenden Materialien verbessern. Schon fünf Gewichtsprozent Nanoröhrchen in einem Verbundwerkstoff können die Festigkeit und Steifigkeit des Werkstoffs verdoppeln. Überall, wo feste und doch leichte Materialien benötigt werden, haben Kohlenstoffnanoröhrchen eine glänzende Zukunft.

  1. 1.

    Guice, C., „Dynamics of Nanotube Synthesis“, Penn State McNair Journal 2003, S. 115–119.

  2. 2.

    Kumar, Satish, in Goho, Alexandra, „Nice Threads: The Golden Secret Behind Spinning Carbon-Nanotube Fibers“, Science News, 5. Juni 2004, S. 363 f.

  3. 3.

    Benavides, J. M., „Method for Manufacturing of High Quality Carbon Nanotubes“, U.S.-Patent 7 008 605, 7. März 2006.

  4. 4.

    Harutyunyan et al., „Method of Purifying Nanotubes and Nanofibers Using Electromagnetic Radiation“, U.S.-Patent 7 014 737, 21. März 2006.

  5. 5.

    Katalog des Forschungschemikalienlieferanten alfa-aesar. www.alfa-chemcat.com, (Stand: März 2009).

  6. 6.

    Ajayan, P. M., Charlier, J.-C. und Rinzle, A. G, „Carbon Nanotubes: From Macromolecules to Nanotechnology“, Proceedings of the National Academy of Sciences, 7. Dez. 1999, S. 14 199–14 200.

  7. 7.

    Pasquali et al., „Method for Determining the Length of Single-Wall Carbon Nanotubes“, U.S.-Patent 6 962 092, 8. Nov. 2005.

  8. 8.

    Yu, M.-F., Lourie, O., Dyer, M., Motini, K., Kelly, T. und Ruoff, R., „Strength and Breaking Mechanisms of Multiwalled Carbon Nanotubes Under Tensile Load“, Science, 28. Jan. 2000, S. 637–640.

  9. 9.

    Krishan, A., Dujardin, E., Ebbesen, T. W., Treacy, M. M. J. und Yianilos, P. N., „Young’s Modulus of Single-Walled Nanotubes“, Physical Review Letters B, 15. Nov. 1998, S. 14 013–14 019.

  10. 10.

    Yu, M.-F., Files, B., Arepalli, S. und Ruoff, R., „Tensile Loading of Ropes of Single Wall Carbon Nanotubes and Their Mechanical Properties“, Physical Review Letters, 12. Jun. 2000, S. 5552–5555.

  11. 11.

    Yu et al., wie in 8.

  12. 12.

    Tang, B., „Fiber Reinforced Composites Applications in USA DOT – Federal Highway Administration“, First Korea/USA Road Workshop Proceedings, 28.–29. Jan. 1997. http://www.fhwa.dot.gov/bridge/frp/frp197.doc (Stand: März 2009).

  13. 13.

    Sun, L., Bahhart, F., Krasheninnikov, A. V., Rodriguez-Manzo, J. A., Terrones, M. und Ajayan, P. M., „Carbon Nanotubes as High-Pressure Cylinders and Nanoextruders“, Science, 26. Mai 2006, S. 1199–1202.

  14. 14.

    Ericson et al., „Macroscopic, Neat, Single-Walled Carbon Nanotube Fibers“, Science, 19. Aug. 2005, S. 1215–1219.

  15. 15.

    Li, Y.-L., Kinloch, I. A. und Windle, A. H., „Direct Spinning of Carbon Nanotube Fibers from Chemical Vapor Deposition Synthesis“, Science, 9. April 2004, S. 276–278.

  16. 16.

    Zhang et al., „Strong, Transparent, Multifunctional Carbon Nanotube Sheets“, Science, 19. Aug. 2005, S. 1215–1219.

  17. 17.

    Mielke, S., Diego, T., Zhang, S., Li, J.-L., Xiao, S., Car, R., Ruoff, R., Schatz, G. und Belytschko, T., „The Role of Vacancy Defects and Holes in the Fracture of Carbon Nanotubes“, Chemical Physical Letters, 16. Apr. 2004, S. 413–420.

  18. 18.

    Pugno, N., „On the Strength of the Carbon Nanotube-Based Space Elevator Cable: From Nano- to Mega-Mechanics“, Journal of Physics: Condensed Matter, Special Issue: Nanoscience and Nanotechnology, Juli 2006 (Preprint).

  19. 19.

    Andrews, D., Jacques, D., Rao, A. M., Rantell, T., Derbyshire, F., Chen, Y., Chen, J. und Haddon, R. C., „Nanotube Composite Carbon Fibers“, Applied Physics Letters, 30. Aug. 1999, S. 1329–1331.

Zusammenfassung

 

Thema

Wichtige Gleichungen und Anmerkungen

1.

Spannung und Dehnung

Spannung ist der Quotient aus an der einer Querschnittsfläche \(A\) angreifenden Kraft \(F_{\mathrm{n}}\), die normal zu \(A\) steht und der Querschnittsfläche \(A\) selbst:

\(\sigma=\dfrac{F_{\mathrm{n}}}{A}\,\)   (9.2)

Dehnung ist der Quotient aus der Längenzunahme \(\Updelta l\) und der ursprünglichen Länge \(l\) vor der Dehnung.

Der Elastizitätsmodul

\(E=\dfrac{\text{Spannung}}{\text{Dehnung}}=\dfrac{\sigma}{\varepsilon}=\dfrac{F_{\mathrm{n}}/A}{\Updelta l/l}\)   (9.3)

Die Querkontraktion

\(\mu=-\dfrac{\Updelta d/d}{\Updelta l/l}\)   (9.4)

Energiedichte

\(\rho_{\mathrm{E}}=\dfrac{E_{\mathrm{pot}}}{V}=\dfrac{1}{2}\,E\,\epsilon^{2}\)   (9.22)

2.

Kompression

 

Druck

\(p=\dfrac{F_{\mathrm{p}}}{A}=-\dfrac{F_{\mathrm{n}}}{A}=-\sigma\)   (9.6)

Der Kompressionsmodul

\(K=-\dfrac{\Updelta p}{\Updelta V/V}=\dfrac{E}{3\,(1-2\mu)}\)   (9.9)

Die Kompressibilität

\(\kappa=\displaystyle\frac{1}{K}=\dfrac{3\,(1-2\mu)}{E}\)   (9.10)

3.

Scherung

 

Scherspannung

Die Scherspannung ist der Quotient aus der an einer Querschnittsfläche \(A\) angreifenden, tangential zu ihr wirkenden Kraft \(F_{\mathrm{t}}\) und der Querschnittsfläche \(A\):

\(\tau=\dfrac{F_{\mathrm{t}}}{A}\,\)   (9.11)

Der Schubmodul

\(G=\dfrac{\text{Scherspannung}}{\text{Scherung}}=\dfrac{\tau}{\gamma}=\dfrac{F_{\mathrm{t}}/A}{\Updelta x/l}=\dfrac{F_{\mathrm{t}}/A}{\tan\theta}\)   (9.13)

Energiedichte

\(\rho_{\mathrm{E}}=\dfrac{E_{\mathrm{pot}}}{V}=\dfrac{1}{2}\,G\,\gamma^{2}\)   (9.23)

4.

Zusammenhang zwischen den Modulen

\(\dfrac{E}{3\,K}=1-2\,\mu\)   (9.19)

\(\dfrac{E}{2\,G}=1+\mu\)   (9.20)

\(\dfrac{2\,G}{3\,K}=\dfrac{1-2\,\mu}{1+\mu}\)   (9.21)

5.

Biegung

 

Flächenträgheitsmoment

Das Flächenträgheitsmoment einer Fläche \(A\) bezüglich einer Kraft, die in \(a\)-Richtung wirkt, lautet:

\(I_{\mathrm{F},a}=\int a^{2}\,\mskip 2.0mu\mathrm{d}A\,\)   (9.30)

Spannung

Die Spannung an einem einseitig eingespannten Balken der Länge \(l\), an dem am freien Ende die Kraft \(F\) angreift, ist an einem Punkt \((x,y)\) im Balken gegeben durch

\(\sigma_{b}=\dfrac{(l-x)\,F}{I_{\mathrm{F},y}}\,y\,\),   (9.31)

wobei \(x\) den Abstand zum eingespannten Ende bezeichnet und \(y\) die Höhe über der neutralen Faser. Bei einem beidseitig unterstützten Balken der Länge \(l\), auf den in der Mitte die Kraft \(F\) drückt, ist die Spannung im Balken an einem Punkt \((x,y)\) gegeben durch

\(\sigma_{b}=-\dfrac{|x|\cdot F}{I_{\mathrm{F},y}}\,y\,\).   (9.40)

Auslenkungskurve

Bei einem einseitig eingespannten Balken ist die Auslenkungskurve der neutralen Faser gegeben durch

\(y(x)=-\displaystyle\frac{1}{2}\dfrac{F\cdot L}{E\cdot I_{\mathrm{F},y}}\cdot x^{2}+\dfrac{1}{6}\frac{F}{E\cdot I_{\mathrm{F},y}}x^{3}\,\),   (9.37)

wobei \(x\) den Abstand zum eingespannten Ende bezeichnet. Bei einem beidseitig unterstützten Balken ist die Auslenkungskurve beschrieben durch

\(y(x)=\displaystyle\frac{1}{6}\,\dfrac{F}{E\cdot I_{\mathrm{F},y}}\,|x|^{3}-\dfrac{1}{48}\,\dfrac{F\cdot l^{3}}{E\cdot I_{\mathrm{F},y}}\,\),   (9.42)

wobei \(x\) den Abstand von der Mitte des Balkens zum betrachteten Punkt angibt.

Antwort auf die Kurzfrage

  1. 9.1

    Sie ändert sich nicht, da beide in gleicher Potenz in den Zähler und Nenner eingehen, sodass die Faktoren sich herauskürzen.

Lösungen der Zusatzaufgaben

  1. 9.1

    Nach unserer Definition gilt für die Spannung \(\sigma=F_{\mathrm{n}}/A\). Mit den gegebenen Werten ergibt sich \(\sigma=2{,}5\cdot 10^{5}\,\text{N}\cdot\mathrm{m^{-2}}\). Die maximal erreichbare Spannung ist für alle Muskeln des Menschen näherungsweise gleich. Größere Kräfte können nur durch Muskeln mit höherer Querschnittsfläche ausgeübt werden.

  2. 9.2

    a) \(4{,}1\cdot 10^{7}\,\text{N}\cdot\text{m}^{-2}\), b) \(2{,}1\cdot 10^{-4}\), c) \(190\,\text{GN}\cdot\text{m}^{-2}\)

Aufgaben

Bei allen Aufgaben ist die Erdbeschleunigung \(\boldsymbol{g=9{,}81\,\mathbf{m}/\mathbf{s}^{\mathbf{2}}}\) . Falls nichts anderes angegeben ist, sind Reibung und Luftwiderstand zu vernachlässigen.

1.1 Verständnisaufgaben

9.1

• Wie ändert sich die Spannung in einem Draht, wenn Sie seine Querschnittsfläche verdoppeln und die Kraft vervierfachen?

9.2

• Ein Stab mit einer Querkontraktionszahl \(\mu=0{,}2\) wird um 5 % gedehnt. Um wie viel Prozent ändert sich seine Dicke?

9.3

• Benennen Sie die in Abb. 9.15 gezeigten Deformationsvorgänge.

Abb. 9.15
figure 15

Zu Aufgabe 9.3

9.4

•• Ein Aluminium- und ein Stahldraht mit gleicher Länge \(l\) und gleichem Durchmesser \(d\) werden so verbunden, dass ein einziger Draht mit der Länge \(2\,l\) entsteht. Ein Ende dieses Drahts wird an der Decke befestigt, und am unteren Ende wird ein Körper mit der Masse \(m\) angehängt. Vernachlässigen Sie die Massen der beiden Drahtstücke. Welche der folgenden Aussagen sind richtig, welche falsch? a) Der Aluminiumteil dehnt sich um dieselbe Länge wie der Stahlteil. b) Die Spannungen im Aluminium- und im Stahlteil sind gleich. c) Die Spannung im Aluminiumteil ist größer als im Stahlteil. d) Keine dieser Aussagen trifft zu.

1.2 Schätzungs- und Näherungsaufgabe

9.5

•• Betrachten Sie ein atomares Modell für den Elastizitätsmodul: Eine große Anzahl von Atomen ist in einem kubischen Gitter angeordnet, d. h., jedes Atom sitzt in den Ecken eines Würfels und hat von seinen sechs nächsten Nachbarn den Abstand \(a\) (Abb. 9.16). Stellen Sie sich vor, jedes Atom sei durch kleine Federn mit der Federkonstanten \(k_{\mathrm{F}}\) mit seinen sechs nächsten Nachbarn verbunden. (Dieses Bild liefert ein brauchbares Modell, weil die zwischen den Atomen wirkenden Kräfte sich ähnlich wie die von Federn verhalten.) a) Zeigen Sie, dass ein derart aufgebautes Material beim Dehnen den Elastizitätsmodul \(E=k_{\mathrm{F}}/a\) hat. b) Schätzen Sie damit die „atomare Federkonstante“ \(k_{\mathrm{F}}\) in einem Metall ab. Nehmen Sie dabei \(a\approx\mbox{1{,}0\,nm}\) an.

Abb. 9.16
figure 16

Zu Aufgabe 9.5

1.3 Spannung und Dehnung

9.6

• Eine Masse von 50 kg hängt an einem 5,0 m langen Stahldraht mit dem Radius 2,0 mm. Um wie viel dehnt sich der Draht?

9.7

• Kupfer hat die Zugfestigkeit \(3{,}0\,\cdot\,10^{8}\,\mathrm{N\,m^{-2}}\). a) Wie groß ist die maximale Last, die man an einen Kupferdraht von 0,42 mm Durchmesser anhängen kann? b) Eine Last von der Hälfte der Maximallast hängt an diesem Kupferdraht. Um welchen prozentualen Anteil dehnt er sich?

9.8

•• An den beiden Enden eines dünnen Drahts der Länge \(l\) mit der Querschnittsfläche \(A\) wirken entgegengesetzt gerichtete, gleich große Dehnungskräfte mit dem Betrag \(F\). Zeigen Sie, dass man den Draht als eine „Feder“ mit der Federkonstanten \(k_{\mathrm{F}}=AE/l\) betrachten kann und dass die im Draht gespeicherte potenzielle Energie durch \(E_{\mathrm{pot}}=\tfrac{1}{2}\,F\,\Updelta l\) gegeben ist. Darin ist \(E\) der Elastizitätsmodul und \(\Updelta l\) die Längenzunahme des Drahts.

9.9

•• Bei einem Versuch zum Elastizitätsmodul von Gummi erhalten Sie von Ihrer Tutorin ein Gummiband mit rechteckigem Querschnitt. Sie lässt Sie zunächst die Abmessungen des Querschnitts bestimmen. Sie ermitteln dabei die Werte 3,0 mm und 1,5 mm. Gemäß der Versuchsanleitung lassen Sie das Band nun senkrecht von der Decke herabhängen und belasten das untere Ende mit verschiedenen (bekannten) Massen. Bei Ihrer Messreihe finden Sie folgende Werte für die Länge und die angehängte Masse:

$$\begin{aligned}\displaystyle\begin{array}[]{lllllll}\text{Masse (kg)}&0{,}0&0{,}10&0{,}20&0{,}30&0{,}40&0{,}50\\ \text{L{\"a}nge (cm)}&5{,}0&5{,}6&6{,}2&6{,}9&7{,}8&8{,}8\end{array}\end{aligned}$$

a) Berechnen Sie mithilfe eines grafischen Taschenrechners oder eines Tabellenkalkulationsprogramms den Elastizitätsmodul des Gummibands im angegebenen Lastbereich. Hinweis: Es ist wohl am besten, \(F/A\) gegen \(\Updelta l/l\) aufzutragen. Warum? b) Berechnen Sie die im gedehnten Gummiband gespeicherte potenzielle Energie, wenn die angehängte Masse 0,15 kg beträgt. c) Berechnen Sie die im Gummiband gespeicherte Energie bei einer angehängten Masse von 0,30 kg. Ist sie doppelt so groß wie in Teilaufgabe b? Erläutern Sie Ihr Ergebnis.

9.10

•• Ein Tragkabel für einen Aufzug soll aus einem neuartigen Verbundmaterial hergestellt werden. Im Labor war ein 2,00 m langes Kabelstück mit einer Querschnittsfläche von 0,200 mm\({}^{2}\) bei einer Last von 1000 N gerissen. Das geplante Kabel für den Aufzug soll 20,0 m lang sein und eine Querschnittsfläche von 1,20 mm\({}^{2}\) haben. Es soll eine Last von 20 000 N sicher tragen. Ist das Material geeignet?

9.11

••• Bei vielen festen Materialien ist die Zugfestigkeit um zwei bis drei Größenordnungen geringer als der Elastizitätsmodul. Daher reißen die meisten dieser Materialien, bevor die Dehnung 1 % übersteigt. Unter den synthetischen Materialien hat Nylon die höchste Dehnbarkeit – es kann um bis zu 20 % gedehnt werden, bevor es reißt. Aber viele Spinnenfäden übertreffen die synthetischen Materialien bei weitem: Bestimmte Spinnenfäden können, ohne zu reißen, auf das Zehnfache gedehnt werden! a) Ein solcher Spinnenfaden mit kreisförmigem Querschnitt hat ungedehnt den Radius \(r_{0}\) und die Länge \(l_{0}\). Ermitteln Sie seinen Radius, wenn er auf die Länge \(l=10\,l_{0}\) gedehnt ist. (Die Dichte des Fadens soll bei der Dehnung konstant bleiben.)  b) Drücken Sie die Zugkraft beim Reißen des Fadens in Abhängigkeit von seinem Elastizitätsmodul \(E\) und seinem Radius \(r_{0}\) aus.

1.4 Kompression

9.12

• Um wie viel \(\text{N}/\text{m}^{2}\) muss man den Druck erhöhen, damit ein kleiner Würfel aus Quarzglas der Kantenlänge 1 cm auf einen Würfel mit der Kantenlänge 0,99 cm komprimiert wird?

9.13

•• Ein Elefant der Masse 5 t tritt mit einem Fuß auf einen Quader aus Beton. Der Quader ist 5 cm lang, 5 cm breit, 4 cm hoch und wird vom Elefantenfuß gerade vollständig überdeckt. Gehen Sie davon aus, dass er mit einem Viertel seiner Gesamtmasse auf das Stück Beton tritt, und berechnen Sie, um wie viel das Volumen des Betonquaders dadurch verringert wird. Um wie viel würde das Volumen eines Quaders aus Stahl mit gleichen Ausmaßen verringert? Halten die Materialien dem Elefantentritt stand, oder gehen sie dabei zu Bruch?

9.14

• Berechnen Sie den \(K\)- und den \(G\)-Modul für Beton. Dabei können Sie von \(E=23\,\text{GN}\cdot\text{m}^{-2}\) und \(\mu=0{,}20\) ausgehen.

1.5 Scherung

9.15

• An einem 1 m langen Draht mit einem Durchmesser von 4 cm hängt ein Gegenstand mit einem Trägheitsmoment von \(I=\text{770{,}1\,kg}\cdot\text{m}^{2}\). Versetzt man den Gegenstand in Drehschwingungen, misst man eine Schwingungsdauer von 1,2 s. Wie groß ist der Torsionsmodul des Drahts, und um welches Material handelt es sich dabei?

9.16

• Während sich der Fuß eines Läufers vom Boden abdrückt, übt er auf die Sohle des Schuhs eine Scherkraft aus (Abb. 9.17). Die Sohle ist 8,0 mm dick. Berechnen Sie den Scherwinkel \(\theta\), wenn eine Kraft von 25 N über eine Fläche von 15 cm\({}^{2}\) verteilt ist. Der Schubmodul der Sohle beträgt \(1{,}9\cdot 10^{5}\,\mathrm{N\,m^{-2}}\).

Abb. 9.17
figure 17

Zu Aufgabe 9.16

9.17

• Berechnen Sie die potenzielle Energie, die bei der Scherung eines Eiswürfels gespeichert wird, wenn er eine Kantenlänge von 5 cm hat und seine Oberseite um einen halben Zentimeter verschoben wird. Welche Scherspannung wirkt an dem Eiswürfel?

9.18

•• Ein 50 cm langer Draht wird an der Decke und eine Kugel an seinem herunterhängenden Ende befestigt. Die Kugel hat den Radius \(r_{K}=15\,\text{cm}\) und eine Masse von \(m_{K}=1\,\text{kg}\), während der Draht einen kreisförmigen Querschnitt mit Radius \(R=2\,\text{mm}\) hat. Gehen Sie davon aus, dass Sie das Trägheitsmoment der Kugel, die Länge und den Radius des Drahts ohne Fehler messen können. Wird die Kugel in Drehschwingungen versetzt, messen Sie eine Schwingungsdauer von 0,38 s mit einem statistischen relativen Fehler von 2,5 %. Wie groß sind der sich daraus ergebende Schubmodul des Drahts und der Fehler? Können Sie im Rahmen der Messgenauigkeit eindeutig feststellen, um welches Material es sich bei dem Draht handelt? Nehmen Sie Tab. 9.1 zu Hilfe. Hinweis: Nehmen Sie eine Hohlkugel an!

1.6 Biegung

9.19

• Berechnen Sie die Formeln für das Flächenträgheitsmoment a) eines Stabs mit kreisrundem Querschnitt vom Radius \(r\), an dem eine Kraft senkrecht zu seiner Symmetrieachse angreift, b) eines Balkens mit der Querschnittsfläche in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit Kantenlänge \(a\), der ebenfalls in eine Richtung senkrecht zu seiner Symmetrieachse und senkrecht zu einer Kante gebogen wird.

9.20

• Hans steht auf einem quaderförmigen Balken, der an beiden Enden aufliegt, genau zwischen den beiden Auflagepunkten. Hans wiegt 80 kg. Wie weit wird der Balken durch sein Gewicht nach unten gedrückt, wenn der Balken 2 m lang, 10 cm breit und 5 cm dick ist? Nehmen Sie als Material beispielsweise Stahl an.

9.21

•• An einen Ast eines Weihnachtsbaums wird ganz am Ende eine Kugel mit einer Masse von 50 g gehängt. Der Baum ist eine Fichte mit einem E-Modul von \(E=10\,\text{MN}/\text{m}^{2}\). Der Ast hat einen annähernd kreisförmigen Querschnitt mit einem Durchmesser von 2,8 cm und eine Länge von 30 cm. Berechnen Sie die Auslenkung des Astendes durch das Gewicht der Kugel. Welche Masse darf eine Kugel höchstens haben, damit der Ast nicht unter der Last zusammenbricht? (Gehen Sie davon aus, dass die maximale Spannung an der Astgabel höchstens \(70\,\mathrm{N/mm}^{2}\) betragen sollte.)

9.22

••• Berechnen Sie die Gleichung für die Spannung und die Auslenkungskurve für einen beidseitig fest montierten Balken mit beliebigem Querschnitt und einer festen Länge \(l\), der in der Mitte durch eine Kraft \(F\) belastet wird. Zudem soll der \(E\)-Modul des Balkens bekannt sein. Gehen Sie wieder von Bernoullis Voraussetzungen aus.

9.23

••• Ein 10 m hohes Schleusentor ist am Boden durch ein Gelenk kippbar befestigt und an der Oberkante durch ein Loslager angelehnt. Das Becken ist bis zur Oberkante des Tors gefüllt. In welcher Höhe über dem Boden herrscht das größte Biegemoment im Tor?

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2019 Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Kersten, P., Wagner, J., Tipler, P.A., Mosca, G. (2019). Mechanik deformierbarer Körper. In: Kersten, P., Wagner, J. (eds) Physik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58281-7_9

Download citation

Publish with us

Policies and ethics