Zusammenfassung
Als Iokaste-Komplex bezeichnet man inzestuöse Wünsche der Mutter dem Sohn gegenüber, die im verführerischen Verhalten der Mutter ihren Ausdruck finden. Einige Psychoanalytiker betrachten den so definierten „Iokaste-Komplex“ als Bestandteil „der Gruppe der Ödipus-Komplexe“. Als Iokaste-Komplex wird aber auch ein bei der Mutter bestehenden „Affekthunger“ bzw. eine „emotionale Entbehrung“ definiert, die dazu führe, dass sie eine Form von intensiver, enger, bindender, intimer, exklusiver Symbiose zu ihrem Kleinkind entwickele, welche sich auch nach dem ersten Jahr in pathologischer Form fortsetze. Dies beeinträchtige den Separations- und Individualisationsprozess des Kindes und seine Entwicklung zu Autonomie und eigenständiger Identität. Als klassisches Beispiel dafür gelte das Renaissance-Genie Michelangelo. Die Untersuchung der mythologischen Quellen rechtfertigt die genannten – oder ähnliche – psychoanalytischen Theorien jedoch nicht.
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- 1.
So beginnt die französische Psychoanalytikerin Christiane Olivier das erste Kapitel ihres Buches „Jokastes Kinder“, S. 11.
- 2.
So eine gängige deutsche Übersetzung des Originals, hier durch Wilhelm Willige.
- 3.
So etwa Christiane Olivier S. 11–12.
- 4.
Ebenda.
- 5.
Sophokles: „König Ödipus“, V. 1373. S. auch Erläuterung im vorigen Kapitel, Abschnitt: „Das verblendende Wunschdenken“.
- 6.
Im 11. Gesang der „Odyssee“ (V. 271). S. auch Erläuterung im vorigen Kapitel, Abschnitt: „Wie Sigmund Freuds Komplex den Namen des Königs bekam“.
- 7.
So lautet in etwa die Formulierung des vermutlich ersten Beschreibers des Komplexes, Raymond de Saussure, der ihn als einen Teil des Ödipus-Komplexes definiert. So ähnlich versteht ihn auch der uns schon bekannte Georges Devereux, der den Iokaste-Komplex – wie auch den Laios-Komplex – als komplementär zum Ödipus-Komplex deklariert in: „Träume in der griechischen Tragödie“, S. 141.
- 8.
Die hier namentlich genannten Komplexe sind in nachfolgenden Kapiteln zu finden.
- 9.
So etwa Georges Devereux (1953,1985).
- 10.
Ebenda.
- 11.
Nach der Übersetzung der Odyssee durch Thassilo von Scheffer.
- 12.
Ich denke, dass gerade diese Haltung Iokastes mäßigend wirkend sollte auf die scharfe Kritik, die auch exzellente Kenner der Sophokles-Tragödie gegen Iokaste üben. Paradigmatisch seien an dieser Stelle Autoren genannt, die ein genaues und vertieftes Wissen von Sophokles Tragödie haben, etwa Klaus Schlagmann oder Micha Hilgers.
- 13.
So Chistiane Olivier (für beide Thesen).
- 14.
Angeklagt wird Iokaste von vielen, auch von Autoren, die ein vertieftes Wissen von Sophokles Tragödie haben, wie die zwei oben zitierten vielwissenden Ankläger Schlagmann und Hilgers.
- 15.
Mit den Worten Homers (Odyssee,11. Gesang, V. 276).
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Marneros, A. (2018). Der Iokaste-Komplex. In: Warum Ödipus keinen Ödipus-Komplex und Adonis keinen Schönheitswahn hatte. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56731-9_3
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