Viele neue technische und molekularbiologische Errungenschaften haben das Potenzial, zu einer verbesserten und individualisierten Medizin zu führen – nicht nur in der Behandlung von Krankheiten, sondern besonders auch in der Erkennung von Krankheitsvorstufen und individuellen Risiken. Die molekularbiologischen Erkenntnisse werden die Prävention und die medizinischen Überwachungsprozeduren beeinflussen und sind die Grundlage für die Entwicklung neuer zielgerichteter Medikamente. Das Ziel ist, schwerwiegende Krankheiten bereits im Vorstadium zu erkennen und zu behandeln bevor diese ausbrechen – genannt „disease interception“ – ein neuer strategischer Ansatz von Forschung und pharmazeutischer Industrie.

Trotz der Chancen, die sich durch die verbesserte Risikoerkennung ergeben, sind ethische Aspekte zu beachten, die sich u. a. durch die Wissensbelastung der Betroffenen ergeben, die damit zu Patienten werden, (lange) bevor die Erkrankung ausbricht. Weiterhin werden solche Menschen dann auch durch die kontinuierliche Überwachung belastet sowie gegebenenfalls durch das Fehlen wirksamer Therapien.

Letztendlich müssen die neuen Forschungsansätze und die Fortschritte in der Medizin immer das übergeordnete Ziel verfolgen, den Menschen ein längeres gesundes und eigenständiges Leben zu ermöglichen. Dabei kann die Medizin jedoch auch künftig dem Menschen nicht die Verantwortung für sein Leben und sein Alter abnehmen.