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Kollektive Selbstregulierung und verbandseigene Gerichtsbarkeit im Pharmabereich

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Institutionelle Korruption und Arzneimittelvertrieb

Zusammenfassung

Selbstregulative Strukturen und Mechanismen, mit denen Wirtschaftsakteure in die aktive Sicherstellung einer rechtskonformen Unternehmenspraxis eingebunden sind, zeigen sich nicht nur innerhalb von Unternehmen (dazu Kap. 4), sondern auch auf einer kollektiven Ebene (allgemein dazu Abschn. 1 in Kap. 1). Hiervon ist bspw. dann auszugehen, wenn Vereinigungen und Verbände von Wirtschaftsakteuren (d. h. Unternehmen, ggf. aber Individualunternehmern) entsprechende normstützende Maßnahmen entwickeln. Nicht selten geht es dabei um Verhaltenskodizes, die für die jeweiligen Mitglieder gelten und die durch bestimmte Vorkehrungen abgesichert werden (bspw. durch verbandseigene Sanktionen).

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Notes

  1. 1.

    Die folgende Aufzählung erhebt keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit.

  2. 2.

    https://www.bvmed.de/de/recht/healthcare-compliance/kodex-medizinprodukte (zugegriffen: 16.02.2018).

  3. 3.

    https://www.bvmed.de/de/recht/healthcare-compliance/gemeinsamer-standpunkt (zugegriffen: 16.02.2018).

  4. 4.

    https://www.fsa-pharma.de/fileadmin/Downloads/Pdf_s/Diverses/2012.07.18_Verhaltensempfehlungen_BAH__BPI__VFA.pdf (zugegriffen: 16.02.2018).

  5. 5.

    Diese sollen ca. 75 % des Umsatzes von verschreibungspflichtigen Arzneimittel in Deutschland abdecken (Diener 2016, S. 236). Die Unternehmen können sich auch hinsichtlich nicht verschreibungspflichtiger Medikamente dem FSA-Kodex Fachkreise unterwerfen.

  6. 6.

    http://www.progenerika.de/wp-content/uploads/2015/09/Pro-Generika-Verhaltenskodex_8.9.2015.pdf (zugegriffen: 16.02.2018).

  7. 7.

    http://www.ak-gesundheitswesen.de/verhaltenskodex/ (zugegriffen: 16.02.2018).

  8. 8.

    Einen Vergleich der einzelnen Vorschriften der AKG-, BPI- und FSA-Kodizes und eine Bewertung insgesamt bietet Jung (2016). Vgl. auch die Mindeststandards des europäischen Dachverbandes „European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations“ (EFPIA) im „Code of Practice for the Promotion of Prescription-Only Medicines to, and Interactions with, Healthcare Professionals” („EFPIA-Kodex“), und „Code of Practice on Relationships between the Pharmaceutical Industry and Patient Organisations“ („EFPIA-Patientenorganisationen-Kodex“). Diese Vorgaben werden von den nationalen Kodizes der Mitglieder des EFPIA umgesetzt.

  9. 9.

    https://www.fsa-pharma.de/verhaltenskodizes/fachkreise/ (zugegriffen: 16.02.2018).

  10. 10.

    Im Jahr 2008 folgte der „Kodex für die Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen“, der die Neutralität und Unabhängigkeit dieser Organisationen schützen soll (etwa durch Publikation der ihnen gewährten Zuwendungen (zur Datenbank vgl. https://www.fsa-pharma.de/bezugsgruppen/patientenorganisation/zuwendungen-intern/ (zugegriffen: 16.02.2018). Ende 2013 wurde schließlich der FSA-Transparenzkodex beschlossen. Hierdurch soll der Anschein von Interessenkonflikten vermieden werden (geregelt ist hier daher die Erfassung und Offenlegungen von geldwerten Leistungen, v. a. an Ärzte). Ergänzend zu diesen sanktionsbewehrten Kodizes hat der FSA im Übrigen diverse Leitlinien zur praktischen Handhabung publiziert und 2010 auch die „Empfehlungen zur Zusammenarbeit mit den Partnern im Gesundheitswesen“ (d. h. Ministerien, Behörden, Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen) veröffentlicht.

  11. 11.

    Dies in strengerer Form als § 48 Abs. 4 AMG.

  12. 12.

    Gemäß § 20 Abs. 5 soll die Unterlassungserklärung in hinreichender Höhe strafbewehrt sein, um eine Wiederholungsgefahr auszuräumen. Die erste Instanz darf dafür ein Ordnungsgeld im gleichen Wertbereich wie die im Text genannten Geldstrafen festsetzen (§ 22 der Verfahrensordnung).

  13. 13.

    Abgesehen von Rechtsmittelverfahren ist die zweite Instanz auch zuständig, wenn ein sog. wiederholter Verstoß beanstandet wurde (drei Verstöße in zwei Jahren, deren Handlung entweder identisch oder in charakteristischen Elementen „kerngleich“ mit einer solchen Handlung ist, die sich bereits zuvor als unzulässig erwiesen hat).

  14. 14.

    Kennzeichnend hierfür etwa die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken von 2005 (UGP-Richtlinie – 2005/29/EG). Diese wird auch auf den Erwägungsgrund 20 gestützt, in dem es heißt: „Die von den Urhebern der Kodizes auf nationaler oder auf Gemeinschaftsebene ausgeübte Kontrolle hinsichtlich der Beseitigung unlauterer Geschäftspraktiken könnte die Inanspruchnahme der Verwaltungsbehörden oder Gerichte unnötig machen und sollte daher gefördert werden.“

  15. 15.

    Kennzeichnend etwa: „Und dann kommt der Arzt, ich hab 's jetzt selbst auch schon gehabt, dass mich 'n Arzt, hmm, gemeint hat: ‚Ja, Ihre Vorgängerin hat immer dies und jenes.‘ Und, dann hab ich gesagt: ‚Ja, sorry, wegen FSA-Kodex, wir unterliegen diesem, dieser freiwilligen Selbstkontrolle, ich darf das alles nicht mehr machen.‘“ (PR7).

  16. 16.

    Unter anderem müssten harte Sanktionen verhängt werden. In den Jahren 1994 bis 2003 betrug die Summe der von Pharmaunternehmen insgesamt gezahlten Geldstrafen lediglich 108.000 €. Dies entspricht lediglich 0,009 % des mit Depressiva erzielten Umsatzes und 11 % der Werbekosten. Abschreckend seien die Sanktionen aber nur, wenn sie den durch unseriöse Werbung erzeugten Mehrgewinn ausglichen (Zetterqvist und Mulinari 2013, S. 7 f.).

  17. 17.

    Die Association of the British Pharmaceutical Industry (ABPI) ist ein Berufsverband für über 120 Pharmaunternehmen in England, die verschreibungspflichtige Medikamente herstellen. Die Mitglieder der ABPI haben sich einem Kodex (Code of Practice der ABPI) unterworfen, der ausschließlich das Marketing von verschreibungspflichtigen Medikamenten überwacht. Auch Pharmaunternehmen, die nicht Mitglied der ABPI sind, können sich dazu verpflichten, diese Vorschriften zu befolgen. Deren Einhaltung wird von der PMCPA überwacht. Die PMCPA setzt sich aus dem „Code of Practice Panel“, das jeder Anzeige von kodexwidrigem Verhalten nachgeht, und dem „Code of Practice Appeal Board“ zusammen. Das Appeal Board ist zum einen für Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der ersten Instanz und zum anderen dann zuständig, wenn es durch das Panel auf besonders schwerwiegende Verstöße eines bestimmten Pharmaunternehmens aufmerksam gemacht wird.

  18. 18.

    http://www.pmcpa.org.uk (zugegriffen: 16.02.2018).

  19. 19.

    https://www.fsa-pharma.de/fileadmin/Downloads/Pdf_s/Jahresberichte/FSA_Jahresbericht_2015_Web.pdf S. 27 (zugegriffen: 16.02.2018).

  20. 20.

    Anfänglich hat der FSA auch kodexwidriges Verhalten von Nichtmitgliedern untersucht und festgestellte Verstöße sodann als wettbewerbswidriges Verhalten (per Abmahnung) vor den Zivilgerichten geltend gemacht. Davon ist der Verband abgerückt, da die Gerichte dem FSA-Kodex keine unmittelbare Relevanz für die wettbewerbsrechtliche Einordnung des Verhaltens zuerkannt haben (BGH, Urteil vom 09.09.2010, Az.: I ZR 157/08).

  21. 21.

    In der Begründung der Strafhöhe heißt es: „Hierbei wurde einerseits straferhöhend berücksichtigt, dass das Fehlverhalten des Unternehmens einen zentralen Bereich der Kodex-Regelungen betraf und dass bei vier Studien – im Wesentlichen gleichartige – Verstöße festgestellt wurden.“ (https://www.fsa-pharma.de/schiedsstelle/berichterstattung/fachkreise/?tx_berichterstattung_pi1%5BshowUid%5D=528&tx_berichterstattung_pi1%5Bshow%5D=single&cHash=05c59978c62c25481949c056427f7f8c – zugegriffen: 16.02.2018).

  22. 22.

    Innerhalb einer Berichterstattung können mehrere Unternehmen zu verschiedenen Geldstrafen verurteilt worden sein.

  23. 23.

    https://www.fsa-pharma.de/schiedsstelle/berichterstattung/(zugegriffen: 16.02.2018).

  24. 24.

    Mehrfacherfassung einzelner Unternehmen können im Übrigen erst für die Jahre ab 2012 festgestellt werden (da erst seit der Satzungsänderung vom 01.12.2011 veröffentlich wird, gegen wen sich eine begründete Beanstandung richtete). Bis 2017 wurden danach vier Unternehmen drei- bzw. viermal erfasst (nämlich Astellas Pharma GmbH, Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, Novartis Pharma GmbH und Pfizer).

  25. 25.

    „Trotzdem hab ich bei [Name des Unternehmens] speziell Wohlverhalten erlebt. Und zwar nicht aus Angst vor der Strafverhängung, sondern auf, auf, aus Angst vor der PR-Blamage, wenn das Ganze bekannt wird. (…) Wenn man in die Geldeffektivität gehen will, dann muss man sicherlich im Millionenbereich arbeiten. Weil 10.000 is nix, was mich beeindruckt.“ (PR2).

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Lubner, S.M., Schmelter, AK. (2019). Kollektive Selbstregulierung und verbandseigene Gerichtsbarkeit im Pharmabereich. In: Kölbel, R. (eds) Institutionelle Korruption und Arzneimittelvertrieb. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57416-4_14

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