Zusammenfassung
Ein Grundprinzip des Arbeitens in Verwaltungen stellt das Denken in Einzelzuständigkeiten dar. Auch komplexe Aufgaben werden in „kleine Häppchen“ zerteilt und jedes Häppchen einem zuständigen Sachgebiet oder auch einer anderen beteiligten Behörde und darin jeweils einer Person zugeordnet. Diese Arbeitsweise ist über 200 Jahre alt und in vielen Situationen der heutigen Zeit nicht mehr angemessen. Sie führt zu widersprüchlichen Ergebnissen, permanenten gegenseitigen Behinderungen und extrem langen Bearbeitungszeiten. Auch die Digitalisierung eines solchen mangelhaften Prozesse führt nicht weiter: Man erhält dann einen digitalisierten, mangelhaften Prozess. Agile Grundsätze zielen hingegen auf Verhaltens- und Haltungsänderungen der Beteiligten und sind so nachhaltiger.
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Unbestritten ist, dass die Herausforderungen einer globalisierten Welt und der aktuelle technologische Wandel unser Aufnahmevermögen und unser Anpassungsvermögen fordern und tendenziell überfordern. Lokale Ereignisse erzeugen weltweite Wellen und Disruptionen, deren Auswirkungen wir nicht absehen können. Aber ist das wirklich neu? War die Welt früher vorhersehbarer, als sie es heute ist? War der Zweite Weltkrieg, um nur ein Beispiel zu nennen, weniger „disruptiv“, sein Ausgang besser zu prognostizieren als es heute die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz ist? Darüber wäre ein fundierter Austausch vor schnellen Antworten wünschenswert.
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So die Einschätzung des deutschen Normenkontrollrats; vgl. Hahlen (2016).
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Siehe z. B. die Privatinitiative zur Wiederbelebung verödender Dörfer (DORV 2017).
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Dabei handelt es sich um einen Wettbewerb, der Ende November 2016 durch den Lobbyverband Bitkom in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) gestartet worden war. An diesem Wettbewerb konnten sich mittelgroße Städte mit rund 100.000 bis 150.000 Einwohnern beteiligen, die noch eine Reihe anderer Voraussetzungen erfüllen mussten (z. B. gute Verkehrsanbindung, Nähe zu einer Hochschule usw. – also nicht objektiver Bedarf, sondern überschaubarer Lösungsaufwand). Im Juni 2017 setzte sich Darmstadt gegen 13 andere Bewerberstädte durch. Siehe http://www.digitalestadt.org/bitkom/org/Presse/Presseinformation/Darmstadt-gewinnt-Wettbewerb-Digitale-Stadt.html, abgerufen am 26.12.2017.
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Ebda.
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Hänggi (2015).
- 8.
Hänggi (2015).
- 9.
Hänggi (2015, S. 27 ff.).
- 10.
Das., S. 28. Auch Jill Lepore bemerkt in ihrer vernichtenden Kritik des Disruptionsmodells: „Replacing “progress” with “innovation” skirts the question of whether a novelty is an improvement: the world may not be getting better and better but our devices are getting newer and newer.“ (Lepore 2014).
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Vgl. dazu BMI (2005), Abschn. 3.3.
- 13.
Siehe bitkom (2017).
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Siehe dazu das Kap. 20 des vorliegenden Buchs zu den „Arenen“ in der schwedischen Kommune Ängelholm.
- 17.
Das ist das „Prinzip der Amtshierarchie“: „Aus dem Hierarchieprinzip als dem Fundament des Verwaltungshandelns folgen Einzelrechte (Evokationsrecht, Kassationsrecht, Weisungsbefugnis des Vorgesetzen, etc.), die auf die Vorgangsbearbeitung erheblichen Einfluss haben und die Bearbeitung von nicht genau kalkulierbaren Ereignissen abhängig werden lassen.“ (BMI 2005, S. 24). – Gerade diese „nicht kalkulierbaren Ereignisse“ müssen in einem agilen Handlungsrahmen ausgeschlossen werden.
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Vgl. Cohen (1972).
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Seibel (2016, S. 96 f.).
- 20.
FAV (2016).
Literatur
bitkom (Hrsg) (2017) „Digitale.Stadt“. http://www.digitalestadt.org/bitkom/org/Digitale-Stadt/Digitale-Stadt/Verwaltung/index-2.html. Zugegriffen: 24. Jan. 2018
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Cohen MD, March JG, Olsen JP (1972) A garbage can model of organizational choice. Adm Sci Q 17(1):1–25
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Miller T (1997) The German Registratur. Dissertation, University of Britisch Columbia (Kanada)
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Michl, T., Steinbrecher, W. (2018). Wozu kann unsere Gesellschaft eine „agile Verwaltung“ brauchen?. In: Bartonitz, M., Lévesque, V., Michl, T., Steinbrecher, W., Vonhof, C., Wagner, L. (eds) Agile Verwaltung. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57699-1_3
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