Für ein umfassendes geriatrisches Gesundheitsmanagement ist eine ganze Reihe von gesetzlichen Grundlagen relevant. Neben der medizinischen Versorgung sind auch verschiedene Bereiche aus der Sozialgesetzgebung zu beachten. In diesem Kapitel sollen nur die für die Arbeit mit geriatrischen Patienten besonders wichtigen Grundlagen aus dem SGB V, dem SGB IX und dem Betreuungsrecht beschrieben werden.

4.1 Gesetzliche Krankenversicherung: SGB V (primäre Gesundheitsversorgung)

Die geriatrischen Prinzipien eines ganzheitlichen und nachhaltigen Gesundheitsmanagements sind schon in den einschlägigen Paragraphen des Sozialgesetzbuches V niedergelegt. Besondere Relevanz hat hier der § 39, der ausdrücklich auch die Begriffe „teilstationäre Versorgung“ (Tagesklinik), Frührehabilitation und Entlassmanagement einschließt:

§ 39 SGB V

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre oder stationsäquivalente Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams. Sie entspricht hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung.

Stand: 17.08.2017

4.1.1 Teilstationäre Behandlung

Hier wird das auch in der Geriatrie vertretene Prinzip „teilstationär vor vollstationär“ ausdrücklich gesetzlich festgelegt. Ein eigentlich erforderliches System, das neben Kliniken auch Tageskliniken flächendeckend einschließt, gibt es nur in wenigen medizinischen Bereichen, besonders aber in der Geriatrie (Kap. 13).

4.1.2 Frührehabilitation, Heil- und Hilfsmittel

4.1.2.1 Frührehabilitation

Auch das geriatrische Postulat der ganzheitlichen Therapie schon zu Beginn der klinischen Behandlung wird hier ausdrücklich festgeschrieben. Frührehabilitation bedeutet, dass alle medizinischen Maßnahmen während des gesamten Krankenhausaufenthaltes im Rahmen einer Komplexbehandlung auch rehabilitativ interpretiert werden sollen. Auch dieses Prinzip wird außerhalb der Geriatrie nur in wenigen Kliniken konsequent umgesetzt.

4.1.2.2 Heilmittel

Unter „Heilmitteln“ ist in diesem Kontext eine therapeutische Versorgung insbesondere in den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie, Sprachtherapie und Psychologie zu verstehen. Das geriatrische multiprofessionelle Team ist also geradezu als Beispiel einer ganzheitlichen Versorgung im Sinne dieses Paragraphen zu verstehen.

4.1.2.3 Hilfsmittel

Die Versorgung mit Hilfsmitteln stellt einen integralen Bestandteil der auch rehabilitativen Versorgung betroffener Patienten dar. Entsprechende Kompetenzen sind also in allen klinischen Bereichen zu fordern. Hilfsmittel müssen prinzipiell ärztlich verordnet werden. Eine reguläre Ausbildung im relativ komplizierten Bereich der Hilfsmittelverordnung ist aber nur in wenigen medizinischen Bereichen organisiert. Nähere Ausführungen hierzu, auch zu den entsprechenden Paragraphen, gibt es im Kap. 19.2.

4.1.2.4 Patientenüberleitung von der stationären (oder teilstationären) in die ambulante Versorgung

§ 39 SGB V(1a)

Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen.

Stand: 17.8.2017

Das in der Geriatrie erforderliche nachhaltige Gesundheitsmanagement wird nur wirksam, wenn die in der Klinik erarbeiteten Strategien im ambulanten Bereich kongenial weitergeführt werden. Der neu gefasste Abs. 1a des Paragraf 39 SGB V hat diese vor allem in der Geriatrie geltende Logik für alle Patienten definiert.

4.1.3 Geriatrische Rehabilitation

Von der geriatrischen Komplexbehandlung einschließlich einer Frührehabilitation muss die medizinische Rehabilitation bei geriatrischen Patienten nach § 40 SGB V abgegrenzt werden.

§ 40 SGB V: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c besteht; dies schließt mobile Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen ein. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu erbringen.

(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 37 Absatz 3 des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht; für pflegende Angehörige kann die Krankenkasse unter denselben Voraussetzungen stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht.

Stand: 17.8.2017

Das Nebeneinander der Frührehabilitation nach § 39 SGB V und der medizinischen Rehabilitation nach § 40 SGB V stellt ein ungelöstes Problem der geriatrischen Versorgung in Deutschland dar. Es gibt also die geriatrische Komplexbehandlung in Kliniken, die in den Bettenbedarfsplan aufgenommen wurde, ebenso wie in geriatrischen Rehabilitationskliniken. Die Regeln hierfür und die Strukturen sind in jedem Bundesland unterschiedlich, da die Gesundheitsversorgung durch die Bundesländer organisiert wird.

Prinzipiell wird in beiden stationären Versorgungsformen die geriatrische Medizin ähnlich interpretiert, in der Rehabilitationsklinik muss jedoch vor Aufnahme des Patienten ein entsprechender Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Die geriatrischen Rehabilitationskliniken berichten hier immer wieder über Verzögerungen und Reibungsverluste.

In den Bundesländern, in denen die klinische Geriatrie überwiegend in Kliniken der Grund- und Regelversorgung organisiert ist, wird eine „in der Regel Fall-abschließende“ Behandlung postuliert. Eine nach einem Aufenthalt in diesen Krankenhäusern weiter erforderliche Rehabilitation ist prinzipiell möglich. Sie sollte allerdings die Ausnahme darstellen und muss in jedem Einzelfall besonders begründet werden.

Daneben findet auch in der geriatrischen Tagesklinik nach § 39 SGB V eine Komplexbehandlung einschließlich Rehabilitation statt.

Eine geriatrische Rehabilitation nach § 40 SGB V ist dagegen auch in anderen Strukturen möglich wie zum Beispiel der mobilen Rehabilitation (Kap. 7.7) und der ambulanten Rehabilitation.

Die Grundlagen der Rehabilitation sind im SGB IX zusammengefasst.

4.2 SGB IX: Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen

Das SGB IX stellt die Umsetzung des ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) der Weltgesundheitsorganisation in deutsches Recht dar. Das SGB IX stellt sicher, dass das Recht auf Rehabilitation und Teilhabe jederzeit in Anspruch genommen und notfalls eingeklagt werden kann! Es regelt grundsätzlich das Recht auf Rehabilitation und wird dann in anderen Büchern des Sozialgesetzbuches (beispielsweise § 39 und § 40 SGB V) konkretisiert.

§ 1 SGB IX Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft

Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder sowie Menschen mit seelischen Behinderungen oder von einer solchen Behinderung bedrohter Menschen Rechnung getragen.

§ 2 SGB IX Behinderung

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

§ 4 SGB IX Leistungen zur Teilhabe

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,

4. die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Stand: 17.7.2017

Jahrzehntelang war in Deutschland die Rehabilitation eine Leistung, die ausschließlich von der Rentenversicherung und den Berufsgenossenschaften angeboten wurde. Dabei stand die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ganz im Vordergrund. Ein individuelles Recht auf Rehabilitation im Sinne einer Wiederherstellung der persönlichen Fähigkeiten war nicht vorgesehen. Insofern war Rehabilitation für ältere Menschen kein Thema. Ebenso waren Frauen, die nicht im Berufsleben standen, und Kinder von dieser Leistung ausgenommen.

Erst mit dem Rehabilitationsangleichungsgesetz von 1974 wurde Rehabilitation als individuelles Recht für den einzelnen Betroffenen anerkannt. Damit wurden auch die Krankenkassen zu Rehabilitationsträgern und mussten sich entsprechende Kompetenzen aneignen. Allerdings zeigte sich recht schnell, dass die übliche Vorgehensweise für Rehabilitationsmaßnahmen, nämlich in speziellen Rehabilitationskliniken, für ältere Menschen weniger geeignet war. Eine Therapie oft in großer Entfernung von der häuslichen Umgebung und losgelöst von den Angehörigen warf neue Probleme auf. Eine wohnortnahe Rehabilitation erwies sich bei geriatrischen Patienten als wirksamer, weil sie sich viel stärker an ihren individuellen Bedürfnissen ausrichtete.

In diesem Sinne ist der § 8 SGB IX zu verstehen, der den Betroffenen ein Wunsch- und Wahlrecht bei der Entscheidung über die Rehabilitationsform zugesteht. Je nach der komplexen Gesamtsituation können so auch moderne Verfahren gewählt werden, wie die Tagesklinik oder die Mobile Rehabilitation.

Wie im Kapitel geriatrische Rehabilitation ausgeführt spielt die Auswahl des optimalen Rehabilitationsverfahrens gerade bei älteren Patienten eine große Rolle. Das „Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten“ ist in vielen Fällen auch entscheidend für eine positive Therapiemotivation und damit für den Behandlungserfolg.

§ 8 SGB IX Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten

(1) Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 des Ersten Buches. Den besonderen Bedürfnissen von Müttern und Vätern mit Behinderungen bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen von Kindern mit Behinderungen wird Rechnung getragen.

Stand: 17.7.2017

4.3 Pflegeversicherung

Schwere Erkrankungen führen nicht selten zu einer Einschränkung der Autonomie, die in eine Pflegebedürftigkeit mündet. Die Organisation fremder Hilfe ist in den meisten Fällen mit einem hohen logistischen und finanziellen Aufwand verbunden. Noch vor 20 Jahren kam es dann oft dazu, dass pflegebedürftige Menschen nach einiger Zeit ihre gesamten finanziellen Reserven aufgebraucht hatten und dann auf soziale Transferleistungen angewiesen waren.

Die Pflegeversicherung, die 1994 in das Sozialgesetzbuch aufgenommen wurde (SGB IX), ist in der Lage, ein Teil dieser Kosten übernehmen. Es handelt sich allerdings immer um eine „Teilkasko-Leistung“. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient seine Ersparnisse aufbrauchen muss, ist aber seitdem deutlich geringer geworden.

Leistungen der Pflegeversicherung müssen vom Betroffenen beantragt werden, falls erforderlich von einem Betreuer oder einer anderen Person, die der Antragsteller bevollmächtigt hat. Es erfolgt dann eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen. Die Begutachtung findet in der Regel in der Wohnumgebung des Betroffenen statt. In besonders gelagerten Fällen kann auch die Einstufung nach Aktenlage erfolgen oder eine Begutachtung in einer anderen Umgebung (beispielsweise in einer Klinik) stattfinden.

4.4 Pflegebedürftigkeit

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wurde 2017 durch den Gesetzgeber völlig neu definiert. Ein besonderer Akzent wurde auf die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Menschen gelegt. Somatische und psychische Krankheiten wurden in dieser Neufassung weitgehend gleich berücksichtigt.

In der älteren Einteilung gab es drei Pflegestufen, diese wurden jetzt durch fünf Pflegegrade abgelöst. Menschen mit Pflegebedarf, die am 31.12.2016 eine anerkannte Pflegestufe hatten, wurden automatisch in das neue System übernommen. Eine neue Begutachtung war nicht erforderlich. Sie erhielten dann Leistung mindestens im selben Umfang wie vorher.

§ 14 SGB XI Begriff der Pflegebedürftigkeit

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1. Mobilität: …

2. kognitive und kommunikative Fähigkeiten: …

3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: …

4. Selbstversorgung: …

5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: …

6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: …

Stand: 18.7.2017

Die neue Logik der Pflegebedürftigkeit stellt einen wesentlichen Fortschritt in der ganzheitlichen Wahrnehmung insbesondere von multimorbiden Patientin dar. Insofern sind die Belange geriatrischer Patienten in Bezug auf ihre Lebensqualität deutlich besser berücksichtigt.

Mit dem Pflegestärkungsgesetz II wurde ab dem 1.1.2017 ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt. Die Neudefinition des Pflegedürftigkeitsbegriffs wird die Pflegeversicherung künftig an einem umfassenderen Verständnis von Pflegebedürftigkeit ausrichten. Das Verständnis ist charakterisiert durch eine Sichtweise, die das Ausmaß der Selbstständigkeit jedes pflegebedürftigen Menschen erkennbar macht. Es wird zu einem Systemwechsel kommen von der Pflegestufe hin zum Pflegegrad. Auch die gesetzlichen Leistungsansprüche werden an das neue System angepasst bzw. verändert werden.

4.5 Betreuungsrecht

Relativ häufig wird das therapeutische Team in der Geriatrie mit der Frage konfrontiert, ob ein Patient noch in der Lage ist, für sich selber Entscheidungen zu treffen. Insbesondere psychische Erkrankungen wie Demenz und Delir können mit erheblichen Problemen der Urteilsfähigkeit einhergehen. In diesen Fällen ist es wichtig, den betroffenen Patienten eine Person zur Seite zu stellen, die seine Interessen vertritt. Im Gegensatz zum früher gebrauchten Begriff der Vormundschaft geht es bei der Betreuung darum, das Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Menschen so weit wie möglich zu wahren. Der Betreuer ist verpflichtet, die Wünsche des Betreuten zu beachten und nur in den Punkten Entscheidung zu treffen, die ihn überfordern.

Die rechtlichen Grundlagen für eine Betreuung sind im Bürgerlichen Gesetzbuch zu finden:

§ 1896 BGB Voraussetzungen für Betreuung

(1) Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Soweit der Volljährige aufgrund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.

In der gerichtlichen Betreuungsverfügung sind in der Regel folgende Punkte aufgeführt:

  • Person des Betreuers

  • Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers

  • Dauer der Betreuung

Die Bestellung eines Betreuers ist dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene eine Person seines Vertrauens beispielsweise in einer Vorsorgevollmacht bestimmt hat.

Die Definition des Aufgabenkreises erfolgt in jedem Fall individuell. Häufig aufgeführte Bereiche sind:

  • Vermögensangelegenheiten

  • Gesundheitsangelegenheiten

  • Aufenthalt

Einige Entscheidungen bedürfen in jedem Fall die Einwilligung des Gerichtes, dazu gehören:

  • Kündigung eines Mietverhältnisses

  • Kauf und Verkauf eines Grundstücks

  • Kreditaufnahme (dazu gehört auch die Überziehung eines Girokontos!)

  • Arbeitsverträge

Die Grundlage der Entscheidung des Gerichtes bildet in jedem Fall ein ärztliches Gutachten, das bestimmte Punkte enthalten soll:

  • Zugrunde liegende Krankheiten

  • Zu erwartende Dauer der erforderlichen Betreuung

  • Notwendige Bereiche

  • Angabe, ob eine Person aus dem persönlichen Umfeld des Betroffenen bekannt ist, die die Betreuung übernehmen könnte. Hierfür kommen insbesondere der Ehepartner oder die Kinder infrage.

Das Gericht ist verpflichtet, in der Regel vor der Entscheidung den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen.

Auch für mögliche Probleme in der Betreuungssache, beispielsweise, wenn der Betreuer offensichtlich nicht die Belange des Betreuten vertritt, müssen mit dem Gericht kommuniziert werden. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Betreuung nicht mehr erforderlich ist.