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§ 19 Strafrecht und Religion

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Religions- und Weltanschauungsrecht

Part of the book series: Springer-Lehrbuch ((SLB))

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Zusammenfassung

In fast allen bekannten Strafrechtssystemen besaß die jeweilige Religion in der Vergangenheit auf die Entstehung und Interpretation der Strafnormen einen erheblichen Einfluss. Der strafrechtliche Schutz gilt in der Regel eben jenen Gütern, die auch in der religiösen Moral hoch bewertet werden. Im deutschen Strafrecht – wie in den anderen Strafrechtsordnungen der westlichen Welt auch – ist der religiöse Einfluss seit den 60er Jahren des 20. Jh. allerdings stark zurückgegangen. Die Strafrechtsreform der 70er Jahre verfolgte im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches nicht zuletzt das Ziel, religiöse und metaphysische Vorstellungen zurückzudrängen.

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Notes

  1. 1.

    W. Maihofer, Die Reform des Besonderen Teils des Strafrechts, in: J. Baumann (Hrsg.), Programm für ein neues Strafgesetzbuch, 1968, 116–127 (120 ff.); vgl. auch E. Hilgendorf/Th. Frank/B. Valerius, Die deutsche Strafrechtsentwicklung 1975–2000, in: Th. Vormbaum/J. Welp (Hrsg.), Das Strafgesetzbuch. Sammlung der Änderungsgesetze und Neubekantmachungen. Supplementband 1: 130 Jahre Strafgesetzgebung – Eine Bilanz, 2004, 258–380 (261 ff.).

  2. 2.

    B. Erbil, Toleranz für Ehrenmörder? 2008.

  3. 3.

    Noch in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Konzept einer Familienehre auch im deutschen Strafrecht verteidigt, vgl. etwa H. Welzel, Das deutsche Strafrecht, 10. A. 1967, § 42 I b (S. 294).

  4. 4.

    Richtigerweise wird man auch die Religion als Teil der Kultur einer Gesellschaft anzusehen haben.

  5. 5.

    Überblick bei Dippel, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 12. A., Stand 2009, Vor § 166 Rn. 18 ff. (künftig zitiert als: LK-Dippel).

  6. 6.

    Die römisch-katholische Kirche hält an dieser Auffassung fest, vgl. den Katechismus der Katholischen Kirche. Neuübersetzung aufgrund der Editio typica Latina, 2003, S. 393 (Nr. 1440: „Die Sünde ist vor allem Beleidigung Gottes …“).

  7. 7.

    P. J. A. von Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, 1801, hier verwendet die 11. A. 1832, § 303.

  8. 8.

    Eser, HdbStKirchR Bd. 2, 2. A. 1995, 1024.

  9. 9.

    Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil, Teilband 2, 10 A. 2012, § 61 Rn. 3 spricht von der „strafrechtlichen Ausführungsvorschrift zu Art. 4 Abs. 2 GG“.

  10. 10.

    BVerfGE 19, 1 (8); 19, 206 (216).

  11. 11.

    BT-Drs. 14/4558, S. 4.

  12. 12.

    R. Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 4 Rn. 74.

  13. 13.

    BT-Drs. 5/4094.

  14. 14.

    BVerfG NJW 2010, 47.

  15. 15.

    BGBl I, S. 645.

  16. 16.

    Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, Fischer, § 166 Rn. 14a sowie die Rspr., vgl. nur BGHSt 16, 49 (56); 46, 36. Die in der Vorauflage vertretene Einstufung als konkretes Gefährdungsdelikt (so etwa LK-Dippel, § 166 Rn. 61) gebe ich auf.

  17. 17.

    Lackner/Kühl, § 166 Rn. 2.

  18. 18.

    Dazu oben Rn. 209 ff.

  19. 19.

    Überblick über die Rspr. bei Fischer, § 166 Rn. 9.

  20. 20.

    LK-Dippel, § 166 Rn. 97 f.

  21. 21.

    Fischer, § 166 Rn. 10.

  22. 22.

    OLG Köln NJW 1982, 657; LG Düsseldorf NJW 1982, 290; OLG Karlsruhe NStZ 1986, 363 mit Anm. Ott; krit. Katholnigg, NStZ 1986, 555; BGH NStZ 2000, 643.

  23. 23.

    OLG Celle NJW 1986, 1275; LG Göttingen NJW 1985, 1654.

  24. 24.

    OLG Düsseldorf NJW 1983, 1211 (zu weitgehend).

  25. 25.

    LG Düsseldorf NStZ 1982, 290.

  26. 26.

    OLG Nürnberg NStZ-RR 1999, 238.

  27. 27.

    OVG Koblenz NJW 1997, 1175.

  28. 28.

    OLG Karlsruhe NStZ 1986, 363.

  29. 29.

    LG Bochum NJW 1989, 727.

  30. 30.

    OLG Köln NJW 1982, 657; BVerwG NJW 1999, 304 mit Anm. Hufen, JuS 1999, 911.

  31. 31.

    LG Bochum NJW 1989, 727; zu Mohammed-Karikaturen A. Steinbach, JR 2006, 495; zu der satirischen Fernsehserie „Popetown“ J. Montag/F. Bosbach, DRiZ 2007, 72.

  32. 32.

    So der Gesetzentwurf der CDU/CSU, BT-Drs. 14/4558.

  33. 33.

    Maurach/Schröder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil, Teilband 2, 10. A. 2012, § 61 Rn. 15.

  34. 34.

    BT-Drs. 14/4558, S. 4; vgl. auch J. Renzikowski, GS Meurer, 2002, 179.

  35. 35.

    Ebenda.

  36. 36.

    Weitergehende Kritik bei Fischer, § 166 Rn. 2b.

  37. 37.

    W. Hassemer, Religionsdelikte in der säkularisierten Rechtsordnung, in: Christentum und modernes Recht. Beiträge zum Problem der Säkularisierung, hrsg. von G. Dilcher und I. Staff, 1984, S. 232–251 (244 ff.).

  38. 38.

    LK-Hilgendorf, Vor § 185 Rn. 25 ff., 28 ff.

  39. 39.

    Fischer, § 130 Rn. 2 f.

  40. 40.

    E. Hilgendorf, Religion, Gewalt und Menschenrechte, in: H. Dreier/E. Hilgendorf (Hrsg.), Kulturelle Identität als Grund und Grenze des Rechts, 2008, S. 169 ff..

  41. 41.

    Dazu, mit zahlreichen Belegen, C. Reinsdorf/P. Reinsdorf (Hrsg.), Zensur im Namen des Herrn, 1997; G. Schmied/W. Wunden, Gotteslästerung? Vom Umgang mit Blasphemien heute, 1996.

  42. 42.

    Fischer, § 167 Rn. 1.

  43. 43.

    LK-Dippel, § 167 Rn. 9.

  44. 44.

    OLG Jena NJW 2006, 1892 f.

  45. 45.

    Fischer, § 167 Rn. 3.

  46. 46.

    Fischer, § 167 Rn. 8.

  47. 47.

    BGHSt 9, 140.

  48. 48.

    BGBl. I, S. 2631.

  49. 49.

    Die Legitimation der erhöhten Strafdrohung in § 306a I Nr. 2 StGB gegenüber der einfachen Brandstiftung ist umstritten, vgl. Fischer, § 306a Rn. 6. Am ehesten lässt sich auch hier auf den Schutz des öffentlichen Friedens abstellen.

  50. 50.

    Fischer, § 243 Rn. 19.

  51. 51.

    Hilgendorf/Valerius, Computer- und Internetstrafrecht, 2. A., 2012, Rn. 373 ff.

  52. 52.

    LK-Dippel, Vor § 166 Rn. 25.

  53. 53.

    Ebenso LK-Dippel, Vor § 166 Rn. 28: „Das Verhältnis der Kriminologie zu den Religionsdelikten ist nichts als defizitär.“

  54. 54.

    Überblick bei J. Simpson/D. Brownfield, Religion and Crime, in: J. Dressler, Encyclopedia of Crime and Justice, 2. A. 2002, Bd. 3, S. 1327–1333.

  55. 55.

    LK-Dippel, Vor § 166 Rn. 28 nennt in diesem Zusammenhang die Scientology-Kirche und das radikalkatholische Opus dei.

  56. 56.

    Eine Aufsehen erregende Ausnahme stellt der „Fall Klingenberg“ dar, in dem die Angeklagten, darunter zwei katholische Geistliche, an der psychisch erkrankten Würzburger Studentin Anneliese Michel einen Exorzismus durchführten, statt medizinische Hilfe zu holen. Sie wurden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Vgl. dazu die ausführliche Schilderung bei U. Wolf, Der Teufel ist in mir, 2006.

  57. 57.

    Eingehende Nachweise bei Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. 1, § 22 Vor Rn. 100.

  58. 58.

    Ein Überblick dazu findet sich bei M. Böse, Die Glaubens- und Gewissensfreiheit im Rahmen der Strafgesetze, ZStW 113, S. 40 ff.

  59. 59.

    BVerfGE 12, 45 (55).

  60. 60.

    Siehe nur Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. 1, § 22 Rn. 103.

  61. 61.

    BVerfGE 32, 98 ff. mit Anm. Peters, JZ 1972, 85. In BGHSt 32, 367 (389) (Fall Dr. Wittig) hat der Bundesgerichtshof eine Gewissenstat angenommen, als ein Arzt eine Suizidentin auf deren ausdrücklichen Wunsch hin nicht in eine Intensivstation einwies, sondern am Bett der Bewusstlosen verharrte, bis sie starb.

  62. 62.

    Näher zur Zumutbarkeit bei der unterlassenen Hilfeleistung Lackner/Kühl, § 323c Rn. 7.

  63. 63.

    So die heute h. M., vgl. nur Lackner/Kühl, Vor § 32 Rn. 32; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. 1, § 22 Rn. 101.

  64. 64.

    Es ist umstritten, ob dies nur für Unterlassen oder auch für aktives Tun gilt. Richtigerweise ist letzteres anzunehmen, da sich die Wirkung des Grundrechtes Art. 4 GG nicht auf Unterlassungstaten beschränken lässt.

  65. 65.

    Für eine entschuldigende Wirkung auch Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. 1, § 22 Rn. 121 f.; Schlehofer, in: Münchner Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 1, 2017, Vor § 32 Rn. 286 ff.

  66. 66.

    Rn. 566.

  67. 67.

    Ebenda.

  68. 68.

    Fischer § 223 Rn. 43.

  69. 69.

    Hilgendorf JZ 2014, 821 (826 f.).

  70. 70.

    Zu den Voraussetzungen einer rechtfertigenden Einwilligung Hilgendorf/Valerius, Strafrecht Allgemeiner Teil, § 5 Rn. 109 ff.

  71. 71.

    Voraussetzung dafür ist wie stets eine hinreichende Aufklärung über Art, zu erwartende Folgen und Risiken des Eingriffs.

  72. 72.

    So, mit Unterschieden im Einzelnen, etwa Herzberg JZ 2009, 332 (333 ff.); Jerouschek NStZ 2008, 313; Putzke, MedR 2008, 268 (270 ff.); für die Möglichkeit einer Einwilligung etwa Fateh-Moghadam Rechtswissenschaft 2010, 115 ff.; Schwarz JZ 2008, 1125.

  73. 73.

    Fischer § 223 Rn. 45.

  74. 74.

    NJW 2012, 2128 mit Anm. Bartsch StV 2012, 604.

  75. 75.

    BGBl. I 2749. Kritische Würdigung bei Scheinfeld, HRSS 2013, 268 ff.

  76. 76.

    Fischer § 223 Rn. 49.

  77. 77.

    Fischer § 226a Rn. 10.

  78. 78.

    Dazu eingehend Terres des Femmes, Studie zu weiblicher Genitalverstümmelung, 2005, 3 – 6 (abrufbar unter https://www.frauenrechte.de/online/images/downloads/fgm/EU-Studie-FGM.pdf).

  79. 79.

    Terre des Femmes e.V., Studie zu weiblicher Genitalverstümmelung, S. 4.

  80. 80.

    Hörnle, Gutachten zum 70. Deutschen Juristentag 2014, C 53.

  81. 81.

    Fischer, § 226a Rn. 4; Herzberg ZiS 2012, 486.

  82. 82.

    Walter JZ 2012, 1110 (1112 ff.).

  83. 83.

    Hörnle, Gutachten zum 70. Deutschen Juristentag 2014, C 58.

  84. 84.

    Hörnle, Gutachten zum 70. Deutschen Juristentag 2014, C 55; dem folgend Hilgendorf, StV 34 (2014), S. 555 (562).

  85. 85.

    Hilgendorf, JZ 2009, 139 ff.; umfassend Valerius, Kultur und Strafrecht. Die Berücksichtigung kultureller Wertvorstellungen in der deutschen Strafrechtsdogmatik, 2011.

  86. 86.

    Überblick bei Hilgendorf, Medizinstrafrecht, 2016, S. 37–52; ausführlich Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2015, Teil 3.

  87. 87.

    BGBl. I 2286.

  88. 88.

    Sehr bedenklich sind vor allem ökonomisch motivierte zwangsweise Lebensverlängerungen. Näher dazu Hilgendorf, FS Rengier (2018), im Erscheinen.

  89. 89.

    BVerwG NJW 2017, 2215.

  90. 90.

    Hilgendorf, Medizinstrafrecht, Kap. 4 Rn. 5.

  91. 91.

    Hilgendorf, Medizinstrafrecht, Kap. 4 Rn. 62 ff.

  92. 92.

    So etwa Gaede NJW 2010, 2925 (2927).

  93. 93.

    Schreiber, NStZ 1986, 337 (340); Kutzer NStZ 1994, 110 ff.; Roxin, GA 2013, 313 (314); kritisch Dreier JZ 2007, 317 (322).

  94. 94.

    BGHSt 42, 301 (305).

  95. 95.

    BGHSt 55, 191 („Fall Putz“); dazu Fischer Vor §§ 211–216 Rn. 61 ff.

  96. 96.

    BGBl. I 2177.

  97. 97.

    BT.-Drucks. 18/5373, S. 19.

  98. 98.

    Duttge NJW 2016, 120 ff.; vgl. auch Hilgendorf, PflR 2016, 556 ff.

  99. 99.

    Hilgendorf, PflR 2016, 556 (557).

  100. 100.

    So etwa Hecker, GA 2016, 455 (468 ff.), der die Bestimmung als unverhältnismäßigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht potentiell suizidwilliger Menschen ansieht.

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Czermak, G., Hilgendorf, E. (2018). § 19 Strafrecht und Religion. In: Religions- und Weltanschauungsrecht. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56078-5_19

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