1 Allgemeines

Erkrankungen des muskuloskelttalen Systems führen weltweit die Ursachenliste chronischer Schmerzen an. Sie bilden eine große Erkrankungsgruppe, welche rheumatische Erkrankungen ebenso enthält wie Arthrosen, Frakturen und Bandscheibenvorfälle. Nahezu jeder Deutsche hat im Verlauf seines Lebens einmal eine muskuloskelettale Erkrankung.

Muskuloskelettale Erkrankungen sind zudem der häufigste Anlass für Arbeitsunfähigkeitstage und der zweithäufigste für Frühberentungen in Deutschland. Damit stellen muskuloskelettale Erkrankungen nicht nur eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen dar, sondern sind auch ein Kostenfaktor für das Gesundheitssystem.

Schätzungsweise 7 Millionen Deutsche leiden an Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems und das Statistische Bundesamt schätzt die Behandlungskosten auf ca. 24 Mrd. jährlich.

Prävention Diagnostik und Therapie dieser Erkrankungen sind demnach eine „gesellschaftliche Aufgabe“ und haben 2007 sogar zur Gründung des Zentrums für muskuloskelettaleForschung in Ulm geführt.

1.1 Topographische Anatomie

Das Skelett gewährt dem Körper Stabilität und schützt die inneren Organe vor Verletzungen.

Das Knochengerüst ist wichtiger Mineralienspeicher, insbesondere von Kalzium und Phosphor und im Inneren vieler Knochen der Produktionsort von Blutzellen. Der Mensch besitzt über 200 Knochen. Zu unterscheiden sind Röhrenknochen (Abb. 14.1, z. B. Femur), kurze Knochen (z. B. Handwurzel), flache Knochen (z. B. Schädelknochen) und Sesambeine. Letztere sind in Muskelschichten eingebettet und befinden sich an Orten, wo Sehnen hoher Belastung ausgesetzt sind (z. B. Patella). Röhrenknochen werden in 3 Zonen unterteilt (Abb. 14.1), die mittig liegende Diaphyse die beidseits angrenzende Metaphyse und die gelenkbildende und von einer Knorpelschicht bedeckte Epiphyse.

Abb. 14.1
figure 1

Topografische Anatomie Knochen

Zwischen Epi- und Metaphyse befindet sich die Epiphysenfuge, die sich nach Ende der Pubertät mit Sinken des Wachstumshormonspiegels knöchern durchbaut und das Längenwachstum beschließt.

Die wesentlichen Bestandteile des Knochens sind die Kompakta oder Kortikalis, die die äußere Schicht bildet und die im Inneren befindliche aus zarten Knochenbälkchen bestehende Spongiosa. Diese enthält das blutbildende, rote und das vorrangig aus Fett bestehende gelbe Knochenmark. Hämatogen metastasierende Tumore, wie z. B. das Mamma-, das Prostata-, und das Bronchialkarzinom befallen in erster Linie das besonders gut durchblutete rote Knochenmark. Auch Entzündungen hervorrufende Bakterien gelangen über das Blut ins Knochenmark und infizieren es (Osteomyelitis ).

Die Wirbelkörper bestehen hauptsächlich aus Spongiosa, begrenzt durch Kompakta in Grund- und Deckplattenbereich und den hinteren Wirbelanteilen. Knochen sind Ansatzpunkte für Sehnen und Bänder. Gelenke bilden ihre bewegliche Verbindung miteinander.

1.2 Voraussetzungen zu Diagnostik und Therapie

Drei Arten von Knochenzellen sind an Auf-, Um- und Abbau des Knochens beteiligt. Die Aufgaben der Osteoblasten sind der Knochenaufbau, die nachfolgende Mineralisation und die Verkalkung des Knochens. Sie scheiden Kalzium, Phosphate und Karbonate, schlecht lösliche Salze, in den interstitiellen Raum aus, ummauern sich und werden jetzt als Osteozyten bezeichnet. Dadurch härtet der Knochen aus, sodass er belastbar wird. Beschädigter oder überalterter Knochen wird durch die Osteoklasten abgebaut.

Beim Erwachsenen ist Auf- und Abbau im Gleichgewicht. Ca. 20 % der Knochenmasse erneuert sich beim gesunden Erwachsenen jährlich. Pathologische Prozesse können das Gleichgewicht stören. Östrogenmangel der älteren Frau führt zu nachlassender Blastenaktivität und damit zu vermindertem Aufbau (Osteoporose). Bei Kindern ist der Stoffwechsel der Epiphysenfuge als Ort des Längenwachstums erhöht.

2 Radiologische Diagnostik

2.1 Sonographie

Die Sonographie stellt eine einfache Möglichkeit zur ersten Diagnostik muskulärer Probleme dar. Zunehmend wird der Ultraschall auch in der Gelenkdiagnostik eingesetzt. So ist ein Gelenkerguss sonographisch leicht festzustellen und auch Bandstrukturen können zumindest im ersten Schritt sonographisch eingesehen werden (Abb. 14.2). Seltener wird der Ultraschall in der Frakturdiagnostik genutzt, obwohl insbesondere z. B. Sternumfrakturen oder Unterarmfrakturen, z. B. bei pädiatrischen Patienten sehr gut detektiert werden können.

Abb. 14.2
figure 2

Sonographie der Achillessehne. Blau umrandet die Achillessehne im Transversalschnitt, der roter Pfeil weist auf die Auflockerung der Sehnenstruktur als Zeichen der Partialruptur

Ein typisches Untersuchungsprotokoll der muskuloskelettalen Sonographie zeigt Tab. 14.1.

Tab. 14.1 Untersuchungsprotokoll Sonographie muskuloskelettal

2.2 Konventionelle Röntgendiagnostik

Basis der skelettalen Diagnostik ist immer noch die konventionelle Röntgendiagnostik . Mit ihr lassen sich Frakturen nachweisen. Der Heilungsverlauf einer Fraktur wird beurteilt. Ebenso ist die konventionelle Diagnostik sehr gut geeignet, um Luxationen zu diagnostizieren.

Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet ist die Funktionsdiagnostik z. B. der Wirbelsäule.

Die typischen Einstell- und Aufnahmetechniken des breiten Gebietes der konventionellen Röntgendiagnostik würden den Rahmen dieses Lehrbuchs sprengen. Hier verweisen wir auf Standardliteratur, z. B. Lehrbuch der röntgendiagnostischen Einstelltechnik von Becht et al. (begründet Zimmer-Brossy) aus dem Springer-Verlag.

Beachten sollten Sie, dass es üblicherweise einen Hausstandard in jeder Abteilung gibt. Dieser regelt beispielsweise, welche zwei Ebenen bei einer Schulteraufnahme angefertigt werden. Auf jeden Fall immer zu beachten ist, dass auf jeder Aufnahme mindestens ein Gelenk abgebildet sein muss.

Berechtigung in der Weichteildiagnostik hat die konventionelle Röntgenaufnahme bei der Fremdkörperdetektion.

2.3 Durchleuchtung/Angiographie

In der Regel werden eher durch den Orthopäden oder Unfallchirurgen Durchleuchtungsuntersuchungen des Skelettsystems durchgeführt. Hierbei geht es vor allem um intraoperative Stellungskontrollen und Kontrolle von Osteosynthesematerialien. In Häusern mit einer großen Wirbelsäulen- oder Neurochirurgie werden Sie jedoch häufig noch auf die Myelographie und auch Discographie als Durchleuchtungsuntersuchungen treffen. Beide Untersuchungen haben ihre Berechtigung in der Differentialdiagnostik von Rückenbeschwerden. Die Discographie ist heutzutage vor allem ein Provokationstest. Nach Punktion der Bandscheibe über einen durchleuchtungsgesteuerten dorsolateralen Zugang werden 1-2 ml Kontrastmittel in die Bandscheibe injiziert. Dabei wird der Patient befragt, ob die auftretenden Schmerzen bekannt sind und denen entsprechen, die ihn jetzt zum Arzt führten. In diesem Fall spricht der Radiologe von einer positiven Discographie, die betroffene Bandscheibe trägt zur Beschwerdesymptomatik des Patienten bei.Die Myelographie dient dazu, spinale Einengung en nachzuweisen. Im Vergleich zum MRT, das eine Einengung des Spinalkanals natürlich auch sehr gut zeigen kann, hat die Myelographie den Vorteil der Funktionsdiagnostik. Hiermit kann man also auch Spinalkanalstenosen, die z. B. nur bei Inklination der LWS auftreten, nachweisen.

Einstelltechniken zeigt Tab. 14.2.

Tab. 14.2 Typische Einstelltechnik Myelographie

2.4 Computertomographie (CT)

Die Computertomographie wird vor allem zur genauen Beurteilung komplexer oder konventionell fraglicher Frakturen herangezogen (Abb. 14.3). Im Bereich der Wirbelsäule dient die Computertomographie zur genauen Beurteilung der Wirbelkörperhinterkante, die für die Stabilität bei einer Wirbelkörperfraktur von zentraler Bedeutung ist. Die CT-Diagnostik von Bandscheibenerkrankungen stellt nur eine Ausnahme bei Patienten dar, die einer MRT-Untersuchung nicht zugänglich sind.

Abb. 14.3
figure 3

Frakturnachweis der Wirbelsäule im CT

Tab. 14.3 zeigt ein typisches Untersuchungsprotokoll der Wirbelsäule zur Frakturdiagnostik.

Tab. 14.3 Typisches Untersuchungsprotokoll CT Wirbelsäule zur Frakturdiagnostik

Die Computertomographie von Gelenken sollte, wenn möglich, in Neutral-Null-Stellung, also z. B. mit gestrecktem Ellenbogen erfolgen. Allerdings sind hier oft Grenzen durch Schmerzen oder auch Gipsverbände gesetzt.

Tab. 14.4 zeigt ein typisches Untersuchungsprotokoll Gelenke/Knochen.

Tab. 14.4 Typisches Untersuchungsprotokoll CT Gelenke/Knochen

Im Rahmen der Frakturdiagnostik spielt die CT-Diagnostik beim knöchernen Becken eine wichtige Rolle, da im konventionellen Bild zahlreiche Frakturen des Beckens nicht detektiert werden können.

Tab. 14.5 zeigt ein typisches Untersuchungsprotokoll knöchernes Becken

Tab. 14.5 Typisches Untersuchungsprotokoll CT knöchernes Becken zur Frakturdiagnostik

2.4 Besonderheiten

Bei Hüftendoprothesen oder anderen Osteosynthesen im Untersuchungsbereich kann die Bildqualität durch eine Erhöhung der Röhrenspannung verbessert werden. Erkauft wird diese Bildqualität allerdings mit einer erheblichen Dosissteigerung: Bei unverändertem Röhrenstrom steigt die Dosis von 100 % bei 120 kV auf 140 % bei 140 kV!

Das Plasmozytom ist eine maligne Erkrankung des Knochenmarks, die zu multiplen Osteolysen im gesamten Skelett führen kann. Bis vor einigen Jahren wurde bei dieser Erkrankung eine ausführliche konventionelle Röntgendiagnostik, z. B. nach dem sog. Pariser Schema durchgeführt. Dies beinhaltete Röntgenaufnahmen der gesamten Wirbelsäule, des Beckens, der langen Röhrenknochen und des Schädels. Trotz dieser zahlreichen Aufnahmen sind eine Vielzahl der kleinen, oftmals nur 1–2 cm großen Osteolysen nicht zu entdecken gewesen. Erst die pathologische Fraktur hat häufig den Befund aufgedeckt. Daher ist die Primärdiagnostik des Plasmozytoms heute ein CT des gesamten Skelettstatus. Bei CT-Geräten, die keine ausreichende Scanlänge von etwa 2 m erlauben, sollte man von der Schädelkalotte so weit wie möglich nach caudal untersuchen. Damit sollten zumindest in der Mehrzahl der Fälle Untersuchungen bis zum mittleren Unterschenkel möglich sein.

Tab. 14.6 zeigt ein typisches Untersuchungsprotokoll Plasmozytomstatus

Tab. 14.6 Typisches Untersuchungsprotokoll CT Plasmozytomstatus

2.5 Kernspintomographie (MRT)

Die Kernspintomographie ist die Untersuchungsmethode der Wahl zur Beurteilung von Bandscheibenerkrankungen. Auch in der Detektion von Wirbelkörpermetastasen weist die Kernspintomographie die höchste Sensitivität auf, d. h. man kann am genauesten Metastasen nachweisen oder ausschließen. Nachteil im Vergleich zur Szintigraphie ist der begrenzte Untersuchungsabschnitt und die geringere Verfügbarkeit.

Tab. 14.7 zeigt ein typisches Untersuchungsprotokoll an der Wirbelsäule.

Tab. 14.7 Typisches Untersuchungsprotokoll MRT Wirbelsäule

In der Diagnostik von Bandverletzungen und Gelenkschäden zeigt die MRT ebenfalls die genauesten Ergebnisse. Vorteil der MRT ist ebenfalls, dass ein Markraumödem nachgewiesen werden kann. Dies zeigt zum Beispiel nach einem Trauma die Beteiligung des Knochens, auch wenn keine Kortikalisunterbrechung im Sinne einer Fraktur besteht.

Tab. 14.8 zeigt ein typisches Untersuchungsprotokoll MR Knie.

Tab. 14.8 Typisches Untersuchungsprotokoll MRT Knie

Bei primären Knochentumoren wird weiterführend zur unerlässlichen konventionellen Röntgendiagnostik eine MRT-Untersuchung angefertigt. Lagerung und Spulenwahl ist dabei immer von der Lokalisation des Befundes abhängig. Bei Befunden im Unterschenkel bietet sich oft die Kniespule an, eine gute Alternativen stellen entsprechende Flex-Spulen.

Tab. 14.9 zeigt ein typisches Untersuchungsprotokoll eines Knochentumors.

Tab. 14.9 Typisches Untersuchungsprotokoll MRT primärer Knochentumor

3 Nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie

Die Skelettszintigraphie ist eine sensitive Methode zur Detektion von Umbauprozessen des Knochens. Sie wird unter anderem beim Staging und Nachsorge maligner Tumorerkrankungen, die in den Knochen metastasieren, routinemäßig eingesetzt. Während in der Diagnostik 99mTc markierte Tracer verwendet werden, kommen in der Therapie der Knochen und Gelenke Betastrahler und neuerdings auch Alphastrahler zum Einsatz.

3.1 Untersuchungen des Knochens

3.1.1 Skelettszintigraphie

Die morphologisch in der konventionellen Bildgebung und Schnittbildtechnik, wie CT und MRT, sichtbaren Veränderungen sind oft deutlich später auszumachen, als die nuklearmedizinisch sichtbaren Stoffwechselveränderungen des Knochens. Deshalb nimmt die nuklearmedizinische Knochendiagnostik einen hohen Stellenwert in Staging und Nachsorge primärer Knochenmalignome und Metastasen ein.

3.1.1 Vorbereitung
3.1.1 Radiopharmakon

Zur Herstellung der 99mTc markierten Bisphosphonate wird das Generatoreluat mit einem industriegefertigten Kit, der den inaktiven Träger und ein reduzierendes Zinn II Salz in Stickstoff-Schutzgasatmosphäre und gefriergetrockneter Form enthält, verbunden. Um die Reduktion des reaktionsträgen 99mTc O4- in eine reaktive Komponente zu gewährleisten, muss das Generatoreluat unter Luftabschluss in den Kit eingebracht werden. Ebenso wichtig für die Qualität der Markierung ist das Verhältnis des Zinn II Salzes zum aktiven 99mTc. Ist der Generator zu lange nicht eluiert worden, so blockieren nicht aktive und damit nicht sichtbare 99Tc-Anteile den Träger, das 99mTc bleibt ungebunden. Bei Fehlmarkierungen stellen sich Schilddrüse, Speicheldrüse und Magen dar (► Leitlinie Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e. V.; SOP für Heißlabore in der Nuklearmedizin).

Die zu applizierende Aktivitätsmenge ist alters-, gewichts- und erkrankungsabhängig. Als Grenzwert wird vom Bundesamt für Strahlenschutz bei benignen Erkrankungen 500 MBq, bei malignen 700 MBq angegeben. Die Anpassung bei Kindern kann der EANM- Empfehlung entnommen werden.

Die markierten Biphosphonate werden über die Osteoblastentätigkeit oberflächlich in die Hydroxyappatit-Matrix des Knochens aufgenommen und zwar in Abhängigkeit von Dicke, Durchblutung und Knochenumbau.

3.1.1 Patient

Da die nicht gebundene Aktivität über die Nieren ausgeschieden wird, sollte der Patient eine Stunde p. i. einen Liter Flüssigkeit trinken. Dieses Procedere senkt nicht nur die Strahlenbelastung, sondern trägt auch zur Kontrastverbesserung bei. Trinkt der Patient unmittelbar nach Applikation, wird die Aktivität frühzeitig ausgeschieden und kann nicht im ausreichenden Maße im Knochen adsorbiert werden.

Die Blase muss vor der Untersuchung entleert werden, da sonst die Beurteilung des knöchernen Beckens nur eingeschränkt möglich ist. Um Fehlinterpretationen vorzubeugen, muss die Injektionsstelle markiert bzw. gut erkennbar dokumentiert werden.

3.1.1 Aufnahme

Die Aufnahme erfolgt in Rückenlage, die Arme des Patienten neben dem Körper liegend, die Beine symmetrisch nach innen rotiert.

Der Aufnahmezeitpunkt nach Injektion des Radiopharmakons ist von der Indikation abhängig.

Während im Rahmen des Stagings und der Nachsorge lediglich der Knochenstoffwechsel dargestellt werden muss, erfolgt der Nachweis von akuten und chronischen Entzündungen in drei Phasen.

Alle Akquisitionen erfolgen mit einem Low Energy High Resolution Kollimator.

Perfusion, Bloodpool und Mineralisation

Perfusion in der 0.- 3. Minute (Abb. 14.4)

Abb. 14.4
figure 4

99mTc-HDP Perfusion 0.-3. Minute. (Mit freundlicher Unterstützung von Prof. Mottaghy, Klinik für Nuklearmedizin, Uniklinik RWTH Aachen)

  • Start des Aufnahmesystems bei Injektion

  • 20 Einzelbilder à 9 sec.

  • Darstellung der Gewebsdurchblutung

  • Matrix: 128 x 128

Bloodpool in der 3.- 9. Minute (Abb. 14.5)

Abb. 14.5
figure 5

99mTc-HDP Bloodpool 3.–9. Minute. (Mit freundlicher Unterstützung von Prof. Mottaghy, Klinik für Nuklearmedizin, Uniklinik RWTH Aachen)

  • Darstellung des interstitiellen Weichteils, der Tracer verlässt die Gefäße

  • Ausdehnung des interstitiellen Raumes bei Entzündungen durch erhöhte Gefäßpermeabilität

  • 1 bis 2 Aufnahmen à 180 sec.

  • Matrix: 128 x 128

  • Ganzkörperaufnahme von ventral und dorsal mit Scangeschwindigkeit 25 cm/min

  • Matrix 256 x 1024

Mineralisation ca. 3 Stunden p. i. (Abb. 14.6)

Abb. 14.6
figure 6

99mTc -HDP Mineralisation 2.5 h p.i. (Mit freundlicher Unterstützung von Prof. Mottaghy, Klinik für Nuklearmedizin, Uniklinik RWTH Aachen)

  • Darstellung des Knochenstoffwechsels

  • Adsorption von ca. 40 % der injizierten Aktivität durch Osteoblasten in der Interzellularsubstanz des Knochens

  • Ganzkörperaufnahme von ventral und dorsal/ Laufgeschwindigkeit 14 cm/min

  • Matrix: 256 x 1024

  • Ggf. Einzelaufnahmen 300 sec. oder 1 Millionen Counts

  • Matrix 256 x 256

  • Ggf. SPECT 2 Kopf-Kamera 90 Ansichten a 9 sec.

  • Matrix 128 x 128

  • Alternativ SPECT/CT

Die Darstellung der Perfusion und des Bloodpools kann lediglich von einem Skelettabschnitt, der der Größe des Detektors entspricht, erfolgen. Deshalb muss die Beschwerdestelle in der Indikationsstellung bekannt sein.

Die verwendete Doppellkopfkamera mit Ganzkörperzusatz ermöglicht die Darstellung des Gesamtskelettes in ventraler und dorsaler Sicht. Zusätzlich können seitliche Einzelaufnahmen – bei paarig angelegten Körperabschnitten im Seitenvergleich – oder überlagerungsfreie tomografische SPECT Akquisitionen angefertigt werden. Letztere erleichtern insbesondere die Beurteilbarkeit der Wirbelsäule, der Schädelbasis und des Gesichtsschädels. Im SPECT/CT ist die sichere anatomische Zuordnung auffälliger Herde möglich.

3.1.1.1 Beurteilung der Skelettszintigraphie

Becken, WS und Ileosakralfugen reichern als Orte erhöhter Belastung physiologischerweise vermehrt an. Röhrenknochen nehmen die Aktivität stärker als spongiöse Knochen auf. Die Auswertung kann visuell qualitativ oder über Legen von Regions of interest (ROI) erfolgen, was den Seitenvergleich mit dem gesunden Skelettabschnitt sowie das Ansprechen einer Therapie (z. B. beim Osteosarkom) erlaubt.

3.1.1.1 Traumata

Der Frakturnachweis ist die Domäne der konventionellen Röntgendiagnostik. Unter besonderer Indikation ist dennoch ein Knochenszintigramm hilfreich. Dazu zählen okkulte Frakturen, unklare Beschwerden, Kindesmisshandlung, die Bestimmung des Frakturalters und der Nachweis von Ermüdungsfrakturen. Klassisches Beispiel: DD Scaphoidfraktur (auch bekannt als Navikularfraktur) bei typischen Beschwerden nach Trauma ohne erkennbarer Fraktur in X-Hand.

Erst 10 Tage nach Trauma ist die Darstellung der Stoffwechselaktivität sinnvoll, denn erst dann sind Reparaturvorgänge szintigrafisch nachweisbar.

Während eine frische Fraktur in Bloodpool und Mineralisationsphase auf eine Mehrspeicherung zeigt, ist die Aktivitätsanreicherung alter Ereignisse lediglich in der Mineralisation nachweisbar.

Zu sichern ist der positive Befund durch eine Kontrolle nach vier Wochen. Die Aktivitätsanreicherung 3 h p. i. muss dann im Vergleich zur Erstuntersuchung weiter zunehmen.

3.1.1.1 Prothesenlockerung

Zur Beurteilung der Festigkeit einer Endoprothese und der sich damit ergebenden Notwendigkeit des Implantatwechsels kann die 3-Phasen-Skelettszintigraphie eingesetzt werden. Zementlose Prothesen stellen sich bis zu zwei Jahren postoperativ entlang des Prothesenschaftes bandförmig aktiv dar, was mit der Knochenneubildung an der Prothese zusammenhängt.

Durch entsprechende Beweglichkeit und der damit verbundenen Traumatisierung, kann auch die Prothesenspitze aktiv sein. Zementierte Endoprothesen nehmen den Tracer bis zu einem Jahr postoperativ vermehrt auf, später weißt dies auf eine Lockerung hin.

3.1.1.1 Osteonekrosen

Diese stellen sich in Perfusion und Bloodpool minderspeichernd dar, später als Mehrspeicherung bzw. normalisiert, je nach Fortschritt des Reparaturprozesses.

3.1.1.1 Osteomyelistis

Werden Keime über die Blutbahn ins Knochenmark transportiert, infizieren sie im weiteren Verlauf i. d. R. den Knochen. Ursache ist oft die Kontamination mit Bakterien nach offenen Knochenfrakturen oder Operationen. Dabei steht der Staphylococcus aureus auf der Liste der auslösenden Erreger an erster Stelle.

In der 3-Phasen-Skelettszintigraphie fällt die Osteomyelitis akut und chronisch durch erhöhte arterielle Perfusion, vermehrte Bloodpoolanreicherung und erhöhte Traceraufnahme in der Mineralisationsphase auf. Die Höhe der Aktivitätsaufnahme gibt Hinweise auf die entzündliche Aktivität des Prozesses.

3.1.1.1 Vitalitätsprüfung

Eine weitere Indikation der 3-Phasen-Skelettszintigraphie ist die Vitalitätsprüfung von Knochentransplantaten. Stellt sich das Transplantat in allen drei Phasen minderaktiv dar oder fehlt die Aktivität sogar ganz, so muss von einer drohenden Nekrose ausgegangen werden.

3.1.1.1 Nachweis von Skelettmetastasen und primären Knochentumoren

Wegen ihrer hohen Sensitivität ist der Ausschluss oder Nachweis von Skelettmetastasen die häufigste Indikation zur Skelettszintigraphie (Abb. 14.7). So sind Knochenmetastasen z. B. beim Mammakarzinom ein halbes Jahr vor konventioneller radiologischer Diagnostik nachweisbar, jene eines Prostatakarzinoms sogar oft Jahre früher. Deshalb wird sie bei in den Knochen metastasierenden malignen Tumoren im Prästaging und in der Nachsorge eingesetzt.

Abb. 14.7
figure 7

99mTc-HDP Mineralisation 2.5 h p. i. Skelettmetastasen. (Mit freundlicher Unterstützung von Prof. Mottaghy, Klinik für Nuklearmedizin, Uniklinik RWTH Aachen)

Auch bei primären Knochentumoren (z. B. dem Osteosarkom), wird eine 3-Phasen-Skelettszintigraphie eingesetzt, da eine erhöhte Traceranreicherung aller 3 Phasen die Malignität eines Befundes unterstreicht. Sie kann unter Chemotherapie einen hilfreichen Hinweis auf deren Ansprechen oder Nichtansprechen geben.

Eine verminderte Tracerspeicherung findet man beim Plasmozytom. Dieses hemmt die Osteoblastenaktivität. Osteolytische Metastasen findet man ebenfalls beim Mamma-, Bronchial-, follikulärem Schilddrüsen- und Nierenzellkarzinom.

Herr Meier ist an einem Prostatakarzinom erkrankt und wird zur Skelettszintigraphie überwiesen. Das in ventraler Ansicht angefertigte Szintigramm lässt die untersuchende Berufsanfängerin stutzig werden. Ihr fällt eine Aktivitätsanreicherung im Bereich des Os ischium auf (Abb. 14.8). Als sie mit ihren Aufnahmen zum Facharzt für Nuklearmedizin geht, sieht dieser zudem eine Minderanreicherung im Bereich der Wirbelsäule.

Abb. 14.8
figure 8

99mTc-HDP Mineralisation 2.5 h p. i. mit Artefakte

Er ordnet eine Einzelaufnahme aus ventraler und dorsaler Sicht und eine laterale Akquisition des Beckens nach Entfernung der Kleidungsstücke bis auf die Unterwäsche an und bestätigt Herrn Meier einen unauffälligen Knochenstoffwechsel.

Bei radioaktiven Mehranreicherungen, besonders im Bereich des Beckens, muss an eine Kontamination der Haut bzw. der Kleidung gedacht werden. Ein Entfernen der Kleidungsstücke und eine Dekontamination der Haut vor Darstellung des fraglichen Bezirkes in der zweiten Ebene können hilfreich sein.

Osteolytische Prozesse können durch Metallgegenstände wie Knöpfe, Gürtelschnallen und Schmuck vorgetäuscht werden.

3.1.1.2 Besonderheiten in der Pädiatrie

Bei einfühlsamer Aufklärung der Eltern kann i. d. R. eine gute Kooperation erreicht werden. Die Einverständniserklärung der Eltern muss vorliegen. Im Kindesalter speichern die Epiphysenfugen das applizierte Radiopharmakon vermehrt.

3.1.1.2.1 Der Umgang mit dem Kind

Zur Reduktion der Strahlenexposition sollte das Kind 1 h p. i. gut hydriert werden.

Um die Injektionsstelle unempfindlicher zu machen, kann diese 60 Minuten vor i. v.-Injektion mit einer Anästhesiecreme vorbereitet werden.

Vor den Aufnahmen sollte das Kind die Blase entleeren, die Windel muss gewechselt werden. In Ausnahmefällen kann zur Darstellung des knöchernen Beckens das Legen eines Blasenkatheters erforderlich sein. Die Aufnahmen sollten während der Schlafenszeit des Kindes angefertigt werden, um eine Sedierung möglichst zu vermeiden. Trotzdem muss die Anästhesie im Hintergrund bereit sein.

Wirbelsäule und Becken werden i. d. R. einer SPECT zugeführt. Hüftgelenk und kleine Skelettabschnitte werden unter Verwendung eines Pinehole Kollimators angefertigt. Notwendige Verlaufskontrollen werden immer in gleicher Technik bei gleicher Form, Lage und Größe der ROI angefertigt.

3.1.2 Entzündungsszintigraphie des Skelettes

3.1.2 Entzündung/Infektion

Während Entzündungen eine Reaktion auf krankhafte Prozesse (z. B. Artrithis, Tumore, Ischämien) zurückzuführen sind, spricht man von einer Infektion bei Eintritt von Mikroorganismen in den Körper des Patienten. Akute Entzündungen zeichnen sich durch erhöhte Gefäßpermeabilität und gesteigerten Austritt von Plasmaproteinen sowie vermehrtes Einwandern von Leukozyten in den floriden Entzündungsbereich aus. Auch Granulozyten sind an der Abwehr beteiligt, sodass die szintigrafische Darstellung einer akuten Entzündung sowohl mit radioaktiv markierten Anti-Ganulozyten-Antikörpern als auch mit radioaktiv markierten Leukozytenpräparaten gelingt. Chronische Entzündungen werden im Wesentlichen durch Lymphozyten, Monozyten und Makrophagen abgewehrt, sodass andere unspezifische Tracer verwendet werden müssen.

Zum Nachweis einer bakteriellen Entzündung nach Implantation einer Gelenkprothese können radioaktiv markierte Anti-Granulozyten-Antikörper oder in vitro markierte autologe Leukozyten eingesetzt werden. Sie reichern sich in den Granulozyten und deren Vorstufen im blutbildenden Knochenmark an. Im Stammskelett sind sie, aufgrund der dort zu erwartenden physiologischen Anreicherungen, ungeeignet, während Entzündungen im peripheren Skelett ausgesprochen gut darstellbar sind.

111In oder 99mTc markierte Leukozyten und 99mTc markierte monoklonale Anti-Granulozyten-Antikörper dienen dem Nachweis einer granulozytären Entzündungsreaktion. Zur Abklärung chronischer Entzündungen, bei chronischen Fieberschüben und der Suche nach dem Fieber verursachenden Herdes, werden Ganzkörperszintigraphien mit unspezifischen Antikörpern durchgeführt.

Dabei werden neben der erhöhten Kapillarpermeabilität aller aufgeführten Radiopharmaka folgende Mechanismen ausgenutzt:

  • 99mTc markiertes Nanokolloid wird nach Injektion als Fremdkörper erkannt und phagozytiert im mononukleären Phagozytosesystem (Knochenmark, Leber, Milz).

  • 99mTc markiertes humanes Immunglobulin (HIG) wird vermehrt in Entzündungsherden zurückgehalten.

  • Schließlich wird Glukose in aktiven Leukozyten und Markrophagen vermehrt aufgenommen, sodass 18F FDG eingesetzt werden kann. Letzteres wird schwerpunktmäßig im Staging und unter Therapie sowie in der Nachsorge maligner Tumoren eingesetzt, aber auch die septische Lockerung einer Gelenkprothese stellt eine Indikation zum 18F-FDG PET/CT dar.

Die Skelettszintigraphie kann als Drei-Phasen-Szintigramm zur Darstellung der Durchblutung, des Weichteils und des Knochenstoffwechsels durchgeführt werden. Wenn es um den Ausschluss einer Knochenmetastasierung geht, ist es ausreichend, die Mineralisation darzustellen. Gelenkentzündungen können mit unter sterilen Bedingungen in das Gelenk gebrachten Betastrahlern günstig beeinflusst werden. Durch die Applikation osteotroper Radiopharmaka sind osteoplastische Metastasen palliativ behandelbar.

4 Wertigkeit

Tab. 14.10 zeigt den Einsatz der jeweiligen therapeutischen Möglichkeiten je nach Fragestellung.

Tab. 14.10 Wertigkeit der diagnostischen Verfahren

5 Therapeutische Möglichkeiten

5.1 Radiologische Therapie

5.1.1 Tumorembolisation

Ossäre Metastasen von hypervaskularisierten (stark mit Blutgefäßen versorgten) Tumoren führen bei einer operativen Therapie zu ausgedehnten Blutverlusten. Um diese Blutverluste zu verringern, werden solche Metastasen angiographisch mit Partikeln und anderen Embolisationsmaterialen 1 bis 2 Tage präoperativ behandelt. Klassisches Beispiel sind hierfür insbesondere Metastasen von Nierenzellkarzinomen.

Die Vorgehensweise bei der Tumorembolisation allgemein zeigt Tab. 14.11.

Tab. 14.11 Typische Vorgehensweise Tumorembolisation

5.1.2 Computertomographisch-gesteuerte Knochentumorbehandlung

Insbesondere schmerzhafte ossäre Metastasen, egal welcher Tumorentität, werden heutzutage interventionell radiologisch angegangen. Hierbei gibt es zwei Verfahren: eine Injektion von Knochenzement in lytische (Knochenmasse auflösende) Metastasen oder eine Thermoablation (Erhitzung/Verbrennung der Metastase durch Strom), die sich ebenfalls bei lytischen oder gemischten ossären Metastasen anbietet.

Behandlungsmethode der Wahl ist die Thermoablation inzwischen beim Osteoidosteom, einem Knochentumor, der bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen auftritt und klassischerweise als Symptom nächtliche Schmerzen aufweist, die sich auf die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin®) hin bessern.

Vorgehensweise bei der Thermoablation Tumor zeigt Tab. 14.12.

Tab. 14.12 Typische Vorgehensweise einer Tumorthermoablation

Die CT-gesteuerten Therapien von ossären Metastasen können sehr gut gemeinsam mit strahlentherapeutischen Therapien eingesetzt werden und ersetzen diese in aller Regel nicht. Vorteil der CT-gesteuerten Therapie ist der sehr rasche Rückgang der Schmerzsymptomatik.

5.1.3 Schmerztherapie

Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen sind einer der Hauptgründe für krankheitsbedingte Ausfälle im Arbeitsalltag. Wer kennt keine Rückenschmerzen?

Bei Erkrankungen der Bandscheiben mit einer Nervenwurzelreizung oder bei Erkrankungen der kleinen Wirbelgelenke, der Facettengelenke, kommen computertomographisch gesteuerte Schmerztherapien zum Einsatz. In den letzten Jahren ist es allerdings vor allem im ambulanten Bereich zu einem Rückgang solcher Interventionen gekommen, da die Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen vor einer Therapie eine Vorstellung bei einem Schmerztherapeuten fordern.

Die Vorgehensweise bei der Schmerztherapie der Wirbelsäule zeigt Tab. 14.13.

Tab. 14.13 Typische Vorgehensweise einer Schmerztherapie an der Wirbelsäule

5.2 Strahlentherapeutische Möglichkeiten

5.2.1 Sarkome

Sarkome (griech: sarkoma sarx= Fleisch und –om Geschwulst) sind bösartige Tumore des Binde- und Stützgewebes und des Bewegungsapparates. Sie treten im Vergleich zu den Karzinomen eher selten auf. Man unterscheidet zwei Gruppen von Sarkomen: die Knochen- und Weichteilsarkome. Die Klassifikation erfolgt nach TNM. Die Differenzierung erfolgt bei den Sarkomen nach niedriggradig G1/G2 und hochgradig G3/G4.

Die Therapie ist abhängig von der Größe und Differenzierung des Tumors.

Knochensarkome werden, sofern sie operabel sind, operativ entfernt. Je nach Indikation wird eine Chemotherapie appliziert – Chondrosarkome allerdings sind nicht chemosensitiv, d. h. sie sprechen nicht auf eine Chemotherapie an.

Weichteilsarkome werden heutzutage multimodal therapiert, d. h. die Patienten bekommen meistens eine Operation mit adjuvanter Radiotherapie und/oder Chemotherapie. Hierbei kann eine Verbesserung der lokalen und systemischen Tumorkontrolle erreicht werden.

Bei der Operation eines Sarkoms ist es wichtig, dass der gesamte entfernte Bereich mikroskopisch freie Resektionsränder mit einem Sicherheitssaum von mindestens 2 cm aufweist.

5.2.1 Knochensarkome und Weichteilsarkome
5.2.1 Knochensarkom

Zu den Knochensarkomen zählen u. a.:

  • Osteosarkome (im Volksmund als „Knochenkrebs“ bezeichnet, Ausbreitung auf umliegende Knochen- und Knorpelstrukturen)

  • Chondrosarkome (Tumorzellen bilden Knorpel und keine Knochensubstanz)

  • Ewing-Sarkome (häufig im Kindesalter)

  • malignes Chordome

Primäre Knochensarkome entstehen in Knochenabschnitten mit besonders großem Wachstum.

5.2.1 Weichteilsarkome

Zu den Weichteilsarkomen zählen u. a.:

  • Fibrosarkome (entstehen aus Bindegewebszellen)

  • Liposarkome (entstehen aus Fettzellen)

  • Rhabdomysarkome (entstehen aus quergestreifter Muskulatur)

  • Leiomysarkom (entsteht aus glatten Muskulatur)

Die Ausdehnung wird in oberflächliche und tief gelegene Weichteilsarkome eingestuft.

5.2.1 Ursachen

Zu den Risikofaktoren für die Entstehung von Knochensarkomen können u. a. Morbus Paget oder eine chronische Osteomyelitis sein, ebenso wie ionisierende Strahlen nach einer Strahlentherapie oder sehr häufige diagnostische Anwendungen.

Zu den Risikofaktoren für die Entstehung von Weichteilsarkomen gehören genetische Syndrome, wie Neurofibromatosis (Recklinghausen-Syndrom), ionisierende Strahlung, chemische Substanzen (wie Arsen und Vinylchloride) und verschiedene genetische Faktoren.

5.2.1 Symptome

Die Ausprägung der Symptome ist abhängig von der Größe und Lokalisation des Primärtumors ab. Schmerzhafte oder schmerzfreie Schwellung zählen zu den häufigsten und ersten Symptomen bei Sarkomen im Bereich der Extremitäten. Bei Knochensarkomen zählen Knochenschmerzen zu den Leitsymptomen.

5.2.1 Strahlentherapie der Sarkome

Die vollständige operative Entfernung ist ein zentrales Element der Therapie bei den Sarkomen. Je nach Ausbreitung und Studienprotokoll kann prä- oder postoperativ eine Radiotherapie, eine Radiochemotherapie oder eine Chemotherapie erfolgen.

Bei sehr großen Tumoren kann häufig nicht R0 reseziert werden – hier erfolgt im Anschluss an eine Tumorverkleinerung eine adjuvante Radio(chemo)therapie.

Eine neoadjuvante Radiotherapie erfolgt bei sehr großen Tumoren, die nicht oder nur schwer operabel sind. Hier kann eine Tumorverkleinerung erzielt werden, um v. a. bei Lokalisation im Bereich der Extremitäten eine vollständige Amputation zu vermeiden.

Die Therapieplanung für eine Radiotherapie erfolgt mittels 3D-Planungs-CT. Wichtig ist hier die vollständige Markierung der Operationsnarbe(n), um diese bei der Bestrahlung komplett in das Bestrahlungsfeld einschließen zu können, ebenso wie das gesamte dazugehörige Muskelkompartiment. Hier besteht das größte Risiko für ein Rezidiv.

Auch die Partikeltherapie spielt bei einigen Indikationen eine bedeutende Rolle. Chordome , niedrigmaligne Chondrosarkome und viele Kindertumore gelten als Standardindikation für eine Protonen- oder Schwerionentherapie (► Abschn. 9.3.8, Partikeltherapie).

Treten durch die Bestrahlung akute Nebenwirkungen auf, sind es in erster Linie Hautreaktionen (Rötungen, Überwärmung), v. a. bei Sarkomen der Extremitäten oder zwischen Hautfalten (Axilla, Leiste, Kniekehle). Zu den chronischen Nebenwirkungen zählen Fibrosen und Lymphödeme.

5.2.1 Dosis und Fraktionierung

Im Rahmen einer alleinigen Radio(chemo)therapie erfolgt die Bestrahlung kleinvolumig auf den Primärtumorbereich mit einer Gesamtdosis von 60 bis 70 Gy mit 5 x 1,8-2,0 Gy pro Woche. Alternativ kann als akzelerierte Hyperfraktionierung (2 x täglich) mit einer Gesamtdosis von 32 bis 48 Gy mit 10 x 1,6 Gy pro Woche bestrahlt werden.

Die adjuvante Radiotherapie ist abhängig vom Grading und Resektionserfolg (R0, R1, R2). Bei R1-/R2-Resektion ist eine Strahlentherapie als adjuvante Radiotherapie grundsätzlich indiziert. Dabei erfolgt die Radiotherapie mit einer Gesamtdosis von 50 bis 60Gy mit 5 x 2,0 Gy pro Woche.

Die neoadjuvante Radiotherapie erfolgt mit einer Gesamtdosis von 50 Gy auf den Primärtumor mit einer Einzeldosis mit 5 x 2,0 Gy pro Woche. Die Bestrahlungstechnik richtet sich nach der Lokalisation und möglichen umliegenden Risikostrukturen/-organen: als konventionelle Gegen- oder Mehrfeldtechnik bzw. als IMRT.

Der Boost wird meistens perkutan bestrahlt, einige Kliniken applizieren ihn jedoch während der Operation (IORT, intra operative radiotherapy) – andere Kliniken behandeln ihn mit einer Brachytherapie.

5.2.1 Lagerung zur Bestrahlung

Ist ein Sarkom an den Extremitäten lokalisiert, bietet sich die Lagerung des Patienten in einem Vakuumkissen an. Dies ermöglicht eine gut reproduzierbare Lagerung des Patienten – die Extremität ist wie in einer Art „Gipsbett “ eingebettet und Achsverdrehungen oder tägliche Lagerungsvariationen sind so auf ein Minimum reduzierbar. Patienten mit Tumoren im Bereich des Körperstammes werden je nach Erreichbarkeit auf dem Rücken oder dem Bauch gelagert.

5.3 Nuklearmedizinische Therapie

5.3.1 Radiosynoviorthese (RSO)

Die RSO ist eine wirkungsvolle Methode zur lokalen Therapie chronischer Gelenksentzündungen. Die rezidivierende Entzündung der Gelenkschleimhaut (Synovialis) ist schmerzhaft und geht oft mit Gelenkergüssen einher. Ziel der RSO ist es, die Synovialis bindegewebig umzubauen. Dieses Ziel wird mit gutem Ergebnis durch Injektion eines Radioisotops, das unter Aussendung von ß--Strahlung zerfällt, in den Gelenkraum erreicht (z. B. 90Y, 186Re, 169Er). Die Wahl des Radiopharmakons ist abhängig von der Größe des Gelenkes. Je kleiner das Gelenk, desto geringer sollte die Reichweite des ß--Strahlers sein. Die maximale/mittlere Reichweite beträgt bei 90Y 11 mm/3.6 mm, bei 186Re 3.7/1.2 mm, 169Er 1.0 mm/0.3 mm. Die Radionuklide sind an Kolloide gebunden. Diese werden von der obersten Schicht der Synovialiszellen als Fremdkörper erkannt und phagozytiert. Da Faktoren, wie Größe des Gelenkraumes, die Verteilung im Gelenk, die entzündliche Aktivität und die Absorption der radioaktiven Kolloide nicht vorausbestimmt werden können, wird die Radionuklidmenge nach empirisch ermittelten Schätzwerten appliziert, z. B. Kniegelenk 185 MBq 90Y. (► auch Leitlinie Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin – Radiosynorviothese).

Nach sorgfältiger Indikationsstellungdurch einen Nuklearmediziner wird das Radiopharmakon nach durch Bildgebung sichergestellter anatomischer Kenntnis intraartikulär injiziert. Gleichzeitig kann die Injektion eines Cortisonpräparates zur Übergangstherapie erfolgen. Zur Qualitätssicherung muss durch szintigrafische Untersuchungen die regionale Verteilung des radioaktiven Arzneimittels aufgezeichnet werden (► Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin). Das behandelte Gelenk muss ruhiggestellt werden. Der Patient sollte thromboseprophylaktisch behandelt werden.

5.3.2 Palliative Therapie von Knochenmetastasen

Osteoplastische Metastasen eines Prostata-, Mamma- oder Bronchialkarzinoms können palliativ mit osteotropen Radiopharmaka behandelt werden, wenn diese nicht auf andere verfügbare Therapien ansprechen. Ziel der palliativen Knochenschmerztherapie mit ß-Strahlern kurzer Reichweite ist die Verbesserung der Lebensqualität des Patienten bzw. die Herabsetzung der Schmerzmedikation. Bei bestehender oder drohender Rückenmarkskompression durch Wirbelkörpermetastasen oder instabilen Frakturen, bestehender Knochenmarksdepression oder Niereninsuffizienz ist eine nuklearmedizinische Knochenschmerztherapie kontraindiziert. Die Indikation sollte interdisziplinär unter Beteiligung eines Nuklearmediziners, Strahlentherapeuten, Onkologen und Palliativmediziners getroffen werden. Etwa 2/3 der behandelten Patienten profitieren mit einer deutlichen Schmerzentlastung, 20-30 % sind nach der Behandlung schmerzfrei.

Voraussetzung ist u. a. das Vorliegen eines aktuellen Knochenszintigrammes. Risiken wie z. B. das Absinken der Leuko- oder Thrombozyten und der damit erhöhten Infektions- oder Blutungsgefahr müssen mit dem Patienten besprochen werden (► auch Leitlinie Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin – Radionuklidtherapie schmerzhafter Knochenmetastasen). 223Ra-Chlorid ist ein α-Strahler, der neuerdings in der Behandlung von Knochenmetastasen hormonresistenter Prostatakarzinome eingesetzt wird. Wegen seiner Ähnlichkeit zum Calcium wird 223Ra in osteoblastischen Knochenmetastasen über den zwecks Reparatur erhöhten Mineralbedarf vermehrt eingebaut. Wegen der kurzen Reichweite der α-Strahlung wird das umgebende Gewebe weitgehend geschont.

Die Applikation folgender Radiopharmaka erfolgt über einen Venenkatheter (Tab. 14.14).

Tab. 14.14 Venenkatheter-applizierte Radiopharmaka

Das jeweilige Radiopharmakon wird über 1 bis 2 Minuten injiziert, anschließend wird der Venenkatheter mit 0.9 %iger NaCl-Lösung gespült. Die applizierte Aktivitätsmenge und der Applikationszeitpunkt sind zu vermerken. Die ambulant therapierten Patienten müssen zwei Stunden überwacht werden. Der Urin muss ca. 6 Stunden nach Applikation unter besonderer Berücksichtigung des notwendigen Strahlenschutzes gesammelt und nach Abklingen der Aktivität entsorgt werden.

Bei Radiopharmaka, die eine γ-Komponente enthalten, wird ein Ganzkörperszintigramm zur Dokumentation der Aktivitätsaufnahme 6 bis 24 h nach Applikation angefertigt.

Blutbildkontrollen sind bis zu 6 Wochen posttherapeutisch alle 1 bis 2 Wochen erforderlich.

6 Fallbeispiel

Beispiel 1

Kai ist 27 Jahre alt und hat sich bei einem Skiunfall das Knie verdreht. Er kann nicht mehr auftreten, sein Knie ist ganz dick und auf Druck und Drehbewegung reagiert der Patient mit einem schmerzverzerrten Gesicht.

  1. 1.

    Welche Verdachtsdiagnose liegt nahe?

  2. 2.

    Welche bildgebenden Verfahren bieten sich hierfür an?

Beispiel 2

Frau Kertesmeier ist 54 Jahre alt, mit der Erstdiagnose eines Mammakarzinoms links vor 12 Jahren. Nach Tumorexstirpation folgte eine adjuvante Radiatio. Ein Jahr später kam es zu einem lokalen Tumorrezidiv, das ebenfalls entfernt wurde. Es folgte eine adjuvante Hormontherapie. 1 weiteres Jahr später entdeckte man erneut einen Rezidivtumor, der zur Brustamputation (Ablatio mammae) führte, begleitet von einer adjuvanten Chemo- und Strahlentherapie. Frau Kertesmeier klagt seit ca. 3 Monaten über zunehmende Schmerzen im Rücken (oberer BWK-Bereich) und beginnenden Sensibilitätsstörungen in der rechten Hand und dem rechten Unterarm, vor allem ulnar.

  1. 1.

    Was ist Ihre Verdachtsdiagnose?

  2. 2.

    Was ist Ihre Differentialdiagnose?

  3. 3.

    Welche bildgebenden Verfahren schlagen Sie vor, um die Beschwerden abzuklären?

Beispiel 1

  1. 4.

    Die Verdachtsdiagnose „Meniskusriss“ liegt hier nahe. Meist liegt ein sog. Korbhenkelriss vor.

  2. 5.

    Vor allem die Kernspintomographie (Tab. 14.8) bietet sich zur Diagnostik an. Ergänzend wird zumeist zum Ausschluss knöcherner Verletzungen akut eine Röntgenaufnahme des Kniegelenks angefertigt.

Beispiel 2

  1. 6.

    Die Krankengeschichte legt nahe, dass es sich um eine Knochenmetastase handeln könnte.

  2. 7.

    Die Symptome können aber genauso für einen Bandscheibenvorfahl sprechen.

  3. 8.

    Eine MRT wäre zur Diagnostik ideal, da sowohl Bandscheibenpathologien als auch Metastasen im Wirbelsäulenbereich gut abgeklärt werden können (Abschn. 14.2.5). Sollte sich eine Metastase bestätigen, bietet sich zur weiteren Diagnostik eine Skelettszintigraphie an (Abschn. 14.3.1.1).