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Differenzialgleichungen – Zusammenspiel von Funktionen und ihren Ableitungen

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Mathematik

Zusammenfassung

Während wir in der Mathematik eine Ableitung einer Funktion berechnen oder eine Stammfunktion bestimmen, tauchen in den Anwendungen Funktionen und ihre Ableitungen häufig in eigenständigen Rollen auf. So können wir bei einem Fahrzeug von der zum Zeitpunkt t zurückgelegten Strecke \(s(t)\) sprechen und von der Momentangeschwindigkeit \(v(t)\). Erst durch die Naturgesetze oder zu treffende Annahmen entsteht der mathematische Zusammenhang zwischen diesen Größen, nämlich dass die eine die Ableitung der anderen ist.

Durch die Kombination der verschiedenen Naturgesetze gelangt man von Anwendungsproblemen zu Gleichungen, die einen Prozess mathematisch beschreiben. Durch die oben beschriebenen Zusammenhänge tauchen dann Funktionen und ihre Ableitungen in derselben Gleichung auf. Die Funktion ist hierbei die Unbekannte, sie ist zu bestimmen. Solche Gleichungen bezeichnet man als Differenzialgleichungen.

Zur Lösung solcher Gleichungen werden wir das gesamte Arsenal der Differenzial- und Integralrechnung benötigen. Ähnlich wie schon bei der Integration wird man vielen Gleichungen mit gewissen Tricks oder wenig offensichtlichen Ansätzen zu Leibe rücken. Die Motivation für die einzelnen Lösungstechniken darzulegen, damit es nicht scheint, als würde mit Magie oder zumindest undurchschaubaren Methoden gearbeitet, ist ein besonderes Anliegen dieses Kapitels.

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Correspondence to Tilo Arens .

Appendices

Zusammenfassung

1.1 Eine Differenzialgleichung ist ein Zusammenhang zwischen einer unbekannten Funktion und ihren Ableitungen

Meist kann eine Differenzialgleichung so aufgeschrieben werden, dass die höchste auftretende Ableitung allein auf einer Seite der Gleichung steht. Wir beschäftigen uns fast ausschließlich mit diesem Fall.

Definition einer Differenzialgleichung \(n\)-ter Ordnung

Unter einer Differenzialgleichung n-ter Ordnung (\(n\in\mathbb{N}\)) auf einem Intervall \(I\subseteq\mathbb{R}\) versteht man eine Gleichung der Form

$$\displaystyle y^{(n)}(x)=f\left(x,y(x),y^{\prime}(x),\ldots,y^{(n-1)}(x)\right),$$

für alle \(x\in I\). Hierbei ist \(f\colon I\times\mathbb{C}^{n}\to\mathbb{C}\) eine Funktion von \(n+1\) Veränderlichen, \(y\colon I\to\mathbb{C}\) die gesuchte Funktion.

Unter einer Lösung einer Differenzialgleichung versteht man eine Funktion, die die Gleichung erfüllt, wenn sie eingesetzt wird. Dabei muss die Gleichung nicht notwendigerweise auf dem ganzen Intervall \(I\) erfüllt sein, es reicht auch ein Teilintervall \(J\subseteq I\).

Definition eines Anfangswertproblems

Ist zusätzlich zu der Differenzialgleichung

$$\displaystyle y^{(n)}(x)=f(x,y(x),\ldots,y^{(n-1)}(x)),\quad x\in I,$$

noch ein Satz von \(n\) Bedingungen

$$\displaystyle y(x_{0})=y_{0},\quad y^{\prime}(x_{0})=y_{1},\;\ldots,\;y^{(n-1)}(x_{0})=y_{n-1}$$

gegeben, so sprechen wir von einem Anfangswertproblem für die gesuchte Funktion \(y\). Dabei muss \(x_{0}\) eine Stelle aus dem Abschluss des Intervalls \(I\) sein.

Aus den vielen Lösungen einer Differenzialgleichung wird durch die Vorgabe von Anfangswerten eine kleinere Anzahl, häufig genau eine Lösung, ausgewählt.

1.2 Das Richtungsfeld liefert schnell eine qualitative Kenntnis der Lösung

Bei einer Differenzialgleichung erster Ordnung kann man den Zusammenhang zwischen Argument, Wert der Lösungsfunktion für dieses Argument und den Wert der Ableitung für dieses Argument grafisch darstellen. Man nennt dies das Richtungsfeld. In jedem Punkt \((x,y(x))^{\top}\) stellt man die Steigung der zugehörigen Tangente dar. Dadurch lässt sich schnell eine qualitative Vorstellung von der Gestalt der Lösung gewinnen.

1.3 Das Euler-Verfahren nutzt das Richtungsfeld

Das einfachste numerische Verfahren zum Lösen von Anfangswertproblemen ist das Euler-Verfahren. Vom Anfangspunkt ausgehend approximiert man die Lösungsfunktion auf einem kleinen Intervall durch eine Tangente. Am Ende des Intervalls bestimmt man den genäherten Funktionswert und approximiert wieder durch die Tangente.

Das Euler-Verfahren approximiert die exakte Lösung nur recht langsam. Daher werden in der Praxis meist Verfahren höherer Konvergenzordnungen eingesetzt. Das bekannteste ist das klassische Runge-Kutta-Verfahren 4. Stufe.

1.4 Bei einer separablen Gleichung kann nach \(x\) und \(y\) getrennt integriert werden

Bei manchen Typen von Differenzialgleichungen kann man die exakte Lösung ausrechnen. Ein wichtiger Fall ist der, in dem man die Terme, die nur vom Argument abhängen, trennen kann von denen, die nur von der unbekannten Lösungsfunktion abhängen.

Definition einer separablen Differenzialgleichung

Eine Differenzialgleichung erster Ordnung der Form

$$\displaystyle y^{\prime}(x)=g(y(x))\,h(x),\quad x\in I,$$

wird separable Differenzialgleichung genannt. Hierbei sind \(g\colon\mathbb{C}\to\mathbb{C}\) und \(h\colon I\to\mathbb{C}\) zwei Funktionen einer Veränderlichen.

Indem man auf beiden Seiten durch \(g(y(x))\) teilt, kann auf beiden Seiten der Gleichung zur Stammfunktion übergegangen werden.

1.5 Bei einem Ansatz hat man schon eine Vorstellung davon, wie die Lösung aussehen könnte

Oft kann man aus dem Typ der Differenzialgleichung direkt darauf schließen, dass auch die Lösung eine bestimmte Gestalt haben muss. Dann stellt man einen Ansatz auf und bestimmt die im Ansatz enthaltenen freien Parameter, indem man den Ansatz in die Differenzialgleichung einsetzt.

Ein besonders wichtiger Fall ist der einer linearen Differenzialgleichung 1. Ordnung,

$$\displaystyle a(x)\,y^{\prime}(x)+b(x)\,y(x)=f(x),\quad x\in I.$$

Hier setzt sich die Lösung aus der allgemeinen Lösung des homogenen Problems und einer partikulären Lösung des inhomogenen Problems zusammen. Die zugehörige homogene Gleichung ist separabel, für eine partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung wählt man den Ansatz der Variation der Konstanten.

1.6 Bei der Lösung durch eine Substitution wird eine Differenzialgleichung auf eine schon bekannte zurückgeführt

Bei einer Substitution ersetzt man einen Ausdruck, der die unbekannte Funktion enthält, durch einen anderen Ausdruck. Die Hoffnung dabei ist, dass sich die Differenzialgleichung dadurch vereinfacht. Zwei Beispiele, bei denen eine Substitution zum Ziel führt, sind Bernoulli’sche und homogene Differenzialgleichungen.

1.7 Lineare Differenzialgleichungen höherer Ordnung

Bei Differenzialgleichungen höherer Ordnungen beschäftigen wir uns vor allem mit linearen Differenzialgleichungen. Zum einen gibt es nur für diesen Typ eine allgemeine Lösbarkeitstheorie, zum anderen tauchen solche Gleichungen in den Anwendungen häufig auf.

Definition einer linearen Differenzialgleichung

Eine lineare Differenzialgleichung \(n\)-ter Ordnung hat die Gestalt

$$\displaystyle a_{n}(x)\,y^{(n)}(x)+\cdots+a_{1}(x)\,y^{\prime}(x)+a_{0}(x)\,y(x)=f(x)$$

für alle \(x\) aus einem Intervall \(I\) mit Funktionen \(a_{j}\colon I\to\mathbb{C}\), \(j=0,\ldots,n\) und \(f\colon I\to\mathbb{C}\).

Im einfachsten Fall sind alle Koeffizientenfunktionen \(a_{n}\) Konstanten. Durch den Exponentialansatz

$$\displaystyle y(x)=\exp(\lambda\,x)$$

erhält man dann das charakteristische Polynom der Gleichung. Jede Nullstelle \(\hat{\lambda}\) des charakteristischen Polynoms liefert uns eine zugehörige Lösung \(y(x)=\exp(\hat{\lambda}\,x)\) des zugehörigen homogenen Problems.

Für ein inhomogenes Problem muss zusätzlich eine partikuläre Lösung bestimmt werden. Bei einer Gleichung mit konstanten Koeffizienten führt der Ansatz vom Typ der rechten Seite oft zum Ziel.

Ist die Inhomogenität der Differenzialgleichung selbst eine Lösung des homogenen Problems, so liegt Resonanz vor. Der Ansatz muss entsprechend modifiziert werden.

1.8 Bei einer Euler’schen Differenzialgleichung ist die Lösung eine Potenz von \(x\)

Ein weiterer Typ von linearen Differenzialgleichung, bei der ein Ansatz zum Ziel führt, ist die Euler’sche Differenzialgleichung. Hier hat der Koeffizient der \(j\)-ten Ableitung die Form \(a_{j}\,x^{j}\) mit einer Konstanten \(a_{j}\). Man wählt den Potenzansatz \(y(x)=x^{\lambda}\).

Für noch allgemeinere lineare Differenzialgleichungen kann man einen Potenzreihenansatz versuchen,

$$\displaystyle y(x)=\sum_{n=0}^{\infty}a_{n}x^{n}.$$

Falls alle Voraussetzungen für den Ansatz erfüllt sind, kann damit direkt ein Anfangswertproblem für die inhomogene Differenzialgleichung gelöst werden.

Aufgaben

Die Aufgaben gliedern sich in drei Kategorien: Anhand der Verständnisfragen können Sie prüfen, ob Sie die Begriffe und zentralen Aussagen verstanden haben, mit den Rechenaufgaben üben Sie Ihre technischen Fertigkeiten und die Anwendungsprobleme geben Ihnen Gelegenheit, das Gelernte an praktischen Fragestellungen auszuprobieren.

Ein Punktesystem unterscheidet leichte Aufgaben •, mittelschwere •• und anspruchsvolle ••• Aufgaben. Lösungshinweise am Ende des Buches helfen Ihnen, falls Sie bei einer Aufgabe partout nicht weiterkommen. Dort finden Sie auch die Lösungen – betrügen Sie sich aber nicht selbst und schlagen Sie erst nach, wenn Sie selber zu einer Lösung gekommen sind. Ausführliche Lösungswege, Beweise und Abbildungen finden Sie auf der Website zum Buch.

Viel Spaß und Erfolg bei den Aufgaben!

2.1 Verständnisfragen

13.1

• Zeigen Sie, dass die Differenzialgleichung

$$\displaystyle(1+x^{2})u^{\prime\prime}(x)-2xu^{\prime}(x)+2u(x)=0,\quad x> 0,$$

die Lösung \(u_{1}(x)=x\) besitzt. Bestimmen Sie eine weitere Lösung \(u_{2}\) durch Reduktion der Ordnung, d. h. durch den Ansatz \(u_{2}(x)=xv(x)\).

13.2

• Gegeben ist die Differenzialgleichung

$$\displaystyle y^{\prime}(x)=-2\,x\,(y(x))^{2},\quad x\in\mathbb{R}.$$
  1. (a)

    Skizzieren Sie das Richtungsfeld dieser Gleichung.

  2. (b)

    Bestimmen Sie eine Lösung durch den Punkt \(P_{1}\,{=}\,(1,1/2)^{\top}\).

  3. (c)

    Gibt es eine Lösung durch den Punkt \(P_{2}=(1,0)^{\top}\)?

13.3

•• Eine Differenzialgleichung der Form

$$\displaystyle u^{\prime}(x)=h(u(x)),$$

in der also die rechte Seite nicht explizit von \(x\) abhängt, nennt man autonom. Zeigen Sie, dass jede Lösung einer autonomen Differenzialgleichung translationsinvariant ist, d. h., mit \(u\) ist auch \(v(x)=u(x+a)\), \(x\in\mathbb{R}\), eine Lösung. Lösen Sie die Differenzialgleichung für den Fall \(h(u)=u(u-1)\).

13.4

••  Eine Differenzialgleichung der Form

$$\displaystyle y(x)=xy^{\prime}(x)+f\left(y^{\prime}(x)\right)$$

für \(x\) aus einem Intervall \(I\) und mit einer stetig differenzierbaren Funktion \(f:\mathbb{R}\to\mathbb{R}\) wird Clairaut’sche Differenzialgleichung genannt.

  1. (a)

    Differenzieren Sie die Differenzialgleichung und zeigen Sie so, dass es eine Schar von Geraden gibt, von denen jede die Differenzialgleichung löst.

  2. (b)

    Es sei konkret

    $$\displaystyle f(p)=\frac{1}{2}\ln(1+p^{2})-p\arctan p,\quad p\in\mathbb{R}.$$

    Bestimmen Sie eine weitere Lösung der Differenzialgleichung für \(I=(-\pi/2,\pi/2)\).

  3. (c)

    Zeigen Sie, dass für jedes \(x_{0}\in(-\pi/2,\pi/2)\) die Tangente der Lösung aus (b) eine der Geraden aus (a) ist. Man nennt die Lösung aus (b) auch die Einhüllende der Geraden aus (a).

  4. (d)

    Wie viele verschiedene stetig differenzierbare Lösungen gibt es für eine Anfangswertvorgabe \(y(x_{0})=y_{0}\), \(y_{0}> 0\), mit \(x_{0}\in(-\pi/2,\pi/2)\)?

13.5

•• Das Anfangswertproblem

$$\displaystyle y^{\prime}(x)=1-x+y(x),\qquad y(x_{0})=y_{0}$$

soll mit dem Euler-Verfahren numerisch gelöst werden. Ziel ist es, zu zeigen, dass die numerische Lösung für \(h\to 0\) in jedem Gitterpunkt gegen die exakte Lösung konvergiert.

  1. (a)

    Bestimmen Sie die exakte Lösung \(y\) des Anfangswertproblems.

  2. (b)

    Mit \(y_{k}\) bezeichnen wir die Approximation des Euler-Verfahrens am Punkt \(x_{k}=x_{0}+kh\). Zeigen Sie, dass

    $$\displaystyle y_{k}=(1+h)^{k}(y_{0}-x_{0})+x_{k}.$$
  3. (c)

    Wir wählen \(\hat{x}> x_{0}\) beliebig und setzen die Schrittweite \(h=(\hat{x}-x_{0})/n\) für \(n\in\mathbb{N}\). Die Approximation des Euler-Verfahrens am Punkt \(x_{n}=\hat{x}\) ist dann \(y_{n}\). Zeigen Sie

    $$\displaystyle\lim_{n\to\infty}y_{n}=y(\hat{x}).$$

2.2 Rechenaufgaben

13.6

• Berechnen Sie die allgemeinen Lösungen der folgenden Differenzialgleichungen.

  1. (a)

    \(y^{\prime}(x)=x^{2}\,y(x)\), \(x\in\mathbb{R}\),

  2. (b)

    \(y^{\prime}(x)+x\,(y(x))^{2}=0\), \(x\in\mathbb{R}\),

  3. (c)

    \(x\,y^{\prime}(x)=\sqrt{1-(y(x))^{2}}\), \(x\in\mathbb{R}\).

13.7

•• Berechnen Sie die Lösungen der folgenden Anfangswertprobleme.

  1. (a)

    \(u^{\prime}(x)=\dfrac{x}{3\,\sqrt{1+x^{2}}\,(u(x))^{2}}\), \(x> 0\), \(u(0)=3\)

  2. (b)

    \(u^{\prime}(x)=-\dfrac{1}{2x}\dfrac{(u(x))^{2}-6u(x)+5}{u(x)-3}\), \(x> 1\), \(u(1)=2\).

13.8

••• Bestimmen Sie die Lösung des Anfangswertproblems aus der Anwendung von S. 474,

$$\begin{aligned}\displaystyle\sqrt{1+(y^{\prime}(x))^{2}}+c\,x\,y^{\prime\prime}(x)&\displaystyle=0,\quad x\in(A,0),\\ \displaystyle y(A)=y^{\prime}(A)&\displaystyle=0,\end{aligned}$$

mit Konstanten \(c> 0\) mit \(c\neq 1\) und \(A<0\). Welchen qualitativen Unterschied gibt es in der Lösung für \(c<1\) bzw. für \(c> 1\)?

13.9

• Bestimmen Sie die allgemeine Lösung der linearen Differenzialgleichung erster Ordnung

$$\displaystyle u^{\prime}(x)+\cos(x)\,u(x)=\frac{1}{2}\,\sin(2x),\quad x\in(0,\pi).$$

13.10

•• Bestimmen Sie die allgemeine Lösung der Differenzialgleichung

$$\displaystyle u^{\prime}(x)=\frac{1}{2x}\,u(x)-\frac{1}{2u(x)},\quad x\in(0,1).$$

Welche Werte kommen für die Integrationskonstante in Betracht, wenn nur reellwertige Lösungen infrage kommen sollen?

13.11

•• Bestimmen Sie die allgemeine Lösung der Differenzialgleichung

$$\displaystyle y^{\prime}(x)=1+\frac{(y(x))^{2}}{x^{2}+x\,y(x)},\quad x> 0.$$

13.12

•  Bestimmen Sie die allgemeine reellwertige Lösung der Differenzialgleichung

$$\displaystyle y^{\prime\prime\prime}(x)+2y^{\prime\prime}(x)+2y^{\prime}(x)+y(x)=0,\quad x\in\mathbb{R}.$$

13.13

•• Bestimmen Sie die allgemeine Lösung der inhomogenen linearen Differenzialgleichung

$$\displaystyle y^{\prime\prime\prime}(x)+3y^{\prime\prime}(x)+3y^{\prime}(x)+y(x)=x+6\mathrm{e}^{-x},\quad x\in\mathbb{R}.$$

13.14

•• Gegeben ist die Differenzialgleichung

$$\displaystyle y^{\prime\prime}(x)-2y^{\prime}(x)+2y(x)=\mathrm{e}^{2x}\sin x,\quad x\in\mathbb{R}.$$
  1. (a)

    Bestimmen Sie die allgemeine Lösung des homogenen Problems.

  2. (b)

    Bestimmen Sie eine partikuläre Lösung des inhomogenen Problems.

  3. (c)

    Lösen Sie das Anfangswertproblem mit \(y(0)=3/5\), \(y^{\prime}(0)= 1\).

13.15

•• Bestimmen Sie die allgemeine Lösung der Euler’schen Differenzialgleichung dritter Ordnung

$$\displaystyle u^{\prime\prime\prime}(x)-\frac{2}{x}\,u^{\prime\prime}(x)+\frac{5}{x^{2}}\,u^{\prime}(x)-\frac{5}{x^{3}}\,u(x)=0,\quad x> 0.$$

13.16

•• Bestimmen Sie die Lösung des Anfangswertproblems

$$\displaystyle(1+x^{2})\,u^{\prime\prime}(x)-(1-x)\,u^{\prime}(x)-u(x)=8x^{3}-3x^{2}+6x-1,$$

\(x\in\mathbb{R}\), mit \(u(0)=0,\quad u^{\prime}(0)=1\).

13.17

•• Gegeben ist das Anfangswertproblem

$$\displaystyle u^{\prime\prime}(x)+2xu^{\prime}(x)-u(x)=(1+x+x^{2})\,\mathrm{e}^{x},\quad x\in\mathbb{R}.$$

mit \(u(0)=0\) und \(u^{\prime}(0)=1/2\), das durch einen Potenzreihenansatz

$$\displaystyle u(x)=\sum_{n=0}^{\infty}a_{n}x^{n}$$

gelöst werden kann.

  1. (a)

    Bestimmen Sie eine Rekursionsformel für die Koeffizienten \(a_{n}\).

  2. (b)

    Zeigen Sie

    $$\displaystyle a_{n}=\frac{1}{2}\frac{1}{(n-1)!},\quad n\geq 1,$$

    und geben Sie die Lösung des Anfangswertproblems in geschlossener Form an.

13.18

•• Um \(x_{0}=1\) sind Lösungen der Differenzialgleichung

$$\displaystyle x\,u^{\prime\prime}(x)+(2+x)\,u^{\prime}(x)+u(x)=0$$

in Potenzreihen entwickelbar. Bestimmen Sie diese Potenzreihe für den Fall \(u(1)=-u^{\prime}(1)=1\) und geben Sie den Konvergenzbereich der Reihe an.

13.19

••• Bestimmen Sie die allgemeine Lösung der Differenzialgleichung

$$\displaystyle x^{2}y^{\prime\prime}(x)+x^{2}y^{\prime}(x)-2y(x)=0$$

mit einem erweiterten Potenzreihenansatz

$$\displaystyle y(x)=\sum_{k=0}^{\infty}a_{k}\,x^{k+\lambda}\quad\text{mit }a_{0}\neq 0,\,\lambda\in\mathbb{R}.$$

2.3 Anwendungsprobleme

13.20

•• In einem einfachen Infektionsmodell wird die Rate, mit der Anteil \(I\) der Infizierten in einer Population (\(0< I< 1\)) steigt, proportional zu den Kontakten zwischen Infizierten und Nichtinfizierten angesetzt.

  1. (a)

    Stellen Sie eine Differenzialgleichung auf, die diesen Sachverhalt beschreibt. Bestimmen Sie den Typ der Differenzialgleichung und berechnen Sie die Lösung für die Anfangsbedingung \(I(0)=I_{0}\) an.

  2. (b)

    Erweitern Sie das Modell, indem Sie eine Heilungsrate proportional zu \(I\) ansetzen. Wie ändert sich das Lösungsverhalten der Differenzialgleichung? Welche Gleichgewichtszustände (\(I^{\prime}(t)=0\)) gibt es?

13.21

•• Ein Balken der Länge \(L=3\,\mathrm{m}\) mit rechteckigem Querschnitt von der Höhe \(h=0.1\,\mathrm{m}\) und der Breite \(b=0.06\,\mathrm{m}\) wird an seinen Endpunkten gelagert und belastet. Setzen wir den Ursprung in den Mittelpunkt des Balkens, so gelten für die Durchbiegung \(w\) die Randbedingungen

$$\begin{aligned}\displaystyle w\left(-\frac{L}{2}\right)&\displaystyle=w\left(\frac{L}{2}\right)=0\,\mathrm{m},\\ \displaystyle w^{\prime\prime}\left(-\frac{L}{2}\right)&\displaystyle=w^{\prime\prime}\left(\frac{L}{2}\right)=0\,\mathrm{m}^{-1}.\end{aligned}$$

Das Elastizitätsmodul des Materials ist \(E=10^{10}\,\mathrm{N}/\mathrm{m}^{2}\), ein typischer Wert für einen Holzbalken.

  1. (a)

    Wir belasten den Balken durch eine konstante Last \(q=300\,\mathrm{N}/\mathrm{m}\). Die Durchbiegung genügt also der Differenzialgleichung

    $$\displaystyle E\,I\,w^{\prime\prime\prime\prime}(x)=q,\quad x\in\left(-\frac{L}{2},\frac{L}{2}\right),$$

    wobei \(I\) das Flächenträgheitsmoment des Balkens angibt. Bestimmen Sie \(w\).

  2. (b)

    Wirkt an einer einzigen Stelle des Balkens eine Kraft, so kann man die Durchbiegung mithilfe der Querkraft \(Q\) beschreiben. Wirkt an der Stelle \(x_{0}=0\,\mathrm{m}\) eine Kraft von \(300\,\mathrm{N}\), so verwendet man die Differenzialgleichung

    $$\displaystyle E\,I\,w^{\prime\prime\prime}(x)=Q(x),\quad x\in\left(-\frac{L}{2},\frac{L}{2}\right),$$

    mit

    $$\displaystyle Q(x)=\begin{cases}-150\,\mathrm{N},&x<x_{0},\\ 150\,\mathrm{N},&x\geq x_{0}.\end{cases}$$

    Bestimmen Sie auch in diesem Fall \(w\).

13.22

• Eine Masse von \(5\,\mathrm{kg}\) dehnt eine Feder um \(0.1\,\mathrm{m}\). Dieses System befindet sich in einer viskosen Flüssigkeit. Durch diese Flüssigkeit wirkt auf die Masse bei einer Geschwindigkeit von \(0.04\,\mathrm{m}/\mathrm{s}\) eine bremsende Kraft von \(2\,\mathrm{N}\). Es wirkt eine äußere Kraft \(F(t)=2\,\cos(\omega t)\,\mathrm{N}\), \(t> 0\), \(\omega\in\mathbb{R}\). Für die Erdbeschleunigung können Sie \(g=10\,\mathrm{m}/\mathrm{s}^{2}\) annehmen.

  1. (a)

    Stellen Sie die zugehörige Differenzialgleichung auf und bestimmen Sie deren allgemeine Lösung.

  2. (b)

    Ein Summand in der Lösung, man nennt ihn auch die stationäre Lösung, gibt das Verhalten des Systems für große Zeiten wieder. Diese ist unabhängig von den Anfangsbedingungen.

    Schreiben Sie die stationäre Lösung in der Form

    $$\displaystyle A(\omega)\,\cos(\omega\,t-\delta),$$

    und bestimmen Sie dasjenige \(\omega\), für das die Amplitude \(A(\omega)\) maximal ist.

13.23

•• Implementieren Sie das klassische Runge-Kutta-Verfahren der 4. Stufe in Matlab®. Verifizieren Sie Ihr Programm, indem Sie das Beispiel von S. 482 nachrechnen.

Antworten der Selbstfragen

Antwort 1

Die Funktionen aus (b) und (c) sind Lösungen.

Antwort 2

(a) und (c) sind separabel, die anderen beiden nicht.

Antwort 3

Die Gleichung lautet \(c^{\prime}(x)=2x\,\exp(x^{2})\).

Antwort 4

Es sollte \(y(x)=1/u(x)\) substituiert werden.

Antwort 5

Die Nullstellen des charakteristischen Polynoms sind \(-2\), \(\mathrm{i}\) und \(-\mathrm{i}\). Damit tritt bei jeder rechten Seite der Form

$$\displaystyle f(x)=c_{1}\,\exp(-2x)+c_{2}\,\exp(\mathrm{i}x)+c_{3}\,\exp(-\mathrm{i}x)$$

mit \(c_{1}\), \(c_{2}\), \(c_{3}\in\mathbb{C}\), bzw. im Reellen für

$$\displaystyle f(x)=c_{1}\,\exp(-2x)+c_{2}\,\cos(x)+c_{3}\,\sin(x)$$

mit \(c_{1}\), \(c_{2}\), \(c_{3}\in\mathbb{R}\), Resonanz auf, denn dies sind gerade die Lösungen der zugehörigen homogenen Gleichung.

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Arens, T., Hettlich, F., Karpfinger, C., Kockelkorn, U., Lichtenegger, K., Stachel, H. (2018). Differenzialgleichungen – Zusammenspiel von Funktionen und ihren Ableitungen. In: Mathematik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56741-8_13

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