Zusammenfassung
Das fünfte Kapitel behandelt das Bernoulli-Prinzip, benannt nach Daniel Bernoulli, der bereits im 18. Jahrhundert untersucht hat, wie Alternativen bei Risiko bewertet werden können. Das Bernoulli-Prinzip ist das wichtigste normative Entscheidungskriterium bei Risiko; die darauf beruhende normative Theorie rationalen Entscheidens wird auch Erwartungsnutzentheorie (Expected Utility Theory) genannt.
Nach dem Bernoulli-Prinzip ist diejenige Alternative optimal, mit der der Erwartungswert des Nutzens der möglichen Ergebnisse maximiert wird. Die Alternativenbewertung geschieht in zwei Schritten: Zunächst ordnet der Entscheider gemäß seiner Nutzenfunktion jedem Ergebnis einen Nutzenwert zu, danach ermittelt er den Erwartungswert des Nutzens der Alternative. Die Stärke des Bernoulli-Prinzips liegt in seiner axiomatischen Fundierung, denn es folgt aus plausiblen Axiomen rationalen Verhaltens und erlaubt es, alle möglichen Zielgrößenwerte explizit zu berücksichtigen. Im Rahmen des Bernoulli-Prinzips lässt sich die Risikoeinstellung eines Entscheiders aus der Gestalt seiner Nutzenfunktion ableiten, und das Ausmaß seiner Risikoaversion lässt sich mit Hilfe des Arrow-Pratt-Maßes messen.
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- 1.
Gleichwohl lässt sich auch gegen das Petersburger Spiel einwenden, dass es unendlich hohe Gewinnmöglichkeiten beinhaltet, die kein Anbieter des Spiels wirklich bieten kann.
- 2.
Dies folgt aus der Jensen’schen Ungleichung. Vgl. z. B. Walter (2009, S. 301–302).
- 3.
Dies folgt gleichermaßen aus der Jensen’schen Ungleichung.
- 4.
Eine beliebige Nutzenfunktion U(x) wird normiert, indem U(x) in \( {\text{U}}^{ * } \left( {\text{x}} \right) = {\text{a}} \cdot {\text{U}}\left( {\text{x}} \right) + {\text{b}} \) mit \( {\text{a}} = {1 \mathord{/ {\vphantom {1 {\left[ {{\text{U}}\left( {{\bar{\text{x}}}} \right) - {\text{U}}\left( {\underline{\text{x}} } \right)} \right]}}} \kern-0pt} {\left[ {{\text{U}}\left( {{\bar{\text{x}}}} \right) - {\text{U}}\left( {\underline{\text{x}} } \right)} \right]}} \) und \( \rm{ b = - U(\underset{\raise0.3em\hbox{$\smash{\scriptscriptstyle-}$}}{x} )/[U(\bar{x}) - U(\underset{\raise0.3em\hbox{$\smash{\scriptscriptstyle-}$}}{x} )] }\) linear transformiert wird.
- 5.
Vgl. z. B. Schneeweiß, H. (1967a, S. 73–77).
- 6.
Für die intransitive Präferenzrelation \( {\text{x}}_{1} \succ {\text{x}}_{2} \succ {\text{x}}_{3} \succ {\text{x}}_{1} \) z. B. müsste die Größenrelation \( {\text{U}}\left( {{\text{x}}_{1} } \right) > {\text{U}}({\text{x}}_{2} ) > {\text{U}}\left( {{\text{x}}_{3} } \right) > {\text{U}}\left( {{\text{x}}_{1} } \right) \) gelten; das ist aber logisch nicht möglich.
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- 8.
Es gilt: \( {\text{AP}}\left( {\text{x}} \right) = - \frac{{{\text{U}}''\left( {\text{x}} \right)}}{{{\text{U}}'\left( {\text{x}} \right)}} = - \frac{{{\text{d}}\;{ \ln }\left[ {{\text{U}}'\left( {\text{x}} \right)} \right]}}{{{\text{d}}\,{\text{x}}}} \) \( \Leftrightarrow \,\,\,\,\,\int {{\text{AP}}\left( {\text{x}} \right)\;{\text{dx}}} = - { \ln }[ {{\text{U}}'\left( {\text{x}} \right)} ]\; - {\text{b}} \)
\( \Leftrightarrow \;\;\;{\exp}( { - \int {{\text{AP}}\left( {\text{x}} \right)\,{\text{dx}}} } )\; = \;{ \exp }\left( {{ \ln }\left[ {{\text{U}}'\left( {\text{x}} \right)} \right] + {\text{b}}} \right) = { \exp }\left( {\text{b}} \right) \cdot {\text{U}}'\left( {\text{x}} \right)\)
\( \Leftrightarrow \;\;\,\int {{ \exp }( { - \int {{\text{AP}}\left( {\text{x}} \right)\,{\text{dx}}} })\;{\text{dx}}} \; = \;{ \exp }\left( {\text{b}} \right) \cdot \int {{\text{U}}'\left( {\text{x}} \right)\;{\text{dx}}} \;\; = \;\;{ \exp }\left( {\text{b}} \right) \cdot {\text{U}}\left( {\text{x}} \right) + { \exp }\left( {\text{b}} \right) \cdot {\text{c}} \).
- 9.
Zur HARA-Klasse vgl. z. B. Ingersoll (1987, S. 39–40).
- 10.
- 11.
Ein kritischer Vergleich von Konzepten der Entscheidung bei Unsicherheit mit dem Bernoulli-Prinzip wird in Bamberg und Trost (1996) vorgenommen.
- 12.
Die einfachste Kreisgleichung in einem (x,y)-Diagramm lautet \( {\text{x}}^{2} + {\text{y}}^{2} = {\text{r}}^{2} \). Diese Gleichung liefert konzentrische Kreise um den Ursprung mit Radius r. Wird das Zentrum der Kreise auf der x-Achse um \( \rm{m}_{x} \) und auf der y-Achse um \( \rm{m}_{y} \) verschoben, so ergeben sich die Kreise aus der Gleichung \(({{\text{x}}\,{-}\,{\text{m}}_{\text{x}}})^{2}\,{+}\,( {{\text{y}} - {\text{m}}_{\text{y}} } )^{2}\,{=}\,{\text{r}}^{2} \).
- 13.
Setzt man in der allgemeinen Kreisgleichung \( \left( {{\text{x}} - {\text{m}}_{\text{x}} } \right)^{2} + \left( {{\text{y}} - {\text{m}}_{\text{y}} } \right)^{2} = {\text{r}}^{2} \) an die Stelle von x und y die Parameter μ und σ, so lässt sich die Kreisgleichung in die Präferenzfunktion \( {\text{E}}[ {{\text{U}}( {{\tilde{\text{x}}}} )}] = {\text{b}}{\kern 1pt} {\kern 1pt} \cdot {\kern 1pt} {\kern 1pt}\upmu - {\text{c}} \cdot ( {\upmu^{2} {\kern 1pt} + {\kern 1pt} {\kern 1pt}\upsigma^{2} } ) \) überführen, indem man \( {\text{m}}_{\text{x}} {\kern 1pt}\,{=}\,{\text{m}}_{\upmu} {\kern 1pt}\,{=}\,{{\text{b}} \mathord{/ {\vphantom {{\text{b}} {( {2{\text{c}}} )}}} \kern-0pt} {( {2{\text{c}}} )}} \) sowie \( {\text{m}}_{\text{y}} {\kern 1pt} = {\kern 1pt} {\kern 1pt} {\text{m}}_{\upsigma} {\kern 1pt} = {\kern 1pt} {\kern 1pt} 0 \) und \({\text{r}}^{2}\,{=}\,[ {{{\text{b}} \mathord{/ {\vphantom {{\text{b}} {( {2{\text{c}}})}}}\kern-0pt} {( {2{\text{c}}})}}} ]^{2}\,{-}\,{{{\text{E}}[{{\text{U}}( {\rm{\tilde{x}}})}]}\mathord{/ {\vphantom {{{\text{E}}[ {{\text{U}}( {\tilde{\rm{x}}})}]} {\text{c}}}}\kern-0pt} {\text{c}}} \) setzt. Der Radius beträgt \( {\text{r}} = \sqrt {[ {{{\text{b}} \mathord{/ {\vphantom {{\text{b}} {\left( { 2 {\text{c}}} \right)}}} \kern-0pt} {\left( { 2 {\text{c}}} \right)}}} ]^{2} - {\text{E}}{{[ {{\text{U}}\left( {{\tilde{\text{x}}}} \right)} ]} \mathord{/ {\vphantom {{\left[ {{\text{U}}\left( {{\tilde{\text{x}}}} \right)} \right]} {\text{c}}}} \kern-0pt} {\text{c}}}} \).
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Anders ist dies beispielsweise bei der logarithmischen Normalverteilung. Auch diese ist über zwei Parameter definiert, aber diese Parameter entsprechen nicht dem Erwartungswert und der Standardabweichung dieser Verteilung; letztere hängt von beiden Parametern ab.
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Laux, H., Gillenkirch, R.M., Schenk-Mathes, H.Y. (2018). Rationale Entscheidung bei Risiko: Das Bernoulli-Prinzip. In: Entscheidungstheorie. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57818-6_5
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