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Zusammenfassung

Starre Körper sind ausgedehnte Objekte ohne innere Freiheitsgrade, die für viele Bereiche der Physik ein wichtiges Modell darstellen. Die in Kap. 2 diskutierten orthogonalen Transformationen führten auf mathematische Gleichungen für die Änderungsgeschwindigkeit eines Vektors in rotierenden Bezugssystemen. Die dort erlernten Methoden werden hier verwendet, um die Dynamik starrer Körper zu beschreiben.

Wir werden sehen, dass die Bewegungsgleichungen starrer Körper zwar eine formale Ähnlichkeit mit dem zweiten Newton’schen Gesetz für Punktmassen aufweisen. Doch sind diese sogenannten Euler-Gleichungen aufgrund des darin auftauchenden Trägheitstensors anspruchsvoller und erlauben eine Vielzahl von Lösungen (z. B. für den symmetrischen oder schweren Kreisel), die teilweise der Intuition zu widersprechen scheinen.

Im Laufe des Kapitels werden Volumenintegrale, Tensoren und die Diagonalisierung von Matrizen diskutiert, die allesamt extrem hilfreiche mathematische Werkzeuge für die gesamte Physik darstellen. Das Gebiet der Kreisel ist sehr weitläufig und kann im Rahmen dieses Lehrbuches nur einführend besprochen werden. So verzichten wir beispielsweise auf eine Diskussion der Dynamik nichtsymmetrischer Kreisel.

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Literatur

  • Arens, T., Hettlich, F., Karpfinger, C., Kockelkorn, U., Lichtenegger, K., Stachel, H.: Mathematik. 2. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg (2012)

    MATH  Google Scholar 

  • Goldstein, H.: Klassische Mechanik. Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden (1981)

    Google Scholar 

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Authors

Corresponding author

Correspondence to Matthias Bartelmann .

Appendices

Aufgaben

Gelegentlich enthalten die Aufgaben mehr Angaben, als für die Lösung erforderlich sind. Bei einigen anderen dagegen werden Daten aus dem Allgemeinwissen, aus anderen Quellen oder sinnvolle Schätzungen benötigt.

• leichte Aufgaben mit wenigen Rechenschritten

•• mittelschwere Aufgaben, die etwas Denkarbeit und unter Umständen die Kombination verschiedener Konzepte erfordern

••• anspruchsvolle Aufgaben, die fortgeschrittene Konzepte (unter Umständen auch aus späteren Kapiteln) oder eigene mathematische Modellbildung benötigen

4.1 • Eigenschaften des Trägheitstensors

Man zeige, dass ein beliebiger Trägheitstensor folgende Eigenschaften besitzt:

  1. (a)

    Alle Trägheitsmomente (Diagonalelemente) sind nichtnegativ.

  2. (b)

    Kein Trägheitsmoment ist größer als die Summe der übrigen beiden.

Lösungshinweis:

Am besten verwendet man zur Lösung der Aufgabe entweder (4.18) oder (4.84).

4.2 • Orthogonalität der Eigenvektoren

Zeigen Sie, dass die Eigenvektoren zu nichtentarteten (ungleichen) Eigenwerten einer symmetrischen Matrix \({\boldsymbol{A}}\) orthogonal sind.

Lösungshinweis:

Zeigen Sie zunächst, dass für zwei Eigenvektoren \({\boldsymbol{v}}_{1}\) und \({\boldsymbol{v}}_{2}\) immer \(({\boldsymbol{A}}{\boldsymbol{v}}_{1})\cdot{\boldsymbol{v}}_{2}=({\boldsymbol{A}}{\boldsymbol{v}}_{2})\cdot{\boldsymbol{v}}_{1}\) gilt. Weitere Eigenschaften von symmetrischen Matrizen werden in Bd. 3, Kap. 3 besprochen.

4.3 •• Berechnung von Trägheitstensoren

Um die Anwendung von Volumenintegralen zu vertiefen, bietet es sich an, die Trägheitstensoren einiger einfacher Objekte mit homogener Massendichte zu bestimmen. Berechnen Sie den Trägheitstensor bezüglich des Schwerpunktes für

  1. (a)

    eine Kugelschale mit Radius \(R\) (Masse \(M\) verteilt auf der unendlich dünnen Kugeloberfläche),

  2. (b)

    einen Zylinder mit Höhe \(H\) und Radius \(R\),

  3. (c)

    einen Hohlzylinder mit Höhe \(H\) und Radius \(R\) (Masse \(M\) verteilt auf der unendlich dünnen Mantelfäche),

  4. (d)

    einen Kreiskegel mit Höhe \(H\) und Basisradius \(R\).

Für welches Verhältnis \(H/R\) handelt es sich bei den letzten drei Beispielen um Kugelkreisel?

Lösungshinweis:

Verwenden Sie jeweils das auf das Problem angepasste Koordinatensystem. Zur Behandlung der Kugelschale und des Hohlzylinders ist es ratsam, die Massendichte durch eine Oberflächenmassendichte \(\sigma({\boldsymbol{x}})={\mathrm{const}}\) zu ersetzen. In der Integration ist dann statt des Volumenintegrals ein Oberflächenintegral bei konstantem Radius \(R\) zu berechnen. Legen Sie für die Berechnung des Kegels den Ursprung zunächst in die Spitze des Kegels. Sie dürfen weiterhin verwenden, dass der Schwerpunkt des Kegels von der Spitze (\(z=0\)) aus gesehen bei \(z=3H/4\) liegt.

4.4 •• Rollender Zylinder

Ein anfänglich ruhender Zylinder rolle eine schiefe Ebene hinunter (Abb. 4.13). Seine Drehachse sei dabei exakt quer zur Neigung ausgerichtet. Der Neigungswinkel der Ebene ist \(\alpha\). Der Zylinder hat eine homogene Dichte, Masse \(M\) und Radius \(R\).

  1. (a)

    Wenn man annimmt, dass der Zylinder rollt und nicht gleitet, welche Relation gilt dann zwischen der Geschwindigkeit \(V\), mit der sich der Schwerpunkt bewegt, und der Winkelgeschwindigkeit \(\omega\) des Zylinders um den Schwerpunkt?

  2. (b)

    Bestimmen Sie die kinetische Energie des Zylinders, die sich aus der Translations- und Rotationsenergie ergibt.

  3. (c)

    Wie groß ist die Komponente der nach unten zeigenden Gravitationskraft \(\lvert{\boldsymbol{F}}_{\mathrm{G}}\rvert=Mg\) entlang der schiefen Ebene?

  4. (d)

    Wie stark wird der Schwerpunkt des Zylinders entlang der schiefen Ebene beschleunigt? Nutzen Sie dazu die Energieerhaltung aus. Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

Abb. 4.13
figure 13figure 13

Ein Zylinder (Radius \(R\) und Masse \(M\)) rollt unter dem Einfluss der Gravitationskraft \({\boldsymbol{F}}_{\mathrm{G}}\) eine schiefe Ebene mit Neigung \(\alpha\) hinunter. Dabei bewegt sich sein Schwerpunkt mit Geschwindigkeit \({\boldsymbol{V}}\), und der Mantel dreht sich mit Winkelgeschwindigkeit \({\boldsymbol{\omega}}\)

Lösungshinweis:

Das Trägheitsmoment des Zylinders bezüglich seiner Symmetrieachse ist \(MR^{2}/2\).

4.5 •• Physikalisches Pendel

Im Gegensatz zu einem mathematischen Pendel (Punktmasse an masselosem Stab oder Schnur) beschreibt ein physikalisches Pendel einen ausgedehnten starren Körper, der an einem Punkt fixiert ist und nur um eine vorgegebene Achse schwingen kann (Abb. 4.14). Man stelle sich einen beliebigen starren Körper mit Trägheitstensor \(\boldsymbol{\Theta}\) bezüglich seines Schwerpunktes vor. Der Fixpunkt liege im Ursprung \(O\) des raumfesten Systems \(\mathcal{S}\), und der Schwerpunkt befinde sich am Ort \({\boldsymbol{X}}(t)\). Die Drehachse sei \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}\) in \(\mathcal{S}\). Es wirke die Schwerkraft \({\boldsymbol{F}}_{\mathrm{G}}=-mg\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\), wobei \(m\) die Gesamtmasse des starren Körpers ist. Der Winkel zwischen \(-{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) und \({\boldsymbol{X}}\) ist \(\alpha\), sodass \(\alpha=0\) der Ruhelage entspricht.

Abb. 4.14
figure 14figure 14

Physikalisches Pendel aus dem Laborsystem \(\mathcal{S}\) beobachtet. Das Pendel ist an einem Punkt \(O\) (Ursprung von \(\mathcal{S}\)) aufgehängt, der Schwerpunkt befindet sich am Ort \({\boldsymbol{X}}\). Durch die Gravitationskraft \({\boldsymbol{F}}_{\mathrm{G}}\) kommt es zu einer Schwingung in der \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{1}\)-\({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\)-Ebene

  1. (a)

    Wie groß ist das Trägheitsmoment des starren Körpers bezüglich der Drehachse und des Fixpunktes?

  2. (b)

    Wie lautet die Drehmomentgleichung in diesem Fall?

  3. (c)

    Lösen Sie die Bewegungsgleichung unter der Annahme, dass der Winkel \(\alpha\) klein ist und deshalb die auftretende trigonometrische Funktion linearisiert werden kann.

  4. (d)

    Würde es die Schwingungsdauer beeinflussen, wenn der starre Körper durch einen anderen starren Körper aus einem anderen Material ersetzt wird, der jedoch exakt dieselbe Form besitzt? Nehmen Sie dabei an, dass die jeweiligen Körper homogen sind.

4.6 ••• Kräftefreier symmetrischer Kreisel

Die Rotation des kräftefreien symmetrischen Kreisels soll genauer untersucht werden.

  1. (a)

    Entwickeln Sie die Figurenachse \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\) nach den Basisvektoren \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{i}\) im raumfesten System \(\mathcal{S}\) und die Drehimpulsachse \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) nach den Basisvektoren \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{i}\) im körperfesten System \(\mathcal{S}^{*}\). Verwenden Sie dazu die Transformationsmatrix \({\boldsymbol{R}}\) in (4.9).

  2. (b)

    Zeigen Sie, dass sowohl \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}^{*}\) in \(\mathcal{S}\) als auch \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) in \(\mathcal{S}^{*}\) präzediert, und geben Sie jeweils die Präzessionsfrequenz an. Beachten Sie dabei die Lösung der Euler-Winkel in (4.147).

  3. (c)

    Begründen Sie anhand der Struktur der Matrix \({\boldsymbol{R}}\), dass beide Frequenzen nicht identisch sind. Wie groß ist ihr Verhältnis? Wie lautet die Bedingung, dass beide Frequenzen identisch sind?

  4. (d)

    Scheinbar kann die Frequenz \(\Upomega^{\prime}\) beliebig groß werden, wenn \(\cos\vartheta\to 0\). Zeigen Sie, dass \(\Upomega^{\prime}=L/\Theta\) ist, und begründen Sie damit, warum \(\Upomega^{\prime}\) stets endlich bleibt.

  5. (e)

    Mit den erhaltenen Zwischenergebnissen ist es relativ leicht, die Gültigkeit von (4.128) zu zeigen: Berechnen Sie die Komponenten der Winkelgeschwindigkeit \({\boldsymbol{\omega}}\) in \(\mathcal{S}\). Gehen Sie dabei von (4.123) aus.

4.7 •• Erde als schwerer Kreisel

Hätte die Erde eine perfekt kugelförmige (d. h. isotrope) Massenverteilung, so könnten weder Mond noch Sonne ein Drehmoment auf die Erde ausüben. Allerdings ist die Erde ein abgeflachtes Ellipsoid mit

$$\Updelta\Theta=\Theta-\Theta_{3}> 0,\quad\frac{\Updelta\Theta}{\Theta}\approx\frac{1}{300}.$$
(4.169)

Die Erde erfährt daher Drehmomente aufgrund der Gravitationskräfte von Sonne und Mond. Diese lassen sich näherungsweise durch

$${\boldsymbol{M}}_{i}=\frac{3GM_{i}}{2d_{i}^{3}}\cos\vartheta_{0}\Updelta\Theta({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\times{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3})$$
(4.170)

beschreiben. Das ungestrichene Inertialsystem sei das des Sonnensystems. Der Index \(i\) steht für „Sonne“ oder „Mond“. Der Winkel \(\vartheta_{0}=\mathrm{23,5}^{\circ}\) ist die Neigung der Erdachse bezüglich ihrer Umlaufebene um die Sonne, in welcher sich in guter Näherung auch der Mond befindet. Die restlichen Größen sind die Gravitationskonstante \(G\), die Abstände \(d_{i}\) zu Sonne bzw. Mond sowie die Massen \(M_{i}\) von Sonne bzw. Mond. Wir nehmen hier an, dass die Figurenachse der Erde mit der Drehimpulsachse zusammenfällt, d. h.

$${\boldsymbol{L}}=L{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}.$$
(4.171)

Der Richtungsvektor \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) steht senkrecht auf der Umlaufebene; somit ist \(\vartheta_{0}\) auch der Winkel zwischen \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) und \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\).

  1. (a)

    Zeigen Sie, dass die beiden Drehmomente (4.170) den Betrag des Drehimpulses der Erde nicht beeinflussen.

  2. (b)

    Zeigen Sie

    $$L_{3}={\boldsymbol{L}}\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}=L\cos\vartheta_{0}={\mathrm{const}}.$$
    (4.172)

    Da aus der ersten Teilaufgabe \(L={\mathrm{const}}\) folgt, muss der Neigungswinkel \(\vartheta_{0}\) ebenfalls konstant sein.

  3. (c)

    Wir wollen nun untersuchen, wie schnell die Figurenachse der Erde im Raum (d. h. im ungestrichenen Inertialsystem) präzediert. Finden Sie dazu einen Ausdruck für \({\mathbf{d}}{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}/\mathrm{d}t\) und bringen Sie ihn in die Form

    $$\frac{{\mathbf{d}}{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}}{\mathrm{d}t}={\boldsymbol{\omega}}_{\mathrm{P}}\times{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}.$$
    (4.173)

    Hier ist \({\boldsymbol{\omega}}_{\mathrm{P}}\) gerade die gesuchte Präzessionsfrequenz der Erdachse aufgrund der Drehmomente, die von Sonne und Mond erzeugt werden. Bestimmen Sie den funktionalen Ausdruck für \({\boldsymbol{\omega}}_{\mathrm{P}}\). Ermitteln Sie die Beiträge von Sonne und Mond einzeln. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse qualitativ mit den Gezeitenkräften in Abschn. 3.6.

  4. (d)

    Welcher numerische Wert von \(\omega_{\mathrm{P}}=\lvert{\boldsymbol{\omega}}_{\mathrm{P}}\rvert\) ergibt sich dadurch?

Ausführliche Lösungen zu den Aufgaben

4.1

Für die Lösung benutzen wir (4.84), was die Gültigkeit nicht einschränkt.

  1. (a)

    Wir berechnen

    $$\begin{aligned}\displaystyle\Theta_{11}&\displaystyle=\int\mathrm{d}V\,\mu({\boldsymbol{x}})\left(x_{1}^{2}+x_{2}^{2}+x_{3}^{2}-x_{1}^{2}\right)\\ \displaystyle&\displaystyle=\int\mathrm{d}V\,\mu({\boldsymbol{x}})\left(x_{2}^{2}+x_{3}^{2}\right),\\ \displaystyle\Theta_{22}&\displaystyle=\int\mathrm{d}V\,\mu({\boldsymbol{x}})\left(x_{1}^{2}+x_{3}^{2}\right),\\ \displaystyle\Theta_{33}&\displaystyle=\int\mathrm{d}V\,\mu({\boldsymbol{x}})\left(x_{1}^{2}+x_{2}^{2}\right).\end{aligned}$$
    (4.174)

    Offensichtlich müssen die Trägheitsmomente positiv sein, da alle \(x_{i}^{2}\) und \(\mu({\boldsymbol{x}})\) stets positiv sind.

  2. (b)

    Mit dem Teilergebnis aus der ersten Aufgabe findet man

    $$\Theta_{11}+\Theta_{22}=\int\mathrm{d}V\,\mu({\boldsymbol{x}})\left(x_{1}^{2}+x_{2}^{2}+2x_{3}^{2}\right)\geq\Theta_{33}.$$
    (4.175)

    Dieses Ergebnis ist ohne Einschränkung auf die anderen Trägheitsmomente übertragbar.

4.2

Wir betrachten eine symmetrische Matrix \({\boldsymbol{A}}\) und zwei ihrer Eigenwerte (\(\lambda_{1}\not=\lambda_{2}\)) und dazugehörigen Eigenvektoren (\({\boldsymbol{v}}_{1}\), \({\boldsymbol{v}}_{2}\)). Es gilt

$$\begin{aligned}\displaystyle{\boldsymbol{A}}{\boldsymbol{v}}_{1}&\displaystyle=\lambda_{1}{\boldsymbol{v}}_{1},\\ \displaystyle{\boldsymbol{A}}{\boldsymbol{v}}_{2}&\displaystyle=\lambda_{2}{\boldsymbol{v}}_{2}.\end{aligned}$$
(4.176)

Wir multiplizieren nun die erste Gleichung mit \({\boldsymbol{v}}_{2}\) und die zweite mit \({\boldsymbol{v}}_{1}\) und berechnen die Differenz der resultierenden Gleichungen. Dabei nutzen wir aus, dass die Matrix symmetrisch ist, d. h.

$$({\boldsymbol{A}}{\boldsymbol{v}}_{1})\cdot{\boldsymbol{v}}_{2}=A_{\alpha\beta}v_{1,\beta}v_{2,\alpha}=A_{\beta\alpha}v_{2,\alpha}v_{1,\beta}=({\boldsymbol{A}}{\boldsymbol{v}}_{2})\cdot{\boldsymbol{v}}_{1}.$$
(4.177)

Es folgt

$$0=\lambda_{1}{\boldsymbol{v}}_{1}\cdot{\boldsymbol{v}}_{2}-\lambda_{2}{\boldsymbol{v}}_{2}\cdot{\boldsymbol{v}}_{1}=(\lambda_{1}-\lambda_{2}){\boldsymbol{v}}_{1}\cdot{\boldsymbol{v}}_{2}.$$
(4.178)

Da die Eigenwerte nicht entartet sind, müssen die Eigenvektoren orthogonal sein.

4.3

  1. (a)

    Wie bei einer Kugel sind auch bei einer Kugelschale die Deviationsmomente allesamt null. Aufgrund der Symmetrie ist es außerdem nur notwendig, eines der Trägheitsmomente zu bestimmen; die beiden restlichen sind identisch. Wir berechnen erneut die Komponente \(\Theta_{33}\). Da die gesamte Masse auf eine Kugelschale mit Radius \(R\) konzentriert ist, lautet das Integral in Kugelkoordinaten

    $$\Theta_{33}=\sigma\int_{0}^{\uppi}\mathrm{d}\vartheta\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\,\left(1-\cos^{2}\vartheta\right)R^{4}\sin\vartheta.$$
    (4.179)

    Wie bereits im Text gesehen ist das Integral für die \(\vartheta\)-Integration

    $$\begin{aligned}\displaystyle&\displaystyle\int_{0}^{\uppi}\mathrm{d}\vartheta\left(1-\cos^{2}\vartheta\right)\sin\vartheta\\ \displaystyle&\displaystyle=\int_{-1}^{+1}\mathrm{d}\cos\vartheta\left(1-\cos^{2}\vartheta\right)=\frac{4}{3}.\end{aligned}$$
    (4.180)

    Die \(\varphi\)-Integration liefert einen Faktor \(2\uppi\). Somit lautet das Ergebnis

    $$\Theta_{33}=\frac{8\uppi}{3}\sigma R^{4}=\frac{2}{3}MR^{2}.$$
    (4.181)

    Im letzten Schritt wurde ausgenutzt, dass die Gesamtmasse \(M\) auf einer Kugelschale mit Oberfläche \(4\uppi R^{2}\) verteilt ist:

    $$M=4\uppi\sigma R^{2}.$$
    (4.182)

    Die Trägheitsmomente einer Kugelschale sind also um einen Faktor \(5/3\) größer als die einer Vollkugel mit gleichen \(M\) und \(R\). Der Grund ist, dass bei der Kugelschale die Massenelemente im Mittel weiter vom Mittelpunkt entfernt sind.

  2. (b)

    Für einen Zylinder bieten sich Zylinderkoordinaten an. Legt man den Ursprung in den Schwerpunkt und die \(z\)- bzw. \(x_{3}\)-Achse entlang der Zylinderachse, verschwinden alle Deviationsmomente. Dies liegt daran, dass diese Koordinatenwahl bereits den Hauptachsen angepasst ist. Wir verzichten daher auf eine Berechnung der Deviationsmomente; der interessierte Leser kann dies aber gerne überprüfen. Aufgrund der Symmetrie sind zwei Trägheitsmomente identisch, \(\Theta_{11}=\Theta_{22}\). Das dritte, \(\Theta_{33}\), wird sich im Allgemeinen davon unterscheiden. Wir beginnen mit der Berechnung von \(\Theta_{11}\):

    $$\Theta_{11}=\mu\int_{0}^{R}\mathrm{d}\varrho\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\int_{-H/2}^{H/2}\mathrm{d}z\,\varrho\left(\varrho^{2}\sin^{2}\varphi+z^{2}\right).$$
    (4.183)

    Hier wurde die Jacobi-Determinante der Zylinder-Koordinaten verwendet (\(\det({\boldsymbol{J}})=\varrho\)). Wir führen zunächst die \(\varrho\)-Integration durch:

    $$\Theta_{11}=\mu\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\int_{-H/2}^{H/2}\mathrm{d}z\,\left(\frac{1}{4}R^{4}\sin^{2}\varphi+\frac{1}{2}z^{2}R^{2}\right).$$
    (4.184)

    Die \(z\)-Integration liefert

    $$\Theta_{11}=\mu\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\,\left(\frac{1}{4}R^{4}H\sin^{2}\varphi+\frac{1}{24}R^{2}H^{3}\right).$$
    (4.185)

    Eine Stammfunktion von \(\sin^{2}\varphi\) ist \((\varphi-\sin\varphi\cos\varphi)/2\). Der zweite Term darin trägt nicht zum Integral bei, da er sowohl für \(\varphi=0\) als auch für \(\varphi=2\uppi\) verschwindet. Daher ist

    $$\begin{aligned}\displaystyle\Theta_{11}&\displaystyle=\mu\left(\frac{\uppi}{4}R^{4}H+\frac{\uppi}{12}R^{2}H^{3}\right)\\ \displaystyle&\displaystyle=M\left(\frac{1}{4}R^{2}+\frac{1}{12}H^{2}\right),\end{aligned}$$
    (4.186)

    wobei \(M=\uppi\mu R^{2}H\) für die Zylindermasse eingesetzt wurde. Für das dritte Trägheitsmoment gilt

    $$\begin{aligned}\displaystyle\Theta_{33}&\displaystyle=\mu\int_{0}^{R}\mathrm{d}\varrho\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\int_{-H/2}^{H/2}\mathrm{d}z\,\varrho^{3}\\ \displaystyle&\displaystyle=\frac{\uppi}{2}\mu R^{4}H=\frac{1}{2}MR^{2}.\end{aligned}$$
    (4.187)

    Offensichtlich ist ein Zylinder ein Kugelkreisel (\(\Theta_{11}=\Theta_{33}\)), wenn \(H^{2}=3R^{2}\) erfüllt ist.

  3. (c)

    Die Berechnung für einen Hohlzylinder erfordert erneut eine Oberflächenmassendichte. Für das erste Trägheitsmoment gilt

    $$\Theta_{11}=\sigma\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\int_{-H/2}^{H/2}\mathrm{d}z\,R\left(R^{2}\sin^{2}\varphi+z^{2}\right).$$
    (4.188)

    Die \(z\)-Integration führt auf

    $$\Theta_{11}=\sigma\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\,R\left(R^{2}H\sin^{2}\varphi+\frac{1}{12}H^{3}\right),$$
    (4.189)

    die \(\varphi\)-Integration auf

    $$\displaystyle\Theta_{11}=\sigma R\left(\uppi R^{2}H+\frac{\uppi}{6}H^{3}\right)=M\left(\frac{1}{2}R^{2}+\frac{1}{12}H^{2}\right).$$
    (4.190)

    Die Gesamtmasse ist hierbei \(M=2\uppi\sigma RH\). Das dritte Trägheitsmoment ist

    $$\displaystyle\Theta_{33}=\sigma\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\int_{-H/2}^{H/2}\mathrm{d}z\,R^{3}=2\uppi\sigma R^{3}H=MR^{2}.$$
    (4.191)

    Ein Hohlzylinder mit \(H^{2}=6R^{2}\) ist demnach ein Kugelkreisel.

  4. (d)

    Um den Trägheitstensor eines Kreiskegels zu berechnen, muss man zunächst ein wenig nachdenken. Offenbar haben wir kein Koordinatensystem kennengelernt, das der Kegelform direkt angepasst ist. Allerdings kann man mit relativ wenig Aufwand und Zylinderkoordinaten das Problem lösen. Hierzu legt man den Ursprung zunächst in die Spitze des Kegels und denkt ihn sich sozusagen auf den Kopf gestellt. Dann ist die Höhe eine Funktion des Radius bzw. umgekehrt. In diesem Fall parametrisieren wir den Radius als

    $$R(z)=\frac{R}{H}z.$$
    (4.192)

    Man sieht daran sofort, dass am Boden des Zylinders (\(z=H\)) der Radius \(\varrho=R\) erreicht wird. Ansonsten ist die Berechnung ähnlich wie beim Zylinder, allerdings sind die Grenzen der \(z\)-Integration andere:

    $$\Theta_{11}=\mu\int_{0}^{H}\mathrm{d}z\int_{0}^{R(z)}\mathrm{d}\varrho\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\,\varrho\left(\varrho^{2}\sin^{2}\varphi+z^{2}\right).$$
    (4.193)

    Wir führen wie gewohnt die \(\varrho\)- und \(\varphi\)-Integrationen durch:

    $$\Theta_{11}=\mu\int_{0}^{H}\mathrm{d}z\,\left(\frac{\uppi}{4}R^{4}(z)+\uppi z^{2}R^{2}(z)\right).$$
    (4.194)

    Nun setzen wir die Parametrisierung für \(R(z)\) ein und finden zunächst

    $$\Theta_{11}=\mu\int_{0}^{H}\mathrm{d}z\,\left(\frac{\uppi}{4}\frac{R^{4}}{H^{4}}z^{4}+\uppi\frac{R^{2}}{H^{2}}z^{4}\right).$$
    (4.195)

    Das Endergebnis lautet

    $$\Theta_{11}=\mu\left(\frac{\uppi}{20}R^{4}H+\frac{\uppi}{5}R^{2}H^{3}\right).$$
    (4.196)

    Mit der Gesamtmasse \(M=\uppi\mu R^{2}H/3\) folgt schließlich

    $$\Theta_{11}=\frac{3}{5}M\left(\frac{1}{4}R^{2}+H^{2}\right).$$
    (4.197)

    Analog ist

    $$\Theta_{33}=\mu\int_{0}^{H}\mathrm{d}z\int_{0}^{R(z)}\mathrm{d}\varrho\int_{0}^{2\uppi}\mathrm{d}\varphi\,\varrho^{3}=\frac{\uppi}{2}\mu\int_{0}^{H}\mathrm{d}z\,R^{4}(z).$$
    (4.198)

    Dies führt auf

    $$\Theta_{33}=\frac{\uppi}{2}\mu\int_{0}^{H}\mathrm{d}z\,\frac{R^{4}}{H^{4}}z^{4}=\frac{\uppi}{10}\mu R^{4}H=\frac{3}{10}MR^{2}.$$
    (4.199)

    Man beachte, dass der Trägheitstensor bezüglich der Spitze und nicht des Schwerpunktes berechnet wurde. Mit dem Steiner’schen Satz lässt sich der Trägheitstensor bezüglich des Schwerpunktes angeben. Da der Schwerpunkt genau wie die Spitze ebenfalls auf der \(x_{3}\)-Achse liegt, ändert sich das Trägheitsmoment \(\Theta_{33}\) dabei nicht. Der Schwerpunkt eines Kegels liegt von der Spitze (\(z=0\)) aus gesehen bei \(z=3H/4\). Daher muss \(\Theta_{11}\) um den Term \(9MH^{2}/16\) verkleinert werden. Dies führt auf

    $$\Theta_{11}=\frac{3}{20}M\left(R^{2}+\frac{1}{4}H^{2}\right).$$
    (4.200)

    Für \(H=2R\) ist ein Kreiskegel ein Kugelkreisel.

4.4

  1. (a)

    Der Zylinderschwerpunkt legt in einem infinitesimalen Zeitintervall die Strecke \(\mathrm{d}s=V\,\mathrm{d}t\) zurück. Dies muss gleichzeitig der abgerollten Bogenlänge entsprechen. In der gleichen Zeit muss er sich um einen Winkel \(\mathrm{d}\varphi=\omega\,\mathrm{d}t\) drehen. Winkel und Bogenlänge sind über \(\mathrm{d}s=R\,\mathrm{d}\varphi\) verknüpft. Daher folgt

    $$V=R\omega.$$
    (4.201)
  2. (b)

    Die kinetische Energie der Translation ist

    $$T_{\mathrm{S}}=\frac{1}{2}MV^{2}.$$
    (4.202)

    Für die Rotation gilt

    $$T_{\mathrm{R}}=\frac{1}{2}\Theta\omega^{2},$$
    (4.203)

    wobei \(\Theta\) das Trägheitsmoment bezüglich des Schwerpunktes für eine Drehung um die Symmetrieachse ist. Aus der vorherigen Aufgabe bzw. aus der Literatur wissen wir, dass

    $$\Theta=\frac{1}{2}MR^{2}$$
    (4.204)

    ist. Insgesamt gilt also

    $$T=\frac{1}{2}MV^{2}+\frac{1}{4}MR^{2}\omega^{2}=\frac{3}{4}MV^{2}.$$
    (4.205)

    Der Zylinder hat daher eine um den Faktor \(3/2\) höhere kinetische Energie als eine Punktmasse \(M\) mit der gleichen Geschwindigkeit \(V\).

  3. (c)

    Die auf den Zylinder wirkende Kraft lässt sich in zwei Anteile zerlegen. Eine Komponente wirkt senkrecht auf die schiefe Ebene und trägt nicht zur Beschleunigung bei. Die andere wirkt parallel zur schiefen Ebene. Dies führt auf eine Kraft

    $$F=-Mg\sin\alpha.$$
    (4.206)
  4. (d)

    Unter Vernachlässigung von Reibungskräften entspricht die Abnahme der potenziellen Energie beim Herabrollen gerade der Zunahme der kinetischen Energie. Der Potenzialnullpunkt kann beliebig verschoben werden, sodass wir

    $$0=E=\frac{3}{4}MV^{2}+Mgh$$
    (4.207)

    für die Energie \(E\) schreiben können, wobei \(h<0\) die Höhe des Schwerpunktes bezüglich der Anfangslage ist. Aufgrund der Geometrie ist die zurückgelegte Strecke entlang der Ebene

    $$s=\frac{h}{\sin\alpha}.$$
    (4.208)

    Dabei gilt außerdem

    $$v=\dot{s}<0$$
    (4.209)

    und somit

    $$\frac{3}{4}\dot{s}^{2}+gs\sin\alpha=0.$$
    (4.210)

    Einmaliges Ableiten nach der Zeit ergibt

    $$\frac{3}{2}\dot{s}\ddot{s}=-g\dot{s}\sin\alpha$$
    (4.211)

    und schließlich

    $$\ddot{s}=-\frac{2}{3}\sin\alpha g<0.$$
    (4.212)

    Die Beschleunigung ist dem Betrage nach aus zwei Gründen geringer als die beim freien Fall: Zum einen wirkt aufgrund der schiefen Ebene nur ein Teil der Gewichtskraft entlang der Ebene. Andererseits beansprucht die Drehbewegung einen Teil der kinetischen Energie, welcher der Schwerpunktsbewegung fehlt.

4.5

  1. (a)

    Zunächst berechnen wir das Trägheitsmoment bezüglich der Drehachse \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}\). Offensichtlich ist

    $$\Theta_{{\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}}={\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}^{\top}{\boldsymbol{\Theta}}{\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}.$$
    (4.213)

    Der Steiner’sche Satz erlaubt die Berechnung des Trägheitsmoments bezüglich des Fixpunktes,

    $$\Theta_{\mathrm{F}}=\Theta_{{\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}}+mR^{2},$$
    (4.214)

    wobei \(R=\lvert{\boldsymbol{X}}\rvert\) ist. Das Trägheitsmoment \(\Theta_{\mathrm{F}}\) ist in \(\mathcal{S}\) konstant, da \(R^{2}\) konstant ist.

  2. (b)

    Das wirkende Drehmoment ist

    $${\boldsymbol{M}}={\boldsymbol{R}}\times{\boldsymbol{F}}_{\mathrm{G}}=-mg{\boldsymbol{R}}\times{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}=-mgR\sin\alpha\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}.$$
    (4.215)

    Die relevante Komponente der Drehmomentgleichung lautet dann

    $$-mgR\sin\alpha=\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}\left(\Theta_{\mathrm{F}}\omega_{2}\right).$$
    (4.216)

    Wir nutzen aus, dass \(\Theta_{\mathrm{F}}\) konstant ist, und identifizieren \(\dot{\omega}_{2}=\ddot{\alpha}\). Damit folgt schließlich

    $$-mgR\sin\alpha=\Theta_{\mathrm{F}}\ddot{\alpha}.$$
    (4.217)
  3. (c)

    Für kleine Winkel \(\alpha\) ist

    $$\sin\alpha\approx\alpha$$
    (4.218)

    eine gute Näherung. Damit erhält man die Bewegungsgleichung eines harmonischen Oszillators,

    $$\ddot{\alpha}=-\Upomega^{2}\alpha$$
    (4.219)

    mit

    $$\Upomega^{2}=\frac{mgR}{\Theta_{\mathrm{F}}}.$$
    (4.220)

    Die Lösung ist

    $$\alpha(t)=\hat{\alpha}\sin\left(\Upomega t+\phi_{0}\right).$$
    (4.221)

    Die Integrationskonstanten (maximale Auslenkung \(\hat{\alpha}\) und Phasenwinkel \(\phi_{0}\)) sind aus den Anfangsbedingungen zu bestimmen.

  4. (d)

    \(\Upomega\) (und damit auch die Schwingungsdauer) würde unverändert bleiben, da das Trägheitsmoment proportional zur Gesamtmasse ist, \(\Theta_{\mathrm{F}}\propto m\).

4.6

  1. (a)

    Wir beginnen mit (4.12), was auf unser Problem angewandt

    $${\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{i}\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}=r_{i3}\quad\text{und}\quad{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}_{j}=r_{3j}$$
    (4.222)

    ergibt. Dies bedeutet, dass die Entwicklungskoeffizienten von \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) in der Basis von \(\mathcal{S}^{*}\) gerade durch die drei Matrixelemente \(r_{i3}\) gegeben sind. Daher kann man die Entwicklung

    $${\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}=\sin\vartheta\sin\psi\,{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{1}+\sin\vartheta\cos\psi\,{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{2}+\cos\vartheta\,{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}$$
    (4.223)

    direkt aus der Matrix \({\boldsymbol{R}}\) ablesen. Analog findet man

    $${\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}=\sin\varphi\sin\vartheta\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{1}-\cos\varphi\sin\vartheta\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}+\cos\vartheta\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}.$$
    (4.224)

    Diese Gleichungen sind für Kreisel aller Art gültig, da bisher keinerlei Annahmen gemacht wurden.

  2. (b)

    Für den kräftefreien symmetrischen Kreisel ist insbesondere \(\vartheta\) eine Konstante. Dies bedeutet, dass die Zeitabhängigkeit von \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) in \(\mathcal{S}^{*}\) und von \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\) in \(\mathcal{S}\) nur in \(\psi\) bzw. \(\varphi\) enthalten ist. Hier wissen wir, dass \(\dot{\psi}\) und \(\dot{\varphi}\) Konstanten sind. Wir hatten im Text

    $$\dot{\psi}=\Upomega=\frac{\Theta-\Theta_{3}}{\Theta}\omega^{*}_{3},\quad\dot{\varphi}=\Upomega^{\prime}=\frac{\Theta_{3}\omega^{*}_{3}}{\Theta\cos\vartheta}$$
    (4.225)

    gefunden. Anhand von (4.223) und (4.224) sieht man somit, dass die Projektionen von \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\) auf \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) und von \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) auf \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\) konstant sind. Doch \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\) führt in der \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{1}\)-\({\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}\)-Ebene eine Oszillation mit Frequenz \(\dot{\varphi}=\Upomega^{\prime}\) aus, denn es gilt \(\varphi=\Upomega^{\prime}t+\varphi_{0}\). Gleichzeitig oszilliert \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) in der \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{1}\)-\({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{2}\)-Ebene mit Frequenz \(\dot{\psi}=\Upomega\), da überdies \(\psi=\Upomega t+\psi_{0}\) erfüllt ist. Es ist dabei allerdings zu beachten, dass beide Oszillationen gegenläufig sind, da in (4.224) ein Minuszeichen auftritt.

  3. (c)

    Offensichtlich unterscheiden sich die beiden Oszillationsfrequenzen \(\dot{\psi}\) und \(\dot{\varphi}\) dem Betrag nach. Dies liegt daran, dass die Matrix \({\boldsymbol{R}}\) nicht symmetrisch ist. Im einen Fall wird die dritte Zeile, im anderen die dritte Spalte für die Transformation verwendet. Das Verhältnis der beiden Frequenzen lautet

    $$\frac{\dot{\psi}}{\dot{\varphi}}=\frac{\Theta-\Theta_{3}}{\Theta_{3}}\cos\vartheta.$$
    (4.226)

    Je nach der Art des Kreisels (oblat , \(\Theta<\Theta_{3}\), oder prolat , \(\Theta> \Theta_{3}\)) und der Neigung \(\vartheta\) der Figurenachse zur Drehimpulsachse kann der Quotient beliebige positive oder negative Werte annehmen. Beide Frequenzen sind dem Betrag nach identisch, wenn

    $$\cos\vartheta=\frac{\Theta_{3}}{\Theta-\Theta_{3}}$$
    (4.227)

    gilt.

  4. (d)

    Die Frequenz \(\Upomega^{\prime}\) lässt sich in der Form

    $$\Upomega^{\prime}=\frac{L^{*}_{3}}{\Theta\cos\vartheta}$$
    (4.228)

    schreiben. Der Drehimpuls ist entlang \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) ausgerichtet, \({\boldsymbol{L}}=L\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\). Der Grenzfall \(\cos\vartheta\to 0\) entspricht \(\vartheta\to 90^{\circ}\). Andererseits folgt aus (4.223), dass die Projektion von \({\boldsymbol{L}}\) auf die Figurenachse \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\) ebenfalls \(\cos\vartheta\) ist:

    $$L^{*}_{3}={\boldsymbol{L}}\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}=L\cos\vartheta$$
    (4.229)

    Somit ist

    $$\Upomega^{\prime}=\frac{L}{\Theta}$$
    (4.230)

    völlig unabhängig vom Winkel \(\vartheta\) zwischen Figurenachse und Drehimpuls.

  5. (e)

    Die Winkelgeschwindigkeit erfüllt

    $$\mathfrak{w}=\dot{\varphi}\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}+\dot{\vartheta}\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{\mathrm{K}}+\dot{\psi}\,{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}.$$
    (4.231)

    Um ihre Komponenten in \(\mathcal{S}\) zu berechnen, muss sie auf die Vektoren \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{i}\) projiziert werden. Der erste Term in (4.231) ist trivial. Der letzte wurde bereits in (4.224) bestimmt. Die Knotenlinie lässt sich direkt aus Abb. 4.3 zu

    $${\boldsymbol{\hat{e}}}_{\mathrm{K}}=\cos\varphi\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{1}+\sin\varphi\,{\boldsymbol{\hat{e}}}_{2}$$
    (4.232)

    ablesen. Nach einer kurzen Sortierung folgt das Endergebnis

    $$\displaystyle\begin{pmatrix}\omega_{1}\\ \omega_{2}\\ \omega_{3}\end{pmatrix}=\dot{\varphi}\begin{pmatrix}0\\ 0\\ 1\end{pmatrix}+\dot{\vartheta}\begin{pmatrix}\cos\varphi\\ \sin\varphi\\ 0\end{pmatrix}+\dot{\psi}\begin{pmatrix}\sin\varphi\sin\vartheta\\ -\cos\varphi\sin\vartheta\\ \cos\vartheta\end{pmatrix}.$$
    (4.233)

4.7

  1. (a)

    Die Änderung des Drehimpulses aufgrund des Drehmoments von Sonne oder Mond lautet

    $$\frac{{\mathbf{d}}{\boldsymbol{L}}}{\mathrm{d}t}={\boldsymbol{M}}_{\mathrm{Sonne}}+{\boldsymbol{M}}_{\mathrm{Mond}}.$$
    (4.234)

    Multipliziert man diese Gleichung mit \({\boldsymbol{L}}\), so erhalten wir

    $$\frac{1}{2}\frac{{\mathrm{d}}({\boldsymbol{L}}\cdot{\boldsymbol{L}})}{\mathrm{d}t}=L({\boldsymbol{M}}_{\mathrm{Sonne}}+{\boldsymbol{M}}_{\mathrm{Mond}})\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}=0,$$
    (4.235)

    denn das Kreuzprodukt im Drehmoment steht senkrecht auf \({\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}\). Es kann sich also nur die Richtung von \({\boldsymbol{L}}\) ändern.

  2. (b)

    Multiplikation von (4.234) mit \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) ergibt

    $$\frac{{\mathrm{d}}({\boldsymbol{L}}\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3})}{\mathrm{d}t}=({\boldsymbol{M}}_{\mathrm{Sonne}}+{\boldsymbol{M}}_{\mathrm{Mond}})\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}=0.$$
    (4.236)

    Der Richtungsvektor \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) lässt sich in die Zeitableitung ziehen, da er konstant ist (das ungestrichene System ist in guter Näherung ein Inertialsystem). Das Skalarprodukt mit den Drehmomenten verschwindet, da diese senkrecht auf \({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) stehen. Somit muss \(L_{3}={\boldsymbol{L}}\cdot{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\) konstant sein.

  3. (c)

    Ausgehend von (4.234) findet man zunächst mithilfe von (4.171):

    $$\frac{{\mathbf{d}}(L{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3})}{\mathrm{d}t}=-\sum_{i}\frac{3GM_{i}}{2d_{i}^{3}}\cos\vartheta_{0}\Updelta\Theta({\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\times{\boldsymbol{\hat{e}}}^{*}_{3}),$$
    (4.237)

    wobei über die Beiträge von Sonne und Mond summiert wird. Es ist nun leicht, die Präzessionsfrequenz durch einen Vergleich aufzuschreiben:

    $$\begin{aligned}\displaystyle{\boldsymbol{\omega}}_{\mathrm{P}}&\displaystyle=-\frac{1}{L}\sum_{i}\frac{3GM_{i}}{2d_{i}^{3}}\cos\vartheta_{0}\Updelta\Theta{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}\\ \displaystyle&\displaystyle=-\sum_{i}\frac{3GM_{i}}{2d_{i}^{3}}\cos\vartheta_{0}\frac{\Updelta\Theta}{\Theta\omega}{\boldsymbol{\hat{e}}}_{3}.\end{aligned}$$
    (4.238)

    Im letzten Schritt wurde

    $$L=\Theta\omega$$
    (4.239)

    ausgenutzt, wobei \(\omega\) die Winkelgeschwindigkeit der Erdrotation ist.

  4. (d)

    Mit den bekannten bzw. in der Literatur zu findenden Werten

    $$\begin{aligned}\displaystyle\frac{\Updelta\Theta}{\Theta}&\displaystyle=\frac{1}{300},\\ \displaystyle\cos\vartheta_{0}&\displaystyle=0{,}917,\\ \displaystyle G&\displaystyle=6{,}67\cdot 10^{-11}\,\mathrm{m}^{3}\,\mathrm{kg}^{-1}\,\mathrm{s}^{-2},\\ \displaystyle M_{\mathrm{Sonne}}&\displaystyle=1{,}99\cdot 10^{30}\,\mathrm{kg},\\ \displaystyle M_{\mathrm{Mond}}&\displaystyle=7{,}35\cdot 10^{22}\,\mathrm{kg},\\ \displaystyle d_{\mathrm{Sonne}}&\displaystyle=1{,}50\cdot 10^{11}\,\mathrm{m},\\ \displaystyle d_{\mathrm{Mond}}&\displaystyle=3{,}84\cdot 10^{8}\,\mathrm{m},\\ \displaystyle\omega&\displaystyle=\frac{2\uppi}{86.400\,\mathrm{s}}\end{aligned}$$
    (4.240)

    berechnet man, dass die durch Sonne und Mond verursachten Präzessionsfrequenzen

    $$\begin{aligned}\displaystyle\omega_{\mathrm{P},\mathrm{Sonne}}&\displaystyle=2{,}48\cdot 10^{-12}\,\mathrm{s}^{-1},\\ \displaystyle\omega_{\mathrm{P},\mathrm{Mond}}&\displaystyle=5{,}46\cdot 10^{-12}\,\mathrm{s}^{-1}\end{aligned}$$
    (4.241)

    sind. Der Beitrag des Mondes zur Präzession ist etwa doppelt so groß wie derjenige der Sonne.

    Dies ist übrigens qualitativ dasselbe Ergebnis, das wir bereits bei der Abschätzung der Gezeitenkräfte in Abschn. 3.6 gefunden haben. Der Grund ist, dass sowohl die Gezeitenkräfte als auch die Drehmomente auf die Erde proportional zu \(M_{i}/d_{i}^{3}\) sind und \((M_{\mathrm{Mond}}/d_{\mathrm{Mond}}^{3})/(M_{\mathrm{Sonne}}/d_{\mathrm{Sonne}}^{3})\approx 2{,}2\) gilt.

    Insgesamt ergibt sich

    $$\omega_{\mathrm{P}}=7{,}94\cdot 10^{-12}\,\mathrm{s}^{-1}$$
    (4.242)

    und damit eine Präzessionsperiode

    $$T_{\mathrm{P}}=\frac{2\uppi}{\omega_{\mathrm{P}}}=25.100\,\mathrm{Jahre}.$$
    (4.243)

    Dieses Ergebnis liegt sehr nahe an dem durch astronomische Beobachtungen ermittelten Wert von \(25.800\) Jahren.

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Bartelmann, M., Feuerbacher, B., Krüger, T., Lüst, D., Rebhan, A., Wipf, A. (2018). Starre Körper. In: Theoretische Physik 1 | Mechanik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56115-7_4

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