Wir befinden uns in einem permanenten Lernprozess, insbesondere in der heutigen Arbeitswelt: Wir lernen neue Technologien, bewältigen die wachsende Informationsflut, kommen in heterogenen und oftmals kulturell vielfältigen Teams zurecht und finden neue Arten der Zusammenarbeit, und auch vor dem Privatleben machen die Veränderungsprozesse nicht halt. Für die einen ist dies ein Segen, für die anderen bedeutet es große Verunsicherung, Stress oder sogar Angst. Wie schaffen wir es also, mit diesen Herausforderungen klarzukommen und sie für uns zu nutzen?

Die dafür erforderliche Selbststeuerung kann man lernen. Dabei hat es sich unserer Erfahrung nach bewährt, die individuellen Ressourcen – z. B. die eigenen Motive – zu identifizieren und zu aktivieren. Die Persönlichkeitsanalyse ID37 ist ein effektives Instrument, um dies zu tun.

Es ist zugleich die Verständigungsgrundlage für eine verbesserte Zusammenarbeit und Kommunikation – zwischen Coach und Klient, zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, innerhalb von Teams und auch im ganz alltäglichen Miteinander.

6.1 Einsatzbereiche

Jeder Mensch kann den wissenschaftlichen ID37 Test durchführen (Abschn. 4.1). Daher sind die Einsatzmöglichkeiten dieses Instruments vielfältig. Der folgende Überblick stellt eine Auswahl dar:

  • Coaching

    Im Coaching hilft ID37, den persönlichen Standort zu bestimmen und in Veränderungssituationen handlungsfähig zu sein. Es dient als Ausgangsbasis, um Menschen dabei zu unterstützen, ein selbstgestaltetes, zufriedeneres Leben zu führen.

  • Business-Coaching

    Oft wird ID37 im Business-Coaching eingesetzt, wenn der Schwerpunkt darauf liegt, berufliche Zufriedenheit zu erlangen, denn dies ist die Voraussetzung für dauerhafte Leistung. Die Analyse der Motive hilft dabei, eventuelle Diskrepanzen zwischen persönlichen Zielen und Anforderungen einer Rolle aufzudecken.

  • Unternehmen und Organisationen

    Im Human-Resources-Management wird das Persönlichkeitsdiagnostikinstrument ID37 von der Personalauswahl und -entwicklung bis zur Führungskräfte- und Teamentwicklung eingesetzt. Unternehmen brauchen ganzheitliche Personalstrategien sowie vernetzte und individualisierbare Konzepte, um passende Bewerber zu gewinnen, die Potenziale ihrer Mitarbeiter zu entfalten und sie im Unternehmen zu halten. Mit ID37 können Unternehmen diese Aufgaben systematisch angehen. Ein fundiertes Talentmanagement dient Unternehmen nicht nur dazu, ihre Mitarbeiter bestmöglich zu entwickeln, sondern ist auch der Erfolgsfaktor im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte (McKinsey Deutschland et al. 2011).

    • Personalauswahl und Weiterentwicklung

      Die Persönlichkeit spielt bei der Stellenbesetzung eine erhebliche Rolle (Hossiep und Weiß 2017). Ein Bewerber, der die passenden Anlagen für eine Rolle mitbringt, wird sich bei der Ausführung seines Jobs grundsätzlich leichter tun und mehr Leistung bringen als eine Person, die gegen ihre natürlichen Neigungen handeln muss. Eine persönlichkeitsdiagnostische Analyse mit ID37 kann für Unternehmen zu einem strategischen Instrument werden, um festzustellen, inwiefern ein Kandidat vor dem Hintergrund seiner Persönlichkeit den Anforderungen einer Rolle gerecht wird und welche zielgerichteten Entwicklungsmaßnahmen er benötigt. Unternehmen legen so ihren Personalentscheidungen eine fundierte Systematik zugrunde.

    • Führung

      Eine gute Führungskraft ist aus unserer Sicht diejenige, die ihre eigene Persönlichkeit kennt und sich selbst steuern kann. Sie ist in der Lage, mit sich, verschiedenen Situationen und Menschen so flexibel umzugehen, dass sie stets handlungsfähig bleibt und dabei die Belange des Mitarbeiters und des Unternehmens bestmöglich berücksichtigt. Aus unserer Erfahrung gibt es für die Führungskraft keine ideale Motivkonstellation und demzufolge kein Idealprofil . Der Vorteil der Arbeit mit ID37 im Führungskontext besteht vielmehr darin, die individuellen Potenziale einer Führungskraft zu entschlüsseln, damit sie Klarheit über ihre eigene Persönlichkeit gewinnt und diese bestmöglich für ihre Führungsrolle einsetzen kann. Führungskräfte können ID37 zudem als Instrument für die individuelle Führung und Teamentwicklung einsetzen.

    • Teamentwicklung

      Eine ID37 Teamanalyse zeigt, wie man leistungsfähige und -willige Teams aufbaut und erfolgreich führt. Teamleiter nutzen das Instrument, um:

      • die Wirksamkeit eines Teams und gemeinsame Identifikation zu steigern;

      • Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Team herauszuarbeiten;

      • ein Vokabular zur Verfügung zu stellen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu besprechen;

      • Gruppendynamiken und Verhaltensweisen zu erklären;

      • gegenseitiges Verständnis und Respekt zu fördern;

      • Strategien zur Förderung von Teamstärken zu entwickeln;

      • potenzielle Konfliktherde zu erkennen und zu beseitigen;

      • Team-Werte und wertschätzende Spielregeln zu erstellen;

      • Rollen- und Aufgabenverteilungen anzupassen.

    Weitere Anwendungsbereiche von ID37 sind :

  • Leistungssport

    Trainer und Sportpsychologen erarbeiten mit der ID37 Analyse individuelle Strategien mit den Athleten, die optimal auf deren Persönlichkeit angepasst sind. Sie gehen dabei differenziert vor und entscheiden zwischen Wettkampf-, Trainings- und Regenerationsphasen. Jede Phase verlangt andere individuelle Anreize, um punktgenau die Voraussetzungen für Höchstleistungen, Weiterentwicklung oder Erholung zu schaffen. Auch die Trainer selbst lernen anhand ihres Motivprofils , wo möglicherweise eigene „blinde Flecken“ sind, die sie unbewusst auf ihre Athleten übertragen. Durch permanentes Beobachten und Steuern führen Trainer ihre Sportler individuell zu mentaler Stärke. Bei Teamsportarten liegt der Fokus zusätzlich auf der mannschaftlichen Geschlossenheit, der Steigerung des Teamgeists und der Ansprache, mit der das Team zu Höchstleistungen geführt werden kann.

  • Beziehungen

    Gegensätze mögen sich kurzzeitig anziehen. Es ist jedoch mittlerweile hinreichend erforscht, dass Beziehungen auf Dauer umso glücklicher verlaufen, je ähnlicher sich Menschen sind und sich aufeinander einstellen können. Die Beziehungs- und Paarberatung mit ID37 macht sich das zunutze und legt offen, in welchen Motiven sich Paare ähneln und wo Konflikte ihre Ursachen haben.

  • Marketing und Markenführung

    Warum kaufen Menschen bestimmte Marken? Die Antwort lautet: Menschen kaufen keine Marken, sie kaufen das, was (Motiv-)Befriedung verspricht (Schreier et al. 2010, S. 86 f.). Branding, das mit menschlichen Werten arbeitet, bringt die Marke mit den Werten ihrer Zielgruppe in ein gemeinsames Bezugssystem und kann (Kauf-)Verhalten triggern. Werte entsprechen hier Motiven. So adressiert beispielsweise die Automarke Volvo Menschen mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis. Mercedes-Benz hingegen spricht mit seiner konsequenten Positionierung primär Autofahrer mit einer hohen Ausprägung des Motivs STATUS an (Chlupsa 2017, S. 63). Marken, die implizit und konsistent vermitteln, dass ihre Käufer durch sie eine gefühlte Motivbefriedigung erlangen könnten, haben einen Wettbewerbsvorteil. Für solche Branding-Konzepte liefert ID37 ein fundiertes Bezugssystem.

  • Forschung

    Für die psychologische Grundlagenforschung und anwendungsbezogene Psychologie leistet ID37 ebenfalls einen Beitrag, indem es die wichtigsten Dispositionskonstrukte der dynamischen Persönlichkeit erfasst. Seine Anwendung findet dies z. B. bei der Erforschung der Motivation im Kontext von Gesundheit und Prävention.

Das Persönlichkeitsmodell ID37 betrachtet den Menschen ganzheitlich. Es ist branchen- und fachübergreifend einsetzbar.

Einsatz von ID37 in Unternehmen – rechtliche Aspekte

Aufgrund seiner guten Testgütekriterien (Abschn. 4.2) und seiner praktischen Anwendbarkeit gehört ID37 zu den psychologischen Tests, die für den Einsatz im Unternehmenskontext geeignet sind. ID37 Master sind Experten für die professionelle Testdurchführung, Analyse und Auswertung.

Folgende rechtlichen Rahmenbedingungen sind beim Einsatz von ID37 in Unternehmen zu berücksichtigen (Hossiep und Weiß 2017):

  • Mitbestimmung des Betriebsrats

    Von unmittelbarer Relevanz ist das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), das die Arbeit von Betriebsräten regelt. Nach den Paragraphen 94 und 95 (§ 94 zum Thema Personalfragebogen im Betrieb und § 95 Auswahlrichtlinien) bedürfen Personalfragebogen im Unternehmen meist der Zustimmung des Betriebsrates. Professionelle Anwender von ID37 sollten rechtzeitig klären, wie der Betriebsrat in die Arbeit mit dem ID37 Persönlichkeitsdiagnostikinstrument eingebunden wird.

  • Datenschutz

    • Für alle abhängig Beschäftigten gilt das Arbeitsrecht, das Gesetze, Verordnungen und verbindliche Bestimmungen zum Schutz von Arbeitnehmern umfasst, wie beispielsweise den Beschäftigtendatenschutz.

    • Die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) betrifft auch den Schutz personenbezogener Daten von Beschäftigten und Bewerbern. Auch wenn der Beschäftigtendatenschutz selbst keinen Eingang in Form einer eigenständigen Regelung in die EU-DSGVO gefunden hat, gehen deren Vorgaben teilweise weit über die des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes hinaus – z. B. in Bezug auf Informations- und Auskunftspflichten durch den Arbeitgeber.

    • Nach § 32 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist die Erhebung und Nutzung personenbezogener Daten eines Beschäftigten nur dann zulässig, wenn ein unmittelbarer Bezug zu dem zu besetzenden Arbeitsplatz besteht. Das gilt selbstverständlich auch für Bewerber. Daher muss gewährleistet sein, dass mithilfe des Persönlichkeitstests ausschließlich anforderungsrelevante Merkmale zur Prüfung der Eignung einer Person in Bezug auf die Anforderungen in der (zukünftigen) Arbeitstätigkeit erhoben werden. ID37 bietet Testvarianten, die beispielsweise die Möglichkeit haben, das Motiv „SINNLICHKEIT“ auszublenden und somit auf Items zu verzichten, die die Intimsphäre von Menschen berühren könnten.

    • Als eine weitere grundlegende Voraussetzung für die Zulässigkeit des Einsatzes eines Persönlichkeitstests ist die Aufklärung des Testnehmers über die Art, die Funktionsweise und den Umfang des Tests sowie über die Verwendung der Persönlichkeitsdaten und die diesbezügliche Einwilligung. Testnehmer des ID37 Tests geben mit Ausfüllen des Fragebogens ihr Einverständnis über die kontextbezogene Verwendung ihrer Daten. Zudem werden sie im vorbereitenden Gespräch durch den ID37 Master darüber aufgeklärt. Wird ID37 im Personalauswahlverfahren eingesetzt, ist die schriftliche Zustimmung des Bewerbers Pflicht.

    • Ergebnisse persönlichkeitsorientierter Fragebogen sind sensible personenbezogene Daten, hinsichtlich deren Aufbewahrung auch die Persönlichkeitsrechte zu wahren sind. Zudem muss die Vertraulichkeit gewahrt bleiben. Die Rohdaten der ID37 Testnehmer liegen bis zum Widerruf auf europäischen Servern. Erfolgt ein Widerruf, dann werden sie rückstandslos gelöscht.

  • Schutz vor Diskriminierung

    Das Verfahren ID37 ist konform zu den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Ziel des AGG ist die Verhinderung bzw. Beseitigung von Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, des Alters, einer Behinderung, der sexuellen Identität, der Religion oder Weltanschauung sowie hinsichtlich Rasse oder ethnischer Herkunft (§ 1 AGG).

  • DIN-Norm 33430

    Die DIN-Norm 33430 definiert Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen. Sie ist keine Rechtsnorm, sondern legt als Prozessnorm Anforderungen und den Umgang mit psychometrischen Verfahren im beruflichen Kontext fest. ID37 folgt den Qualitätsstandards der DIN-Norm 33430. Die Norm ist für Unternehmen nicht bindend, aber in einem Rechtsstreit, wie beispielsweise einer Personalauswahlentscheidung, könnte es sich als positiv für das Unternehmen erweisen, dass der ID37 Test den Anforderungen entspricht.

Transparenz, Aufklärungswille, eine offene und vertrauensvolle Kommunikation sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit mit der ID37 Persönlichkeitsanalyse in Unternehmen. Wir empfehlen, zu Beginn eines Projekts mit dem Auftraggeber zu klären, wann welche relevanten Stellen und Beauftragten einzubeziehen sind.

6.2 Das ID37 Analysegespräch

Der ID37 Master führt das Analysegespräch , nachdem der Testnehmer den Test ausgefüllt hat und ihm das computergenerierte Testergebnis – also das individuelle Motivprofil – vorliegt. Er kann bereits am Motivprofil erkennen, wen er vor sich haben wird und sich so optimal auf das Analysegespräch vorbereiten.

Wir empfehlen, zu Beginn des Analysegesprächs etwas Zeit einzuräumen, damit sich beide Personen aufeinander einstellen können und eine vertrauensvolle Atmosphäre entsteht. Der ID37 Master findet mit dem Wissen um die Persönlichkeit des Klienten und aus der Vorgeschichte immer einen Anknüpfungspunkt, womit er den Klienten wertschätzend in seiner Welt abholen kann.

Dem Analysegespräch kommt eine besondere Bedeutung zu, da die Auswertung nun durch den persönlichen Kontext und die Lebenssituation des Testnehmers ergänzt wird. Der ID37 Master ist daher gefordert, dem Klienten besonders gut zuzuhören, den Gesamtzusammenhang zu verstehen und mit dem Motivprofil in Verbindung zu bringen.

Ziele des Analysegesprächs

  • Vorstellung des wertfreien Testergebnisses

  • Gemeinsame Interpretation und Reflexion

  • Einbeziehung von Zielsetzung und Kontext des Klienten

Das Ergebnis des Analysegesprächs ist Verständnis und Akzeptanz des persönlichen Motivprofils seitens des Klienten.

Bei der Persönlichkeitsanalyse ID37 geht es darum, die Informationen, die das Motivprofil über die Persönlichkeit verrät, klar herauszuarbeiten, Verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen, wie sich das Zusammenspiel der 16 Motive in der individuellen Lebenssituation auswirkt.

6.2.1 Vorbereitung und Durchführung

Der ID37 Master taucht im Analysegespräch in die speziellen Lebensumstände des Klienten ein, gewinnt ein besseres Verständnis von ihm und kann Abläufe und Zusammenhänge zwischen Bedürfnis , Motiv und Emotion begreifbar machen. Das eigene Fühlen, Denken und Handeln wird dem Klienten bewusst – der erste Schritt in Richtung Selbststeuerung .

Das Analysegespräch: Der Nebel lichtet sich

Vor dem Analysegespräch sieht der ID37 Master am Motivprofil, dass sein Klient ein niedriges Motiv SICHERHEIT (SIC −) und ein sehr hohes Motiv SOZIALE ANERKENNUNG (SAN ++) hat. Er erkennt daraus, dass diese Person gerne Risiken eingeht, durch Wertschätzung motiviert wird und sehr selbstkritisch ist. Vielleicht hat der ID37 Master schon öfter Personen mit einer ähnlichen Ausprägung betreut, die in Entscheidungskonflikte gerieten, wenn sie sich in neuen Umfeldern behaupten mussten. Er beschließt, konkret nachzufragen. Im Analysegespräch berichtet der Klient daraufhin, wie es sich für ihn angefühlt hatte, als ihm die Leitung für ein Innovationsprojekt angeboten wurde. Auf der einen Seite freute er sich auf das herausfordernde Projekt und auf spannende neue Erfahrungen (SIC −). Auf der anderen Seite regten sich Zweifel, ob er diesem Projekt überhaupt gewachsen sei (SAN ++). Er hatte damals widersprüchliche Gefühle: Er fühlte sich zugleich angstfrei und ängstlich. Am Ende entschied er sich gegen die Projektleitung, ohne genau zu wissen warum. Der ID37 Master konnte die diffuse Gefühlslage im Analysegespräch aufklären: Aufgrund der sehr hohen Ausprägung des Motivs SOZIALE ANERKENNUNG überwog die Sorge, dem hohem Anspruch und den Erwartungen nicht genügen zu können. Dies ist eine wertvolle Erkenntnis für den Klienten bei zukünftigen Entscheidungen.

Aufgrund der hohen Aussagekraft bildet die ID37 Analyse häufig den Auftakt für ein nachgelagertes Coaching oder eine Beratung, in denen individuelle Interventionsmaßnahmen entwickelt werden.

Für das Analysegespräch werden 90 min avisiert. Wir empfehlen folgenden Ablauf:

Ablauf eines Analysegesprächs

  • Einstieg

    • „Warmlaufen“.

    • Abklärung der Zielsetzung des Gesprächs.

    • Kurzvorstellung des ID37 Verfahrens.

    • Einstieg ins Thema (z. B. „Wie ging es Ihnen beim Ausfüllen?“, Hinweis auf die Wertfreiheit des Ergebnisses, Trennschärfe der Motive).

  • Profilbesprechung

    • Der ID37 Master bespricht das Motivprofil ausführlich mit dem Klienten.

    • Die Analyse und Interpretation der Ausprägung der Motive orientiert sich an den standardisierten Beschreibungen des Ergebnisberichts .

    • Im Analysegespräch geht der ID37 Master wertfrei auf jedes der Lebensmotive sowie deren Bedeutung in der Gesamtwirkung ein (z. B. Wechselwirkungen, Motivkonflikte).

    • Der ID37 Master geht auf die Eigen- und Fremdwahrnehmung ein, um dem Klienten mögliche „blinde Flecken“ aufzuzeigen und die ihm emotional fremden Ausprägungen zu erklären.

    • Er kann den Impuls setzen, Ressourcen und Potenziale nutzbar zu machen.

    • Der ID37 Master ist zu jeder Zeit wertschätzend, hört zu und stellt Rückfragen, sodass er die Lebenssituation gut versteht und eine Gesamtbetrachtung erfolgen kann.

  • Abschluss

    • Resümee ziehen: Der ID37 Master nimmt sich ausreichend Zeit, um alle Rückfragen des Klienten zu beantworten.

    • Der ID37 Master kann das Vertrauen des Klienten erwidern, indem er sein eigenes Motivprofil dem des Klienten gegenüberstellt. Dies ist kein Muss, es hat sich aber in der Praxis bewährt.

Unabhängig davon, mit welcher Zielsetzung eine Person sich dazu entschlossen hat oder angeregt wurde, ihr ID37 Motivprofil zu erstellen – die Person gewinnt an Selbsterkenntnis , was meist einen intensiven Reflexionsprozess auslöst. Daraufhin werden weiterführende Ansätze und Maßnahmen für die Selbstentwicklung abgeleitet.

Im Analysegespräch erläutert der ID37 Master wertschätzend und verantwortungsvoll das Motivprofil . Er kann den Impuls setzen, Ressourcen und Potenziale nutzbar zu machen.

6.2.2 Interpretationshilfen

Der ID37 Master erhält im Rahmen seiner Ausbildung Werkzeuge, um die Gesamtwirkung des zu besprechenden Motivprofils zu erfassen, z. B. Ergebnisbericht , Leitsätze, Emotionen, Eigen- und Fremdwahrnehmung, Item-Zuordnung, Gegenüberstellung.

Das Motivprofil bildet eine individuelle Kombination von Motivausprägungen ab, das die Persönlichkeit in ihrer Einzigartigkeit wertfrei beschreibt. Typologisierungen , Generalisierungen und Idealprofile hingegen entsprechen nicht der Philosophie von ID37. Auch wenn bestimmte Motivkonstellationen für bestimmte Anforderungen hilfreiche Voraussetzungen sind, so gibt es keine Idealprofile .

Die einzelne Motivausprägung gibt nicht nur Auskunft darüber, welche Priorität eine Person einem Motiv beimisst, sondern auch wie viel davon: Wie intensiv will das Motiv befriedigt werden? Wie häufig macht sich ein Mangelzustand bemerkbar? Erst bei einer Motivausprägung von ≤ 4 und ≥ 7 gehen wir davon aus, dass sie das Verhalten signifikant beeinflusst.

Die Motivausprägungen , die besonders stark von der Norm abweichen (≤ 3 und ≥ 8, d. h. ab der 1. Standardabweichung), sind für die Beschreibung der Persönlichkeit und der individuellen Bedürfnisse des Klienten besonders aufschlussreich, weil sie sein Erleben und Verhalten am stärksten leiten und beeinflussen. Dabei gilt: Je höher die Abweichung von der Norm, desto stärker wirkt sich das Motiv im Leben der Person aus – im Verhalten und emotional (weitere Details zur Motivausprägung Abschn. 4.3).

Auszug aus einem Analysegespräch am Beispiel eines einzelnen Motivs

Der ID37 Master beginnt die Profilanalyse mit dem Motiv EINFLUSS , da es einen sehr hohen Wert von 10 aufweist (EIN ++) . Er fängt an, den Grundsatz eines Motivs zu erklären: „Das Motiv EINFLUSS beschreibt Unterschiede im Streben nach Kontrolle und Einfluss auf Personen und Vorgänge. Umgangssprachlich kann man auch sagen, es misst den Anteil des Alphatiers in Ihnen.“ Dann geht er auf die Motivausprägung des Klienten ein: „Ihre Selbsteinschätzung mit dem Wert 10 hat ergeben, dass es sich für Sie sehr gut anfühlt, wenn Sie als Alphatier agieren können. Sie wollen Anführer sein.“

Der ID37 Master beobachtet auf diese Beschreibung hin die Körpersprache des Klienten, stellt Zustimmung fest und fährt – bestätigt in der Analyse des Motivs EINFLUSS – fort. Er beschreibt nun Verhaltensindikatoren des Motivs EINFLUSS mit einer niedrigen Ausprägung (EIN −): „Menschen, die – anders als Sie – einen niedrigen Wert des Motivs EINFLUSS haben, brauchen das Gefühl der Kontrolle über andere nicht. Im Gegenteil, sie versuchen ggf. Situationen der Einflussnahme zu vermeiden. Eine typische Verhaltensweise einer Führungskraft mit niedriger Ausprägung des Motivs EINFLUSS ist, Rahmenbedingungen für ihr Team zu schaffen und sie zu befähigen, selbst Entscheidungen zu treffen. Aber Achtung: Das heißt nicht, dass diese Führungskraft nicht entscheiden kann – sie braucht lediglich dieses Gefühl nicht.“

Der Klient überlegt kurz und erzählt dem ID37 Master von einem Führungskollegen, bei dem er dieses Verhalten wiedererkennt. Er hat diesen Kollegen bis heute leicht verächtlich als entscheidungsschwache Führungskraft „abgestempelt“.

Das Zusammenspiel mehrerer Motive präzisiert die Verhaltensprognose . So können beispielsweise zwei Menschen mit der gleichen Ausprägung des Motivs EINFLUSS diese Motivausprägung völlig unterschiedlich ausleben, je nachdem, welche anderen Motive bei ihnen wirken. Bei der Kombination EINFLUSS sehr hoch (EIN ++) , SOZIALE ANERKENNUNG niedrig (SAN −) und SICHERHEIT niedrig (SIC −) wird sich Person A in Entscheidungssituationen vermutlich sehr dominant, selbstbewusst und risikofreudig verhalten (Abb. 6.1a). Person B mit der Kombination EINFLUSS sehr hoch (EIN ++), SOZIALE ANERKENNUNG hoch (SAN +) und SICHERHEIT hoch (SIC +) wird vermutlich kooperativ, zustimmungssuchend und sicherheitsorientiert entscheiden (Abb. 6.1b).

Abb. 6.1
figure 1

Zusammenspiel von Motiven präzisiert Verhaltensprognose. a Person A wahrscheinlich dominant, selbstbewusst und risikofreudig, b Person B wahrscheinlich kooperativ, zustimmungssuchend und sicherheitsorientiert

Starke Motivausprägungen beeinflussen Verhalten und damit auch das Führungsverhalten und den Führungsstil . Die Motivkonstellation alleine macht jedoch keine Aussage darüber, ob es sich um eine gute Führungskraft handelt oder ob diese erfolgreich sein kann. Dies hängt neben der Persönlichkeit von vielfältigen Faktoren und deren Wechselwirkungen ab.

Reflexion für ID37 Master

  • Das Ergebnis ist wertfrei – es gibt keine Stärken oder Schwächen.

  • ID37 ermittelt keine Fähigkeiten oder Fertigkeiten, sondern persönliche Prioritäten auf Basis der 16 Lebensmotive.

  • Die Analyse ist kein Gefälligkeitsgutachten: Es geht nicht darum, dem Klienten zu sagen, was er hören will.

  • Verhaltensveränderung ist möglich, aber nur innerhalb des Rahmens, den das persönliche Motivprofil vorgibt.

  • Jeder ID37 Master reflektiert vor dem Gespräch sein eigenes Motivprofil – auch er ist nicht frei von „blinden Flecken“ und Bestätigungstendenz.

  • Wie jedes Modell hat auch ID37 seine Grenzen: Es kann nicht jede Verhaltensweise erklären.

6.2.3 Ethik- und Qualitätsanspruch von ID37

Im professionellen Einsatz werden die Ergebnisse der ID37 Persönlichkeitsanalyse im Zusammenhang mit einem persönlichen Analysegespräch ausgehändigt, um Fehlinterpretationen, Überinterpretationen und Unklarheiten auszuschließen.

Das Analysegespräch ist:

  • wert- und wertungsfrei,

  • rücksichtsvoll, wertschätzend und aufmerksam,

  • offen und selbstreflektiert.

Diese Ethik ist ausdrücklicher Bestandteil der Ausbildung zum ID37 Master. Wissenschaftlicher Qualitätsstandard und Beratungsethik geben einen hohen Standard für die Arbeit mit ID37 vor.

6.3 Selbststeuerung mit ID37

Selbststeuerung mit ID37 hilft Anwendern, die Erkenntnisse aus der Motivanalyse in die tägliche Praxis zu transferieren. Mit diesem systematischen und zugleich offenen Ansatz bieten wir einen roten Faden, um wirksam Veränderungsprozesse einzuleiten. Die Methode zielt auf das Erlernen von wirksamer Selbststeuerung, um die persönliche Lebensqualität zu verbessern. Dabei kombinieren wir die ID37 Persönlichkeitsanalyse mit den Forschungen und Anwendungen des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM® ; Krause und Storch 2014). Wir möchten Impulse für die Praxis setzen und jeden dazu anregen, diesen Ansatz mit eigenen Erfahrungen zu ergänzen.

Selbststeuerung

Selbststeuerung mit ID37 bedeutet, Menschen dabei zu unterstützen, selbstbestimmt persönliche Veränderungsprozesse zu initiieren, zu entwickeln und so zu implementieren, dass gewünschte Handlungen automatisiert ablaufen. Die Kenntnis der eigenen Persönlichkeit bildet dabei den Dreh- und Angelpunkt für ein zufriedenes und erfolgreiches Leben.

Unser persönlichkeits- und ressourcenorientierter Ansatz arbeitet mit dem, was Menschen wollen und was ihnen wichtig ist. Es geht darum, vorhandene Potenziale und Ressourcen zu erkennen, zu nutzen und zu stärken. Die individuell ermittelten 16 Lebensmotive sind dabei die wichtigsten.

Wir zeigen anhand von 5 Phasen, wie vor dem Hintergrund der eigenen Motivausprägungen persönliche Ziele gesetzt und erfolgreich umgesetzt werden können.

Jeder handelt entsprechend seiner Persönlichkeit, aber erst die gezielte Handlungssteuerung ermöglicht es einem Menschen, aus dem geschlossenen System des Selbst herauszutreten und aktiv einzugreifen, wann immer es erforderlich ist – beispielsweise beim Durchhalten einer strengen Diät, obwohl das Motiv ESSENSGENUSS hoch ausgeprägt ist, beim Spaß der Lehrerin an der Klassenfahrt, obwohl das Motiv SOZIALKONTAKTE niedrig ausgeprägt ist, oder bei der Fähigkeit, ruhig zu bleiben, obwohl das Motiv REVANCHE hoch ausgeprägt ist.

Im Kern geht es darum, sich auf Basis der persönlichen Ziele neue Verhaltensweisen anzueignen und diese in Automatismen zu überführen. Die Zahl der Handlungsalternativen, die in schwierigen Situationen spontan abgerufen werden können, vergrößert sich dadurch – und damit die Wahrscheinlichkeit, zufriedener und weniger gestresst durchs Leben zu gehen.

Durch Selbststeuerung eröffnen sich Menschen neue Handlungsspielräume.

Der Selbststeuerungsprozess verläuft in 5 Phasen:

  • Phase 1: Persönlichkeitsklärung | Standortbestimmung (Abschn. 6.3.1),

  • Phase 2: Zielklärung und Zielsetzung | Selbstwahrnehmung (Abschn. 6.3.2),

  • Phase 3: Ressourcenaktivierung | Selbstmotivation (Abschn. 6.3.3),

  • Phase 4: Zielverankerung | Handlungsvorbereitung und Transfersicherung (Abschn. 6.3.4),

  • Phase 5: Automatisierung | neue Gewohnheiten (Abschn. 6.3.5).

6.3.1 Phase 1: Persönlichkeitsklärung | Standortbestimmung

Am Anfang steht die ID37 Persönlichkeitsanalyse . Der ID37 Master unterstützt den Klienten dabei, die Ursachen von Verhalten und Gefühlen besser zu verstehen und zu beschreiben. Der Klient kennt nun seine Motivstruktur und weiß, warum er sich in bestimmten Situationen so verhält, wie er sich verhält. Daraufhin folgt eine weitere Diagnostik, um das Bedürfnis nach bzw. die Notwendigkeit einer Veränderung im Leben des Klienten zu klären. Wo besteht in der aktuellen Lebensphase eine Unzufriedenheit, wo liegen die individuellen Stressoren, welche Barrieren verhindern, Geplantes und Beabsichtigtes umzusetzen, welche Denkmuster bestehen? Mit dem Motivprofil und der Vertiefung der Gegebenheiten wird klar, wo die Arbeit ansetzen kann. Der Klient erhält eine Orientierung, auf welche Ressourcen er zurückgreifen kann. In dieser reflexiven Auseinandersetzung wird dem Klienten zudem bewusst, dass er nur selbstverantwortlich Veränderung nachhaltig bewirken kann. Selbstverantwortlich sein Leben zu steuern, gelingt mit Faktoren, die man selbst beeinflussen, kontrollieren und anpassen kann: mit Zielen .

Sobald die individuelle Motivlage, die Lebensumstände und die Grundhaltung geklärt sind, kann der Prozess der Zielsetzung beginnen.

Wir veranschaulichen den Prozess der Selbststeuerung mit ID37 anhand eines Beispiels.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

In unserem Beispiel gehen wir von einer Führungskraft aus, die u. a. folgende Motivstruktur aufweist: SOZIALE ANERKENNUNG (SAN +), STATUS (STA +), AUTONOMIE (AUT −), SOZIALKONTAKTE (SOZ +), Abb. 6.2.

Abb. 6.2
figure 2

Auszug aus dem Motivprofil der Führungskraft

6.3.2 Phase 2: Zielklärung und Zielsetzung | Selbstwahrnehmung

Welche Ziele gesetzt werden sollen, hängt genauso von der Motivlage ab wie von den persönlichen Lebensumständen. Dies können Ziele sein, die sich auf ein Motiv zurückführen lassen oder Ziele, die sich aus Verhaltensmustern ergeben, wie etwa der Wunsch, mutiger, offener oder stressresistenter zu werden.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft findet, dass sie in Präsentationssituationen Unsicherheit ausstrahlt. Sie möchte zukünftig einen selbstsicheren und souveränen Eindruck hinterlassen.

Die Frage, wie Ziele formuliert sein müssen, um handlungswirksam zu sein, wurde bereits von vielen Forschern und Studien untersucht. Wir lehnen uns an die Erkenntnisse und die Vorgehensweise des ZRM® (Krause und Storch 2014) an. Demnach ist es erst sinnvoll, ein konkretes Handlungsziel zu formulieren, nachdem sich ein Wille gebildet hat – „nach dem Schritt über den Rubikon“ (Rubikon-Modell, Abb. 2.4). Vorher braucht es eine allgemeine Zielformulierung, ein Haltungsziel. Wir unterscheiden also zwischen einem Haltungsziel und einem Handlungsziel.

Haltungsziel

Ein Haltungsziel hat richtungsweisenden Charakter und ist allgemein formuliert. Die Kriterien für ein gut formuliertes Haltungsziel sind:

Das Ziel beschreibt eine Haltung

Haltungsziele sind so formuliert, dass sie immer gelten. Sie beschreiben eine innere Haltung, statt eines konkreten, beobachtbaren Verhaltens. Folgendes Ziel ist demnach kein (!) Haltungsziel: „Ich möchte in der nächsten Präsentation keine Unsicherheit ausstrahlen und angstfrei auftreten.“

Das Ziel ist im Präsens formuliert

Die Ziele beziehen sich auf die Gegenwart und implizieren, dass sie sofort erreicht werden können – nicht erst in der Zukunft.

Das Ziel benutzt eine bildhafte Sprache

Es ist von Vorteil, ein Bild von dem entstehen zu lassen, was man erreichen will, also sein Ziel sprachlich anschaulich darzustellen.

Das Haltungsziel wird so gewählt, dass es das emotionale Erfahrungsgedächtnis der Person aktiviert und zur Willensbahnung (Volition ) beiträgt.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft könnte das Haltungsziel formulieren: „Ich strahle Selbstsicherheit aus.“

Ist das Haltungsziel gefunden, gilt es, dieses zu konkretisieren und so zu formulieren, dass es durch Bahnung zu einer automatisierten Handlung werden kann.

Exkurs: Was ist Bahnung?

Der Begriff Bahnung oder Priming (engl. to prime = vorbereiten) bezeichnet in der Psychologie einfach gesagt das Auslösen von Verhaltensreaktionen durch unterschwellige Reize.

Bei der Bahnung wird die Verarbeitung eines Reizes beeinflusst, indem ein vorangegangener Reiz implizite Gedächtnisinhalte aktiviert. Diese Aktivierung spezieller Assoziationen im Erfahrungsgedächtnis geschieht zum größten Teil unbewusst. Ein bahnender Reiz kann beispielsweise ein Wort, ein Symbol, eine Geste oder Ähnliches sein (Wikipedia 2018).

Ein Forscherteam um den Psychologen Peter M. Gollwitzer ließ beispielsweise Probanden Wortlisten aus dem Bedeutungsfeld „Kooperation“ lesen, darunter Wörter wie „fair“, „teilen“ oder „zusammenarbeiten“. Die Forscher aktivierten damit bei den Probanden unbewusst den Wunsch, mit anderen zusammenzuarbeiten. Ohne sich darüber im Klaren zu sein, legten die Versuchspersonen ein besseres Miteinander an den Tag als die Kontrollgruppe, die die Wortlisten nicht zu sehen bekommen hatte. Priming-Effekte wurden in vielen experimentellen Studien nachgewiesen – je multipler Sinne angesprochen werden, desto besser werden die Netzwerke im Gehirn aktiviert – das heißt auch Düfte, Bilder, Gegenstände oder Sounds sind wirksame Primes (Westerhoff 2009).

Handlungsziel

Kennzeichen handlungswirksamer Ziele sind:

Formulierung als Annäherungsziel (in Abgrenzung zu einem Vermeidungsziel)

Die Person soll an nichts Belastendes denken. Das Nichtgewollte soll nicht aktiviert werden – denn sonst kommt es zu dem bekannten Effekt, dass bei der Aufforderung „Versuchen Sie, nicht an ein einen rosafarbenen Elefanten zu denken“, genau dieser Gedanke getriggert wird.

100 % unter eigener Kontrolle

Wenn ein Mensch das Gefühl hat, mit eigenen Kräften sein Ziel erreichen zu können, wirkt sich das positiv auf seine Motivation aus – und umso stärker ist das Selbstwirksamkeitserleben bei erfolgreicher Zielerreichung . Diese Motivation wird gebraucht, um den „Rubikon zu überschreiten“ und die Intention , den Willen , zu bilden. Eine Zielformulierung, die nicht steuerbare Elemente enthält, ist nicht förderlich.

Positive Affekte

Das angestrebte Ziel sollte mit positiven Affekten verbunden werden. Je positiver die Empfindung (der Affekt), desto höher ist die Motivation, die Handlung umzusetzen und das Ziel zu erreichen. Hierbei ist es wichtig, sich an eine vergleichbare Situation zu erinnern, in der das Motiv aktiviert war und in der die Person ihr selbstbewusstes Auftreten positiv erlebt hat. Im Zuge der persönlichen Entwicklung sind Menschen permanent dazu aufgefordert, die Wahrnehmung auf ihr Empfinden zu lenken und auf ihre Gefühle zu achten.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Das verfeinerte Handlungsziel der Führungskraft, das auf dem Haltungsziel aufbaut, könnte lauten: „Selbstbewusst trete ich vor mein Publikum und strahle wie die Sonne Südafrikas.“

Die genaue Zieldefinition und -formulierung hat eine hohe Bedeutung für die Zielerreichung . Mit der Zielsetzung wird die Vorbereitung einer Handlung beeinflusst. Aus neurobiologischer Perspektive besteht die entscheidende Aufgabe darin, die Zielsetzung so im Gehirn zu bahnen, dass sie in schwierigen Situationen zuverlässig anspringt und handlungsleitend wirksam wird. Nach der Zielformulierung sind die neuronalen Verbindungen dafür im Gehirn noch ganz dünn. Sie werden stärker, je öfter sie benutzt werden, d. h., sie müssen möglichst oft aktiviert werden, damit die gewünschte Handlung zukünftig automatisch anspringt (Krause und Storch 2014, S. 101 f.). Die Forscher des ZRM® haben die Erfahrung gemacht, dass es mindestens 4 Wochen dauert, bis Ziele in automatisierte Handlungen überführt werden können (Krause und Storch 2014, S. 186).

6.3.3 Phase 3: Ressourcenaktivierung | Selbstmotivation

Die Aktivierung des neuen neuronalen Zielnetzes ist gekoppelt an die Aktivierung der inneren Ressourcen des Klienten. Alles, was der Klient unternimmt, um sich selbst zu motivieren, ist Ressourcenaktivierung . Diese Ressourcen müssen wir finden und zugänglich machen. Es gibt eine Reihe von Ressourcen, die sich aktivieren lassen – Motive sind nicht die einzigen. Coach, Berater, aber auch vertraute Personen können dem Klienten Hilfestellung geben, diese Ressourcen zu identifizieren. So lassen sich beispielsweise folgende Ressourcen einsetzen, um die gewünschten neuen Handlungsprozesse wiederholt und dauerhaft anzuregen:

Motive aktivieren

Welche Motive kann ich aktivieren, um das Ziel zu erreichen? Jedes Motiv ist geeignet, um die Selbstmotivierung und Handlungsrealisierung zu unterstützen. Je ausgeprägter ein Motiv, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es mit positiven Erfahrungen und positiven Emotionen verknüpft ist, und desto besser eignet es sich für die Unterstützung der Zielrealisierung.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft könnte ihr sehr hoch ausgeprägtes Motiv SOZIALKONTAKTE als Ressource nutzen. Sie könnte vor dem Vortrag ganz bewusst den Small Talk mit dem Publikum suchen. Das liegt ihr, das macht ihr Spaß, und darin ist sie gut. Das Motiv ist wirksame Ressource, um ihre Nervosität ab- und ihr Selbstbewusstsein aufzubauen. Bisher hat sie dies vermutlich nicht gemacht, da sie bis zum Auftritt auf ihren Vortrag fokussiert war.

Fähigkeiten, Kompetenzen und Interessen finden

Es gibt eine Vielzahl vorhandener Fähigkeiten, kognitiver Kompetenzen und Interessen, die mit der Zielerreichung in Zusammenhang gebracht werden können. Die Idee dabei: Der Klient sucht gezielt nach seinen Stärken, wie beispielsweise Expertenwissen oder vorhandenen Talenten, die er bewusst einsetzen kann. Auch der systematische Aufbau von Fähigkeiten kann den Prozess unterstützen.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft könnte z. B. ein Achtsamkeitstraining, Präsentations- oder Rhetoriktraining absolvieren.

Unbewusste Erinnerungshilfen setzen

Mittels Bahnung können Personen selbst Reize setzen, die sie mit ihrem persönlichen Ziel assoziieren. So können sie die gewünschte Verhaltensreaktion bewusst vorbahnen, sodass diese automatisch ablaufen kann. Unbewusste Erinnerungshilfen sollen die Zielumsetzung auslösen. Hierfür werden die persönlichen Ziele mit positiven Gegenständen des Alltags in Zusammenhang gebracht und wortwörtlich „vergegenständlicht“.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft hat sich zum Ziel gesetzt, Selbstsicherheit auszustrahlen. Sie könnte ihr Ziel um ein Bild aus ihrem Erfahrungsschatz erweitern: „erhaben wie eine Giraffe“. Mit einer Giraffe verbindet sie viele positive Assoziationen, wie beispielsweise ein einzigartiges Erlebnis im Südafrika-Urlaub. Dort hat sie die Giraffe als selbstbewusstes, im Verbund lebendes, großartiges Tier wahrgenommen (dies triggert ihre hohe Ausprägung des Motivs SOZIALKONTAKTE und ihre niedrige Ausprägung des Motivs AUTONOMIE ) . Die Führungskraft kann ihre Alltagsumgebung variantenreich mit Abbildungen von Giraffen gestalten: Giraffen-Schlüsselanhänger, T-Shirt mit Giraffenherde, Handy-Bildschirmhintergrund und Computerpassword. Diese Erinnerungshilfen können auch als zielauslösende Reize dienen – die Führungskraft kann kurz vor dem Vortrag den Bildschirmschoner ihres Handys aktivieren, an ihr Ziel denken und den Vortrag beginnen.

Den Körper unterstützend einsetzen

Zudem können Körperhaltung oder motorische Prozesse bewusst in den Zielerreichungsprozess einbezogen werden. Das sog. Embodiment , die Verkörperung, geht davon aus, dass dem Körper beim Verarbeiten von Information eine maßgebliche Rolle zukommt. Körper und Psyche wirken permanent aufeinander ein. In der Fachliteratur findet man unter Stichworten wie „Embodiment“ oder „Körperpsychotherapie“ Übungen, die als Anregung dienen können. Bei der Auswahl geeigneter Übungen ist es wichtig, dass diese zu dem individuellen Ziel passen.

Umgebung anpassen

Es lohnt sich, auch die Umgebung zu gestalten, um sich von Gewohnheiten und Verhaltensautomatismen zu lösen. Dafür lassen sich sowohl die physische Umgebung als auch eingeschliffene Abläufe verändern.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft könnte zukünftig bei einem Vortrag auf das Rednerpult, die Barriere zwischen ihr und dem Publikum, verzichten.

Soziales Umfeld einbeziehen

Das soziale Umfeld ist ein entscheidender Einflussfaktor auf das persönliche Leben. Mit Familie, Partnern, Freunden und Kollegen stehen wir in einer dauernden Wechselbeziehung. Es kann sein, dass Mitmenschen unserem Veränderungsprozess unbewusst oder bewusst im Wege stehen. Andererseits kann das soziale Umfeld den Anpassungsprozess auch aktiv unterstützen. Daher ist es bei der Zielumsetzungsplanung sinnvoll, das soziale Umfeld mit einzubeziehen.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Nach Abschluss von Phase 3 könnte das verfeinerte Ziel der Führungskraft lauten: „Selbstbewusst und erhaben wie eine Giraffe trete ich vor mein Publikum und strahle wie die Sonne Südafrikas.“

6.3.4 Phase 4: Zielverankerung | Handlungsvorbereitung und Transfersicherung

In dieser Phase wird die Handlungsabsicht präzise formuliert und mit einer passenden Handlungsgelegenheit verknüpft.

Dabei ist die WOOP-Methode nach Peter M. Gollwitzer und Gabriele Oettingen von Nutzen (Oettingen 2015). Anhand von vier Elementen stellt man sich die Durchführung konkret vor:

  • erreichbares Ziel (Wish),

  • Ergebnis (Outcome),

  • mögliches Hindernis (Obstacle),

  • Überwindung des Hindernisses (Plan).

Die daraus resultierenden Handlungspläne werden als „Wenn-dann-Satz“ formuliert: „Wenn Situation X eintritt, dann mache ich Y.“ Werden die „Wenn-dann-Pläne“ mit den relevanten persönlichen Motiven verknüpft, sind sie besonders wirkungsvoll.

Die Abb. 6.3 zeigt, dass für die wirksame Implementierung die spezifische Gelegenheit (Hindernis) und ein spezifisches Verhalten (Überwindung) miteinander kombiniert werden und motivationale Ressourcen zum Einsatz kommen.

Abb. 6.3
figure 3

Wirkungsweise der Zielverankerung mit „Wenn-dann-Plänen“

Diese Art der Zielverankerung erleichtert die Implementierung von Handlungsabsichten . Denn erstens wird die Handlung prompt und ohne weiteres Nachdenken ausgeführt, sobald die Gelegenheit da ist. Zweitens ist man auf Hindernisse mental vorbereitet und kann diese leichter überwinden. Drittens macht die Zielerreichung Spaß, weil die Handlung Motivbefriedigung verschafft.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft, die vor Präsentationen mit dem Publikum interagieren möchte, um an Selbstsicherheit zu gewinnen, könnte vor folgendem Hindernis stehen: Es ergibt sich aus Zeitgründen keine Gelegenheit für einen Small Talk mit dem Publikum, weil sie erst in letzter Minute vor Ort eintrifft. Ihr Plan B könnte sein: Sie eröffnet ihren Vortrag auf der Bühne mit einer Geschichte darüber, wie sie normalerweise vor Vorträgen Small Talk mit dem Publikum macht, um ihre Nervosität abzubauen. Diesen Plan B kann sie so einstudieren, dass sie ihn souverän vortragen kann. Ein möglicher „Wenn-dann-Plan“ könnte demnach lauten: „Wenn ich vor meiner selbstsicheren Präsentation keinen Small Talk mit dem Publikum machen kann, dann kommt meine einstudierte Vortragseröffnung zum Einsatz.“ Optimiert wird dieses Vorgehen durch den Einsatz von Primes, wie in diesem Beispiel durch den Einsatz der Giraffe.

Der Vorteil der sog. Wenn-dann-Pläne ist, dass sie Sofort-Automatismen erzeugen. Die Person kann die Gelegenheit des zielgerechten Handels sofort ergreifen. Studien haben nachgewiesen, dass intendiertes Verhalten mit „Wenn-dann-Plänen“ um 15–20 Prozentpunkte häufiger umgesetzt wird (u. a. Studie Bamberg 2002 zu umweltrelevanten Konsumentenentscheidungen, zit. nach Krause und Storch 2014, S. 177).

Mit „Wenn-dann-Plänen“ lassen sich gewünschte Verhaltensweisen sofort umsetzen und automatisieren. Sie funktionieren am besten, wenn man sie mit persönlichen Motiven kombiniert.

6.3.5 Phase 5: Automatisierung | neue Gewohnheiten

Zu einer erfolgreichen Selbststeuerung gehört, dass sich die Personen tagtäglich mit ihren Zielen, den Veränderungsfortschritten und den Gelegenheiten der Zielumsetzung auseinandersetzen. Nur durch Reflexion und Übung können sich die neuen Verhaltensweisen einbahnen und laufen auch unter Stress oder in unerwarteten Situationen automatisch ab.

Fallbeispiel: Selbstsicher vor Publikum

Die Führungskraft könnte zur Unterstützung der Automatisierung ein Tagebuch führen oder eine mobile App verwenden.

Die Vergegenwärtigung der Veränderungsfortschritte und der Zielerreichung ist ein entscheidender Schritt im Lernprozess. Das Gehirn benötigt das bestätigende Feedback, d. h. eine positive Bewertung, damit beim nächsten Mal die gleiche Handlung leichter aktiviert werden und erfolgen kann. Die Belohnungen sollten dabei durchaus auch in realer Form stattfinden – jeder weiß, was ihn selbst motiviert. Die Person lernt auf diese Weise Selbstregulierung . Sie hat nicht nur ihr Verhalten im Griff, sondern auch ihre Emotionen .

Das nachfolgende Fallbeispiel zeigt kompakt, dass Selbststeuerung mit ID37 ein pragmatischer Weg zur zielgerichteten Verhaltensveränderung im täglichen Leben ist.

Lernen, Nein zu sagen

Eine Nachwuchskraft hat sich zum Ziel gesetzt, öfter Nein zu sagen. Es fällt ihr schwer, die Bitten anderer abzulehnen. Eine Erklärung findet sich in der ID37 Persönlichkeitsanalyse, die ihr u. a. ein hoch ausgeprägtes Motiv SOZIALE ANERKENNUNG bescheinigt.

Bisher hat die junge Führungsperson die Extraarbeitsstunden in Kauf genommen, da sie sich profilieren wollte und ihr das Lob nach erledigter Aufgabe sicher war. Allerdings geht die Mehrarbeit zunehmend zulasten des Privatlebens, die Führungskraft fühlt sich ausgebeutet und ist unzufrieden. Sie beschließt, ihr Verhalten zu ändern und Zusatzaufgaben künftig nicht mehr zu bearbeiten. Ihr Haltungsziel lautet: „Ich delegiere souverän.“ Daraufhin formuliert sie ihr Handlungsziel: „Wie ein Hafenmeister orchestriere ich mühelos den Schiffsverkehr.“ Die Nachwuchskraft hat dafür auch eine Analogie gefunden, die sie als Erinnerungshilfe einsetzen kann: eine Flussmündung. Der Hauptfluss verästelt sich in viele Seitenarme, die alle das Flusswasser ins Meer bringen. Dieses Bild hat sie in Varianten sowohl an ihrem Arbeitsplatz als auch zu Hause verteilt.

Mithilfe ihres ID37 Motivprofils hat sie sich vor Augen geführt, warum sie zum Ja-Sagen tendiert und welche Hindernisse es zu überwinden gilt. Die Nachwuchskraft wird es nicht verhindern können, dass Vorgesetzte und Kollegen sie weiter um die Erledigung von Sonderaufgaben bitten werden. Sie entwickelt für diese Fälle jedoch einen „Wenn-dann-Plan“ : „Wenn mir jemand mit einer Zusatzaufgabe kommt, dann teile ich sie in kleine Arbeitspakete und gebe sie souverän ab.“ Es dauert nicht lange, bis man ein internes Projekt an die Führungskraft heranträgt und sie ihren „Wenn-dann-Plan“ anwendet. Die Führungskraft delegiert selbstbewusst, lässt ihre Kompetenz einfließen und stößt niemanden vor den Kopf. Sie verbessert damit sogar ihr Ansehen. Ohne nennenswerte Überstunden geht sie zufrieden und stolz nach Hause. Die gelungene Umsetzung ihres Ziels füllt ihren Erfolgsspeicher und sie erlebt Selbstwirksamkeit .

Wenn die Nachwuchskraft mit dieser Strategie öfter Nein sagt, kann das neue Verhalten zur unbewusst ablaufenden Gewohnheit werden. Kommt es zwischendurch zu Rückschlägen – etwa, weil die Person es nicht schafft, den ersten Sonderwunsch des Vorgesetzten abzulehnen – sollte sie die Situation reflektieren und aufarbeiten. Sie kann beispielsweise Störmuster identifizieren, das Vorhaben in verschiedene Schwierigkeitsstufen kategorisieren (klein anfangen!) oder weitere Ressourcen hinzuziehen.

Die Beeinträchtigung der Zielerreichung gibt immer Anlass zur Reflexion . Analysiert man die Gründe, ergibt sich die Chance, sein Ziel zu korrigieren oder ein alternatives Ziel zu entwickeln. Die regelmäßige Reflexion führt zu einer verbesserten Selbstwahrnehmung .

6.3.6 Was bedeutet das für meine Arbeitspraxis?

Das Ziel der Methode, Selbststeuerungsprozesse in 5 Phasen zu durchlaufen, ist es, Menschen systematisch zu wirksamer Selbststeuerung zu führen.

Eine Person, die sich wirksam selbst steuert, kennt und versteht ihre Persönlichkeit und weiß, wie sie selbstbestimmt zu Wohlbefinden und einem zufriedenen Leben gelangt. Sie ist unabhängig von äußeren Faktoren und anderen Menschen wie Mitarbeitern, Vorgesetzten, Coaches oder Lebenspartnern. Das heißt nicht, dass sie keine Unterstützung von anderen in Anspruch nimmt. Im Gegenteil: Soziale Unterstützung kann in Veränderungsprozessen sehr wichtig sein.

Aktive Selbststeuerung ist eine bewusste Entscheidung. Selbststeuerung bedeutet, Zugang zu den eigenen Ressourcen zu haben, ihre Potenziale zu nutzen, persönliche Veränderungen einzuleiten und ohne weiteres Nachdenken handeln zu können. Eine Person, die sich selbst steuert, gleicht ihr Handeln mit dem Umfeld ab und kann flexibel agieren.

6.4 Fallbeispiele aus der Wirtschaft

Die ID37 Persönlichkeitsanalyse bietet raschen Erkenntnisgewinn über die individuelle Persönlichkeit. Denn trotz seiner Informationstiefe ist das Motivprofil für den Klienten leicht verständlich. Er erhält unmittelbar eine Standortbestimmung und eine zuverlässige Basis für die weitere Reflexion . Der ID37 Master wiederum gelangt bereits in der Analysephase zum Kern der Persönlichkeit seines Klienten und kann seine Interventionen von Beginn an darauf abstimmen.

Bei einfachen Fragestellungen können bereits die Informationen aus der Analyse ausreichende Antworten liefern. Bei komplexeren Ausgangssituationen muss der Rahmen weiter gespannt werden. Da die Persönlichkeitsdiagnostik selbst wenig Zeit beansprucht, können sich Coaches, Berater oder Führungskräfte auf die Entwicklung individueller Strategien und Maßnahmen fokussieren.

Nachfolgend zeigen wir konkrete Fälle aus unserer eigenen Beratungspraxis auf, in denen die ID37 Persönlichkeitsanalyse einen erfolgreichen Beitrag für Selbststeuerung , Führungsverhalten, Verbesserung der Teamperformance oder im Talentmanagement leistete. Bei all diesen Fallbeispielen standen die Analyse und Reflexion der Persönlichkeit am Anfang der Lösung.

6.4.1 Business-Coaching

Für ein erfolgreiches Business-Coaching ist es von hoher Relevanz, die Persönlichkeit der Klienten einzubeziehen. Aus fast zwei Jahrzehnten Erfahrung wissen wir, dass Beratung wirksamer ist, wenn sie individualisiert durchgeführt und auf die Persönlichkeit abgestimmt wird. Denn nur dann können passgenaue Maßnahmen mit nachhaltiger Wirkung entwickelt werden.

6.4.1.1 Fallbeispiel: Der Weg aus dem Dilemma

Eine selbstständige Unternehmensberaterin konnte ihre Kompetenz und ihr Händchen für Großprojekte schon öfter unter Beweis stellen. Eines Tages erhielt sie eine Anfrage von einem ihrer wichtigsten Kunden. Allerdings handelte es sich um ein aus ihrer Sicht unmoralisches Angebot. Der Auftrag lautete: Unterstützung von 100 Führungskräften bei der Entlassung von 10.000 Mitarbeitern. Dieser mit ca. 15 Beratertagen eher kurze Einsatz sollte mit einem sehr hohen Tagessatz vergütet werden. Die Beraterin war auf das finanziell attraktive Angebot nicht angewiesen. Es würde ihr jedoch Freiraum geben, um sich Herzensprojekten widmen zu können.

Herausforderung

Die Beraterin spürte eine innere Zerrissenheit, als die Anfrage eintraf. Sie fühlte sich unwohl bei dem Gedanken an das Projekt und suchte Unterstützung in der Entscheidungsfindung. Sie wandte sich an uns, da wir die ID37 Analyse mit ihr durchgeführt und ihr danach schon häufiger als Sparringpartner zur Seite gestanden hatten.

Analyse der Motive

Das Motivprofil der Beraterin, das wir uns vor dem Coaching-Telefonat noch einmal vor Augen führten, wies eine hohe Ausprägung der Motive SOZIALES ENGAGEMENT (SEN) und PRINZIPIEN (PRI) auf (Abb. 6.4). Für sie hatten also soziale Gerechtigkeit und Moral einen hohen Stellenwert. Dies hatte dazu geführt, dass sie das Angebot nicht sofort angenommen hatte. Das Motivprofil zeigte zudem hohe Ausprägungen der Motive SOZIALE ANERKENNUNG (SAN) und EINFLUSS (EIN). Anhand dieses Motivkonflikts erklärte sich das Dilemma der Klientin in Bezug auf das vorliegende Beratungsangebot: Sie fühlte sich auf der einen Seite wertgeschätzt, dass man sie für dieses Projekt engagieren wollte (SAN +). Die große Verantwortung dieses Projekts befriedigte gleichzeitig ihr Bedürfnis nach Einfluss (EIN +). Auf der anderen Seite lehnte sie aufgrund ihrer hohen Moralität (PRI ±) und aufgrund ihres hohen Idealismus (SEN +) Gewinnstreben auf Kosten der Arbeitnehmer ab.

Abb. 6.4
figure 4

Auszug aus dem Motivprofil der Unternehmensberaterin

Lösung

Wir konnten die Ursache der gefühlten Zerrissenheit im Telefonat schnell aufdecken. Aber damit war das negative Gefühl der Beraterin nicht verschwunden. Wir schlugen ihr ein Gedankenexperiment vor: „Stellen Sie sich vor, Sie vermittelten das Projekt Beraterkollegen und bekämen dafür eine Provision. Wie fänden Sie das?“ „Das geht gar nicht,“ kam es wie aus der Pistole geschossen zurück. „Ich habe Angst, dass ich dann nicht mehr zum Kunden zurückkomme. Genau das ist mir nämlich schon einmal mit einem anderen Großkunden passiert. Außerdem behagt mir der Gedanke nicht, dass ein Kollege dieses wirklich spannende Projekt macht.“

Gemeinsam entwickelten wir eine zweite Idee: Die Beraterin könnte vorschlagen, dass sie nach zwei Tagen aussteigen und einen ebenso kompetenten Beraterkollegen vermitteln könne, sollte sie die Thematik vor sich nicht verantworten können. Nun war die Beraterin begeistert. Mit dem Vorschlag einer Ausstiegsklausel könne sie mit gutem Gefühl die Gespräche führen. Es gehe ihr jetzt wieder richtig gut. Aufgrund ihres ebenfalls hoch ausgeprägten Motivs SICHERHEIT hatte die Beraterin nun das beruhigende Gefühl des „doppelten Bodens“.

Ergebnis

Innerhalb eines einstündigen Telefonats konnte geklärt werden, welche Motivkonstellation den Konflikt verursachte und wir konnten der Klientin zu einem guten Gefühl im Umgang mit der Situation verhelfen. Sie empfand den Lösungsimpuls als psychologisch wertvolle Grundlage für die Verhandlungen. Sie berichtete uns später, dass es ihr sogar Spaß gemacht hatte, die gefundene Lösung im Gespräch auszuprobieren. Sie konnte sich mit dem Auftraggeber auf eine Ausstiegsklausel einigen und führte das Projekt nach ihren Vorstellungen durch.

6.4.1.2 Fallbeispiel: Darth Vader erwacht

Ein junges Fußballtalent eines Vereins, mit dessen Profimannschaft wir eine Teamanalyse durchgeführt hatten, kam mit der Bitte um ein vertrauliches Gespräch auf uns zu.

Herausforderung

Der Spieler konnte mit persönlichen Niederlagen im Spiel nicht umgehen. Selbstverschuldete Fehler oder geringste Anzeichen von Kritik stürzten ihn in Selbstzweifel und führten zu Leistungsminderung auf dem Platz. „Wenn ich den ersten Zweikampf verliere und kurz darauf auch den zweiten und dann noch zwei Fehlpässe spiele, ist das Spiel für mich gelaufen.“ An manchen Tagen stellte er sogar seine Profikarriere infrage: „Wenn mich die gegnerischen Zuschauer auspfeifen, falle ich in ein tiefes Loch und frage mich, ob Fußballprofi das Richtige für mich ist.“

Wir schlugen dem Spieler, der ohne Zweifel ein großes fußballerisches Talent hatte, vor, mit seinen eigenen Ressourcen zu arbeiten und sich in der Selbststeuerung zu trainieren. Wir versicherten ihm, er könne lernen, seine Zweifel auf dem Platz zu reduzieren. Er willigte sofort ein.

Analyse der Motive

Die Analyse seines Motivprofils bestätigte, dass der Fußballprofi hochsensibel bezüglich seines Selbstwerts war (Abb. 6.5). Die hohe Ausprägung des Motivs SOZIALE ANERKENNUNG (SAN +) hatte für ihn da eine unmittelbare Auswirkung, wo es darauf ankam: auf dem Platz. Lob und Anerkennung wichtiger Menschen, inklusive der Fans, Fußballfunktionäre und Förderer, verliehen ihm Energie. Abweisung, Fehler und die Erwartung von Kritik hingegen verursachten Angst, die seine fußballerische Leistung minderte. Auch seine hohe Ausprägung des Motivs SICHERHEIT (SIC +) verstärkte seine Unsicherheit im Spiel.

Abb. 6.5
figure 5

Auszug aus dem Motivprofil des Fußballprofis

Lösung

Der Umgang mit Selbstzweifeln wurde zum Gegenstand der Beratung. Nachfolgend einige Ansätze der gemeinsamen Arbeit:

  • Der Fußballer äußerte den Wunsch, zukünftig weniger verwundbar zu sein. Er hatte dabei auch schon ein konkretes Bild vor Augen, das er als folgendes Haltungsziel formulierte: „Beim Betreten des Spielfeldes bin ich die dunkle Seite der Macht.“

  • Um diese für ihn positive Haltung während des Spiels zu aktivieren, halfen wir ihm dabei, praktische Ressourcen zu finden. Die Star-Wars-Figur Darth Vader, die die dunkle Seite der Macht verkörpert, wurde zu seinem zentralen Prime. Er ließ sich sogar ein kleines Darth-Vader-Symbol am Unterarm tätowieren, das ihn jederzeit an sein Ziel erinnern konnte, wenn er es auf dem Platz brauchte. Er weihte seine Eltern und seine Geschwister ein, die sich als wichtige Ressource herausgestellt hatten (FAM +). Sie begleiteten ihn öfter als vorher zu seinen Auswärtsspielen und dienten ihm im Stadion als Bezugspunkt in den von ihm als schwierig empfundenen Situationen.

  • Der Fußballprofi involvierte zudem seinen Trainer, zu dem er ein Vertrauensverhältnis hatte. Wir stimmten mit dem Trainer passende Kommunikations- und Handlungsmaßnahmen ab, die hauptsächlich auf die Motive SOZIALE ANERKENNUNG , SICHERHEIT und FAMILIE abzielten und gaben dem Coach Werkzeuge an die Hand, mit denen er den Spieler vor, während und nach dem Spiel „abholen“ konnte (z. B. Blickkontakt und „Daumen-nach-oben-Geste“ vom Spielrand aus).

  • Zur Zielverankerung legte sich der junge Profi einen „Wenn-dann-Plan“ zurecht, der so einfach war, dass er ihn in der Hektik eines Spiels auch tatsächlich umsetzen konnte: „Wenn ich einen Zweikampf verliere, dann atme ich bewusst tief ein und wieder aus.“ Diese Atemtechnik konnte er im Training üben, ohne dass die anderen Spieler davon etwas mitbekamen. Er nannte es sein persönliches Darth-Vader-Erwachen.

In der Zusammenarbeit mit dem Spieler konnten wir die Interventionsmaßnahmen stetig feinjustieren. Wir analysierten gemeinsam das emotionale Erleben in Wettkampf und Training. Obwohl es mehrere Wochen dauerte, bis sich seine neue Haltung und die dazugehörigen Automatismen gefestigt hatten, konnten wir schon in der Anfangszeit sicherstellen, dass der junge Fußballer eine bessere Selbstwahrnehmung und durch Fortschritte Selbstwirksamkeit erlebte.

Ergebnis

Wir machten aus diesem Menschen keinen abgezockten, eiskalten „Fußballkrieger“. Selbststeuerung mit ID37 zielt nie darauf ab, die Persönlichkeit zu ändern. Vielmehr lernte der Fußballprofi mit seiner Versagensangst umzugehen. Er hatte die Situation meistens im Griff, sodass seine sportliche Leistung weniger beeinträchtigt wurde und er seinem Traumjob Profifußballer mit Freude nachgehen konnte.

6.4.1.3 Fallbeispiel: Ressourcen erkennen und aktivieren

Ein Architekt mittleren Alters hatte sich nach seinem Studium selbstständig gemacht. Er hatte vorwiegend regionale Kunden. Gute Kundenbeziehungen waren ihm wichtiger als Expansion.

Herausforderung

In einer wirtschaftlichen Krisenphase merkte der Architekt, wie schwer es ihm fiel, seine Interessen gegenüber den Kunden zu vertreten – insbesondere, wenn es um Honorar- oder Nachtragsverhandlungen oder das Eintreiben säumiger Zahlungen ging. Er führte aus, dass er es kaum schaffte, Aufträge – auch von schlecht zahlenden Kunden – abzulehnen bzw. ein Nein zu begründen. Der Architekt wandte sich an uns, weil er den Eindruck hatte, mit ihm stimme etwas nicht. Im Sinne einer schnellen und präzisen Diagnose führten wir mit dem Architekten eine ID37 Analyse durch. Zugleich wollten wir faktenbasiert untermauern, dass er eine normale Persönlichkeit hatte.

Analyse der Motive

Im Analysegespräch konnten wir aufzeigen, warum es dem Architekten schwerfiel, seinen Kunden Absagen zu erteilen und Geld von ihnen einzufordern (Abb. 6.6). Sein natürlicher Impuls war, keinen Druck auf Menschen auszuüben (EINFLUSS −) und Disharmonien auszubalancieren (REVANCHE −) . Es war ihm wichtig, Menschen zu unterstützen – am liebsten mit gutem Handwerk und bestmöglicher Architektur. Diese Konstellation zusammen mit dem niedrig ausgeprägten Motiv AUTONOMIE (−) zeigt, wie sehr er sich Menschen verbunden fühlte. Er bestätigte unsere Analyse und betonte, wirklich davon überzeugt zu sein, dass ein Geschäft nur dann ein gutes sei, wenn alle Geschäftspartner ihren Vorteil daraus ziehen könnten. Genau das lieferte ihm die Motivation für seine Arbeit. Vor dem Hintergrund dieser Persönlichkeitsstruktur wird nachvollziehbar, wieso der Architekt gestresst war, wenn er einen Auftrag ablehnen sollte, der zwar inhaltlich attraktiv war, bei dem aber Probleme wegen der Nachvertragsverhandlungen vorprogrammiert wären.

Abb. 6.6
figure 6

Auszug aus dem Motivprofil des Architekten

Lösung

Der Architekt war sichtlich erleichtert. Er erkannte, dass er zwar ein starkes Harmoniebedürfnis hatte, dass er aber „normal“ war. Er verstand, warum ihm seine Persönlichkeit bei bestimmten Aspekten seiner Arbeit im Wege stand.

Wir vereinbarten drei Coaching-Sitzungen mit dem Architekten. Damit er seine Aufgaben als Geschäftsführer vollumfänglich wahrnehmen konnte, sollte er zukünftig noch nicht genutzte Ressourcen seiner Persönlichkeit einsetzen. Hierfür wollten wir die Motive SOZIALE ANERKENNUNG (SAN −) und PRINZIPIEN (PRI −) aktivieren.

  • Da der Architekt sein Selbstbild nicht über andere Personen aufbaute (SAN −), fiel es ihm relativ leicht, einen klaren Standpunkt zu vertreten. Unter Fachleuten hatte er es schon immer so gehandhabt. Nur gegenüber seinen Kunden, die für ihn stets Vertraute waren, wurde sein Selbstbewusstsein von anderen, stärker ausgeprägten Motiven unterdrückt.

  • Mit seiner sehr niedrigen Ausprägung des Motivs PRINZIPIEN (PRI −) wies der Architekt hohe Nutzenorientierung auf. Vor jedem kritischen Gespräch mit Kunden konnte er sich vorbereiten und klar formulieren, mit welchem konkreten Ziel zugunsten seines Unternehmens er aus dem Gespräch gehen wollte.

Mit diesem Fokus haben wir in den Coaching-Sitzungen verschiedene Maßnahmen entwickelt und nach Anwendung in der Praxis iterativ verfeinert.

Ergebnis

Als sich der Klient an uns wandte, hatte er sich auf lange „Therapiesitzungen“ mit ungewissem Ausgang eingestellt, wie er beim letzten Treffen verriet. Er war hocherfreut über die schnelle und unkomplizierte Lösungsfindung, die seinen Geschäftsalltag nachhaltig positiv verändert hatte. Der Architekt konnte mit den gemeinsam erarbeiteten Maßnahmen mit gutem Gefühl und deutlich effizienter arbeiten.

6.4.2 Führung

Führungskräfte haben aufgrund ihrer Steuerungsfunktion eine hohe Verantwortung für den Fortbestand einer Organisation. Ihre Aufgabe ist es, das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Heute stehen viele Führungskräfte vor der Herausforderung, diese Verantwortung in einem dynamischen und volatilen Unternehmensumfeld zu übernehmen. Sie sind daher zunehmend auf Mitarbeiter angewiesen, die eigenverantwortlich im Sinne des Unternehmens entscheiden und handeln – Fachverantwortung wird heute verstärkt auf viele Köpfe, Kompetenzen und Erfahrungen verteilt.

Diese Anforderungen erfordern ein zeitgemäßes Führungsverständnis , das sich dadurch auszeichnet, dass Führungskräfte für den nötigen Rahmen sorgen, damit Mitarbeiter ihre Leistungsfähigkeit und ihr Potenzial individuell entfalten können. Zugleich bleiben sie sich selbst – d. h. ihrer Persönlichkeit – treu.

Führung lässt sich nicht isoliert betrachten. Sie hängt von vielfältigen Faktoren ab – den Marktbedingungen, von Kultur, der Branche, den Unternehmenszielen, der Firmengröße etc. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Rollenanforderungen an Führungskräfte. Wann eine Führungskraft erfolgreich ist, hängt davon ab, wie man Erfolg definiert, und dies wiederum ist kontextabhängig.

Manche erfolgreichen Führungskräfte sind daher analytisch, kalkulierend und strukturiert, andere spontan, intuitiv und sprunghaft. Einige verfügen über herausragende, andere über durchschnittliche Intelligenz. Manche sind wahre Workaholics, andere bequem. Die einen sind offen, zugänglich und extrovertiert, die anderen eher verschlossen, menschenscheu und zurückgezogen. Wirksame Führungskräfte sind so verschieden, wie Menschen nur sein können. Dies wiederum bedeutet, dass es kein ideales Führungsprofil geben kann.

6.4.2.1 Fallbeispiel: Selbstreflexion für besseres Führungsverhalten

Der Inhaber und Geschäftsführer eines Automobilzulieferers meldete sich bei uns mit dem Wunsch, an seiner Empathie arbeiten zu wollen. Er schilderte kurz, dass es im letzten Meeting mit seiner Führungsmannschaft Kritik an seiner Person gegeben habe. Derartige Äußerungen seien äußerst selten, aber Aussagen wie „Du stehst über allen und du nimmst niemanden mit“ hätten ihn zu diesem Schritt veranlasst.

Herausforderung

Der Inhaber war Firmennachfolger in der dritten Generation und führte die traditionelle Firma alleine. Mit dem Unternehmen hatte er den autoritären Führungsstil seiner Vorgänger übernommen. Der Inhaber sah sich selbst nicht als Unmensch, sondern als Mann der klaren Worte. Anlässe für eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Führungsstil sah er bis dato nicht.

Analyse der Motive

Das Motivprofil zeigte eine sehr niedrige Ausprägung des Motivs SOZIALE ANERKENNUNG (SAN –) (Abb. 6.7). Er war ein selbstbewusster Mensch, der es nicht gewohnt war, sich infrage zu stellen oder sich in andere hineinzuversetzen. Die hohen Ausprägungen der Motive EINFLUSS (EIN +), STATUS (STA +), AUTONOMIE (AUT +) und REVANCHE (REV +) verstärkten seine dominante und distanzierte Wirkung. Zusätzlich trug seine Position dazu bei, dass er Autorität zugeschrieben bekam und diese Rollenerwartung nicht hinterfragte. Der Inhaber hatte „blinde Flecken“, was seine Persönlichkeit und sein Verständnis von Führung und Leistung betraf.

Abb. 6.7
figure 7

Auszug aus dem Motivprofil des Inhabers

Lösung

Bereits im Analysegespräch konnten wir dem Unternehmer seine „blinden Flecken“ aufzeigen. Als wir ihm seine Ausprägung des Motivs SOZIALE ANERKENNUNG erklärten, bestätigte er seine niedrige Motivausprägung mit Äußerungen wie „Lobhudeleien“ hätten im professionellen Umfeld nichts zu suchen. Er lobte, indem er keine Kritik äußerte. Er war hochzufrieden mit seiner Assistentin und war überzeugt, dass sie selbst es auch wisse, wie gut sie war. Nachdem wir mit ihm über die Eigenwahrnehmung von Menschen mit hoher SOZIALE ANERKENNUNG gesprochen hatten – sie vergleichen sich permanent mit ihren eigenen Ansprüchen, suchen die Wertschätzung anderer, sind bereit, dafür besondere Anstrengung zu unternehmen, und sehr kritiksensibel – wurde ihm klar, dass seine Assistentin öfter in Tränen ausbrach, weil er ihre außergewöhnlichen Leistungen nicht lobte. Er wurde nachdenklich und sagte, er brauche gute Leute und wolle niemanden verlieren.

Wir vereinbarten nach dem Analysegespräch drei Coaching-Sitzungen, um zunächst den Umgang mit Wertschätzung und Anerkennung zu vertiefen. Als Übung gaben wir dem Firmenleiter Textbausteine zu Eigen- und Fremdwahrnehmung mit. In den Folgesitzungen trainierten wir Situationen aus dem Führungsalltag anhand von Rollenspielen zur Reflexion seiner ausgeprägten Motive.

Ergebnis

Am Ende des Coachings fasste der Inhaber zusammen: „Wenn ich in meinem Wohlfühlbereich agiere, bin ich für die anderen wohl der dominante, kompromisslose und arrogante Patriarch.“ Einige wenige Sitzungen hatten gereicht, um dem Inhaber zu verdeutlichen, welche Wirkung er auf andere hatte, die ihm selbst bis dahin nicht bewusst war. Ihm wurde klar, dass er im Umgang mit seinen Angestellten mehr erreichen konnte, wenn er situativ sein Verhalten anpasste und beispielsweise besondere Leistungen seiner Assistentin lobte. Er schätzte sie ja wirklich. Es brauchte einen Außenstehenden, um die „blinden Flecken“ anzusprechen, Verhaltensmuster und deren Konfliktpotenziale aufzuzeigen. Mit Training gelang es dem Inhaber, seine natürlichen Impulse zu regulieren. Sein reflektiertes Verhalten trug deutlich zu einer verbesserten Arbeitsatmosphäre bei.

6.4.2.2 Fallbeispiel: In der Persönlichkeit steckt die Lösung

Führungskraft Jordana, die im Marketing eines internationalen Konzerns tätig war, sorgte sich um ihren Mitarbeiter Tim. Der fachlich exzellente Mediamann wirkte unmotiviert und gelangweilt.

Herausforderung

Nach einem internationalen strategischen Großprojekt, das Tim geleitet hatte, war er seit gut 3 Monaten wieder auf seinem alten Posten zurück. Er arbeitete an lokalen Kampagnen, für die er sich eng und detailreich mit den Kollegen aus den Fachbereichen abstimmen musste. Er war destruktiv und wenig kooperativ gegenüber seinen Kollegen. Jordana fragte uns, was sie tun sollte, damit Tim nicht zu einem Problem für das Marketingteam würde und damit sie den sehr qualifizierten Fachmann binden könnte. Wir besprachen mit Jordana die Situation und schlugen vor, mit Tim eine ID37 Analyse durchzuführen. Nur wenige Tage später willigte Tim ein.

Analyse der Motive

Nach der Motivprofilanalyse war klar, dass die emotionalen Stressoren bei Tim die Motive SOZIALE ANERKENNUNG (SAN −), AUTONOMIE (AUT +), STRUKTUR (STR −) und SICHERHEIT (SIC −) betrafen (Abb. 6.8). Die aktuelle Tätigkeit bot kaum Abwechslung, er lernte nichts Neues und war unterfordert. Tim wurde passiv, weil er unter seinem Leistungsniveau war.

Abb. 6.8
figure 8

Auszug aus dem Motivprofil des Mitarbeiters

Lösung

Jordana als Vorgesetzte musste reagieren und für Tim schnellstmöglich ein herausforderndes Projekt oder gar eine Erweiterung seines Kompetenzbereichs finden. Da dies in einem internationalen Konzern nicht von heute auf morgen möglich ist, vereinbarten wir mit Jordana, Verständnis für Tim zu zeigen und die Sachlage klar auf den Tisch zu bringen. Sie sollte ihm deutlich machen, dass dieser Zustand nur vorübergehend wäre und dass sie für große Projekte oder andere Möglichkeiten sorgen würde. Diese Perspektive und die Nennung eines realistischen Zeithorizonts waren wichtige Signale für Tim, dass sie es ernst meinte.

Ergebnis

Die ID37 Analyse hatte Tim dazu gebracht, sich mit seiner Persönlichkeit und der aktuellen Situation auseinanderzusetzen. Ihm war klargeworden, dass er ein Abenteurer war. Lange hatte er diese Leidenschaft auf Reisen ausgelebt und später dann im Job Möglichkeiten ergriffen, die dazu passten. Er einigte sich mit Jordana auf ein halbjähriges Sabbatical. Die Auszeit gab Jordana Luft, den Aufgabenbereich für Tim zu erweitern, und Tim konnte sein Bedürfnis nach Abwechslung auf Reisen wieder befriedigen. Bis die Rahmenbedingungen geklärt waren, war Tim merklich kooperativer und bemüht, seine Langeweile vor dem Team zu verbergen. Dadurch, dass Jordana die Unterforderung von Tim rechtzeitig erkannt und mit ID37 ein wirksames Instrument zur Personalentwicklung ins Spiel gebracht hatte, hatte Tim das Marketingteam nicht voreilig verlassen.

6.4.2.3 Fallbeispiel: Verweigerer zum Mitstreiter machen

Ein Unternehmen war dabei, im Zuge der Digitalisierung agile Arbeitsmethoden einzuführen. In diesem Rahmen wurden wir von Führungskraft Jan um einen Rat gebeten. Jan hatte die Rolle des Product Owners eingenommen. Zu den Mitgliedern des Teams zählte die ehemalige Führungskraft Richard. Seitdem der unternehmensweite Veränderungsprozess eingeleitet und Führungsebenen abgebaut wurden, hatte Richard keine leitende Funktion mehr inne. In Jans neuem Team war er aufgrund seiner hohen fachlichen Expertise für Software-Testing und Qualitätssicherung unverzichtbar.

Herausforderung

Nachdem das Team ein paar Wochen zusammengearbeitet hat, bekam Product Owner Jan zufällig mit, dass sich das Team sehr negativ über Richard äußerte: „Der nervt! Er hat immer was zu meckern.“ In einem der nächsten Reviews fehlten sowohl Richard als auch zwei Mitglieder aus dessen früheren Team. Als Jan ihn darauf ansprach, polterte Richard los: „Die ganze Transition wird sowieso den Bach runtergehen. Keiner hat mehr den Überblick, und es wird nur Overhead erzeugt. Ich verstehe nicht, wozu die Transition gut sein soll … mein früheres Team … wir haben damals echt gut performed!“

Jan sah Richards Frustration, erzeugt durch den Machtverlust , und erkannte die Gefahr der Leistungsminderung bei Richard mit negativen Auswirkungen auf das Teamergebnis und auf die Atmosphäre im Team. Er wollte die Ex-Führungskraft schnell „einfangen“.

Analyse der Motive

Wir vereinbarten mit Jan, dass er Richard zum Vier-Augen-Gespräch bitten würde – mit folgender Zielsetzung für Jan:

  • die ehemalige Führungskraft als Individuum respektieren;

  • Rahmenbedingungen vereinbaren, unter denen Richards Motivation auch in seiner neuen Rolle entfacht würde.

Zur Vorbereitung des Gesprächs diente Jan das ID37 Motivprofil von Richard. Es lag ihm aus einem früheren gemeinsamen Führungsworkshop vor (Abb. 6.9). Das Motivprofil wies u. a. folgende hohe Motivausprägungen auf: EINFLUSS (++) , STRUKTUR (+) , SICHERHEIT (+) .

Abb. 6.9
figure 9

Auszug aus dem Motivprofil der ehemaligen Führungskraft

Lösung

Jan hatte den Bereich Qualitätssicherung als neuralgischen Punkt für das Team identifiziert. Er wollte daher das Gespräch mit Richard so lenken, dass er den Bereich an ihn delegieren und ihm die volle Verantwortung anvertrauen könnte. Denn so könnte er zwei Motive auf einmal bedienen:

  • Richard könnte sein Motiv EINFLUSS (EIN ++) wieder leben und selbst entscheiden, ob er dem Vertrieb beispielsweise schnelle oder gründliche Ergebnisse zur Verfügung stellt.

  • Richard könnte sein ausgeprägtes Motiv SICHERHEIT leben und als wertvolle Ressource für das Team nutzen. Er hatte ein feines Gespür dafür, wenn Messergebnisse zu einem Risikofaktor wurden, was für das Teamergebnis sehr relevant war. Es war kein Zufall, dass Richard auf dem Gebiet Qualitätssicherung Spezialist war, denn hier gab es eine hohe natürliche Übereinstimmung (SIC +).

In Vorbereitung auf das Gespräch führte sich Jan auch sein eigenes Profil vor Augen, um mögliche „blinde Flecken“ zu reflektieren. Er erkannte, dass sein niedrig ausgeprägtes Motiv STRUKTUR (STR −) im Widerspruch zu der Motivausprägung von Richard stand. Er wollte sich daher bemühen, pünktlich zum Gespräch zu erscheinen und dafür zu sorgen, dass der Besprechungstisch sauber wäre. Zudem nahm er sich vor, klare Absprachen mit Richard zu treffen – wie es Richard wichtig war (STR +).

Ergebnis

Jan lenkte das Gespräch so, dass Richard und er die Lösung gemeinsam erarbeiteten. Jan versprach, die Lösung im nächsten Meeting zum Agendapunkt zu machen und mit dem Team zu besprechen. Das Führungsverhalten von Jan trug zum Erfolg bei. Die persönlichkeitsorientierte Vorbereitung von Feedbackgesprächen deckt Motiv- und Interessenslagen auf und macht sie ansprechbar. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine wertschätzende Atmosphäre und ein gutes, konstruktives Gesprächsergebnis zu erzielen. Jan besaß Gesprächsführungskompetenz und war in seiner Kommunikation sehr klar. Er hatte Richard eine Perspektive aufgezeigt, die zu seiner aktuellen Situation und zu seiner Persönlichkeit passte. Hätte sich Jan nicht auf die Persönlichkeit von Richard eingelassen, hätte die Verweigerungshaltung vermutlich angehalten. Stattdessen bestätigte Jans Lösungsvorschlag das gewünschte Verhalten von Richard. Dies steigerte nachhaltig Richards Selbstmotivation, seinen Leistungswillen und die Effektivität und Zufriedenheit des gesamten Teams.

6.4.2.4 Fallbeispiel: Vielfalt im Team verstehen, erleben und nutzen

Ein mittelständisches internationales Unternehmen wurde restrukturiert. Betroffen war ein Unternehmensbereich mit rund 7000 Mitarbeitern. Ein siebenköpfiges Team sollte den Wandel gestalten und zum Erfolg führen. Innerhalb des neuen Führungsteams herrschte Skepsis, da man sich untereinander nicht gut kannte.

Herausforderung

Die Unternehmensleitung kannte das Potenzial des neuen Führungsteams . Sie wusste jedoch nicht, wie sie dieses Potenzial am besten freisetzen konnte. Das Team sollte schnell – unmittelbar nach dem offiziellen Kick-off – die Arbeit aufnehmen. Unter anderem herrschte noch Unklarheit über die interne Rollen- und Aufgabenaufteilung. Wir wurden beauftragt, im Rahmen des Kick-off eine zweitägige Teamentwicklung mit ID37 durchzuführen.

Lösung

Da das Team zukünftig eng zusammenarbeiten und sich abstimmen müsste, sollten alle von Beginn an wissen, mit wem sie es zu tun hätten. Als Zielsetzungen für den Workshop formulierten wir u. a.:

  • einander besser kennenlernen;

  • Vertrauen und eine offene Feedback-Kultur fördern;

  • den Weg klären, wie das Führungsteam zu einem Vorbild einer neuen Projektkultur im Unternehmen werden konnte;

  • die Ressourcen der Teammitglieder aktivieren;

  • die zukünftigen Rollen und Verantwortlichkeiten ausloten.

Wir machten die Teilnehmer 3 Wochen vor dem Workshop mit ID37 vertraut und zeigten auf, wie es der Zielerreichung dienen würde. Alle Teilnehmer wurden vor dem Workshop mit dem ID37 Verfahren vertraut gemacht und erhielten ihr individuelles Analysegespräch. Die Offenlegung der Profile innerhalb des Teams wurde vereinbart.

Die aus den Profilen der Teilnehmer entwickelte ID37 Teamübersicht diente uns als Basis für die Workshop-Vorbereitung (Abb. 6.10).

Abb. 6.10
figure 10

Übersicht über die Motivprofile aller Teammitglieder P01–P07. NEU Neugier, SAN Soziale Anerkennung, EIN Einfluss, STA Status, BES Besitzen, AUT Autonomie, SOZ Sozialkontakte, PRI Prinzipien, SEN Soziales Engagement, STR Struktur, SIC Sicherheit, REV Revanche, BEW Bewegung, ESS Essensgenuss, FAM Familie

6.4.2 Auszug aus dem Workshop-Design

Fokus Gemeinsamkeiten im Team

Wir analysierten die Teamzusammensetzung und erkannten ähnliche Ausprägungen des Motivs NEUGIER (NEU). Kein Teammitglied wies eine niedrige Ausprägung dieses Motivs auf (Abb. 6.11).

Abb. 6.11
figure 11

Ähnlichkeit im Team beim Motiv NEUGIER (NEU)

Übung: Mitarbeiter finden Zugang zueinander

  • Analyseergebnis

    Das Motiv NEU ist eine gemeinsame Ressource des Teams.

  • Übung

    Die Teilnehmer sollten binnen 10 sec die folgende Aussage nach einem einfachen Raster bewerten: „Über die Zusammenhänge bestimmter Ereignisse nachzudenken, finde ich …“ Die Ergebnisse wurden gruppiert, sodass Tendenzen deutlich wurden.

  • Ziel der Übung

    • Teamanalyseergebnisse zum Motiv NEU werden reflektiert.

    • Mitglieder finden Zugang zueinander.

Prognose: Die Mitglieder würden in dem Motiv NEU vermutlich eine gemeinsame Motivationsplattform finden. Alle könnten sich beispielsweise in Themen vertiefen, dabei ähnliche Emotionen erleben und über Wissen und Erkenntnisse eine gemeinsame Sprache finden. Die gemeinsame Plattform birgt jedoch auch die Gefahr von „blinden Flecken“:

  • Es könnte sein, dass das Team sich im Arbeitsalltag in endlosen Diskussionen um Erkenntnisgewinn verfängt, Themen nicht zum Abschluss bringt und sich als Wissenselite sieht.

  • Mögliche Selbstwahrnehmung des Teams: „Wir sind smart, interessiert, geistvoll.“

  • Mögliche Fremdwahrnehmung des Teams: „Unsere neue Führung ist verkopft, denen mangelt es an gesundem Menschenverstand, sie sind kompliziert und oberlehrerhaft.“

  • Es könnte sein, dass das Team andere Teams, z. B. operative Einheiten, als wenig intellektuell und wenig intelligent „abstempelt“.

Die Teilnehmer vereinbarten im Workshop gegensteuernde Maßnahmen.

Praxistransfer: Es wurde beschlossen, in Meetings den Reflexionspunkt NEUGIER zum festen Agendapunkt zu machen.

  • Als Erinnerungshilfe für das niedrig ausgeprägte Motiv NEUGIER bei anderen entwickelte das Team als Symbol einen Werkzeugkasten, der Handwerk und Handlungsorientierung symbolisiert.

  • Bei diesem Agendapunkt berichtet jede Führungskraft, wie sie Beschlüsse konkret vermittelt und praktisch in die Tat umgesetzt hat.

Fokus Unterschiede im Team

Die Teamanalyse legte offen, dass es einen möglichen Außenseiter im Führungsteam geben und es dadurch zu Konflikten und Leistungshemmung kommen könnte (Abb. 6.12).

Abb. 6.12
figure 12

Motivaufstellung: PRINZIPIEN (PRI) und SOZIALES ENGAGEMENT (SEN)

Übung: Emotionale Distanz erleben

  • Analyseergebnis

    • P05 weicht mit der hohen Ausprägung der Motive PRINZIPIEN (PRI +) und SOZIALES ENGAGEMENT (SEN +) stark von den anderen ab.

    • Im Hinblick auf diese Motive leben P05 und die anderen Führungskräfte in unterschiedlichen Wertewelten.

  • Übung

    • Die Teilnehmer stellen sich auf einer ausreichend großen Fläche entsprechend ihrer Motivausprägungen der Motive PRI und SEN auf.

    • Die Gruppe unterhält sich (Abb. 6.12). Dabei wird deutlich, dass der „Außenseiter“ nicht hört, was gesprochen wird.

  • Ziel der Übung

    • Außenseiterrolle symbolisch deutlich machen.

    • Aufzeigen, wie sich emotionale Distanz anfühlt.

Praxistransfer: P05 hatte die höchste Sensibilität für moralische und soziale Themen. Es wurde beschlossen, dass P05 jederzeit eine „Moral-Diskussion“ initiieren könnte, wenn er sich unwohl fühlte.

Fokus Lagerbildung

Das Teamprofil zeigte zudem die Gefahr einer möglichen Lagerbildung. Die Prognose lautete: Es könnte zu Problemen bei den Themen Feedback, Umgang mit Kritik und Fehlerkultur kommen (Abb. 6.13).

Abb. 6.13
figure 13

Unterschiede im Team: Mögliche Lagerbildung zwischen P04 & P05 sowie P06 & P07. SAN Soziale Anerkennung

Übung: Eigen- und Fremdwahrnehmung erleben

  • Analyseergebnis

    • P04 und P05 haben eine hohe (Lager SAN +) und P06 und P07 eine niedrige (Lager SAN −) Ausprägung des Motivs SOZIALE ANERKENNUNG.

    • In einer Krisensituation könnte der Umgangston beispielsweise von P06 oder P07 recht rau werden. Der wöchentliche Jour fixe könnte für P04 und P05 mangels eines wertschätzenden Umgangs miteinander unangenehm werden.

  • Übung

    • Es wurden Tandems zusammengestellt, die in einzelnen Lebensmotiven signifikant unterschiedliche Ausprägungen hatten.

    • Die Paarungen unterhielten sich über ihre hohen und niedrigen Ausprägungen, berichteten von Lebenssituationen, in denen sie diese Motive wahrgenommen und welche Emotionen sie dabei gespürt hatten.

    • Wir stellten Unterlagen zu Eigen- und Fremdwahrnehmung zur Verfügung.

  • Ziel der Übung

    • Eigen- und Fremdwahrnehmung bewusstmachen.

    • Aufdecken von Teilen der Persönlichkeit, die selbst nicht wahrgenommen werden.

    • Einblick in und Respekt vor der Wertewelt der Kollegen.

    • Umgang mit Emotionen.

Praxistransfer: P04 und P05 sollten immer dann wortwörtlich die Gelbe Karte zeigen, wenn der Umgangston aus ihrer Sicht nicht stimmte und sie sich unwohl fühlten. Zudem sollten P02 und P03 mit ihrer mittleren Ausprägung als Vermittler fungieren.

Fokus Vielfalt als Stärke

Wir überlegten, wie sich die vorhandene Motivvielfalt als Stärke nutzen lassen könnte. Wir identifizierten SICHERHEIT (SIC) als Motiv mit dem größten Potenzial dafür (Abb. 6.14). Hier lagen die Ausprägungen von P02 und P07 am weitesten auseinander.

Abb. 6.14
figure 14

Vielfalt im Team beim Motiv SICHERHEIT (SIC)

Praxistransfer: P02 und P07 bekamen zwei unterschiedliche Rollen:

  • P02 wurde zum „Risikomanager“, da er sensibel für mögliche Risiken war (SIC +),

  • P07 wurde zum „Pionier“, da er offen war und einen Radar für neue Chancen hatte (SIC −).

Da P02 und P07 zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten waren, erstellten wir für die Arbeitspraxis eine Profilgegenüberstellung, die dies visualisierte (Abb. 6.15).

Abb. 6.15
figure 15

Gegenüberstellung „Risikomanager“ und „Pionier“

Ergebnis

Die gegenseitige Skepsis schlug bereits während des Workshops in Akzeptanz um. Die erlebte Transparenz über die Vielfalt im Team erzeugte eine nachhaltige Offenheit unter den Führungskräften: Ein Verständnis für unterschiedliches Verhalten und unterschiedliche Führungsstile entstand. Durch den Workshop fanden die Führungskräfte eine gemeinsame Sprache für Feedback und Konflikte und entwickelten erste Maßnahmen für einen wertschätzenden Umgang. Regelmäßige Reflexion wurde zur festen Routine. Nach dem Workshop entwickelte sich die Zusammenarbeit im Team zu einem effektiven Miteinander und strahlte positiv auf die Gesamtorganisation ab. Das Beispiel zeigt, dass die Arbeitsfähigkeit eines Teams erheblich davon abhängt, wie offen die Mitglieder untereinander umgehen und dass gegenseitiges Verständnis trainiert werden kann.

6.4.2.5 Gespräch: Mehr Unterstützung, weniger Anweisung

Im Sommer 2018 führten wir ein Gespräch mit dem Berater Michael Kloss über den Einsatz der ID37 Persönlichkeitsanalyse als Führungsinstrument. Wir wollten von ihm wissen, wie er die Analyse in seinem Führungsalltag einsetzt: Michael Kloss ist Partner bei der IT Beratung Conciso GmbH. Als Partner ist er Führungskraft im Unternehmen. Beim Kunden ist er meist als Agile Coach im Einsatz und unterstützt Teams bei der Einführung agiler Arbeitsweisen und bei deren kontinuierlicher Verbesserung. Vor seinem Einstieg bei Conciso war der Diplom-Informatiker mit unterschiedlichen agilen Führungsrollen betraut. Er kennt daher die Anforderungen an effektive Teamsteuerung in neuen Arbeitsumfeldern sehr genau.

Sie arbeiten seit 2006 in agilen Arbeitsumgebungen und haben diese teilweise mitgeprägt. Wie verstehen Sie die Führungsaufgabe im agilen Kontext?

Agilität ist eine Haltung und eine neue Art, wie Arbeit organisiert wird. Es geht dabei vor allem um den direkten Bezug zum Kunden und um schnelles Lernen, damit die Gesamtorganisation beweglich bleiben kann. Dieses Mindset hat unmittelbare Auswirkungen auf die Zusammenarbeit und die Führungsaufgabe: Die Führungskraft ist „Servant Leader“. Als Dienstleister der Mitarbeiter schafft sie die Rahmenbedingungen, damit diese ihr Potenzial optimal entfalten können. Dabei ist kein Mitarbeiter wie der andere, und jeder benötigt auch etwas anderes. Als dienende Führungskraft ist es meine Aufgabe, diese Unterschiede zu erkennen, die notwendigen Dinge bereitzustellen und alles zu ermöglichen, damit jeder Mitarbeiter seine Arbeit bestmöglich erledigen und sich entwickeln kann.

Wie setzen Sie Ihren Führungsanspruch um?

Als agiler Coach helfe ich Teams, sich kontinuierlich zu verbessern, sich zu hinterfragen und daraus neue Aktionen abzuleiten. Als Führungskraft bin ich zur Unterstützung der Mitarbeiter da, nicht um ihnen Anweisungen zu erteilen. Beides erfordert, dass ich mich sehr genau kenne und weiß, wie ich auf Menschen wirke. Die erste und wichtigste Antwort ist daher: Ich fange bei mir an. Meine Arbeit verlangt jeden Tag, mit Menschen zu arbeiten, diese zu verstehen und zu reflektieren, und zwar sowohl mich zu reflektieren als auch erlebte Situationen. Dafür ist es wichtig, dass ich filtern kann, welche Sichtweisen und Hypothesen durch meine Eigenwahrnehmung entstehen.

Welchen Nutzen liefert dabei die Persönlichkeitsanalyse ID37?

ID37 hilft mir einerseits, um mir meiner selbst und meiner Wahrnehmungsfilter bewusst zu sein, andererseits um schnell ein gutes Verständnis für die Mitarbeiter zu erhalten. Wenn ich weiß, wer ich bin, kann ich viel besser einschätzen, wo der andere anders oder gleich ist. Die Möglichkeit, eine Situation durch die Augen des anderen zu betrachten, hilft mir täglich dabei, auf den Punkt zu beraten und zu führen. Das öffnet viele Türen und wir können das sonst so ominöse Bauchgefühl durch eine Sprache ersetzen, die uns im Dialog schneller ans Ziel bringt.

Und was bedeutet das für die Teamsteuerung?

In Teams ist das besonders spannend, da ich viele Facetten der Gruppe aufdecken kann. Meine bisherige Arbeit mit ID37 in Teams zeigt, dass die Basistoleranz bei den Teammitgliedern wächst, wenn wir zuvor eine Teamanalyse durchgeführt haben und offen mit den Erkenntnissen arbeiten. Der Vorteil liegt auf der Hand: Jeder weiß um die „blinden Flecken“ – die eigenen und die der anderen – geht bewusster damit um und reduziert unnötige Reibungsverluste. Dies gilt auch für den Umgang mit Experten oder Kunden: Hier holt sich jemand schon mal Rat von Teammitgliedern mit anderer Motivlage, die eine Situation emotional ggf. besser verstehen. Im IT-Umfeld ist es recht neu, dass auf Kommunikation und den offenen Umgang mit Emotionen Wert gelegt wird. Durch die Digitalisierung unseres Lebens werden die Aufgaben und Herausforderungen immer komplexer, erfordern immer mehr Abstimmungen und gemeinsames Handeln. Die Funktion oder Dysfunktion eines Teams ist sehr oft entscheidend für den Erfolg eines Produkts am Markt und deswegen auch entscheidend für viele Unternehmen. Das heißt nicht, dass Werkzeuge wie ID37 sofort akzeptiert werden. Meine Erfahrung ist jedoch, dass sich Menschen mehr und mehr öffnen, sobald sie den Mehrwert erlebt haben, wenn sie sich einfacher verständigen können und verstanden fühlen.

Was waren die eindrücklichsten Erfahrungen mit dem Instrument?

Ein Schlüsselerlebnis war für mich das Analysegespräch mit einem Kunden, dessen hohe Ausprägung auf EINFLUSS und REVANCHE seine ebenfalls hohe Ausprägung auf SOZIALE ANERKENNUNG im Arbeitsalltag vollkommen überdeckt haben. Ich kannte den Kunden schon länger und mir war nie aufgefallen, dass diese Person Anerkennung benötigte. Erst im Analysegespräch wurde klar, dass mangelnde Anerkennung auch ein Grund war, weshalb der Kunde im Job unzufrieden war. „Das war echt gute Arbeit!“, bekam er nie zu hören, seine Führungskräfte lobten ihn nicht. Wir erarbeiteten einen Weg, wie der Kunde selbst aktiv werden kann, wenn er Anerkennung braucht. Er bestätigte mir später, dass die Analyse Klarheit brachte und ein echter Wendepunkt in seinem Leben war.

Welchen Mehrwert bringt ID37 dem Unternehmen Conciso?

Mitarbeiter, mit denen wir die Persönlichkeitsanalyse durchgeführt haben, können wir besser verstehen und unterstützen. Es steht natürlich jedem frei, sein Motivprofil zu erstellen. Wir merken, dass das Interesse zunimmt. Meiner Meinung nach passt dieser Ansatz auch sehr gut zu der Generation Y, die wir als Mitarbeiter adressieren. Nehmen Sie als Beispiel einen Mitarbeiter, der eine hohe Ausprägung auf dem Motiv FAMILIE hat. Nichts wäre fataler, als diesen Mitarbeiter 5 Tage in der Woche zu einem 500 km entfernten Kunden zu schicken. Das Wissen über die individuellen Lebenspräferenzen hilft uns, ein möglichst passendes Umfeld für unsere Mitarbeiter zu schaffen. Gerade im Beratungsgeschäft ist es wichtig, zufriedene Mitarbeiter zu haben. Je zufriedener die Berater sind, desto mehr Energie haben sie und desto ausgeglichener sind sie. Dies kommt auch beim Kunden an.

Was bringt es Ihnen persönlich?

Ich kann nur etwas trainieren oder mich verbessern, wenn ich erkenne, wo das Defizit liegt. Durch mein ID37 Persönlichkeitsprofil weiß ich beispielsweise, dass ich eine sehr niedrige Ausprägung des Motivs STRUKTUR habe. Wenn mir jemand sagt, ich solle mehr Ordnung halten und weniger sprunghaft sein, dann kann ich heute weniger emotional damit umgehen als früher, denn ich weiß, dass für den anderen Struktur vermutlich viel wichtiger ist als für mich. Ich habe verstanden, wo ich ansetzen muss und kann trainieren, solche Situationen zu erkennen, meinen ersten Impuls zu zügeln und mein Verhalten stattdessen an die Situation anzupassen – gerade in einer Vorbildfunktion, die ich als Führungskraft habe.

Wie lange arbeiten Sie schon mit ID37?

ID37 Master bin ich seit Anbeginn, da ich als Reiss Motivation Profile® Master direkt mitgewechselt bin. Insgesamt arbeite ich inzwischen seit 6 Jahren kontinuierlich mit Persönlichkeitsdiagnostik. Der wichtigste Punkt an ID37 ist für mich die Darstellung der vielfältigen Dimensionen, die unsere Individualität ausdrücken. Außerdem bin davon überzeugt, dass dieses Werkzeug sehr zukunftsfähig mit der Universität Luxemburg entwickelt wurde.

Zu guter Letzt: Möchten Sie noch etwas ergänzen?

Agiles Arbeiten beruht auf drei wichtigen Säulen: Transparenz, Inspektion und Adaption – genau inspizieren was passiert und das weitere Vorgehen darauf aufbauend adaptieren. Voraussetzung dafür ist, Transparenz zu leben, um ein Gesamtbild zu erhalten. Wenn wir dies in unserer Arbeit anwenden wollen, wie können wir es bei uns selbst vernachlässigen? Die drei Prinzipien lassen sich wunderbar bei uns selbst anwenden: ID37 verschafft mir vor allem Transparenz und hilft mir dabei, mich mit diesen Prinzipien kontinuierlich weiterzuentwickeln, um meine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit als Person zu stärken.

6.4.3 Human-Resources-Management

Im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte ist Persönlichkeitsdiagnostik ein Erfolgsfaktor für eine wirksame Human-Resources-Strategie (HR-Strategie). So kann Persönlichkeitsdiagnostik in die HR-Strategie integriert werden, um das Talentmanagement zu objektivieren: von der Gewinnung passender Fach- und Führungskräfte über deren individuelle Weiterentwicklung bis zur Bindung von Talenten.

6.4.3.1 Fallbeispiel: Der Kandidat ist König – erfolgreiches Employer Branding

Ein auf IT-Beratung und Softwareentwicklung spezialisiertes wachsendes Unternehmen suchte händeringend Experten aus begehrten Fachdisziplinen. Der Wettbewerb um IT-Architekten, erfahrene Programmierer oder Softwareentwickler war groß. Das schnell wachsende Beratungsunternehmen war jung am Markt und wenig bekannt.

Herausforderung

Das Beratungsunternehmen musste potenzielle Kandidaten von der ersten Minute an überzeugen und begeistern. Die Unternehmensgründer legten großen Wert darauf, dass bereits jeder Kontakt im Bewerbungsprozess und in der Einarbeitungsphase sehr professionell und positiv verliefe und dass die wertschätzende Kultur des jungen Unternehmens vermittelt würde.

Lösung

Das Unternehmen verstand, dass es den Recruitingprozess als Vorteil für sich nutzen konnte. Dieser fing bereits vor der Bewerbung an. Um gute Kontakte zu potenziellen Talenten aufzubauen und um die Zahl an qualifizierten Bewerbungen hochzuhalten, kooperierte das Unternehmen eng mit der örtlichen Technischen Universität. Es vergab Projekte und Studentenjobs und war auf Hausmessen als Sponsor aktiv. Potenzielle Kandidaten machten so schon zu einem frühen Zeitpunkt gute Erfahrungen mit dem Unternehmen.

Der Bewerbungsprozess selbst verlief online und zügig. Kandidaten hatten die Möglichkeit, die Berater auf der Unternehmenswebsite kennenzulernen, um sich ein Bild davon machen zu können, welche Menschen die Beratung durchführen. Im Unternehmen herrschte die Devise: Einstellung kann nicht ohne Berücksichtigung der Unternehmenskultur stattfinden. Wurde ein Kandidat eingeladen, lernte er sowohl einen der Unternehmensgründer als auch verschiedene Projektteams kennen. Die Fachgespräche fanden nach dem Mehr-Augen-Prinzip statt, denn auf der einen Seite sollten die Kandidaten das Unternehmen transparent erleben und auf der anderen Seite sollten die Berater einen Eindruck vom Kandidaten gewinnen und Feedback geben.

Seit der Unternehmensgründung setzte das Beratungshaus auf die ID37 Persönlichkeitsanalyse. Gerade in der Einarbeitungsphase hatte es sich bewährt, um neue Kollegen schnellstmöglich in das schnell wachsende Unternehmen zu integrieren und um die Zusammenarbeit in den Teams optimal zu gestalten. Im persönlichen Interview kam diese Besonderheit daher direkt zur Sprache. Bei erfolgreicher Einstellung konnte der Neueinsteiger sein ID37 Persönlichkeitsprofil durchführen. Dies war eine freiwillige Maßnahme, die sich als erfolgreiches Mittel für einen gelungenen Einstieg erwiesen hatte. Sie erlaubte jedem Berater, von Beginn an authentisch zu sein und erleichterte seine Integration in bestehende Projektteams. Mit dem verfügbaren Persönlichkeitsprofil wurden Feedbackgespräche individuell gestaltet und Entwicklungs- und Förderungsmaßnahmen passend zugeschnitten.

Ergebnis

Der Einstellungsprozess inklusive der Einarbeitungsphase war sehr professionell und führte dazu, dass die Mitarbeiter die Organisationskultur schnell kennenlernten und das Unternehmen frühzeitig als attraktiven Arbeitgeber wahrnahmen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Brauch, dass abgelehnte Bewerber, die vorstellig wurden, über eine „Talent Community“ in Kontakt mit der Beratung blieben. Die Botschaft der Beratung, dass Talente als Persönlichkeiten geschätzt und behandelt wurden, sprach sich herum. Der Bewerbungs- und Integrationsprozess entwickelte sich zu einem wichtigen Employer-Branding-Instrument für das junge Beratungsunternehmen.

6.4.3.2 Fallbeispiel: Personalauswahl – unvoreingenommen zum richtigen Kandidaten

Wenn neue Kandidaten eingestellt oder Mitarbeiter gefördert werden sollen, sind Fingerspitzengefühl und Professionalität gefragt. Dass Einstellungsgespräche jedoch nicht immer professionell vorbereitet und geführt werden, diese Erfahrung machte Personalberaterin Ulrike. Ulrike blickt auf eine über 25-jährige Laufbahn in verschiedenen HR-Positionen zurück und gehört zu den ersten ID37 Mastern, die wir ausgebildet haben.

Herausforderung

Aus Sicht der Personalberaterin stellen mehrere Aspekte bei der Personalsuche und -auswahl eine Herausforderung dar: „Viele Verantwortliche denken nur darüber nach, welche Kompetenzen und Soft Skills ein Kandidat mitbringen muss. Was fehlt, ist ein Blick auf gewünschte Verhaltensweisen, Wesenszüge und Wertvorstellungen . Ohne ein ganzheitliches Bild der gesuchten Persönlichkeit sollte man keine Auswahlgespräche führen. Zudem muss ich als Personalentscheider mich und meine ‚blinden Flecken‘ kennen. Worauf springe ich besonders an? Sonst bin ich Sklave meiner eigenen Voreingenommenheit und bevorzuge unbewusst Kandidaten, die einen Stall voll Kinder haben, weil ich auch ein Familienmensch bin. Oder ich disqualifiziere jemanden, nur weil er nicht so sportbegeistert ist wie ich. Diese Aspekte haben rein gar nichts mit der Stelle zu tun, aber vom ersten Eindruck kann sich niemand wirklich freimachen – auch wir Personaler nicht“, so Ulrike, als sie uns einmal über die Schwierigkeiten von Einstellungsgesprächen berichtete.

Lösung

„Ich rate meinen Kunden zu einer klaren Strategie und zum Einsatz von Persönlichkeitsdiagnostik in der Personalauswahl.“ Dabei empfiehlt Ulrike nicht etwa, ein Persönlichkeitsprofil von den Kandidaten zu erstellen, sondern von denjenigen, die die Personalauswahl treffen. „Wenn die Entscheider sich und ihre Präferenzen kennen, sind sie eher in der Lage, sich vom Einfluss des ersten Eindrucks freizumachen. So können sie während des Gesprächs offenbleiben und sich auf die eigentlichen Anforderungen konzentrieren“, begründete Ulrike. Ulrike selbst arbeitet mit ID37.

Das Wissen, das die Auseinandersetzung mit der eigenen Person mit sich bringe, sei auch wertvoll, um die Kandidaten besser einschätzen zu können. So lasse sich beispielsweise an den Aussagen eines Bewerbers recht schnell überprüfen, ob er als Führungskraft in der Vergangenheit wirklich eng mit seinen Mitarbeitern zusammengearbeitet hat und welches Führungsverhalten er zukünftig an den Tag legen wird. Auch die Frage, welche Eigenschaften ein Kandidat mitbringen soll, lässt sich auf Basis eines Persönlichkeitsdiagnostikverfahrens fundiert klären.

Aus Sicht der Personalberaterin bedarf es vor allem eines durchdachten Anforderungsprofils und professionell geführter, gut vorbereiteter Interviews und selbstreflektierter Personalentscheider , um eine gute Auswahlentscheidung zu treffen. Für die Vorbereitung und Durchführung von Interviews sei das ID37 ein sehr nützliches Instrument.

Ergebnis

Da der Personalauswahl eine hohe Bedeutung zukommt und jede Stellenbesetzung eine hohe Treffsicherheit erfordert – jede Fehlentscheidung verursacht finanziellen Aufwand im Unternehmen, sorgt ggf. für Unruhe in Fachteams oder beim Kunden und ist unangenehm für die Neueinsteiger –, hat sich die Arbeit mit ID37 für die Kunden der Personalberaterin bewährt. Diese schätzen die fundierten Informationen, die das Verfahren mit sich bringt. Fehlbesetzungen passieren trotzdem, aber der Einsatz von Personaldiagnostikinstrumenten reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass sie eintreten. Denn er setzt voraus, dass sich die Personalverantwortlichen im Vorfeld ausgiebig Gedanken machen, was sie suchen und wo sie selbst ihre „blinden Flecken“ haben. Ulrike berichtete, dass ihr dieser neue Ansatz eine hohe Weiterempfehlungsquote als Personalberaterin verschafft hat.

6.5 Wann ist die Arbeit mit ID37 erfolgreich?

Die Ergebnisse der ID37 Persönlichkeitsanalyse lassen meist niemanden unberührt, führen zu nachhaltigen Aha-Effekten und dem Wunsch, das eigene Leben stärker entlang der Persönlichkeit auszurichten.

Die Arbeit mit ID37 ist erfolgreich, wenn der Profilierte:

  • sich in seinem Motivprofil wiederfindet und es annimmt,

  • Selbsterkenntnis über das eigene Denken, Erleben und Handeln gewonnen hat,

  • zur Selbstreflexion bereit ist,

  • versteht, dass andere anders denken und fühlen,

  • differenzierter und vorurteilsfreier über Menschen nachdenkt,

  • dem Individuum mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegenbringt.

Die Arbeit mit ID37 lohnt sich schon allein aufgrund der reflexiven Prozesse, die sie auslöst. Ohne Selbsterkenntnis ist keine Selbstreflexion möglich. Ohne Selbstreflexion können keine passgenauen Ziele gesetzt werden, und ohne Ziele ist keine persönliche Weiterentwicklung möglich.

Es braucht etwas Übung, um passgenaue persönliche Ziele zu klären und zu formulieren.

6.6 Der Weg zu ID37

Die ID37 Persönlichkeitsdiagnostik bietet einen wissenschaftlich fundierten Ansatz, der sich in bestehende Beratungs-, Coaching- oder Trainingskonzepte integrieren lässt und neue Möglichkeiten eröffnet. Idealerweise steht die motivorientierte ID37 Analyse dabei am Anfang eines Weiterentwicklungsprozesses. Professionelle Anwender von ID37 müssen eine Lizenz, die sog. ID37 Masterlizenz, erwerben.

Voraussetzung für den Erwerb einer ID37 Masterlizenz

Berufserfahrene mit einer Ausbildung in Coaching, Beratung oder Psychologie und verwandten Fachgebieten sowie HR-Manager, Führungskräfte oder Teamleiter können sich zum ID37 Master weiterqualifizieren.

Der Einsatz von ID37 hat sich in der Praxis bewährt bei:

  • Coaches, die Menschen helfen, zu Gelassenheit und Balance zu finden oder zufriedener zu sein.

  • Beratern und Business-Coaches, die Menschen in Veränderungs- und Transformationsprozessen begleiten.

  • Trainern, die mit Weiterbildung und -entwicklung beschäftigt sind.

  • HR-Managern und Personalentwicklern , die an neuen Recruitingprozessen arbeiten und mit Talentmanagement beauftragt sind.

  • Führungskräften , die vertiefendes Wissen über Menschen erwerben wollen, weil sie neue Organisationsstrukturen schaffen, neue Rollen im Unternehmen einführen oder eine berufliche Veränderung anstreben.

  • Teams , die sich so aufstellen wollen, dass sie unter Berücksichtigung des Einzelnen optimale Teamleistung erbringen.

Zertifizierung zum ID37 Master

Mit der Ausbildung erwirbt der ID37 Master das Wissen und die Lizenz, um mit dem Persönlichkeitsdiagnostikinstrument ID37 professionell zu arbeiten und dieses Instrument in sein eigenes Geschäftsmodell zu integrieren. Vor der Ausbildung führen wir mit jedem Teilnehmer eine persönliche ID37 Analyse durch, um seine Motiv- und Antriebsstruktur kennenzulernen und im Kontext seiner beruflichen Rolle zu reflektieren.

Themenmodule der Zertifizierung zum ID37 Master

  • Grundlagen der Motivationspsychologie: wie Motive, Motivation und Verhalten funktionieren

  • Vertiefter Einblick in die Theorie der Lebensmotive nach den Erkenntnissen der Universität Luxemburg und Forschungshintergrund

  • Wirkung und Auswirkung der individuellen Persönlichkeit im Alltag und im Arbeitsprozess

  • Analyse von Persönlichkeitsprofilen anhand von Fallbeispielen

  • Wechselwirkung von Lebensmotiven im jeweiligen Kontext verstehen, Verhaltensmuster erkennen

  • Anwendungsformate und Einsatzbereiche: Talentmanagement, Führung, Teams, agile Arbeitswelt

  • Ganzheitliche Steuerung der eigenen Person: effektives Selbstmanagement

  • Gestaltung und Training des Analysegesprächs

Weiterbildung für ID37 Master

ID37 Master haben die Möglichkeit, sich regelmäßig bei uns weiterzubilden und sich innerhalb des Netzwerks mit anderen Persönlichkeitsexperten auszutauschen. Derzeit gibt es in Deutschland ein Netzwerk von rund 900 Mastern, die mit dem Persönlichkeitsdiagnostikinstrument der Universität Luxemburg arbeiten (Stand 2018).

Zum persönlichen Motivprofil

Auf der Website www.ID37.io kann jeder Interessierte sein persönliches Motivprofil erstellen.