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Finitismus

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Zusammenfassung

Der große deutsche Mathematiker David Hilbert (1862–1943) suchte nach einer Auflösung des festgefahrenen Konflikts zwischen der klassischen Mathematik und dem Intuitionismus. Für dieses Ziel arbeitete er ein umfangreiches Programm aus, in welchem zahlreiche philosophische sowie mathematische Ideen entwickelt und miteinander verknüpft wurden.

Wir beginnen am besten mit der Frage, welche Aspekte der klassischen Mathematik und des Intuitionismus Hilbert in Einklang bringen wollte. Hilbert hätte keine Lösung für die Grundlagen der Mathematik akzeptiert, die die Reichweite der Mathematik beschränkt hätte. Er wollte also den praktizierenden Mathematiker in seinem Vertrauen in die Verwendung fundamentaler Schlussregeln nicht stören; insbesondere der Satz vom ausgeschlossenen Dritten und jegliche Schlüsse, die hierauf beruhen, wie die Fallunterscheidung, mussten erhalten bleiben. „Dieses Tertium non datur dem Mathematiker zu nehmen,“ sagte Hilbert „wäre etwa, wie wenn man dem Astronomen das Fernrohr oder dem Boxer den Gebrauch der Fäuste untersagen wollte.“ Außerdem sollte kein Zweifel daran bestehen, dass die klassische Akzeptanz der absoluten Unendlichkeit legitim sei: „Die mathematische Analysis [ist] gewissermaßen eine einzige Symphonie des Unendlichen.“ Hilbert wäre nicht bereit gewesen, eine Rechtfertigung von etwas, was nur einen Teil der Mathematik des alltäglich praktizierenden Mathematikers beinhaltete, gut zu heißen.

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Notes

  1. 1.

    Natürlich gab es auf dem Weg hin zur vollständigen Entfaltung des Hilbertschen Programms, so wie wir es darstellen werden, viele wichtige Zwischenstationen. Wie bereits erwähnt, wollen wir hier aber weniger die Entwicklung beschreiben als vielmehr möglichst anschaulich und auf interessante Weise darstellen, was entwickelt wurde.

  2. 2.

    Hilbert (1928, S. 80).

  3. 3.

    Hilbert (1926, S. 166).

  4. 4.

    Hilbert (1926, S. 171).

  5. 5.

    Hilbert (1922, S. 163).

  6. 6.

    Ebenda.

  7. 7.

    Hilbert (1926, S. 173).

  8. 8.

    Ebenda. Wir werden gleich sehen, warum Hilbert Allaussagen als nicht negationsfähig ansah.

  9. 9.

    Ebenda.

  10. 10.

    Ebenda, S. 175.

  11. 11.

    Ebenda, S. 176, Hervorhebung hinzugefügt.

  12. 12.

    Hilbert sagt teilweise, dass eine Aussage der Form „für ein \(n\) gilt \(P(n)\)“ sinnvoll verwendet werden kann, und zwar als „unvollständige Mitteilung“ einer Aussage, die angibt, wie man ein \(n\) berechnet, für das \(P(n)\) wahr ist. Es gilt aber wieder: Wenn man eine solche Berechnung nicht im Kopf hat, kann man nicht sinnvoll sagen, dass \(P(n)\) „für ein \(n\)“ wahr ist. Siehe Bernays und Hilbert (1934 und 1939, S. 32).

  13. 13.

    Hilbert (1928, S. 73), wir bemerken, à propos unserer zweiten Beobachtung, dass Hilbert Allaussagen als „Mitteilungen“ behandelt, also mutmaßlich als kontingente Aussagen.

  14. 14.

    Siehe beispielsweise den Anhang von Bernays (1930) in Mancosu (1998, S. 263). (Siehe auch Mancosus kurze Besprechung auf S. 167f).

  15. 15.

    Hilbert (1926, S. 179).

  16. 16.

    Hilbert (1928, S. 79).

  17. 17.

    Diese Analogie stammt von Hermann Weyl, siehe Weyl (1998, S. 137).

  18. 18.

    Dieses Zitat stammt aus Hilbert (1918, S. 155).

  19. 19.

    Hilbert (1922, S. 162).

  20. 20.

    Siehe beispielsweise Poincaré (1905) in Ewald (1996).

  21. 21.

    Hilbert (1922, S. 164). Paul Bernays nennt in Über Hilberts Gedanken zur Grundlegung der Arithmetik (1922) das Prinzip des Finitisten „engere Form der Induktion“ und das des klassischen Mathematikers „weitere Form der Induktion“. Aber aus seinem Text geht klar hervor, dass sie unterschiedlich funktionieren, dass jeder direkte Vergleich bezüglich ihrer Stärke unberechtigt wäre (Bernays 1922, S. 18). Siehe auch den vorletzten Paragrafen in Bernays (1923).

  22. 22.

    Genauer beweist \(I\) eigentlich die formale Aussage, die \(Q\) entspricht. Im Folgenden werden wir diesen Unterschied übergehen und einfach von \(Q\) und so weiter sprechen.

  23. 23.

    Hilbert (1928, S. 79).

  24. 24.

    Kreisel (1983, S. 209).

  25. 25.

    Erinnern wir uns, dass der Allquantor hier nicht so verstanden werden kann, dass sein Bereich eine absolut unendliche Menge ist. Die finite Begründung, die gleich im Text folgt, spiegelt dies wider. Der französische Mathematiker Jacques Herbrand (1908–1931) schreibt Folgendes über die finite Begründung einer Allaussage, als er die Begründungsprinzipien beschreibt, die für einen Anhänger Hilberts legitim sind: „Wir betrachten nie die Menge aller Objekte \(x\) einer unendlichen Zusammenfassung; und wenn wir sagen, dass ein Argument (oder ein Satz) für all diese \(x\) wahr ist, dann meinen wir, dass für jedes \(x\), für sich selbst genommen, eine Wiederholung des allgemeinen Argumentes, worum es geht, möglich ist, wobei Letzteres lediglich als der Prototyp dieser einzelnen Argumente angesehen werden sollte“ (On the consistency of arithmetic (1933), in van Heijenoort (1967, S. 622, n. 3)).

  26. 26.

    On formally undecidable propositions of Principia Mathematica and related systems (Gödel und Feferman 1986).

  27. 27.

    Hilbert meinte, dass jede mathematische Wahrheit prinzipiell erkennbar ist; in berühmten Worten erklärte er: „In der Mathematik gibt es kein Ignorabimus“ (Hilbert 1926, S. 180). Hilbert ließ sich sogar auf den Grabstein schreiben „Wir müssen wissen. / Wir werden wissen“ (Reid 1970, S. 220).

  28. 28.

    Auden und Kronenberger (1962).

  29. 29.

    Wenn die Mechanisten richtig liegen und, sagen wir, das formale System PA ein Modell unseres Geistes ist, dann können wir, unter der Annahme, dass wir konsistent sind, nicht schließen, dass \(G_{\text{PA}}\) wahr ist. Wir könnten zwar noch schließen, wenn PA konsistent ist, dann ist \(G_{\text{PA}}\) wahr, denn diese Folgerungsaussage liegt in der Reichweite von PA selbst. Die Widerspruchsfreiheit von PA scheint häufig so unmittelbar mitgedacht zu werden, dass wir uns kaum über die Notwendigkeit dieser Voraussetzung bewusst sind, wenn wir die Wahrheit von \(G_{\text{PA}}\) ermitteln. Für weitere Diskussion, siehe George und Velleman (2000). Um der weiteren Diskussion willen werden wir im Weiteren jedoch voraussetzen, dass wir die Wahrheit von \(G_{\text{PA}}\) verstehen können. Unsere Frage ist nun, was wir aus dieser Tatsache machen sollen.

  30. 30.

    Der Leser mag sich nach wie vor fragen, warum das oben gegebene, informelle, induktive Argument für die Korrektheit von PA in PA nicht formalisiert werden kann. Wenn wir in Kap. 7 zu Satz 7.20 kommen, wird klar werden, warum genau dieses Argument in PA nicht ausgedrückt werden kann.

  31. 31.

    Eine bedeutende und daran anschließende Diskussion findet sich in The philosophical significance of Gödel’s Theorem, in Dummett (1978).

  32. 32.

    Diese Aufgabe basiert auf einer Idee von Smullyan (1982, S. 187f).

  33. 33.

    Diese Aufgabe basiert auf einer Idee von Smullyan (1978, S. 225f).

  34. 34.

    Diese Übung basiert auf einem Paradox, das Bertrand Russell von G. G. Berry mitgeteilt wurde, von der Bodleian Bibliothek an der Oxford-Universität. Man könnte diese Übung mit Übung 7.23 aus Kap. 7 vergleichen.

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George, A., Velleman, D.J. (2018). Finitismus. In: Zur Philosophie der Mathematik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56237-6_6

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