Zusammenfassung
Oli ist ein erfahrener Notarzt und routinierter Intensivmediziner – schon immer empfindet er die Arbeit mit den akutmedizinischen Patienten als großes Privileg. Er empfindet seine Tätigkeit als große Herausforderung, der er sich aber gerne und mit Leidenschaft bzw. Passion stellt. Eines späten Abends bekommt er als Freelancer Notarzt den Auftrag bodengebunden eine Patientin von einem peripheren Krankenhaus ins Zentrum zu verlegen. Im abgebenden Krankenhaus bekomme Oli eine gut achtzigjährige Ordensschwester vorgestellt, die neben einer ganze Latte an schwer wiegenden Vorerkrankungen nun einen abdominellen Aortenverschluss erlitten hat. Beide Beine sind marmoriert und kalt, es lässt sich keine Durchblutung mehr nachweisen. In Oli’s Augen bzw. mit seinem klinischen Blick ist in Zusammenschau mit den Vorerkrankungen incl. einer Schlaganfallsymptomatik seit zwei Tagen die Prognose infaust und die Patientin bereits sterbend. Sie ist maximal schmerzgeplagt und ängstlich. Die Schwester-Oberin ist als Vorsorgebevollmächtigte zusammen mit einer weiteren Ordensschwester anwesend. Die unerfahrene Dienstärztin der Inneren Medizin Jenny hat mit dem Gefäßchirurgen im Zentrum die Übernahme zur notfallmäßigen offen-chirurgischen Versorgung besprochen. Obwohl die Kollegin drängt bittet Oli Alle bis auf die Patientin und die beiden sichtlich besorgten Ordensschwestern aus dem Patientenzimmer. Er erklärt ruhig und gefasst, dass er als Transportbegleitung hinzugerufen wurde, sich aber größte Sorgen mache, ob das geplante Procedere mit dem hohen perioperativen Risiko überhaupt im Sinne der Patientin sei. Die beiden betreuenden Ordensschwestern sind schockiert über den hohen Leidensdruck ihrer Mitschwester und möchten alle Massnahmen der Linderung in Anspruch nehmen. Ausführlich erläutert Oli gestützt auf seine klinische Erfahrung mit ähnlich gelagerten Fällen das vorgesehene Procedere mit dem damit verbundenen hohen Risiko des perioperativen Versterbens. Die Schwestern bringen im Namen ihrer Mitschwester, welche bereits somnolent und somit nicht mehr kontaktierbar ist, den Wunsch der Leidenslinderung zum Ausdruck. Oli erläutert daraufhin die Möglichkeit der Therapiezieländerung hin zu einer palliativen Zielsetzung und durchgehenden geistlichen Betreuung durch die Mitschwestern. Diese zeigen sich erleichtert und sind sich sicher, dass auch die Patientin diesen Wunsch hätte, wenn sie noch selbständig entscheiden könnte.
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Weiterführende Literatur
Gawande: Sterblich sein, 1. Aufl. S. Fischer
Flin R, O’Connor P, Chrichton M (2008): Safety at the sharp end. Ashgate, Farnham
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Ahne, T., Mayer Scarnato, W. (2019). Das Gefühl der Machtlosigkeit. In: Komplikationen in der Notfallmedizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56475-2_28
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