MediaObject ImageObject

In Kap. 2 haben wir die Abwehrmechanismen der angeborenen Immunität eingeführt – beispielsweise Epithelbarrieren, freigesetzte antimikrobielle Proteine und das Komplementsystem – die unmittelbar nach einem Kontakt mit Mikroorganismen den Körper vor einer Infektion schützen sollen. Wir haben auch die phagocytotischen Zellen vorgestellt, die sich unterhalb der Epithelbarrieren aufhalten und bereitstehen, eingedrungene Mikroorganismen, die vom Komplementsystem für die Zerstörung markiert wurden, aufzunehmen und abzubauen. Diese Phagocyten lösen auch die nächste Phase der angeborenen Immunantwort aus, indem sie eine Entzündungsreaktion in Gang setzen, die neue phagocytotische Zellen und zirkulierende Effektormoleküle zum Infektionsherd lenkt. In diesem Kapitel soll es darum gehen, wie phagocytotische Zellen des angeborenen Immunsystems Mikroorganismen oder die von ihnen verursachten Schäden erkennen, wie sie die Krankheitserreger beseitigen und wie sie durch Produktion von Cytokinen und Chemokinen (als Chemoattraktoren wirkende Cytokine) die späteren Entzündungsreaktionen dirigieren. Wir wollen uns auch mit weiteren Zellen des angeborenen Immunsystems beschäftigen, die eine recht heterogene Gruppe von spezialisierten angeborenen lymphatischen Zellen (innate lymphoid cells, ILC) bilden, etwa die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), und zu den angeborenen Abwehrmechanismen gegen Viren und andere intrazelluläre Krankheitserreger beitragen. In dieser Infektionsphase lösen dendritische Zellen adaptive Immunantworten aus, sodass eine vollständige Immunantwort einsetzen kann, wenn die angeborene Immunität nicht in der Lage ist, die Infektion zu beseitigen.

1 Mustererkennung durch Zellen des angeborenen Immunsystems

Die Grundlagen für das beträchtliche Potenzial des adaptiven Immunsystems, Antigene zu erkennen, sind schon lange bekannt. Im Gegensatz dazu hat man erst in den 1990er-Jahren entdeckt, worauf die Erkennung mikrobieller Produkte durch angeborene Immunsensoren beruht. Zu Beginn nahm man an, dass die angeborene Immunität auf relativ wenigen pathogenassoziierten molekularen Mustern (pathogen-associated molecular patterns, PAMPs) basiert. Wir haben bereits Beispiele für eine solche Erkennung von mikrobiellen Oberflächen durch das Komplementsystem vorgestellt (Kap. 2). In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Rezeptoren der angeborenen Immunität entdeckt. So wissen wir nun, dass die angeborene Erkennung eine viel größere Anpassungsfähigkeit besitzt, als wir gedacht haben.

Im ersten Teil dieses Kapitels beschäftigen wir uns mit den Zellrezeptoren, die Krankheitserreger erkennen und Signale für eine angeborene Immunantwort aussenden. Bei vielen Mikroorganismen gibt es regelmäßige Muster der molekularen Struktur, die bei körpereigenen Zellen nicht vorkommen. Rezeptoren, die diese Merkmale erkennen, werden von Makrophagen, neutrophilen und dendritische Zellen exprimiert und ähneln den freigesetzten Molekülen wie den Ficolinen und Histatinen (Kap. 2). Die allgemeinen Eigenschaften dieser Mustererkennungsrezeptoren (PRRs) stehen den antigenspezifischen Rezeptoren der adaptiven Immunität gegenüber (Abb. 3.1). Nach neueren Erkenntnissen können körpereigene Moleküle induziert werden, die eine zelluläre Infektion, Zellschäden, zellulären Stress oder eine Transformation anzeigen. Einige angeborene Rezeptoren erkennen solche Proteine, um schließlich Reaktionen der angeborenen Immunzellen auszulösen. Solche Indikatormoleküle bezeichnet man als DAMPs (damage-associated molecular patterns) und einige Moleküle dieser Art werden von Rezeptoren erkannt, die auch bei der Erkennung von Krankheitserregern mitwirken, etwa durch die Toll-like-Rezeptoren (TLRs).

Abb. 3.1
figure 1

Vergleich der Rezeptoren des angeborenen und adaptiven Immunsystems. Die Rezeptoren des angeborenen Immunsystems werden von vollständigen Genen codiert, deren Vererbung über die Keimbahn erfolgt. Im Gegensatz dazu werden die Antigenrezeptoren des adaptiven (erworbenen) Immunsystems, die eine einmalige Spezifität besitzen, von unvollständigen Gensegmenten codiert, die während der Lymphocytenentwicklung zusammengefügt werden. Bei den Antigenrezeptoren des adaptiven Immunsystems bilden die jeweils zugehörigen Lymphocyten und ihre Nachkommen Klone. Die Rezeptoren des angeborenen Immunsystems werden nicht von Klonen exprimiert, das heißt, sie kommen auf allen Zellen eines bestimmten Typs vor. NK-Zellen exprimieren jedoch verschiedene Kombinationen von NK-Zell-Rezeptoren aus mehreren Familien. Dadurch unterscheiden sich die einzelnen NK-Zellen voneinander. Ein bestimmter NK-Zell-Rezeptor muss nicht von allen NK-Zellen exprimiert werden

Die Koordination der angeborenen Immunantwort basiert auf den Informationen, die die vielen Rezeptortypen liefern. Mustererkennungsrezeptoren können aufgrund ihrer zellulären Lokalisierung und ihrer Funktionen in vier Hauptgruppen eingeteilt werden: freie Rezeptoren im Serum, beispielsweise Ficoline und Histatine (Kap. 2), membrangebundene Rezeptoren der Phagocyten, membrangebundene Signalrezeptoren sowie Signalrezeptoren im Cytoplasma. Die Rezeptoren der Phagocyten signalisieren, dass die Mikroorganismen, die sie erkennen, durch Phagocytose aufgenommen werden sollen. Eine vielgestaltige Gruppe von Rezeptoren, zu denen auch die chemotaktischen Rezeptoren gehören, trägt dazu bei, Zellen zu Infektionsherden zu lotsen. Weitere Rezeptoren wie PRRs und Cytokinrezeptoren können die Aktivität von Effektormolekülen an Infektionsherden kontrollieren.

Im diesem Teil des Kapitels betrachten wir zuerst die Erkennungseigenschaften der Rezeptoren von Phagocyten und Signalrezeptoren, die Abtötungsmechanismen der Phagocyten gegen Mikroorganismen aktivieren. Als nächstes behandeln wir ein in der Evolution schon altes Erkennungs- und Signalsystem gegen Krankheitserreger, die Toll-like-Rezeptoren (TLRs), die als erstes angeborenes Sensorsystem entdeckt wurden, und mehrere vor Kurzem entdeckte Systeme, die intrazelluläre Infektionen erkennen können, indem sie mikrobielle Zellwandbestandteile, fremde RNA oder fremde DNA im Cytoplasma aufspüren.

1.1 Nach dem Eindringen in das Gewebe werden viele Mikroorganismen von Phagocyten erkannt, aufgenommen und getötet

Wenn ein Mikroorganismus eine Epithelbarriere überwindet und beginnt, sich in den Wirtsgeweben zu vermehren, wird er in den meisten Fällen von phagocytotischen Zellen erkannt, die sich in den Geweben aufhalten. Die Hauptgruppen der Phagocyten des angeborenen Immunsystems sind die Makrophagen und Monocyten, Granulocyten und dendritische Zellen. Makrophagen bilden die wichtigste Phagocytenpopulation, die bei Homöostase in den meisten Körpergeweben vorkommt. Sie können aus Vorläuferzellen hervorgehen, die während der Embryonalentwicklung in die Gewebe einwandern, und erneuern sich dann im Laufe des Lebens in Form eines Fließgleichgewichts oder sie entwickeln sich aus zirkulierenden Monocyten. Untersuchungen deuten darauf hin, dass die embryonalen Vorläuferzellen entweder in der fetalen Leber, im Dottersack oder in einer embryonalen Region nahe der dorsalen Aorta entstehen, die man als Aorta-Gonaden-Mesonephros (AGM) bezeichnet, wobei die relative Gewichtung auf diese drei Ursprungsorte noch unklar ist. Makrophagen kommen in besonders großer Zahl im Bindegewebe vor, etwa in der submucosalen Schicht des Verdauungstrakts, der Bronchien und im Interstitium der Lunge (Gewebe und Interzellularraum um die Alveolen) sowie in den Alveolen selbst und außerdem entlang einiger Blutgefäße in der Leber und in der gesamten Milz, wo sie abgestorbene Blutzellen beseitigen. Im Verlauf der historischen Entwicklung hat man den Makrophagen in den verschiedenen Geweben unterschiedliche Bezeichnungen gegeben wie Mikrogliazellen im Nervengewebe und Kupffer-Zellen in der Leber. Die Selbsterneuerung dieser beiden Zelltypen hängt von einem Cytokin mit der Bezeichnung Interleukin-34 (IL-34) ab, das in diesen Geweben produziert wird und auf denselben Rezeptor wie der Makrophagen-Kolonie-stimulierende Faktor (M-CSF) wirkt.

 Video 3.1

Während einer Infektion oder Entzündung können Makrophagen auch aus Monocyten hervorgehen, die den Blutkreislauf verlassen und in die Gewebe einwandern. Bei Mäusen und beim Menschen entwickeln sich Monocyten im Knochenmark und zirkulieren im Blut in Form zweier Hauptpopulationen. Beim Menschen gehören 90 % der zirkulierenden Monocyten zu den „klassischen“ Monocyten, die CD14 exprimieren, einen Corezeptor für einen PRR (siehe unten). Während einer Infektion besteht ihre Funktion darin, in Gewebe einzuwandern und sich dort zu aktivierten Entzündungsmonocyten oder zu Makrophagen zu differenzieren. Bei Mäusen exprimiert diese Monocytenpopulation den Oberflächenmarker Ly6C in großen Mengen. Die patrouillierenden Monocyten bilden eine kleinere Population. Sie zirkulieren nicht frei im Blut, sondern rollen das Endothel entlang. Beim Menschen exprimieren sie CD14 und CD16, einen bestimmten Fc-Rezeptor (FcγRIII, Abschn. 10.1.13). Man nimmt an, dass sie Verletzungen im Endothel aufspüren können, sich aber nicht zu Gewebemakrophagen differenzieren. Bei Mäusen exprimieren sie nur geringe Mengen von Ly6C.

Video 3.2 

Die zweite Hauptfamilie der Phagocyten umfasst die Granulocyten, zu denen die neutrophilen, eosinophilen und basophilen Zellen gehören. Dabei zeigen die neutrophilen Zellen die stärkste phagocytotische Aktivität, sie werden als erste Zellen der angeborenen Immunität gegen Krankheitserreger aktiviert. Man bezeichnet sie auch als polymorphkernige neutrophile Leukocyten (PMNs oder „Polys“). Sie sind kurzlebig und kommen im Blut in großer Zahl vor, nicht jedoch in gesunden Geweben. Makrophagen und Granulocyten sind bei der angeborenen Immunität von entscheidender Bedeutung, da sie zahlreiche Krankheitserreger ohne Unterstützung durch die adaptive Immunantwort erkennen, aufnehmen und zerstören können. Phagocytotische Zellen, die eindringende Krankheitserreger beseitigen, bilden einen schon lange existierenden Mechanismus der angeborenen Immunität, da sie sowohl bei Wirbellosen als auch bei Vertebraten vorkommen.

Die dritte Gruppe der Phagocyten im Immunsystem sind die unreifen dendritischen Zellen, die in den lymphatischen Organen und den peripheren Geweben vorkommen. Es gibt zwei funktionelle Haupttypen: die konventionellen (klassischen) dendritischen Zellen (cDCs) und die plasmacytoiden dendritischen Zellen (pDCs). Beide Zelltypen entstehen im Knochenmark aus Vorläuferzellen, die ursprünglich aus Zellen mit myeloischem Potenzial hervorgegangen sind. Sie wandern über das Blut zu allen Geweben im Körper und zu den peripheren lymphatischen Organen. Dendritische Zellen nehmen Mikroorganismen auf und zerstören sie, ihre primäre Funktion während der Immunantwort besteht jedoch anders als bei Makrophagen und neutrophilen Zellen nicht darin, an vorderster Linie Mikroorganismen in großer Zahl zu töten. Eine wichtige Funktion der cDC-Zellen ist die Prozessierung aufgenommener Mikroorganismen, um Peptidantigene zu produzieren, die T-Zellen aktivieren und so adaptive Immunantworten auslösen können. Als Reaktion auf die Erkennung von Mikroorganismen produzieren sie auch Cytokine, die andere gegen eine Infektion wirkende Zelltypen aktivieren. cDCs bilden also offensichtlich eine Brücke zwischen der angeborenen und der adaptiven Immunantwort. pDC-Zellen sind die hauptsächlichen Produzenten einer Gruppe von Cytokinen, die man als Typ-I-Interferone oder antivirale Interferone bezeichnet, und man betrachtet sie als Teil der angeborenen Immunität (siehe unten in diesem Kapitel).

Da die meisten Mikroorganismen über die Schleimhäute des Darms und der Atemwege, über die Haut oder den Urogenitaltrakt in den Körper eindringen, sind die Makrophagen in den Geweben der Submucosa meistens die ersten Zellen, die mit den Krankheitserregern in Kontakt kommen, sie werden aber bald durch die Rekrutierung zahlreicher neutrophiler Zellen zu den Infektionsherden unterstützt. Makrophagen und neutrophile Zellen erkennen Krankheitserreger mithilfe von Rezeptoren auf der Zelloberfläche, die zwischen den Oberflächenmolekülen von Pathogenen und körpereigenen Zellen unterscheiden können. Makrophagen und neutrophile Zellen sind zwar jeweils Phagocyten, aber bei der angeborenen Immunität besitzen sie unterschiedliche Eigenschaften und Funktionen.

Der Vorgang der Phagocytose wird ausgelöst, wenn bestimmte Rezeptoren auf der Zelloberfläche – im Allgemeinen bei einem Makrophagen, einer neutrophilen oder einer dendritischen Zelle – mit der Oberfläche des Mikroorganismus in Kontakt kommen. Der gebundene Krankheitserreger wird zuerst von der Plasmamembran des Phagocyten umschlossen und dann in ein großes, von einer Membran umschlossenes Vesikel aufgenommen, das man als Phagosom bezeichnet. Das Phagosom fusioniert mit einem oder mehreren Lysosomen, wodurch sich das Phagolysosom bildet, in dem nun die lysosomalen Inhaltsstoffe freigesetzt werden. Das Phagolysosom wird zudem angesäuert und erhält antimikrobielle Peptide und Enzyme. Außerdem finden enzymatische Prozesse statt, bei denen hochreaktive Superoxid- und Stickstoffradikale entstehen, die zusammen den Mikroorganismus töten (Abb. 3.2). Neutrophile Zellen sind für das intrazelluläre Abtöten von Mikroorganismen hochgradig spezialisiert und sie enthalten im Cytoplasma verschiedene Arten von Granula – primäre und sekundäre Granula (Abschn. 2.1.4). Diese fusionieren mit Phagosomen und setzen weitere Enzyme und antimikrobielle Peptide frei, die den Mikroorganismus angreifen. Ein anderer Reaktionsweg, bei dem extrazelluläres Material (auch von Mikroorganismen) in ein endosomales Kompartiment aufgenommen und dann abgebaut wird, ist die rezeptorvermittelte Endocytose; sie ist nicht auf Phagocyten beschränkt. Dendritische Zellen und andere Phagocyten können Krankheitserreger auch durch einen unspezifischen Prozess aufnehmen, den man als Makropinocytose bezeichnet. Dabei werden große Mengen an extrazellulärer Flüssigkeit und ihre Bestandteile aufgenommen.

Abb. 3.2
figure 2

Makrophagen exprimieren Rezeptoren, mit deren Hilfe sie Mikroorganismen durch Phagocytose aufnehmen können. Oben: Makrophagen kommen überall im Körper in den Geweben vor; sie sind die ersten Zellen, die mit Krankheitserregern in Kontakt kommen und darauf reagieren. Auf der Zelloberfläche tragen sie Rezeptoren, die an verschiedene Moleküle auf Mikroorganismen binden (vor allem Kohlenhydrate und Lipide), und sie lösen die Phagocytose des gebundenen Materials aus. Mitte: Dectin-1 gehört zur Familie der C-Typ-Lektin-ähnlichen Rezeptoren, der eine einzige C-Typ-Lektin-ähnliche Domäne (CTLD) besitzt. Die allgemeine Grundstruktur von Lektinen ist eine Kohlenhydraterkennungsdomäne (CRD). Der Mannoserezeptor der Makrophagen enthält viele CTLDs, dazu eine fibrinogenähnliche Domäne und eine cysteinreiche Region am Aminoterminus. Klasse-A-Scavenger-Rezeptoren wie MARCO bestehen aus kollagenähnlichen Domänen, die ein Trimer bilden. Das Protein CD36 ist ein Klasse-B-Scavenger-Rezeptor, der Lipide erkennt und in die Zelle aufnimmt. Verschiedene Komplementrezeptoren binden komplementbedeckte Bakterien und bewirken deren Aufnahme in die Zelle. Unten: Bei der Phagocytose wird rezeptorgebundenes Material in der Zelle in Phagosomen aufgenommen, die mit Lysosomen fusionieren und ein saures Phagolysosom bilden. Hier wird das aufgenommene Material von lysosomalen Hydrolasen abgebaut

Makrophagen und neutrophile Zellen exprimieren konstitutiv eine Reihe von Zelloberflächenrezeptoren, die die Phagocytose und das intrazelluläre Abtöten von daran gebundenen Mikroorganismen stimulieren. Einige von ihnen erzeugen auch Signale über andere Wege, wodurch Reaktionen wie die Cytokinproduktion ausgelöst werden. Zu diesen phagocytotischen Rezeptoren gehören verschiedene Vertreter der Typ-C-Lektin-Familie (Abb. 3.2). So wird beispielsweise Dectin-1 von Makrophagen und neutrophilen Zellen in großer Menge exprimiert; der Rezeptor erkennt β-1,3-verknüpfte Glucane (Polymere der Glucose), die allgemein in den Zellwänden der Pilze vorkommen. Dendritische Zellen exprimieren ebenfalls Dectin-1 sowie einige weitere C-Typ-Lektin-ähnliche Rezeptoren (Kap. 9). Ein weiteres C-Typ-Lektin ist der Mannoserezeptor (MR), der von Makrophagen und dendritischen Zellen exprimiert wird. Er erkennt verschiedene mannosylierte Liganden, die auf Pilzen, Bakterien und Viren vorkommen. Ursprünglich dachte man, dass dieser Rezeptor bei der Immunabwehr von Mikroorganismen eine wichtige Rolle spielt. Experimente mit Mäusen, denen dieser Rezeptor fehlt, bestätigen diese Vermutung jedoch nicht. Der Mannoserezeptor der Makrophagen dient wahrscheinlich nur als Rezeptor zur Beseitigung von körpereigenen Glykoproteinen (beispielsweise β-Glucuronidase und lysosomale Hydrolasen), die mannosehaltige Kohlehydratseitenketten besitzen und deren extrazelluläre Konzentrationen während einer Entzündung zunehmen.

Eine zweite Gruppe von phagocytotischen Rezeptoren der Makrophagen bezeichnet man als Scavenger-Rezeptoren. Diese erkennen verschiedene anionische Polymere und acetylierte Lipoproteine mit geringer Dichte. Sie besitzen heterogene Strukturen und umfassen mindestens sechs verschiedene Molekülfamilien. Klasse-A-Scavenger-Rezeptoren sind Membranproteine, die aus Trimeren von kollagenähnlichen Domänen bestehen (Abb. 3.2). Dazu gehören SR-A I, SR-A II und MARCO (Makrophagenrezeptor mit Kollagenstruktur), die alle an verschiedene Bestandteile von bakteriellen Zellwänden binden und dazu beitragen, Bakterien in die Zelle aufzunehmen, wobei die Grundlagen ihrer Spezifität noch kaum bekannt sind. Klasse-B-Scavenger-Rezeptoren binden Lipoproteine mit hoher Dichte und bewirken die Aufnahme von Lipiden in die Zellen. Einer der Rezeptoren ist CD36, der viele Liganden bindet, beispielsweise langkettige Fettsäuren.

Eine dritte Gruppe von Rezeptoren mit besonderer Bedeutung bei Makrophagen und neutrophilen Zellen sind die Komplementrezeptoren und die Fc-Rezeptoren, die bereits in Kap. 1 und 2 vorgestellt wurden. Diese Rezeptoren binden an komplementbedeckte Mikroorganismen oder an Antikörper, die an eine mikrobielle Oberfläche gebunden haben und bei einer Vielzahl von Mikroorganismen die Phagocytose erleichtern.

1.2 G-Protein-gekoppelte Rezeptoren auf Phagocyten verknüpfen die Erkennung von Mikroorganismen mit einer erhöhten Effizienz beim Abtöten dieser Mikroorganismen in der Zelle

Wenn Makrophagen und neutrophile Zellen Mikroorganismen durch Phagocytose aufnehmen, werden die Mikroorganismen anschließend im Inneren der Phagocyten normalerweise getötet. Neben den phagocytotischen Rezeptoren besitzen Makrophagen und neutrophile Zellen weitere Rezeptoren, deren Signale das Abtöten der Mikroorganismen stimulieren. Diese Rezeptoren gehören zu einer Molekülfamilie, die in der Evolution schon sehr lange existiert. Dabei handelt es sich um die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR), die durch sieben membrandurchspannende Abschnitte gekennzeichnet sind. Vertreter dieser Familie sind für die Funktion des Immunsystems von entscheidender Bedeutung, da sie auch Reaktionen auf Anaphylatoxine (etwa das Komplementfragment C5a, Abschn. 2.2.10) und viele Chemokine steuern, Phagocyten zu Infektionsherden lenken und Entzündungen fördern.

Der fMet-Leu-Phe-(fMLF-)Rezeptor ist ein G-Protein-gekoppelter Rezeptor, der die Anwesenheit von Bakterien feststellt, indem er bestimmte Merkmale von bakteriellen Polypeptiden erkennt. Die Proteinsynthese der Bakterien beginnt im Allgemeinen mit einem N-Formylmethioninrest (fMet); diese Aminosäure kommt nur bei Prokaryoten und nicht bei Eukaryoten vor. Der fMLF-Rezeptor ist nach dem Tripeptid Formylmethionyl-Leucyl-Phenylalanin benannt, für das er eine hohe Affinität besitzt, doch bindet er auch andere Peptidmotive. Bakterielle Polypeptide, die an diesen Rezeptor binden, aktivieren in der Zelle Signalwege, die die Zelle veranlassen, sich zu der Stelle mit der höchsten Ligandenkonzentration zu bewegen. Signale des fMLF-Rezeptors induzieren auch die Produktion von antimikrobiell wirkenden reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) im Phagolysosom. Der C5a-Rezeptor erkennt das kleine Fragment, das beim klassischen und beim Lektinweg der Komplementaktivierung entsteht. Das geschieht normalerweise, wenn Mikroorganismen auftreten (Abschn. 2.2.10), und der Signalweg des fMLF-Rezeptors verläuft in ähnlicher Weise. Die Stimulation dieser Rezeptoren lenkt sowohl Monocyten als auch neutrophile Zellen zu Infektionsherden und führt zu einer Verstärkung der antimikrobiellen Aktivitäten. Diese Zellreaktionen können direkt durch Erkennen von bakteriellen Produkten oder durch Signalmoleküle wie C5a aktiviert werden, die anzeigen, dass ein Kontakt mit einem Mikroorganismus bereits stattgefunden hat.

 Video 3.3

Die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren erhielten die Bezeichnung aufgrund der Tatsache, dass die Bindung eines Liganden ein Protein aus einer Gruppe von GTP-bindenden Faktoren aktiviert, den G-Proteinen. Um diese von der Gruppe der kleinen GTPasen (mit Ras als typischem Vertreter) zu unterscheiden, spricht man hier auch von heterotrimeren G-Proteinen. Diese setzen sich aus den drei Untereinheiten Gα, Gβ und Gγ zusammen. Dabei ähnelt die α-Untereinheit den kleinen GTPasen (Abb. 3.3). Im Ruhezustand ist das G-Protein inaktiv, nicht mit dem Rezeptor assoziiert und an die α-Untereinheit ist ein Molekül GDP gebunden. Wenn ein Ligand an den Rezeptor bindet, ändert sich die Konformation des Rezeptors, sodass er an das G-Protein binden kann. Dadurch wird GDP aus dem G-Protein verdrängt und durch GTP ersetzt. Das aktive G-Protein dissoziiert in zwei Komponenten: Gα und einen Komplex aus der Gβ- und Gγ-Untereinheit. Jede dieser Komponenten kann mit anderen Signalmolekülen in der Zelle in Wechselwirkung treten. So wird das Signal übertragen und verstärkt. G-Proteine können ein breites Spektrum von Zielenzymen aktivieren, etwa die Adenylatcyclase, die den Second Messenger zyklisches AMP (cAMP) produziert, und die Phospholipase C, durch deren Aktivierung die Second Messenger Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3) und Diacylglycerin entstehen und Ca2+ freigesetzt wird.

Abb. 3.3
figure 3

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren übertragen Signale, indem sie an intrazelluläre heterotrimere G-Proteine binden. Erstes Bild: G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) wie der fMet-Leu-Phe-Rezeptor und Chemokinrezeptoren übertragen ihre Signale über GTP-bindende Proteine, die man als heterotrimere G-Proteine bezeichnet. Im inaktiven Zustand bindet die α-Untereinheit eines G-Proteins GDP und ist mit der β- und der γ-Untereinheit assoziiert. Zweites Bild: Wenn ein Ligand an den Rezeptor bindet, kommt es zu einer Konformationsänderung, durch die der Rezeptor mit dem G-Protein interagieren kann. Dabei wird GDP verdrängt und GTP bindet an die α-Untereinheit. Drittes Bild: Durch die GTP-Bindung dissoziiert das G-Protein in die α-Untereinheit und die βγ-Untereinheit, die jeweils andere Proteine an der Innenseite der Plasmamembran aktivieren können. Bei der fMLF-Signalübertragung in Makrophagen und neutrophilen Zellen aktiviert die α-Untereinheit indirekt die GTPasen Rac und Rho, während die βγ-Untereinheit die GTPase Cdc42 indirekt aktiviert. Durch die Reaktionen dieser Proteine wird schließlich die NADPH-Oxidase zusammengefügt und es kommt zu einem respiratorischen Burst. Die Signalübertragung durch Chemokine erfolgt auf ähnliche Weise und aktiviert chemotaktische Mechanismen. Viertes Bild: Die ausgelöste Reaktion endet, sobald die intrinsische GTPase-Aktivität der α-Untereinheit GTP zu GDP hydrolysiert und die α-Untereinheit wieder an die βγ-Untereinheit bindet. Die intrinsische GTP-Hydrolyse durch die α-Untereinheit erfolgt relativ langsam und die Signalübertragung wird durch zusätzliche GTPase-aktivierende Proteine reguliert (nicht dargestellt), wodurch sich die Geschwindigkeit der GTP-Hydrolyse erhöht

Die Signalübertragung durch die fMLF- und C5a-Rezeptoren beeinflussen die Mobilität, den Stoffwechsel, die Genexpression und das Teilungsverhalten der Zellen, indem verschiedene Proteine aus der Rho-Familie der kleinen GTPasen aktiviert werden. Die α-Untereinheit des aktivierten G-Proteins aktiviert indirekt Rac und Rho, während die βγ-Untereinheit die kleine GTPase Cdc42 aktiviert (Abb. 3.3). Die Aktivierung dieser drei GTPasen wird von den Guaninnucleotidaustauschfaktoren (guanine exchange factors, GEF) reguliert (Abb. 7.4), die das an die GTPase gebundene GDP durch GTP ersetzen. Die durch fMLF aktivierten G-Proteine aktivieren das GEF-Protein PREX1 (phosphatidylinositol 3,4,5-trisphosphate-dependent Rac exchanger 1), das Rac direkt aktivieren kann. Andere GEF, etwa Faktoren der Vav-Proteinfamilie, die von anderen Arten von Rezeptoren kontrolliert werden (Abschn. 7.2.13), können Rac ebenfalls stimulieren und ihre Reaktionen verlaufen synergistisch mit denen der fMLF- und C5a-Rezeptoren.

Die Aktivierung von Rac und Rho trägt dazu bei, das antimikrobielle Potenzial der Makrophagen und neutrophilen Zellen, die Krankheitserreger aufgenommen haben, zu verstärken. Nach der Phagocytose von Mikroorganismen produzieren Makrophagen und neutrophile Zellen eine Reihe toxischer Moleküle, die das Abtöten der aufgenommenen Mikroorganismen unterstützen (Abb. 3.4). Am wichtigsten sind dabei die antimikrobiellen Peptide (Abschn. 2.1.4), reaktive Stickstoffspezies wie Stickstoffmonoxid (NO) und ROS wie das Superoxidanion /\( \mathrm{O_2^-} \) und Wasserstoffperoxid (H2O2). Stickstoffmonoxid wird von der induzierbaren NOS2 (iNOS2), einer hochaktiven Form der Stickstoffmonoxid-Synthase, produziert. Die Expression dieses Enzyms wird durch verschiedene Reize ausgelöst, unter anderem durch fMLF.

Abb. 3.4
figure 4

Antibakterielle Faktoren, die nach der Aufnahme von Mikroorganismen durch Phagocyten produziert oder freigesetzt werden. Die meisten der hier aufgeführten Faktoren wirken auf Mikroorganismen direkt toxisch und können ihre Aktivität unmittelbar im Phagolysosom entfalten, sie können aber auch in die extrazelluläre Umgebung freigesetzt werden. Viele dieser Substanzen sind für körpereigene Zellen toxisch. Andere Produkte der Phagocyten entziehen der extrazellulären Umgebung für die Mikroorganismen essenzielle Nährstoffe, die diesen dann nicht mehr zur Verfügung stehen, wodurch das mikrobielle Wachstum gehemmt wird. Die Ansäuerung der Lysosomen hat neben der direkten bakteriostatischen oder bakteriziden Wirkung vor allem den Effekt, dass viele saure Hydrolasen aktiviert werden, die den Vakuoleninhalt abbauen

Die Aktivierung der fMLF- und C5a-Rezeptoren geht direkt mit der Erzeugung von ROS einher. Das Superoxid wird von einer membrangebundenen NADPH-Oxidase (Phagocytenoxidase) produziert, die aus mehreren Untereinheiten besteht. In nichtstimulierten Phagocyten ist das Enzym inaktiv, da es noch nicht vollständig zusammengesetzt ist. Eine Gruppe von Untereinheiten ist der Cytochrom-b558-Komplex (bestehend aus p22 und gp91). Dieser ist in den Plasmamembranen von ruhenden Makrophagen und neutrophilen Zellen lokalisiert und kommt in Lysosomen vor, sobald sie zu Phagolysosomen gereift sind. Die übrigen Bestandteile p40, p47 und p67 befinden sich im Cytosol. Die Aktivierung der Phagocyten führt dazu, dass die cytosolischen Komponenten an den membranassoziierten Cytochrom-b558-Komplex binden (Abb. 3.5). Die fMLF- und C5a-Rezeptoren tragen zum Prozess bei, indem sie Rac aktivieren. Rac unterstützt dann die Bewegung der cytosolischen Komponenten zur Membran, wo die aktive NADPH-Oxidase zusammengesetzt wird.

Abb. 3.5
figure 5

Der antimikrobielle respiratorische Burst in den Phagocyten wird ausgelöst, sobald die Phagocyten-NADPH-Oxidase nach einer Aktivierung zusammengesetzt wurde. Erstes Bild: Neutrophile Zellen sind hochgradig darauf spezialisiert, Krankheitserreger aufzunehmen und abzutöten. Sie enthalten verschiedene Arten von cytoplasmatischen Granula, etwa die hier dargestellten primären und sekundären Granula. Diese enthalten wiederum antimikrobielle Peptide und Enzyme. Zweites Bild: In ruhenden neutrophilen Zellen sind die Cytochrom-b558-Untereinheiten (gp91 und p22) der NADPH-Oxidase in der Plasmamembran lokalisiert. Die übrigen Bestandteile (p40, p47 und p67) der Oxidase befinden sich im Cytosol. Die Signalübertragung durch phagocytotische Rezeptoren und fMLF- und C5a-Rezeptoren wirken synergistisch an der Aktivierung von Rac2 mit und induzieren das Zusammensetzen der vollständigen und aktiven NADPH-Oxidase in der Membran des Phagolysosoms. Dieses ist durch die Fusion des Phagosoms mit Lysosomen und primären und sekundären Granula entstanden. Drittes Bild: Die aktive NADPH-Oxidase überträgt ein Elektron von ihrem FAD-Cofaktor auf molekularen Sauerstoff, wodurch im Lumen des Phagolysosoms das Superoxidanion \( \mathrm{O_2^-} \) (blau) und andere freie Sauerstoffradikale entstehen. Dann werden Kalium- und Wasserstoffionen in das Phagolysosom gezogen, die das geladene Superoxidanion neutralisieren, wodurch der Säuregehalt im Vesikel steigt. Durch die Ansäuerung dissoziieren Enzyme der Granula wie Cathepsin G und Elastase (gelb) aus der Proteoglykanmatrix. Dadurch können sie von lysosomalen Proteasen gespalten und aktiviert werden. \( \mathrm{O_2^-} \) wird durch die Superoxid-Dismutase (SOD) in Wasserstoffperoxid (H2O2) umgewandelt. Dieses Molekül kann wiederum Mikroorganismen töten oder von der Myeloperoxidase in das antimikrobielle Hypochlorit (OCl) umgewandelt werden. Durch die chemische Reaktion mit Eisen-II-Ionen (Fe2+) kann aus H2O2 auch das Hydroxylradikal (\( \mathrm{^{\bullet}OH} \)) entstehen

Die Reaktion der NADPH-Oxidase führt zu einem temporären Anstieg des Sauerstoffverbrauchs durch die Zelle. Diesen Effekt bezeichnet man als respiratorischen Burst (respiratory burst). Dabei entsteht im Lumen des Phagolysosoms das Superoxidanion, das von dem Enzym Superoxid-Dismutase (SOD) in H2O2 umgewandelt wird. Durch weitere chemische und enzymatische Reaktionen wird aus H2O2 eine Reihe von toxischen ROS, etwa das Hydroxylradikal (\( \mathrm{^{\bullet}OH} \)), Hypochlorit (OCl) und Hypobromit (OBr), gebildet. Auf diese Weise aktiviert die direkte Erkennung von Polypeptiden bakterieller Herkunft oder die vorher erfolgte Erkennung des Pathogens durch das Komplementsystem einen starken Abtötungsmechanismus im Inneren von Makrophagen und neutrophilen Zellen, die mithilfe ihrer phagocytotischen Rezeptoren Mikroorganismen aufgenommen haben. Die Aktivierung von Phagocyten kann jedoch auch eine gravierende Gewebeschädigung mit sich bringen, da in den Interzellularraum hydrolytische Enzyme, membranzerstörende Peptide und reaktive Sauerstoffspezies freigesetzt werden können, die für Körperzellen toxisch sind.

Neutrophile Zellen nutzen den oben beschriebenen respiratorischen Burst für ihre Reaktion auf eine Infektion in der frühen Phase. Neutrophile Zellen halten sich nicht in den Geweben auf und müssen aus dem Blutkreislauf zu einem Infektionsherd gelenkt werden. Ihre einzige Funktion besteht darin, Mikroorganismen aufzunehmen und zu zerstören. Neutrophile Zellen können zwar bei einigen akuten Infektionen in viel größerer Zahl auftreten als Makrophagen, sie sind aber kurzlebig und sterben ab, sobald sie den Durchlauf einer Phagocytose absolviert und ihren Vorrat an primären und sekundären Granula verbraucht haben. Tote und sterbende neutrophile Zellen sind ein Hauptbestandteil von Eiter, der sich in Abszessen und Wunden bildet, die von bestimmten extrazellulären kapselbildenden Bakterien infiziert wurden, beispielsweise Streptokokken und Siaphylokokken. Diese bezeichnet man deshalb als eiterbildende oder pyogene Bakterien. Makrophagen sind dagegen langlebig und produzieren ständig neue Lysosomen.

Patienten, die an einer chronischen Granulomatose (chronic granulomatous disease, CGD) leiden, haben einen genetisch bedingten Mangel an NADPH-Oxidase. Dadurch produzieren ihre Phagocyten keine toxischen Sauerstoffderivate, wie sie für den respiratorischen Burst charakteristisch sind. Die Zellen können so die aufgenommenen Mikroorganismen weniger gut abtöten und die Infektion beseitigen. Die häufigste Form der CGD ist eine X-gekoppelte Erbkrankheit, die durch eine mutationsbedingte Inaktivierung der gp91-Untereinheit von Cytochrom b558 hervorgerufen wird. Menschen mit diesem Defekt sind ungewöhnlich anfällig für Infektionen durch Bakterien und Pilze, vor allem in der frühen Kindheit, wobei die Anfälligkeit das ganze Leben über fortbesteht. Eine autosomal-rezessive Form des NADPH-Oxidase-Mangels ist der p47phox-Defekt. Dabei ist die Aktivität zwar sehr niedrig, aber zumindest nachweisbar, und die Ausprägung der CGD ist milder.

Neben dem Abtöten von phagocytotisch aufgenommenen Mikroorganismen verfügen neutrophile Zellen über einen weiteren, ziemlich neuen Mechanismus zur Vernichtung von extrazellulären Krankheitserregern. Während einer Infektion durchlaufen einige aktivierte neutrophile Zellen eine besondere Form des Zelltods, bei dem das Chromatin des Zellkerns nicht wie bei der Apoptose abgebaut, sondern in den Extrazellularraum freigesetzt wird. Dort bildet das Material eine fibrilläre Matrix, die man als NET (neutrophile extracellular trap) bezeichnet (Abb. 3.6). Solche NET-Strukturen können Mikroorganismen festhalten, die dann von anderen neutrophilen Zellen oder Makrophagen durchaus effektiver aufgenommen werden. Für die NET-Bildung ist die Erzeugung von ROS notwendig. Bei CGD-Patienten ist die NET-Bildung verringert, was wahrscheinlich zu deren Anfälligkeit für Mikroorganismen beiträgt.

Abb. 3.6
figure 6

NET-Strukturen, die neutrophile Zellen hervorbringen, können Bakterien und Pilze festhalten. Diese rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von aktivierten humanen neutrophilen Zellen bei einer Infektion mit einem virulenten Stamm von Shigella flexneri (rötliche Stäbchen) zeigt die stimulierten neutrophilen Zellen, die NET-Strukturen bilden (blau, siehe Pfeile). Erkennbar sind auch durch die in NET-Strukturen festgehaltenen Bakterien (unterer Pfeil). (Foto mit freundlicher Genehmigung von Arturo Zychlinsky)

 Video 3.4

Makrophagen können Pathogene durch Phagocytose aufnehmen und den respiratorischen Burst herbeiführen, unmittelbar nachdem sie mit einem Mikroorganismus in Kontakt gekommen sind. Das kann bereits ausreichen, um zu verhindern, dass sich eine Infektion etabliert. Im 19. Jahrhundert war der Immunologe Ilja Metchnikoff überzeugt, dass die angeborene Makrophagenantwort die gesamte Immunreaktion umfasst. Tatsächlich besitzen Wirbellose wie der Seestern, den er damals untersuchte, nur eine angeborene Immunität, um Infektionen zu bekämpfen. Das ist zwar beim Menschen und bei anderen Vertebraten nicht so, aber die angeborene Makrophagenantwort bildet eine wichtige Abwehrlinie, die von Mikroorganismen erst überwunden werden muss, damit eine Infektion auf einen neuen Wirt übertragen werden kann.

Krankheitserreger haben jedoch eine Vielfalt von Strategien entwickelt, um der sofortigen Zerstörung durch Makrophagen und neutrophile Zellen zu entgehen. Viele extrazelluläre pathogene Bakterien umgeben sich mit einer dicken Polysaccharidkapsel, die von keinem phagocytotischen Rezeptor erkannt wird. Allerdings kann das Komplementsystem solche mikrobiellen Oberflächen erkennen und bedeckt sie dann mit C3b, wodurch sie für die Phagocytose durch Komplementrezeptoren markiert werden (Kap. 2). Andere Pathogene, beispielsweise die Mycobakterien, haben Mechanismen entwickelt, durch die sie sich im Inneren der Phagosomen von Makrophagen vermehren können, indem sie ein Ansäuern und die Fusion mit den Lysosomen blockieren. Wenn ein Mikroorganismus nicht über solche Fähigkeiten verfügt, muss er in ausreichender Zahl in den Körper eindringen, um die sofort einsetzenden Abwehrmaßnahmen des Wirts zu überlaufen und einen Infektionsherd zu etablieren.

1.3 Durch das Erkennen von Mikroorganismen und bei Gewebeschäden kommt es zu einer Entzündungsreaktion

Ein bedeutender Effekt der Wechselwirkung zwischen Mikroorganismen und Gewebemakrophagen ist die Aktivierung von Makrophagen und anderen Immunzellen – kleine Proteine, die Cytokine und Chemokine, sowie weitere chemische Mediatoren freizusetzen. Diese Proteine lösen zusammen im Gewebe einen Zustand der Entzündung aus, locken Monocyten und neutrophile Zellen zum Infektionsherd und ermöglichen den Zugang von Plasmaproteinen aus dem Blut in das Gewebe. Eine Entzündungsreaktion wird normalerweise innerhalb von Stunden nach einer Infektion oder Verletzung ausgelöst. Makrophagen werden durch Wechselwirkungen mit Mikroorganismen beziehungsweise deren Produkten über spezifische Rezeptoren, die von den Makrophagen exprimiert werden, dazu angeregt, proinflammatorische Cytokine wie TNF-α und Chemokine freizusetzen. Wir wollen uns weiter unten im Kapitel damit befassen, wie die Cytokine mit Krankheitserregern interagieren. Zuerst wollen wir jedoch einige allgemeine Aspekte von Entzündungen und ihren Beitrag zur Immunabwehr besprechen.

Eine Entzündung besitzt bei der Bekämpfung einer Infektion drei entscheidende Funktionen. Erstens gelangen dabei weitere Effektormoleküle und -zellen aus dem Blut zu Infektionsherden, um das Abtöten der eingedrungenen Mikroorganismen zu verstärken. Zweitens entsteht durch eine lokal induzierte Blutgerinnung eine physikalische Barriere, die ein Ausbreiten der Infektion im Blutkreislauf verhindert, und drittens wird die Heilung des geschädigten Gewebes gefördert.

Entzündungsreaktionen sind durch Schmerz, Rötung, Hitze und Schwellung an der Infektionsstelle gekennzeichnet. Dies weist auf vier Arten von Veränderungen in den lokalen Blutgefäßen hin (Abb. 3.7): Bei der Ersten handelt es sich um eine Vergrößerung des Gefäßdurchmessers, die den lokalen Blutfluss verstärkt – also zu Hitze und Rötung führt – und gleichzeitig die Fließgeschwindigkeit des Blutes verringert, insbesondere entlang der Oberfläche kleiner Blutgefäße. Die zweite Veränderung betrifft die Endothelzellen, die das Blutgefäß auskleiden. Sie werden aktiviert, um Adhäsionsmoleküle zu exprimieren, welche die Bindung von zirkulierenden Leukocyten verstärken. Die Kombination aus verlangsamtem Blutfluss und Expression von Adhäsionsmolekülen ermöglicht es den Leukocyten, sich an das Endothel zu heften und in die Gewebe einzuwandern. Diesen Vorgang bezeichnet man als Extravasation. Die von den aktivierten Makrophagen und Parenchymzellen erzeugten proinflammatorischen Cytokine und Chemokine lösen alle diese Veränderungen aus.

Abb. 3.7
figure 7

Eine Infektion stimuliert Makrophagen, Cytokine und Chemokine freizusetzen, die eine Entzündungsreaktion auslösen. Cytokine, die von Gewebemakrophagen am Infektionsherd produziert werden, führen zu einer Erweiterung der lokalen kleinen Blutgefäße und zu Veränderungen der Endothelzellen in den Gefäßwänden. Diese Veränderungen bewirken, dass Leukocyten wie neutrophile Zellen oder Monocyten aus dem Blutgefäß in das infizierte Gewebe einwandern (Extravasation) und dabei von Chemokinen angelockt werden, die von den aktivierten Makrophagen stammen. Die Blutgefäße werden auch durchlässiger, sodass Plasmaproteine und Flüssigkeit in die Gewebe austreten können. Diese Veränderungen verursachen zusammen die charakteristischen Anzeichen einer Entzündung am Infektionsherd: Hitze, Schmerz, Rötung und Schwellung

Nach Einsetzen der Entzündung werden als erste weiße Blutzellen neutrophile Zellen zum Infektionsherd gelockt. Ihnen folgen die Monocyten (Abb. 3.8), die man nach ihrer Aktivierung als inflammatorische Monocyten bezeichnet und die dann verschiedene proinflammatorische Cytokine produzieren. Aufgrund der fehlenden Expression des G-Protein-gekoppelten Adhäsionsrezeptors E1 (der häufig mit F4/80 bezeichnet wird), unterscheiden sie sich von den Makrophagen. Aus Monocyten können in den Geweben auch dendritische Zellen hervorgehen, was von den Signalen abhängt, die sie aus ihrer Umgebung erhalten. In späteren Entzündungsstadien gelangen andere Leukocyten wie eosinophile Zellen und Lymphocyten an den Infektionsherd.

Abb. 3.8
figure 8

Monocyten, die im Blut zirkulieren, verlassen den Blutkreislauf und wandern zu Infektions- und Entzündungsherden. Adhäsionsmoleküle auf den Endothelzellen der Blutgefäße halten den Monocyten zuerst fest und bewirken, dass sich die Zelle an das Gefäßendothel heftet. Chemokine, die an das Gefäßendothel gebunden sind, signalisieren dem Monocyten, das Endothel zu durchqueren und in das darunterliegende Gewebe zu wandern. Der Monocyt, der sich nun zu einem Makrophagen differenziert, setzt seine Bewegung zum Infektionsherd unter dem Einfluss von Chemokinen, die bei den Entzündungseffekten freigesetzt wurden, fort. Monocyten, die das Blut auf diese Weise verlassen, können sich auch zu dendritischen Zellen differenzieren (nicht dargestellt), abhängig von den Signalen, die sie aus ihrer Umgebung erhalten

Die dritte wichtige Veränderung der lokalen Blutgefäße ist die erhöhte Durchlässigkeit der Gefäßwand. Die Endothelzellen, die das Blutgefäß auskleiden, halten nicht mehr fest zusammen, sondern lösen sich voneinander, sodass Flüssigkeit und Proteine aus dem Blut austreten und sich lokal im Gewebe anreichern. Das führt zu einer Schwellung oder einem Ödem und zu Schmerzen – außerdem zur Akkumulation von Plasmaproteinen im Gewebe, beispielsweise Komplementfaktoren und MBL, die an der Immunabwehr mitwirken. Die Veränderungen im Endothel, die als Folge der Entzündung auftreten, bezeichnet man allgemein als Endothelaktivierung. Die vierte Veränderung, die Blutgerinnung in den Blutkapillaren beim Infektionsherd, verhindert, dass sich die Krankheitserreger über das Blut ausbreiten können.

Für diese Veränderungen sind eine Reihe verschiedener Entzündungsmediatoren verantwortlich, die nach der Erkennung eines Krankheitserregers durch die Makrophagen, später auch durch neutrophile Zellen und weitere Blutzellen freigesetzt werden. Makrophagen und neutrophile Zellen setzen Lipidmediatoren der Entzündung frei – Prostaglandine, Leukotriene und den plättchenaktivierenden Faktor (platelet activating factor, PAF), welche innerhalb kurzer Zeit durch enzymatische Reaktionen entstehen, die Membranphospholipide abbauen. Nach diesen Substanzen entfalten die Cytokine und Chemokine ihre Wirkung; sie werden von den Makrophagen und inflammatorischen Monocyten als Reaktion auf Pathogene erzeugt. Das Cytokin Tumornekrosefaktor α (TNF-α) ist beispielsweise ein starker Aktivator von Endothelzellen. Wir befassen uns mit TNF-α und damit verwandten Cytokinen in Abschn. 3.2.1.

Das Peptid C5a stimuliert nicht nur den respiratorischen Burst der Phagocyten und wirkt als Attraktor für neutrophile Zellen und Monocyten, sondern fördert auch die Entzündung, indem es die Durchlässigkeit von Gefäßwänden erhöht und die Expression bestimmter Adhäsionsmoleküle auf dem Endothel induziert. C5a aktiviert zudem lokale Mastzellen (Abschn. 1.2.4). Diese werden dadurch angeregt, Granula freizusetzen, die das Entzündungsmolekül Histamin, TNF-α und Cathelicidine enthalten.

Bei einer Verletzung lösen beschädigte Blutgefäße unmittelbar zwei schützende Enzymkaskaden aus. Eine ist das Kininsystem aus Plasmaproteasen, das von Gewebeschäden ausgelöst wird und mehrere Polypeptide erzeugt, die den Blutdruck, die Blutgerinnung und das Schmerzempfinden regulieren. Wir können uns hier nicht mit all diesen Faktoren beschäftigen, doch einer dieser Entzündungsmediatoren sei genannt: das gefäßaktive Peptid Bradykinin, das die Gefäßpermeabilität erhöht, wodurch sich der Zustrom von Plasmaproteinen in den geschädigten Gewebebereich verstärkt. Bradykinin ruft auch Schmerzen hervor, die – so unangenehm sie sein mögen – die Aufmerksamkeit auf das Problem lenken und den betroffenen Körperteil immobilisieren, was wiederum die Ausbreitung der Infektion begrenzt.

Das Gerinnungssystem ist eine weitere Proteasekaskade, die nach der Beschädigung von Blutgefäßen aktiv wird (eine vollständige Beschreibung würde jedoch den Rahmen hier sprengen). Durch die Aktivierung kommt es zur Bildung eines Fibringerinnsels, dessen normale Funktion darin besteht, einen Blutverlust zu verhindern. In Bezug auf die angeborene Immunität grenzt das Gerinnsel die infektiösen Mikroorganismen jedoch physikalisch ein und verhindert deren Eindringen in den Blutkreislauf. Die Kinin- und die Blutgerinnungskaskade werden ebenfalls durch aktivierte Endothelzellen ausgelöst und können so bei der Entzündungsreaktion auf Krankheitserreger wichtige Funktionen übernehmen, selbst wenn es nicht zu einer Verwundung oder einer umfangreichen Verletzung des Gewebes gekommen ist, da beide Kaskaden auch durch die Aktivierung von Endothelzellen ausgelöst werden. So verursacht die Entzündungsreaktion innerhalb von Minuten nach dem Eindringen von Krankheitserregern in das Gewebe einen Einstrom von Proteinen und Zellen, die die Infektion in Grenzen halten. Zudem entsteht durch die Blutgerinnung eine physikalische Barriere, welche die Ausbreitung der Infektion begrenzt. Gewebeschäden können auch dann auftreten, wenn keine Infektion durch Mikroorganismen vorliegt, etwa bei einem physischen Trauma, bei Sauerstoffmangel, bei Stoffwechselstörungen und bei Autoimmunrerkrankungen. Bei einer solchen sterilen Verletzung können viele der Veränderungen stattfinden, die mit einer Infektion zusammenhängen, etwa die Rekrutierung neutrophiler Zellen, die Aktivierung des Kininsystems und die Bildung von Blutgerinnseln.

1.4 Die Toll-like-Rezeptoren bilden ein schon lange bestehendes Erkennungssystem für Krankheitserreger

In Abschn. 1.2.5 haben wir die Mustererkennungsrezeptoren (PRRs) eingeführt, die als Sensoren für pathogenassoziierte molekulare Muster (PAMPs) fungieren. Signale dieser PRRs, die von zahlreichen verschiedenen Komponenten der Krankheitserreger ausgelöst werden können, stimulieren Makrophagen, Cytokine und Chemokine freizusetzen. Die Existenz dieser Rezeptoren war bereits von James Janeway Jr. vorhergesagt worden, bevor man die Mechanismen der angeborenen Immunerkennung kannte, einfach aufgrund der Tatsache, dass Adjuvanzien notwendig sind, um Immunreaktionen anzutreiben, die durch aufgereinigte Antigene hervorgerufen werden. Jules Hoffmann entdeckte den ersten dieser Rezeptoren, wofür er im Jahr 2011 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet wurde. Das Gen für das Rezeptorprotein Toll war bereits vorher identifiziert worden; es kontrolliert die korrekte dorsoventrale Musterbildung im Embryo der Taufliege Drosophila melanogaster. Im Jahr 1996 entdeckte Hoffmann jedoch, dass die Toll-Signale in der adulten Fliege die Expression verschiedener Mechanismen der Immunabwehr aktivieren, beispielsweise die Freisetzung von antimikrobiellen Peptiden wie Drosomycin. Diese Rezeptorsignale sind für die Bekämpfung von pathogenen grampositiven Bakterien und Pilzen essenziell.

Mutationen im Toll-Rezeptor oder in Signalproteinen, die von Toll aktiviert werden, führen bei Drosophila zu einer verringerten Produktion von antimikrobiellen Peptiden und zu einer Anfälligkeit der adulten Tiere für Pilzinfektionen (Abb. 3.9). In der Folge entdeckte man bei anderen Tieren, etwa bei Säugern, homologe Formen des Toll-Rezeptors, die Toll-like-Rezeptoren (TLRs). Diese Rezeptoren hängen mit der Abwehr von Infektionen durch Viren, Bakterien und Pilzen zusammen. Bei Pflanzen gibt es Proteine mit Domänen, die den Ligandenbindungsregionen der TLRs ähneln. Diese sind an der Produktion antimikrobieller Peptide beteiligt, was darauf hinweist, dass diese Domänen schon seit langer Zeit mit der Immunabwehr assoziiert sind.

Abb. 3.9
figure 9

Der Toll-Rezeptor ist bei Drosophila melanogaster für Immunreaktionen gegen Pilze erforderlich. Fliegen mit einem Defekt des Toll-Rezeptors sind für Pilzinfektionen wesentlich anfälliger als der Wildtyp. Das zeigt sich hier in Form eines unkontrollierten Wachstums von Pilzhyphen (Pfeil) von Aspergillus fumigatus, einem normalerweise nur schwach wirkenden Krankheitserreger. (Foto mit freundlicher Genehmigung von J. A. Hoffmann)

1.5 Die Toll-like-Rezeptoren werden durch viele verschiedene pathogenassoziierte molekulare Muster aktiviert

Beim Menschen gibt es zehn exprimierte TLR-Gene, bei Mäusen sind es zwölf. Jeder TLR erkennt bestimmte molekulare Muster, die grundsätzlich nicht auf gesunden Zellen der Vertebraten vorkommen. Ursprünglich hat man diese Moleküle pathogenassoziierte molekulare Muster (PAMPs) genannt, aber es handelt sich um allgemeine Komponenten sowohl von pathogenen als auch von nichtpathogenen Mikroorganismen, sodass man manchmal auch die Bezeichnung MAMPs (micobial associated molecular patterns) verwendet. Die TLRs der Säuger erkennen Moleküle, die für gramnegative und grampositive Bakterien, Pilze und Viren charakteristisch sind. Dazu gehören die Lipoteichonsäuren der grampositiven Bakterien und das Lipopolysaccharid (LPS) der äußeren Membran von gramnegativen Bakterien (Abb. 2.9). Beide sind für die Erkennung von Bakterien durch das angeborene Immunsystem von besonderer Bedeutung und werden von den TLRs erkannt. Andere mikrobielle Bestandteile besitzen ebenfalls eine Wiederholungsstruktur. Die Flagellen der Bakterien bestehen aus der sich wiederholenden Untereinheit Flagellin. Bakterielle DNA enthält eine große Zahl von Wiederholungen des nichtmethylierten CpG-Dinucleotids, das in der Säuger-DNA häufig methyliert vorliegt. Bei vielen Virusinfektionen gehört eine doppelsträngige RNA-Zwischenstufe zum viralen Lebenszyklus und die RNA von Viren enthält häufig Modifikationen, durch die sie sich von normalen RNA-Spezies des Wirtes unterscheiden.

Die Säuger-TLRs und ihre bekannten mikrobiellen Liganden sind in Abb. 3.10 aufgeführt. Da es nur relativ wenige TLR-Gene gibt, besitzen die TLRs im Vergleich zu den Antigenrezeptoren des adaptiven Immunsystems nur eine begrenzte Bandbreite von Spezifitäten. Sie können jedoch Komponenten der meisten pathogenen Mikroorganismen erkennen und werden auch von vielen Zelltypen exprimiert, etwa von Makrophagen, dendritischen Zellen, B-Zellen, Stromazellen und bestimmten Epithelzellen. So kann in vielen Geweben eine antimikrobielle Reaktion ausgelöst werden.

Abb. 3.10
figure 10

Die angeborene Immunerkennung durch Toll-like-Rezeptoren. Jeder TLR des Menschen oder der Maus, dessen Spezifität bekannt ist, erkennt eines oder mehrere mikrobielle Muster. Das geschieht im Allgemeinen durch eine direkte Wechselwirkung mit den Molekülen auf der Oberfläche der Krankheitserreger. Einige Toll-like-Rezeptoren bilden Heterodimere (zum Beispiel TLR-1:TLR-2 und TLR-6:TLR-2). LPS, Lipopolysaccharid

 Video 3.5

TLRs sind Sensoren für Mikroorganismen im Extrazellularraum. Einige TLRs der Säuger sind Rezeptoren auf der Zelloberfläche wie der Toll-Rezeptor von Drosophila, andere sind hingegen auch in der Zelle lokalisiert, das heißt in den Membranen der Endosomen, wo sie Krankheitserreger oder deren Bestandteile erkennen können, die durch Phagocytose, rezeptorvermittelte Endocytose oder Makropinocytose in die Zelle aufgenommen wurden (Abb. 3.11). TLRs sind Transmembranproteine mit einer einzigen membrandurchspannenden Domäne und einer extrazellulären Region, die aus 18–25 Kopien einer leucinreichen Wiederholung (leucine-rich repeat, LRR) besteht. Jede LRR- der TLR-Proteine besteht aus etwa 20–25 Aminosäuren und mehrere LRRs bilden ein hufeisenförmiges Proteingerüst, das sich an die Bindung und Erkennung verschiedener Liganden anpassen kann, und zwar sowohl an der äußeren (konvexen) als auch an der inneren (konkaven) Oberfläche. Die Signalübertragung der TLRs von Säugern wird aktiviert, wenn die Bindung eines Liganden zur Bildung eines Dimers führt oder sich so bei einem bereits gebildeten Dimer die Konformation ändert. Alle TLR-Proteine von Säugern enthalten in ihrem cytoplasmatischen Schwanz eine TIR-(Toll-IL-Rezeptor‑)Domäne, die mit weiteren Domänen des TIR-Typs in anderen Signalmolekülen interagiert. Eine TIR-Domäne kommt auch im cytoplasmatischen Teil des Rezeptors für das Cytokin Interleukin-1β (IL-1β) vor. Noch Jahre nach der Entdeckung der TLRs wusste man nicht, ob die Rezeptoren direkt mit den mikrobiellen Bestandteilen in Kontakt treten oder ob sie das Vorhandensein von Mikroorganismen auf indirekte Weise feststellen. So erkennt beispielsweise der Toll-Rezeptor von Drosophila die Produkte von Pathogenen nicht direkt, sondern wird stattdessen aktiviert, wenn er an eine abgebaute Form des Eigenproteins Spätzle bindet. Bei Drosophila gibt es andere Moleküle für eine direkte Pathogenerkennung. Diese setzen eine proteolytische Kaskade in Gang, die mit der Spaltung von Spätzle endet. Toll ist kein klassischer Mustererkennungsrezeptor. Röntgenstrukturanalysen von mehreren dimeren TLRs, die ihre Liganden gebunden haben, zeigen jedoch, dass zumindest einige der Säuger-TLRs mit ihren mikrobiellen Liganden in direkten Kontakt treten.

Abb. 3.11
figure 11

Die zelluläre Lokalisierung der Toll-like-Rezeptoren der Säuger. TLRs sind Transmembranproteine, deren extrazelluläre Region 18–25 Kopien der leucinreichen Wiederholung (LRR) enthält; zur Vereinfachung sind hier nur neun dargestellt. Einige TLRs liegen auf der Oberfläche von dendritischen Zellen, Makrophagen und weiteren Zellen, wo sie extrazelluläre Moleküle von Pathogenen erkennen können. Man nimmt an, dass TLRs als Dimere funktionieren. Hier sind nur die Heterodimere als solche dargestellt, die übrigen bilden Homodimere. In der Zelle lokalisierte TLRs, etwa in den Wänden der Endosomen, können mikrobielle Bestandteile wie DNA erkennen, die erst zugänglich werden, wenn ein Mikroorganismus abgebaut wurde. Die Diacyl- und Triacyllipopeptide, welche die heterodimeren Rezeptoren TLR-6:TLR-2 beziehungsweise TLR-1:TLR-2 erkennen, stammen aus den Lipoteichonsäuren in den Zellwänden von grampositiven Bakterien, die Lipoproteine hingegen aus der Oberfläche von gramnegativen Bakterien

Die Rezeptoren TLR-1, TLR-2 und TLR-6 der Säuger sind Rezeptoren auf der Zelloberfläche, die von verschiedenen Liganden aktiviert werden, etwa von Lipoteichonsäuren der grampositiven Bakterien und die Diacyl- und Triacyllipopeptide der gramnegativen Bakterien. Diese Rezeptoren kommen auf Makrophagen, dendritischen, eosinophilen und basophilen Zellen sowie auf Mastzellen vor. Durch die Bindung eines Liganden kommt es zur Bildung von Heterodimeren aus TLR-2 und TLR-1 oder TLR-2 und TLR-6. Die Röntgenstruktur von TLR-1 und TLR-2 mit einem daran gebundenen künstlichen Triacyllipopeptidliganden zeigt genau, wie die Dimerisierung entsteht (Abb. 3.12). Zwei der drei Lipidketten binden an die konvexe Oberfläche von TLR-2, während die dritte an die konvexe Oberfläche von TLR-1 bindet. Die Dimerisierung bringt die cytoplasmatischen TIR-Domänen der TLR-Ketten zusammen, sodass die Signalübertragung ausgelöst wird. Wahrscheinlich kommt es mit den Diacyllipopeptiden zu ähnlichen Wechselwirkungen, wenn die Dimerisierung von TLR-2 und TLR-6 induziert wird. Der Scavenger-Rezeptor CD36, der langkettige Fettsäuren bindet, und Dectin-1, das β-Glucane bindet (Abschn. 3.1.1) wirken jeweils bei der Ligandenerkennung mit TLR-2 zusammen.

Abb. 3.12
figure 12

Die direkte Erkennung von pathogenassoziierten molekularen Mustern durch TLR-1 und TLR-2 führt zur Dimerisierung der beiden TLRs und zum Auslösen eines Signals. TLR-1 und TLR-2 liegen an Zelloberflächen (links), wo sie bakterielle Triacyllipopeptide direkt erkennen können (Mitte). In der Röntgenstruktur (rechts) ist der Ligand ein synthetisches Peptid, das TLR-1:TLR-2-Dimere aktivieren kann. Es enthält drei Fettsäureketten, die an ein Polypeptidrückgrat gebunden sind. Zwei Fettsäureketten binden in einer Tasche auf der konvexen Bindungsoberfläche der äußeren Domäne von TLR-2, die dritte Kette bindet in einem hydrophoben Kanal an der konvexen Bindungsfläche von TLR-1. Dadurch dimerisieren die beiden TLR-Untereinheiten und bringen so ihre cytoplasmatischen Toll-IL-1-Rezeptor-(TIR-)Domänen zusammen und lösen die Signalübertragung aus. (Nachgedruckt mit Genehmigung von Jin, M.S., et al.: Crystal structure of the TLR1-TLR2 heterodimer induced by binding of a triacylated lipopeptide. Cell 2007, 130:1071–1082. Mit Genehmigung von © Elsevier 2007)

TLR-5 wird auf der Oberfläche von Makrophagen, dendritischen Zellen und Zellen des Darmepithels exprimiert. Der Rezeptor erkennt Flagellin, eine Proteinuntereinheit der Bakteriengeißel. TLR-5 erkennt eine stark konservierte Region von Flagellin, das in der zusammengesetzten Geißel im Inneren verborgen und nicht zugänglich ist. Das bedeutet, dass der Rezeptor nur durch das Flagellinmonomer aktiviert wird, wenn es beim Abbau von begeißelten Bakterien im Extrazellularraum frei wird. Mäuse, nicht jedoch Menschen, exprimieren TLR-11 und TLR-12, die wie TLR-5 ein intaktes Protein erkennen können. TLR-11 wird von Makrophagen und dendritischen Zellen gebildet, außerdem in der Leber, den Nieren und in den Zellen des Blasenepithels.

TLR-12 wird ebenfalls von Makrophagen und dendritischen Zellen synthetisiert, von hämatopoetischen Zellen jedoch in einem breiteren Rahmen als TLR-11. TLR-12 kommt allerdings in den Epithelien, in denen TLR-11 gebildet wird, gar nicht vor. Mäuse mit einem TLR-11-Defekt entwickeln Infektionen in den Harnwegen, die von uropathogenen Escherichia-coli-Stämmen hervorgerufen werden, wobei der bakterielle Ligand für TLR-11 noch unbekannt ist. Die Funktionen von TLR-11 und TLR-12 überlappen sich, da beide Rezeptoren parasitische Protozoen wie Toxoplasma gondii und Plasmodium falciparum erkennen. Sie binden an Proteinmotive, die in dem actinbindenen Protein Profilin der Protozoen vorkommen, nicht jedoch in den Profilinen der Säuger. Bei Makrophagen und konventionellen dendritischen Zellen sind TLR-11 und TLR-12 erforderlich, damit die Zellen durch das Profilin von T. gondii aktiviert werden, wobei TLR-12 von größerer Bedeutung ist. Mäuse, denen TLR-11 fehlt, entwickeln bei einer Infektion mit Toxoplasma gravierendere Gewebeschäden als normale Mäuse. Mäuse ohne TLR-12 hingegen sterben nach einer Infektion sehr schnell. Menschen exprimieren TLR-10, wobei TLR-10 bei Mäusen ein Pseudogen ist. Der zugehörige Ligand und auch die Funktion sind noch unbekannt.

Nicht alle TLRs der Säuger liegen als Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Die TLRs, die Nucleinsäuren erkennen, liegen in den Membranen der Endosomen; dorthin gelangen sie durch den Transport im endoplasmatischen Reticulum. TLR-3 wird von Makrophagen, konventionellen dendritischen Zellen und Darmepithelzellen exprimiert. Der Rezeptor erkennt doppelsträngige RNA (dsRNA), die bei zahlreichen Viren während der Replikation als Zwischenstufe gebildet wird, nicht nur von Viren mit einem RNA-Genom. Die dsRNA wird entweder durch direkte Endocytose von Viren mit einem doppelsträngigen RNA-Genom aufgenommen, etwa beim Rotavirus, oder durch Phagocytose von absterbenden Zellen, in denen sich Viren vermehren. Die TLRs treten mit der dsRNA in Kontakt, wenn das eintretende endocytotische Vesikel oder Phagosom mit dem Endosom fusioniert, das die TLRs enthält. Röntgenstrukturanalysen zeigen, dass TLR-3 direkt an die dsRNA bindet. Die äußere Domäne von TLR-3 (die Ligandenbindungsdomäne) enthält zwei Kontaktstellen für die Bindung von dsRNA, eine am Aminoterminus und eine zweite am Carboxyterminus in der Nähe der Membran. Die zweifache Symmetrie der dsRNA ermöglicht, dass sie gleichzeitig an zwei äußere Domänen von TLR-3 bindet. Dadurch kommt es zu einer Dimerisierung, welche die beiden TIR-Domänen von TLR-3 zusammenbringt und die intrazelluläre Signalübertragung auslöst. Das lässt sich zeigen, indem man die Signalübertragung mithilfe von poly(I:C), einem synthetischen Polymer aus Inosinylat und Cytidylat, künstlich auslöst. Poly(I:C) bindet an TLR-3 und wirkt als Analogon für dsRNA. Das Polymer wird häufig im Experiment benutzt, um diesen Reaktionsweg zu aktivieren. Mutationen in der äußeren Domäne von TLR-3 beim Menschen, die einen dominanten Funktionsverlust des Rezeptors mit sich bringen, können zu einer Encephalitis führen, die von dem nicht mehr kontrollierbaren Herpes-simplex-Virus verursacht wird.

TLR-7, TLR-8 und TLR-9 sind wie TLR-3 endosomale Nucleotidsensoren, die an der Erkennung von Viren mitwirken. TLR-7 und TLR-9 werden von plasmacytoiden dendritischen Zellen, B-Zellen und eosinophilen Zellen synthetisiert, TLR-8 wird vor allem von Monocyten uind Makrophagen produziert. TLR-7 und TLR-8 werden durch einzelsträngige RNA (ssRNA) aktiviert, die zwar in gesunden Säugerzellen vorhanden ist, aber normalerweise auf den Zellkern und das Cytoplasma begrenzt bleibt und nicht in den Endosomen vorkommt. Viele Virusgenome bestehen jedoch aus ssRNA, etwa das Genom von Orthomyxoviren (beispielsweise der Influenzaerreger) und das von Flaviviren (beispielsweise das West-Nile-Virus). Wenn extrazelluläre Partikel dieser Viren von Makrophagen oder dendritischen Zellen durch Endocytose aufgenommen worden sind, werden in der sauren Umgebung der Endosomen und Lysosomen die Virushüllen entfernt, und die ssRNA wird für TLR-7 zugänglich. Mäuse, denen TLR-7 fehlt, zeigen eine gestörte Immunantwort gegen Viren wie dem Influenzaerreger. Unter anormalen Bedingungen kann TLR-7 auch durch körpereigene ssRNA aktiviert werden. Normalerweise bauen extrazelluläre RNasen die bei einer Gewebeschädigung aus apoptotischen Zellen freigesetzte ssRNA ab. Aber in einem Mausmodell für Lupus nephritis, einer entzündlichen Erkrankung der Niere, hat man festgestellt, dass die körpereigene ssRNA zur Krankheit beiträgt. In verschiedenen Untersuchungen hat man Polymorphismen im humanen TLR-7-Gen gefunden, die mit einem erhöhten Risiko auf die Autoimmunerkrankung systemischer Lupus erythematodes gekoppelt sind, also möglicherweise für die Krankheit von Bedeutung sind. Die Funktion von TLR-8 wurde mithilfe von Mausmodellen noch nicht so genau herausgearbeitet wie die von TLR-7. TLR-9 erkennt nichtmethylierte CpG-Dinucleotide. In der genomischen DNA von Säugern methylieren DNA-Methyltransferasen häufig das Cytosin der CpG-Nucleotide. In den Genomen von Bakterien und zahlreichen Viren werden CpG-Dinucleotide dagegen nicht methyliert; die Nicht-Methylierung von CpG ist demnach ein weiteres pathogenassoziiertes molekulares Muster.

Die Übertragung von TLR-3, TLR-7 und TLR-9 aus dem endoplasmatischen Reticulum zum Endosom beruht auf deren spezifischer Wechselwirkung mit dem Protein UNC93B1, das zwölf Transmembrandomänen besitzt. Bei Mäusen, denen dieses Protein fehlt, gibt es keine Signale von endosomalen TLRs. Beim Menschen hat man selten auftretende Mutationen in UNC93B1 identifiziert, die wie bei TLR-3 zu einer Anfälligkeit für eine Herpes-simplex-Encephalitis führen. Die Immunität gegen zahlreiche andere pathogene Viren ist jedoch nicht beeinträchtigt, möglicherweise weil es noch weitere Virussensoren gibt, die weiter unten in diesem Kapitel besprochen werden.

1.6 TLR-4 erkennt bakterielle Lipopolysaccaride, die an die körpereigenen akzessorischen Proteine MD-2 und CD14 gebunden sind

Nicht alle TLRs der Säuger binden ihre Liganden direkt. TLR-4 wird von verschiedenen Zellen des Immunsystems exprimiert, etwa von dendritischen Zellen und Makrophagen. Der Rezeptor spielt eine wichtige Rolle bei der Erkennung zahlreicher Infektionen durch Bakterien und der Immunantwort darauf. TLR-4 erkennt das LPS der gramnegativen Bakterien durch einen teilweise direkten und teilweise indirekten Mechanismus. Ein systemisches Einbringen von LPS in den Körper führt zu einem Zusammenbruch des Kreislaufs und des respiratorischen Systems, das heißt zu einem Schockzustand. Beim Menschen zeigen sich diese drastischen Effekte in Form eines septischen Schocks, der durch eine unkontrollierte systemische Bakterieninfektion (Sepsis) hervorgerufen wird. LPS bewirkt, dass übermäßige Mengen an Cytokinen, vor allem TNF-α (Abschn. 3.2.1), freigesetzt werden. Die Folge ist eine systemisch auftretende Durchlässigkeit von Blutgefäßen als unerwünschte Wirkung im Gegensatz zur normalen Funktion, lokale Infektionen einzudämmen. Mutierte Mäuse, denen die TLR-4-Funktion fehlt, sind zwar gegen einen durch LPS ausgelösten septischen Schock resistent, aber hochgradig anfällig für Pathogene, die LPS tragen, wie Salmonella Typhimurium, ein natürlich vorkommender Krankheitserreger bei Mäusen. TLR-4 wurde durch positionelles Klonieren des zugehörigen Gens aus dem LPS-resistenten Mäusestamm C3H/HeJ als LPS-Rezeptor identifiziert. C3H/HeJ trägt eine natürlich aufgetretene Mutation im cytoplasmatischen Teil von TLR-4, wodurch dem Rezeptor keine Signalübertragung mehr möglich ist. Für diese Entdeckung erhielt Bruce Beutler im Jahr 2011 einen Teil des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin.

Die Zusammensetzung von LPS unterscheidet sich bei den verschiedenen Bakterien, aber es ist immer ein Polysaccharidkern mit dem daran befestigten amphipathischen Lipid A vorhanden, das wiederum eine unterschiedliche Anzahl von Fettsäureketten pro Molekül enthalten kann. Um LPS zu erkennen, ist für die äußere Domäne von TLR-4 das akzessorische Protein MD-2 erforderlich. Es bindet zu Beginn innerhalb der Zelle an TLR-4 und hat zwei Funktionen: Es ist für den korrekten Transport von TLR-4 zur Zelloberfläche notwendig ist und kann LPS erkennen. MD-2 bindet auf einer Seite an die zentrale Region der gekrümmten äußeren Domäne (Abb. 3.13). Wenn der TLR-4-MD-2-Komplex mit LPS in Kontakt tritt, binden fünf Lipidketten von LPS in einer tiefen hydrophoben Tasche von MD-2, nicht jedoch direkt an TLR-4. Die sechste Lipidkette bleibt auf der Oberfläche von MD-2 zugänglich. Diese letzte Lipidkette und Teile des LPS-Polysaccharidrückgrats können dann bei einer weiteren äußeren Domäne von TLR-4 an die konvexe Seite binden. Das bewirkt die Dimerisierung von TLR-4, wodurch wiederum Signalwege innerhalb der Zelle aktiviert werden.

Abb. 3.13
figure 13

TLR-4 erkennt LPS in Verbindung mit dem akzessorischen Protein MD-2. a Seitenansicht des symmetrischen Komplexes aus TLR-4, MD-2 und LPS. Das Polypeptidrückgrat der beiden TLR-4-Moleküle ist grün und dunkelblau dargestellt. Die Struktur zeigt die gesamte extrazelluläre Region von TLR-4, die aus der LRR-Region (grün und dunkelblau) besteht, wobei die intrazelluläre Signalregion fehlt. Das MD-2-Protein ist in der Grafik hellblau dargestellt. Fünf der LPS-Acylketten (rot) liegen in der hydrophoben Tasche innerhalb von MD-2. Die übrigen Bereiche des LPS-Glykans und eine Lipidkette (orange) treten in Kontakt mit der konvexen Oberfläche eines TLR-4-Monomers. b Bei der Sicht von oben auf die Struktur ist zu erkennen, wie ein LPS-Molekül mit der konvexen (äußeren) Oberfläche eines TLR-4-Monomers interagiert, während es auch an ein MD-2-Molekül bindet, das an der anderen TLR-4-Untereinheit befestigt ist. Das MD-2-Protein bindet an eine Seite der TLR-4-LRR-Region. c Schematische Darstellung der relativen Orientierung von LPS bei der Bindung an MD-2 und TLR-4. (Struktur nachgedruckt mit Genehmigung der Macmillan Publishers Ltd.: Park, B.S., et al.: The structural basis of lipopolysaccharide recognition by the TLR4-MD-2 complex. Nature 2009, 458:1191–1195)

An der Aktivierung von TLR-4 durch LPS sind neben MD-2 noch zwei weitere akzessorische Proteine beteiligt. LPS ist normalerweise ein integraler Bestandteil der äußeren Membran von gramnegativen Bakterien. Während einer Infektion kann es sich jedoch von der Membran ablösen und wird dann von einem LPS-bindenden Protein aufgenommen, das im Blut und in der extrazellulären Flüssigkeit in den Geweben vorkommt. LPS wird dann auf das zweite Protein, CD14, übertragen, das sich auf der Oberfläche von Makropphagen, neutrophilen und dendritischen Zellen befindet. CD14 kann für sich allein als phagocytotischer Rezeptor fungieren, ist jedoch auf Makrophagen und dendritischen Zellen auch ein akzessorisches Protein von TLR-4.

1.7 TLRs aktivieren die Transkriptionsfaktoren NFκB, AP-1 und IRF, wodurch die Expression von inflammatorischen Cytokinen und Typ-I-Interferonen ausgelöst wird

Die TLR-Signale in verschiedenen Typen von Säugerzellen führen zu einer großen Bandbreite intrazellulärer Reaktionen, die insgesamt zur Produktion von inflammatorischen Cytokinen, chemotaktischen Faktoren, antimkrobiellen Peptiden und der antiviralen Cytokine Interferon-α und -β (IFN-α und IFN-β) (Typ-I-Interferone) führen. Durch die TLR-Signale werden dafür verschiedene Signalwege in Gang gesetzt, die jeweils unterschiedliche Transkriptionsfaktoren aktivieren. Wie bereits erwähnt, werden die beiden cytoplasmatischen TIR-Domänen von zwei TLRs. durch eine ligandeninduzierte Dimerisierung der äußeren Domänen zusammengebracht, sodass sie mit den TIR-Domänen von Adaptormolekülen im Cytoplasma interagieren können. Diese wiederum lösen die Signalübertragung in der Zelle aus. Für die TLRs der Säuger gibt es vier solcher Adaptormoleküle: MyD88 (myeloischer Differenzierungsfaktor 88), MAL (MyD88 adaptor-like; auch als TIRAP [TIR-containing adaptor protein] bezeichnet), TRIF (TIR domain-containing adaptor-inducing IFN-β) und TRAM (TRIF-related adaptor molecule). Auffällig ist dabei, dass die TIR-Domänen der verschiedenen TLRs mit unterschiedlichen Kombinationen dieser Adaptormoleküle in Kontakt treten (Abb. 3.14). Die meisten TLRs interagieren jedoch nur mit dem MyD88-Protein, das für die Übertragung ihrer Signale zuständig ist.

Abb. 3.14
figure 14

TLRs der Säuger treten mit verschiedenen Adaptormolekülen für die TIR-Domänen in Wechselwirkung, wodurch sich anschließende Signalwege aktiviert werden. Die vier Adaptormoleküle für die Signalübertragung, die mit den TLRs der Säuger in Kontakt treten, sind MyD88, MAL, TRIF und TRAM. Außer dem Rezeptor TLR-3, der nur mit TRIF wechselwirkt, interagieren alle TLR mit MyD88. In der Tabelle sind alle bekannten Wechselwirkungsmuster zwischen den Adaptormolekülen und den TLR aufgeführt

TLR-3 interagiert nur mit TRIF. Die übrigen TLRs nutzen entweder MyD88 in Kombination mit MAL oder TRIF in Kombination mit TRAM. Für die Signalübertragung. durch die TLR-2-Heterodimere (TLR-2/1 und TLR-2/6) ist MyD88/MAL erforderlich. Die TLR-4-Signale laufen über beide Adaptorpaare, MyD88/MAL und TRIF/TRAM, wobei Letzteres für die endosomalen Signale von TLR-4 zuständig ist. Wichtig ist dabei, dass die jeweils involvierten Adaptormoleküle bestimmen, welche weiteren Signale durch die TLRs aktiviert werden.

Die Signale der meisten TLRs aktivieren den Transkriptionsfaktor NFκB (Abb. 3.15), der mit dem Faktor DIF verwandt ist, welcher wiederum bei Drosophila durch den Toll-Rezeptor aktiviert wird. Die TLRs der Säuger aktivieren über einen zweiten Signalweg verschiedene Vertreter der IRF-Transkriptionsfaktorfamilie (IRF für interferon regulatory factors), außerdem über den Signalweg der mitogenaktivierten Proteinkinasen (MAPK) Vertreter der Aktivatorprotein-1-(AP-1-)Proteinfamilie wie c-Jun. Durch die Aktivität von NFκB und AP-1 wird vor allem die Produktion von proinflammatorischen Cytokinen und chemotaktischen Faktoren stimuliert. Die IRF-Faktoren IRF3 und IRF7 sind für die Induktion der antiviralen Typ-I-Interferone von besonderer Bedeutung, während der verwandte Faktor IRF5 bei der Produktion proinflammatorischer Cytokine mitwirkt. Wir wollen uns hier damit befassen, wie die TLR-Signale die Transkription verschiedener Cytokingene auslösen; weiter unten im Kapitel soll auch erklärt werden, wie die Cytokine ihre diversen Aktivitäten entfalten.

Abb. 3.15
figure 15

Die TLR-Signale. können den Transkriptionsfaktor NFκB aktivieren, der dann die Expression von proinflammatorischen Cytokinen in Gang setzt. Erstes Bild: TLRs senden Signale über ihre cytoplasmatischen TIR-Domänen, die durch die ligandeninduzierte Dimerisierung ihrer äußeren Domänen zusammengebracht werden. Bei einigen TLRs läuft die Signalgebung über das Adaptorprotein MyD88, bei anderen über das MyD88/MAL-Paar. Die Todesdomäne von MyD88 rekrutiert die Serin/Threonin-Kinasen IRAK1 und IRAK4, gemeinsam mit der E3-Ubiquitin-Ligase TRAF6. IRAK aktiviert sich selbst und phosphoryliert TRAF6, wodurch die E3-Ligase aktiviert wird. Zweites Bild: TRAF6 wirkt mit der E2-Ligase UBC13 und dem Cofaktor Uve1A zusammen, um Polyubiquitingerüste (gelbe Dreiecke) aufzubauen. Dabei werden die Ubiquitinreste über Lysin-63 (K63) verknüpft. Dieses Gerüst rekrutiert einen Proteinkomplex, der aus der Kinase TAK1 und den zwei Adaptorproteinen TAB1 und TAB2 besteht. TAB1 und TAB2 binden an Polyubiquitin und bringen TAK1 in die Nähe der IRAK-Kinase, sodass TAK1 phosphoryliert wird (roter Punkt). Drittes Bild: Die aktivierte TAK1-Kinase aktiviert den IκB-Kinase-(IKK-)Komplex. Zuerst bindet die IKKγ-Untereinheit NEMO an das Polyubiquitingerüst und bringt den IKK-Komplex in die Nähe von TAK1. TAK1 phosphoryliert und aktiviert dann das IKKβ-Protein, das wiederum IκB phosphoryliert, den cytoplasmatischen Inhibitor von NFκB. Viertes Bild: Der phosphorylierte IκB-Komplex wird ubiquitinyliert (nicht dargestellt), was schließlich zu seinem Abbau führt. Dadurch wird NFκB (bestehend aus den Untereinheiten p50 und p65) in den Zellkern freigesetzt, wo nun die Transkription zahlreicher Gene aktiviert wird, beispielsweise die Gene der inflammatorischen Cytokine. TAK1 stimuliert auch die Aktivierung der mitogenaktivierten Proteinkinasen (MAPK) JNK und p38, die wiederum die AP-1-Transkriptionsfaktoren phosphorylieren und aktivieren (nicht dargestellt)

Zuerst betrachten wir den Signalweg, der von den TLRs ausgelöst wird, die mit MyD88 kooperieren. Für die Funktion von MyD88 als Adaptor sind zwei seiner Proteindomänen zuständig. MyD88 enthält am Carboxyterminus eine TIR-Domäne, die mit den TIR-Domänen der cytoplasmatischen TLR-Schwänze assoziiert. Am Aminoterminus von MyD88 befindet sich eine Todesdomäne (death domain, DD), deren Bezeichnung daher rührt, dass man sie ursprünglich bei Signalproteinen gefunden hat, die bei der Apoptose (einer Art von programmiertem Zelltod) mitwirken. Die Todesdomäne von MyD88 verbindet sich mit ähnlichen Todesdomänen von anderen intrazellulären Signalproteinen. Beide MyD88-Domänen sind für die Signalübertragung erforderlich, wie einige selten auftretende Mutationen in der einen oder der anderen Domäne zeigen, die mit dem Auftreten einer Immunschwäche gekoppelt sind, die beim Menschen durch wiederkehrende bakterielle Infektionen gekennzeichnet ist. Die Todesdomäne von MyD88 rekrutiert und aktiviert die zwei Serin/Threonin-Proteinkinasen IRAK4 (IL-1-assoziierte Kinase 4) und IRAK1 über deren Todesdomänen. Dieser IRAK-Komplex erfüllt zwei Funktionen: Er rekrutiert Enzyme, die ein Signalgerüst erzeugen, und aktiviert dann über dieses Gerüst weitere Moleküle, die wiederum von den IRAK-Kinasen phosphoryliert werden.

Für die Bildung eines Signalgerüsts aktiviert der IRAK-Komplex die Enzyme TRAF6 (TNF-Rezeptor-assoziierter Faktor 6). Dabei handelt es sich um eine E3-Ubiquitin-Ligase, die mit der E2-Ubiquitin-Ligase UBC13 und dem Cofaktor Uve1A zusammenwirkt (die Bezeichnung für diesen Komplex ist TRIKA1) (Abb. 3.15). Die gemeinsame Aktivität von TRAF6 und UBC13 besteht darin, ein Ubiquitinmolekül (über eine chemische Bindung) an ein anderes Protein zu binden, das auch Ubiquitin sein kann, sodass Proteinpolymere entstehen. In dem Polyubiquitin, das hier bei der Signalübertragung eine Rolle spielt, ist immer Lysin-63 eines Ubiquitinmoleküls mit dem Carboxyterminus des nächsten Ubiquitinmoleküls verbunden (K63-Verknüpfungen). Die Bildung der Polyubiquitinkette beginnt an anderen Proteinen, auch an TRAF6 selbst. Möglich ist allerdings auch die Bildung freier linearer Ubiquitinpolymere. Diese Gebilde können zu Polyubiquitinketten verlängert werden, die dann als Plattform (Gerüst) dienen, woran weitere Signalmoleküle binden. Als nächstes rekrutiert das Gerüst einen Signalkomplex, der aus den ubiquitinbindenden Adaptorproteinen TAB1 (TAK-bindendes Protein) und TAB2 sowie der Serin/Threonin-Kinase TAK1 (transforming growth factor-β-activated kinase 1) besteht (Abb. 3.15). Die TAK1-Kinase wird vom IRAK-Komplex phosphoryliert, sobald sie zum Gerüst gebracht wurde. Die aktivierte TAK1-Kinase setzt die Signalübertragung fort, indem sie bestimmte MAP-Kinasen aktiviert, beispielsweise die Jun-Kinase (JNK; c-Jun terminal kinase) und MAPK14 (p38-MAPK). Diese aktivieren wiederum Transkriptionsfaktoren der AP-1-Familie, die bei der Transkription von Cytokingenen beteiligt sind.

TAK1 phosphoryliert und aktiviert auch den IκB-Kinase-(IKK-)Komplex, der aus drei den Proteinen IKKα, IKKβ und IKKγ besteht (Letzteres wird auch als NEMO [NFκB essential modifier] bezeichnet). NEMO bindet an Polyubiquitinketten, sodass der IKK-Komplex in die Nähe von TAK1 dirigiert wird. TAK1 wiederum phosphoryliert und aktiviert IKKβ und dieses phosphoryliert IκB (Inhibitor von κB; nicht zu verwechseln mit IKKβ). IκB ist ein Protein im Cytoplasma, das konstitutiv an den Transkriptionsfaktor NFκB bindet, der wiederum aus den beiden Untereinheiten p50 und p65 besteht. Durch die Bindung von IκB wird das NFκB-Protein im Cytoplasma festgehalten. Die Phosphorylierung durch IKK führt zum Abbau von IκB, wodurch NFκB freigesetzt wird und in den Zellkern gelangen kann, um dort die Transkription von Genen der proinflammatorischen Cytokine wie TNF-α, IL-1β und IL-6 zu stimulieren. Die Aktivitäten dieser Cytokine bei der angeborenen Immunantwort sind Gegenstand des zweiten Teils dieses Kapitels. Das Ergebnis der TLR-Aktivierung kann abhängig vom Zelltyp, in dem diese stattfindet, unterschiedlich ausfallen. So führt beispielsweise die Aktivierung von TLR-4 über MyD88 in spezialisierten Epithelzellen wie den Paneth-Zellen des Darms (Abschn. 2.1.4) zur Produktion antimikrobieller Peptide. Hier zeigt sich an einem Beispiel bei den Säugern die Funktion der schon sehr alten Toll-like-Proteine.

Die Aktivierung von NFκB durch die TLRs ist ein essenzieller Bestandteil ihrer Funktion, das Immunsystem für die Bekämpfung bakterieller Pathogene zu stimulieren. In bestimmten seltenen Fällen führen inaktivierende Mutationen im IRAK4-Gen beim Menschen zu einer Immunschwäche. Ein IRAK4-Defekt ist wie der MyD88-Defekt durch wiederkehrende Infektionen mit Bakterien gekennzeichnet. Mutationen im NEMO-Gen führen beim Menschen zu einem Syndrom mit der Bezeichnung X-gekoppelte hypohidrotische ektodermale Dysplasie mit Immunschwäche (HED-ID oder NEMO-Defekt). Diese geht einher mit einer Immunschwäche und mit Entwicklungsstörungen.

Die Nucleinsäuresensoren TLR-3, TLR-7, TLR-8 und TLR-9 aktivieren Proteine der IRF-Familie. IRF-Proteine kommen im Cytoplasma vor und sind so lange inaktiv, bis sie an einem Serin- oder Threoninrest in ihrem Carboxyterminus phosphoryliert werden. Dann wandern sie in den Zellkern und aktivieren Transkriptionsfaktoren. Von den neun Vertretern der IRF-Familie sind IRF3 und IRF7 von besonderer Bedeutung für die TLR-Signalübertragung und die Expression antiviraler Typ-I-Interferone. Beim TLR-3-Rezeptor, der von Makrophagen und konventionellen dendritischen Zellen exprimiert wird, interagiert die cytoplasmatische TIR-Domäne mit dem Adaptorprotein TRIF. Dieses wiederum tritt in Wechselwirkung mit der E3-Ubiquitin-Ligase TRAF3, die wie TRAF6 ein Polyubiquitingerüst erzeugt. Bei der TLR-3-Signalübertragung rekrutiert dieses Gerüst einen Multiproteinkomplex, der die Kinasen IKKε (IκB-Kinase ε) und TBK1 (TANK-bindende Kinase 1) enthält und IRF3 phosphoryliert (Abb. 3.16). TLR-4 aktiviert durch Bindung an TRIF ebenfalls diesen Signalweg, aber die IRF3-Reaktion, die von TLR-4 ausgelöst wird, ist im Vergleich zu der von TLR-3 in Gang gesetzten Reaktion relativ schwach, und ihre Bedeutung in vivo ist weiterhin unklar. Anders als TLR-3 senden TLR-7, TLR-8 und TLR-9 ihre Signale ausschließlich über MyD88 aus. Bei den Signalen von TLR-7 und TLR-9 in plasmacytoiden dendritischen Zellen rekrutiert die MyD88-TIR-Domäne den IRAK1/IRAK4-Komplex (siehe oben). Hier führt der IRAK-Komplex eine andere Funktion aus als die Aktivierung von TRAF-Faktoren, die dann ein Signalgerüst erzeugen. In diesen Zellen kann IRAK1 auch physikalisch an das IRF7-Protein binden, das in diesen Zellen stark exprimiert wird. So kann IRF7 von IRAK1 phosphoryliert werden, was zur Induktion von Typ-I-Interferonen führt (Abb. 3.16). Nicht alle IRF-Faktoren regulieren Typ-I-Interferon-Gene: So ist beispielsweise IRF5 an der Induktion von proinflammatorischen Cytokinen beteiligt.

Abb. 3.16
figure 16

Die Expression antiviraler Interferone als Reaktion auf virale Nucleinsäuren kann durch zwei verschiedene Signalwege, die von zwei verschiedenen TLR ausgehen, stimuliert werden. Links: TLR-3 wird von dendritischen Zellen und Makrophagen exprimiert und fungiert als Sensor für doppelsträngige virale RNA (dsRNA). TLR-3 überträgt seine Signale mithilfe des Adaptorproteins TRIF, das die E3-Ligase TRAF3 stimuliert, K63-verknüpfte Polyubiquitinketten zu produzieren. Dieses Gerüst rekrutiert NEMO und TANK (TRAF family member associated NFκB-activator), die wiederum mit den Serin/Threonin-Kinasen IKKε und TBK1 assoziieren. TBK1 phosphoryliert den Transkriptionsfaktor IRF3 (roter Punkt). IRF3 wandert in den Zellkern und induziert die Expression von Genen für Typ-I-Interferone. Rechts: TLR-7 wird von plasmacytoiden dendritischen Zellen exprimiert und erkennt einzelsträngige RNA (ssRNA); die Signalgebung erfolgt über MyD88. Hier wird das in plasmacytoiden dendritischen Zellen ebenfalls stark exprimierte IRF7 durch IRAK1 direkt rekrutiert und phosphoryliert. Anschließend wandert IRF7 in den Zellkern und aktiviert dort die Expression von Typ-I-Interferonen

Die gemeinsame Aktivität der TLRs, sowohl IRF als auch NFκB zu aktivieren, bedeutet, dass sie je nach Bedarf entweder antivirale oder antibakterielle Reaktionen auslösen können. Bei einem IRAK4-Mangel hat man beim Menschen keine besondere Anfälligkeit für Virusinfektionen festgestellt. Das deutet darauf hin, dass die IRF-Aktivierung nicht gestört und die Produktion antiviraler Interferone nicht beeinträchtigt ist. TLRs werden von unterschiedlichen Zelltypen exprimiert, die an der angeborenen Immunität beteiligt sind, außerdem von einigen Stroma- und Epithelzellen, wobei sich die jeweils ausgelösten Reaktionen abhängig vom Zelltyp in einigen Merkmalen unterscheiden.

1.8 Die NOD-like-Rezeptoren sind intrazelluläre Sensoren für bakterielle Infektionen und Zellschäden

Die TLRs, die auf der Plasmamembran oder auf endocytotischen Vesikeln vorkommen, sind in erster Linie Sensoren für extrazelluläre mikrobielle Produkte. Seit der Entdeckung der Toll-Rezeptoren und der TLRs bei den Säugern hat man weitere Proteinfamilien von angeborenen Sensoren gefunden, die mikrobielle Produkte im Cytoplasma erkennen. Eine große Gruppe solcher Sensoren besitzt eine zentrale nucleotidbindende Oligomerisierungsdomäne (NOD) und weitere variable Domänen, die mikrobielle Produkte oder zelluläre Schäden erkennen oder gemeinsam Signalwege aktivieren. Dies sind die NOD-like-Rezeptoren (NLRs). Einige NLRs aktivieren NFκB, wodurch die gleichen Entzündungsreaktionen wie durch die TLRs ausgelöst werden, während andere NLRs einen bestimmten Signalweg aktivieren, der zum Zelltod und zur Produktion von proinflammatorischen Cytokinen führt. Man betrachtet die NLRs als eine sehr alte Familie der angeborenen Immunrezeptoren, da die Resistenzproteine (R-Proteine), die zur Immunabwehr der Pflanzen gehören, zu den NLRs homolog sind.

Unterfamilien der NLRs lassen sich anhand der anderen Domänen in diesen Proteinen unterscheiden. Die NOD-Unterfamilie besitzt eine aminoterminale CARD-Domäne (CARD für caspase recruitment domain, Caspaserekrutierungsdomäne) (Abb. 3.17). Die CARD-Domäne ist ursprünglich bei den Caspasen (Cystein/Asparaginsäure-Proteasen), einer Familie von Proteasen, entdeckt worden. Diese Proteasen spielen in vielen intrazellulären Signalwegen eine wichtige Rolle, beispielweise bei Wegen, die zum Zelltod durch Apoptose führen. Die CARD-Domäne ist strukturell mit der TIR-Todesdomäne von MyD88 verwandt und kann für die Signalübertragung mit CARD-Domänen von anderen Proteinen dimerisieren (Abb. 3.18). NOD-Proteine erkennen Fragmente von Peptidoglykan aus bakteriellen Zellwänden, wobei nicht bekannt ist, ob dies durch direkte Bindung oder mithilfe akzessorischer Proteine geschieht. NOD1 erkennt γ-Glutamyldiaminopimelinsäure (iE-DAP), ein Abbauprodukt des Peptidoglykans von gramnegativen Bakterien, beispielsweise von Salmonella, und einigen grampositiven Bakterien wie Listeria. NOD2 erkennt hingegen das Muraminsäuredipeptid (MDP), das in den Peptidoglykanen der meisten grampositiven und gramnegativen Bakterien vorkommt. NOD-Liganden können infolge einer intrazellulären Infektion oder durch Material, das bei einer Endocytose aufgenommen wurde, in das Cytoplasma gelangen. Mäuse, denen der Oligopeptidtranporter SLC15A4 fehlt, der in den Lysosomen vorkommt, zeigen deutlich verringerte Reaktionen auf NOD1-Liganden.

Abb. 3.17
figure 17

Intrazelluläre NOD-Proteine erkennen über die Wechselwirkung mit bakteriellen Peptidoglykanen die Anwesenheit von Bakterien und aktivieren NFκB, wodurch die Expression proinflammatorischer Cytokine ausgelöst wird. Links: NOD-Proteine befinden sich in einem aktiven Zustand im Cytoplasma, wo sie als Sensoren für verschiedene bakterielle Komponenten fungieren. Rechts: Durch den Abbau von Peptidoglykanen aus der bakteriellen Zellwand entstehen Muraminsäuredipeptide, die von NOD2 erkannt werden. NOD1 erkennt γ-Glutamyldiaminopimelinsäure (iE-DAP), ein Abbauprodukt des Peptidoglykans aus den Zellwänden gramnegativer Bakterien. Die Bindung dieser Liganden an NOD1 oder NOD2 führt zur Assoziation der Rezeptoren, sodass die CARD-abhängige Serin/Threonin-Kinase RIP2 rekrutiert wird, die dann an E3-Ligasen bindet, darunter XIAP, cIAP1 und cIAP2. Diese E3-Ligase-Aktivität produziert wie bei der TLR-Signalübertragung ein Polyubiquitingerüst. Die Assoziation von TAK1 und dem IKK-Komplex mit diesem Gerüst führt zur Aktivierung von NFκB (Abb. 3.15). In diesem Signalweg fungiert RIP2 als Gerüst für die Rekrutierung von XIAP, wobei die RIP2-Kinase-Aktivität für die Signalübertragung nicht erforderlich ist

Abb. 3.18
figure 18

Proteinwechselwirkungsdomänen, wie sie in verschiedenen Signalmolekülen des Immunsystems vorkommen. Signalproteine enthalten Proteinwechselwirkungsdomänen, welche die Zusammenlagerung größerer Komplexe ermöglichen. Die Tabelle enthält Beispiele für Proteine mit einer solchen Domäne, die in diesem Kapitel besprochen werden. Proteine können mehr als eine Domäne enthalten, etwa das Adaptorprotein MyD88, das über seine TIR-Domäne mit den TLRs und über seine Todesdomäne (DD) mit IRAK1/4 interagiert

Sobald NOD1 oder NOD2 ihren jeweiligen Liganden erkennen, rekrutieren sie die Serin/Threonin-Kinase RIP2 (die auch als RICK oder RIPK2 bezeichnet wird) und eine CARD-Domäne enthält (Abb. 3.17). RIP2 bindet an die E3-Ligasen cIAP1 (zellulärer Inhibitor der Apoptose 1), cIAP2 und XIAP (X-gekoppelter Inhibitor des Apoptoseproteins), die wie bei der TLR-Signalgebung ein Polyubiquitingerüst aufbauen. Dieses Gerüst rekrutiert TAK1 und IKK und führt schließlich zur Aktivierung von NFκB (Abb. 3.15). NFκB stimuliert dann die Expression von Genen der inflammatorischen Cytokine und von Enzymen, die bei der Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) mitwirken, das für Bakterien und intrazelluläre Parasiten toxisch ist. NOD-Proteine werden in Zellen produziert, die regelmäßig mit Bakterien in Kontakt kommen, und fungieren so als Sensoren für bakterielle Bestandteile. Zu diesen Zellen gehören Epithelzellen, die eine Barriere bilden, welche die Bakterien erst überwinden müssen, um im Körper eine Infektion zu etablieren. Außerdem gehören Makrophagen und dendritische Zellen dazu; sie nehmen Bakterien auf, die erfolgreich in den Körper eingedrungen sind. Makrophagen und dendritische Zellen exprimieren sowohl TLRs als auch NOD1 und NOD2 und werden über beide Signalwege aktiviert. Bei Epithelzellen ist NOD1 ein bedeutender Aktivator für Reaktionen gegen bakterielle Infektionen, wobei NOD1 auch als systemischer Aktivator der angeborenen Immunität wirkt. Anscheinend werden Peptidoglykane der Darmflora in ausreichenden Mengen durch das Blut transportiert, um die Grundaktivierung der neutrophilen Zellen zu verstärken. Mäuse, denen NOD1 fehlt, zeigen eine erhöhte Anfälligkeit selbst für Krankheitserreger, die keine NOD-Liganden besitzen (beispielsweise der Parasit Trypanosoma cruzi), da die Anzahl der mittels NOD1 aktivierten neutrophilen Zellen verringert ist.

NOD2 besitzt anscheinend eine speziellere Funktion. Das Protein wird in den Paneth-Zellen des Darms stark exprimiert und reguliert dort die Expression von stark antimikrobiell wirksamen Peptiden, beispielsweise von α- und β-Defensinen (Kap. 2). Dementsprechend entwickelt sich beim Menschen bei Funktionsverlustmutationen von NOD2 die entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn (Kap. 15). Einige der betroffenen Patienten tragen Mutationen in der LRR-Domäne von NOD2, wodurch die Erkennung von MDP und die Aktivierung von NFκB gestört sind. Das führt wahrscheinlich zu einer verringerten Produktion von Defensinen und anderen antimikrobiellen Peptiden und so zu einer Schwächung der natürlichen Barrierefunktion des Darmepithels. Die damit einhergehende Entzündung ist für diese Krankheit charakteristisch. Funktionsgewinnmutationen in NOD2 gehen einher mit entzündlichen Erkrankungen wie der infantilen Sarkoidose und dem Blau-Syndrom, die beide durch spontane Gewebeentzündungen, etwa in der Leber oder in den Gelenken, Augen und der Haut, gekennzeichnet sind. Aktivierende Mutationen in der NOD-Domäne stimulieren anscheinend die Signalkaskade, ohne dass ein Ligand vorhanden ist, was bei Abwesenheit von Krankheitserregern zu einer fehlgeleiteten Entzündungsreaktion führt. Die NOD-Familie umfasst neben NOD1 und NOD2 noch weitere Proteine, beispielsweise NLRX1 und NLRC5, wobei deren Funktion noch weniger gut bekannt ist.

Video 3.6 

1.9 NLRP-Proteine reagieren auf eine Infektion oder eine Zellschädigung mit der Bildung eines Inflammasoms, was zum Zelltod und zu einer Entzündung führt

Bei einer weiteren Unterfamilie der NLR-Proteine befindet sich am Aminoterminus anstelle der CARD-Domäne eine Pyrindomäne, sodass man diese Proteine als NLRP-Familie bezeichnet. Pyrindomänen sind strukturell mit den CARD- und TIR-Domänen verwandt und sie interagieren mit anderen Pyrindomänen (Abb. 3.19). Menschen verfügen über 14 NLR-Proteine, die eine Pyrindomäne enthalten. Am besten bekannt ist derzeit NLRP3 (auch mit NALP3 oder Cryopyrin bezeichnet), wobei die molekularen Einzelheiten der Aktivierung noch erforscht werden. NLRP3 kommt als inaktive Form im Cytoplasma vor, wo die LRR-Domänen wahrscheinlich an das Hitzeschockchaperon HSP90 und das Cochaperon SGT1 gebunden sind, die möglicherweise den inaktiven Zustand von NLRP3 aufrechterhalten (Abb. 3.19). Verschiedene Ereignisse können anscheinend NLRP3-Signale auslösen: eine verringerte Kaliumkonzentration in der Zelle, die Erzeugung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) oder das Aufbrechen von Lysosomen durch kristallines Material. Der Verlust von zellulärem Kalium durch einen Efflux kann bei einer Infektion beispielsweise mit intrazellulären Bakterien wie Staphylococcus aureus eintreten, wenn diese Bakterien porenbildende Toxine produzieren. Durch den Tod benachbarter Zellen kann es zu einer Freisetzung von ATP in den Extrazellularraum kommen; dieses ATP kann den purinergen Rezeptor P2X7 aktivieren, der selbst ein Kaliumkanal ist und das Ausströmen von Κ+-Ionen ermöglicht. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Verringerung der zellulären Κ+-Konzentration die NLRP3-Signalgebung auslöst, da dadurch HSP90 und SGT1 dissoziieren. Ein denkbarer Mechanismus für die ROS-induzierte NLRP3-Aktivierung ist die vorübergehende Oxidation bestimmter Sensorproteine, die man insgesamt als Thioredoxin (TRX) bezeichnet. TRX-Proteine sind normalerweise an ein thioredoxinbindendes Protein (TXNIP) gebunden, aber die Oxidation von TRX durch ROS führt zur Dissoziation von TXNIP und TRX. Das freie TXNIP könnte dann HSP90 und SGT1 von NLRP3 verdrängen, was auch zu dessen Aktivierung führt. In beiden Fällen kommt es bei der NLRP3-Aktivierung zu einer Zusammenlagerung von mehreren Monomeren über ihre LRR- und NOD-Domänen (die auch als NACHT-Domänen bezeichnet werden), wodurch dann die Signalübertragung ausgelöst wird. Schließlich kann die Phagocytose von partikulärem Material, beispielsweise des Adjunvans Alum (ein kristallines Salz aus Aluminiumkaliumsulfat), zum Aufbrechen der Lysosomen und zur Freisetzung der aktiven Protease Cathepsin B führen. Diese kann dann NLRP3 durch einen noch unbekannten Mechanismus aktivieren.

Abb. 3.19
figure 19

Durch eine Schädigung der Zelle wird das NLRP3-Inflammasom aktiviert, proinflammatorische Cytokine zu produzieren. Die LRR-Domäne von NLRP3 bindet an die Chaperone HSP90 und SGT1, welche die Aktivierung von NLRP3 blockieren. Bei einer Schädigung von Zellen durch porenbildende bakterielle Toxine oder die Aktivierung des P2X7-Rezeptors durch extrazelluläres ATP kommt es zu einem Efflux von Κ+-Ionen aus der Zelle, was zur Dissoziation der Chaperone von NLRP3 und zur Assoziation mehrerer NLRP3-Moleküle über ihre NOD-Domänen führen kann. Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und das Aufbrechen von Lysosomen können NLRP3 ebenfalls aktivieren (siehe Text). Die Konformation der assoziierten NLRP3-Moleküle bringt mehrere NLRP3-Pyrindomänen zusammen, die dann mit den Pyrindomänen des Adaptorproteins ASC (PYCARD) interagieren. In dieser Konformation lagern sich die ASC-CARD-Domänen zusammen, die wiederum die CARD-Domänen der Procaspase 1 assoziieren lassen. Dadurch kommt es zu einer proteolytischen Selbstspaltung der Procaspase 1, die dadurch zur aktiven Form der Caspase 1 wird. Diese wiederum spaltet die unreifen Formen der proinflammatorischen Cytokine. Die so entstehenden reifen Cytokine werden schließlich sezerniert

Anders als bei den NOD1- und NOD2-Signalen, die NFκB aktivieren, führen die Signale von NLRP3 zur Produktion proinflammatorischer Cytokine und durch die Bildung des Inflammasoms (ein Multiproteinkomplex, Abb. 3.19) zum Zelltod. Die Aktivierung des Inflammasoms erfolgt in mehreren Stufen. Zu Beginn assoziieren die LRR-Domänen mehrerer NLRP3- oder anderer NLRP-Moleküle aufgrund eines spezifischen Auslösers oder Erkennungsereignisses. Durch diese Assoziation interagieren die Pyrindomänen von NLRP3 mit den Pyrindomänen des ASC-(PYCARD-)Proteins. ASC ist ein Adaptorprotein, das aus einer aminoterminalen Pyrindomäne und einer carboxyterminalen CARD-Domäne besteht. Sowohl die Pyrin- als auch die CARD-Domäne können filamentöse Polymerstrukturen bilden (Abb. 3.20). Die Wechselwirkung von NLRP3 mit ASC verstärkt die Bildung des polymeren ASC-Filaments, wobei die Pyrindomänen im Inneren liegen und die CARD-Domänen nach außen zeigen. Diese CARD-Domänen interagieren dann mit den CARD-Domänen der inaktiven Procaspase 1 und lösen eine CARD-abhängige Polymerisierung zu einzelnen Caspase-1-Filamenten aus. Diese Zusammenlagerung führt anscheinend zur Selbstspaltung der Procaspase 1 und das aktive Caspase-1-Fragment wird aus den autoinhibitorischen Domänen freigesetzt. Die aktive Caspase 1 katalysiert nun eine ATP-abhängige Prozessierung der proinflammatorischen Cytokine, vor allem von IL-1β und IL-18, in ihre aktiven Formen (Abb. 3.19). Die Aktivierung der Caspase 1 induziert auch eine Form des Zelltods, die man als Pyroptose („Feuertod“) bezeichnet, wobei der Mechanismus unbekannt ist, der aber aufgrund der proinflammatorischen Cytokine, die nach der Zerstörung der Zelle freigesetzt werden, mit der Entzündung zusammenhängt.

Abb. 3.20
figure 20

Das Inflammasom setzt sich aus mehreren filamentösen Proteinpolymeren zusammen, die durch die Assoziation von CARD- und Pyrindomäne entstehen. Oben: Elektronenmikroskopische Aufnahme von Strukturen, die aus dem vollständig ausgebildeten ASC-Komplex, der Pyrindomäne von AIM2 und der CARD-Domäne der Caspase 1 bestehen. Der dunkle Bereich in der Mitte entsteht durch eine Anti-ASC-Färbung mit einem 15-nm-Gold-markierten Antikörper. Die langen, nach außen gerichteten Filamente sind die Polymere, die aus den CARD-Domänen der Caspase 1 bestehen. Unten: Grafische Darstellung des NLRP3-Inflammasoms. Bei diesem Modell lagern sich die CARD-Regionen von ASC und die Caspase 1 zu einer Filamentstruktur zusammen. Das Adaptorprotein ASC überträgt die Assoziation von NLRP3 in eine Assoziation der Procaspase 1. (Elektronenmikroskopische Aufnahme mit freundlicher Genehmigung von Hao Wu)

Damit das Inflammasom für die Bildung von inflammatorischen Cytokinen aktiviert werden kann, ist ein vorbereitender Schritt erforderlich. Dabei induzieren und translatieren die Zellen mRNA-Moleküle, die die Vorstufen von IL-1β, IL-18 und weiterer Cytokine codieren. Dieser Initiationsschritt kann von TLR-Signalen ausgelöst werden und stellt wahrscheinlich sicher, dass die Aktivierung des Inflammasoms vor allem bei Infektionen stattfindet. So kann man beispielsweise im Experiment mithilfe des TLR-3-Antagonisten Poly(I:C) (Abschn. 3.1.5) Zellen veranlassen, in der Folge das Inflammasom zu bilden.

Einige weitere Proteine der NLR-Familie bilden Inflammasome mit ASC und Caspase 1, die diese proinflammatorischen Cytokine aktivieren. NLRP1 wird von Monocyten und dendritischen Zellen stark exprimiert und wie NOD2 direkt von MDP aktiviert, was aber auch durch andere Faktoren möglich ist. Beispielsweise exprimiert Bacillus anthracis eine Endopeptidase, die man als Anthrax-Letalfaktor bezeichnet. Durch diesen Faktor kann der Krankheitserreger dem Immunsystem entkommen, indem das Toxin Makrophagen tötet. Der Anthrax-Letalfaktor spaltet NLRP1, aktiviert dadurch das NLRP1-Inflammasom und induziert bei infizierten Makrophagen eine Pyroptose. NLRC4 fungiert zusammen mit NAIP2 und NAIP5, zwei weiteren NLR-Proteinen, als Adaptorprotein. Dieses dient dazu, verschiedene bakterielle Proteine zu erkennen, die über spezialisierte Sekretionssysteme der Pathogene in die Zellen gelangen. Durch diese Sekretionssysteme wird Material aus den Pathogenen in die Zelle gebracht oder es werden Nährstoffe aus der Wirtszelle abgezogen. Ein solcher Faktor ist PrgJ aus Salmonella Typhimurium. Das Protein gehört zum Typ-III-Sekretionssystem (T3SS), das einen nadelförmigen makromolekularen Komplex bildet. Nach der Infektion von Wirtszellen durch Salmonella dringt PrgJ in das Cytoplasma ein und wird dann von NLRC4 unter Zusammenwirkung mit NAIP5 erkannt. Einige NLR-Proteine regulieren die angeborene Immunität wahrscheinlich auch in negativer Form, beispielsweise NLRP6. Mäuse, denen dieses Protein fehlt, zeigen gegenüber bestimmten Pathogenen eine verstärkte Resistenz. NLRP6 wird jedoch im Darmepithel stark exprimiert, wo es anscheinend eine positive Wirkung entfaltet, indem es die normale Barrierefunktion der Mucosa mit aufrechterhält und für die normale Freisetzung der Mucusgranula in den Darm durch die Becherzellen notwendig ist. NLRP7 gibt es nur beim Menschen, nicht aber bei der Maus. Der Rezeptor erkennt acylierte Lipopeptide von Mikroorganismen und bildet ebenfalls mit ASC und Caspase 1 ein Inflammasom, das dann IL-1β und IL-18 produziert. Über NLRP12 ist nicht so viel bekannt, aber wie bei NLRP6 nahm man ursprünglich an, dass es eine inhibitorische Funktion besitzt. Spätere Untersuchungen an Mäusen, denen NLRP12 fehlte, deuten darauf hin, dass der Rezeptor bei der Erkennung von bestimmten Bakterienspezies und deren Bekämpfung eine Rolle spielt, etwa bei Yersinia pestis, dem Erreger der Beulenpest, doch sind die Grundlagen dieser Erkennung noch nicht bekannt.

Bei der Aktivierung von Inflammasomen können auch Proteine der PYHIN-Familie mitwirken. Diese enthalten eine aminoterminale Pyrindomäne, besitzen jedoch keine LRR-Domäne wie die Proteine der NLR-Familie. PYHIN-Proteine enthalten eine HIN-(H-Inversions‑)Domäne. Die Bezeichnung leitet sich aus der HIN-DNA-Konvertase von Salmonella ab, welche die DNA-Inversion zwischen den H-Antigenen der Bakteriengeißeln katalysiert. Beim Menschen gibt es vier PYHIN-Proteine, bei der Maus sind es 13. Eines davon ist AIM2 (absent in melanoma 2); hier erkennt die HIN-Domäne doppelsträngige DNA-Genome und initiiert die Aktivierung der Caspase 1 über Wechselwirkungen der Pyrindomäne mit ASC. AIM2 kommt im Cytoplasma vor und ist in vitro für Reaktionen auf das Vacciniavirus erforderlich. Seine Funktion in vivo ließ sich anhand von Mäusen mit einem AIM2-Defekt zeigen, die für Infektionen mit Francisella tularensis (dem Erreger der Tularämie) anfälliger waren. Das verwandte Protein IFI16 (IFN-γ-induzierbares Protein 16) enthält zwei HIN-Domänen; es kommt vor allem im Zellkern vor und erkennt doppelsträngige DNA von Viren (Abschn. 3.1.11).

Ein Caspase-1-unabhängiger Signalweg des „nichtkanonischen“ Inflammasoms basiert auf Caspase 11 (ebenfalls eine Protease), die intrazelluläres LPS erkennt. Bei der Entdeckung dieses Signalwegs ging man zuerst fälschlicherweise davon aus, dass er Caspase-1-abhängig sei, da zwischen den im Experiment eingesetzten Mäusestämmen ein spezifischer genetischer Unterschied bestand. Caspase 11 wird vom Casp4-Gen der Maus codiert und ist zu den Caspasen 4 und 5 des Menschen homolog. Die Mäuse, bei denen man das Casp1-Gen ursprünglich zerstört und untersucht hatte, erwiesen sich als resistent gegen einen tödlichen Schock (Abschn. 3.2.6), der bei Verabreichung von LPS hätte eintreten sollen. Das veranlasste die Forscher zu der Annahme, dass die Caspase 1 an der Entzündungsreaktion auf LPS beteiligt sein musste. Später entdeckte man jedoch, dass dieser Mäusestamm eine natürliche Mutation trug, die das verwandte Casp4 inaktivierte. Da das Casp1- und das Casp4-Gen in einem Bereich von 2 kbp auf Chromosom 9 des Mausgenoms liegen, segregierten sie bei den anschließenden experimentellen Rückkreuzungen mit anderen Mäusestämmen nicht unabhängig voneinander. Die Mäuse, von denen man annahm, dass ihnen nur das Caspase-1-Protein fehlte, besaßen aber auch keine funktionsfähige Caspase 11. Später wurden Mäuse erzeugt, denen nur die Caspase 1 fehlte, indem nun Casp4 als künstlich übertragenes Gen exprimiert wurde. Diese Mäuse waren dann für einen LPS-induzierten Schock anfällig. Man hat auch Mäuse erzeugt, die nur keine Caspase 11 besaßen; diese erwiesen sich als resistent gegen einen LPS-induzierten Schock. Die Ergebnisse zeigten, dass Caspase 11 (und nicht wie zuerst angenommen Caspase 1) für das Entstehen eines LPS-induzierten Schocks verantwortlich ist. Caspase 11 löst zwar die Pyropotose aus, ist aber nicht für die Prozessierung von IL-1β oder IL-18 zuständig. Man hat angenommen, dass TLR-4 nicht der LPS-Sensor sein kann, der das nichtkanonische Inflammasom aktiviert, da Mäuse, denen TLR-4 fehlt, für einen LPS-induzierten Schock unverändert anfällig sind. Neuere Befunde deuten darauf hin, dass die Caspase 11 selbst ein intrazellulärer LPS-Sensor ist und damit zu den Proteinen gehört, die sowohl Sensor als auch Effektor sind.

Die unangebrachte Aktivierung von Inflammasomen kann zu verschiedenen Erkrankungen führen. Viele Jahre lang hat man angenommen, dass Gicht in den Knorpelgeweben Entzündungen hervorruft, indem dort Mononatriumsalze der Harnsäure eingelagert werden; nur wusste man nicht, wie die Kristalle eine Entzündung auslösen können. Der genaue Mechanismus ist zwar weiterhin ungeklärt, aber man weiß inzwischen, dass Harnsäurekristalle das NLRP3-Inflammasom aktivieren können. Dadurch werden inflammatorische Cytokine induziert, die mit den Gichtsymptomen in Zusammenhang stehen. Mutationen in der NOD-Domäne von NLRP2 und NLRP3 können das Inflammason in falscher Weise aktivieren; sie sind die Ursache für einige erbliche autoinflammatorische Erkrankungen, bei denen Entzündungen auch ohne eine Infektion auftreten. Beim Menschen gehen Mutationen in NLRP3 mit erblichen Syndromen einher, bei denen es zu periodischem Auftreten von Fieber kommt, etwa dem FCAS-Syndrom (FCAS für familial cold autoinflammatory syndrome) oder dem Muckle-Wells-Syndrom (Kap. 13). Die Makrophagen der Patienten mit diesen Erkrankungen zeigen eine spontane Produktion von inflammatorischen Cytokinen wie etwa IL-1β. In Kap. 13 wollen wir auch besprechen, wie Krankheitserreger die Bildung von Inflammasomen stören können.

1.10 Die RIG-I-like-Rezeptoren erkennen virale RNA im Cytoplasma und aktivieren MAVS, sodass es zur Produktion von Typ-I-Interferonen und proinflammatorischen Cytokinen kommt

TLR-3, TLR-7 und TLR-9 erkennen extrazelluläre virale RNA und DNA, die mittels Endocytose in die Zelle gelangen. Virale RNA wird jedoch auch von einer eigenen Proteinfamilie, den RIG-I-like-Rezeptoren (RLRs), erkannt. Diese Proteine fungieren als Virussensoren, indem sie virale RNA über eine RNA-Helikase-ähnliche Domäne in ihrem Carboxyterminus binden. Die RLR-Helikase-ähnliche Domäne enthält ein DExH-Tetrapeptidmotiv und ist eine Untergruppe der Proteine der DEAD-Box-Familie. Die RLR-Proteine enthalten außerdem zwei aminoterminale CARD-Domänen, die mit Adaptorproteinen interagieren und Signale auslösen, durch die nach der Bindung von viraler RNA Typ-I-Interferone produziert werden. Der erste Sensor dieser Art, den man entdeckt hat, ist RIG-I (retinsäureinduzierbares Gen I). RIG-I wird in vielen verschiedenen Gewebe- und Zelltypen exprimiert und fungiert als intrazellulärer Sensor für verschiedene Arten von Infektionen. Mäuse mit einem RIG-I-Defekt sind besonders anfällig für Infektionen durch bestimmte Viren mit einzelsträngiger RNA, beispielsweise Paramyxoviren, Rhabdoviren, Orthomyxoviren und Flaviviren, nicht jedoch durch Picornaviren.

RIG-I kann körpereigene und virale RNA unterscheiden, indem der Rezeptor das 5′-Ende von einzelsträngigen RNA-Transkripten nach Unterschieden absucht. Eukaryotische RNA wird im Zellkern transkribiert und trägt eine 5′-Triphosphatgruppe am ersten Nucleotid, das eine weitere enzymatische Modifikation erfährt, das sogenannte Capping, bei dem an das 5′-Triphosphat ein 7-Methylguanosin angehängt wird. Die meisten RNA-Viren jedoch replizieren sich nicht im Zellkern, wo das Capping normalerweise stattfindet; ihre RNA-Genome werden daher nicht modifiziert. Biochemische Untersuchungen haben gezeigt, dass RIG-I das nichtmodifizierte 5′-Triphosphat am Ende des einzelsträngigen viralen RNA-Genoms erkennt. Die RNA-Transkripte des Flavivirus enthalten wie die Transkripte vieler anderer ssRNA-Viren das nichtmodifizierte 5′-Triphosphat, das von RIG-I erkannt wird. Im Gegensatz dazu replizieren sich die Picornaviren, zu denen das Poliovirus und das Hepatitis-A-Virus (HAV) gehören, durch einen Mechanismus, bei dem ein Virusprotein kovalent an das 5′-Ende bindet, sodass das 5′-Triphosphat unzugänglich ist. Das erklärt, warum RIG-I an der Erkennung dieser Viren nicht beteiligt ist.

MDA-5 (melanoma differentiation-associated 5, auch als Helicard bezeichnet) besitzt eine ähnliche Struktur wie RIG-I, erkennt aber dsRNA. Anders als Mäuse mit einem RIG-I-Defekt sind MDA-5-defiziente Mäuse für Picornaviren anfällig. Das deutet darauf hin, dass diese beiden Sensoren für virale RNA bei der Immunabwehr essenzielle, aber unterschiedliche Funktionen besitzen. Inaktivierende Mutationen in RIG-I- oder MDA-5-Allelen wurden bereits beim Menschen gefunden, aber diesen Mutationen konnte keine Immunschwäche zugeordnet werden. Das Protein LGP2 der RLR-Familie (das von DHX58 codiert wird), besitzt eine Helikasedomäne, aber keine CARD-Domäne. LGP2 wirkt anscheinend mit RIG-I oder MDA-5 zusammen. Diese Kooperation bei der Erkennung von Viren durch LGP2 beruht offensichtlich auf der Helikasedomäne, da bei Mäusen nach Beseitigung der ATPase-Aktivität in dieser Domäne während der Reaktion auf verschiedene RNA-Viren die Produktion von IFN-β gestört ist.

Wenn RIG-I und MDA-5 virale RNA erkennen, werden sie aktiviert und senden Signale aus. Dadurch nimmt die Produktion von Typ-I-Interferonen zu, passend zur Abwehr viraler Infektionen (Abb. 3.21). Vor einer Infektion durch Viren befinden sich RIG-I und MDA-5 im Cytoplasma in einer selbstinaktivierten Konfiguration, die durch Wechselwirkungen zwischen CARD- und Helikasedomänen stabilisiert wird. Diese Wechselwirkungen werden von einer Infektion gestört, wenn virale RNA an die Helikasedomäne von RIG-I oder MDA-5 bindet. Dadurch werden die beiden CARD-Domänen für andere Wechselwirkungen frei. Der dem Aminoterminus nähere Bereich der beiden CARD-Domänen kann dann E3-Ligasen rekrutieren, etwa TRIM25 und Riplet (codiert von RNF153). Diese beginnen damit, K63-verknüpfte Polyubiquitin-Signalgerüste aufzubauen (Abschn. 3.1.7), teilweise als freie Ketten oder gebunden an die zweite CARD-Domäne. Die Einzelheiten sind noch nicht genauer geklärt, aber durch das Gerüst können RIG-I und MDA-5 anscheinend mit dem Adaptorprotein MAVS (mitochondriales antivirales Signalprotein) in Wechselwirkung treten. MAVS ist an die äußere Membran der Mitochondrien gebunden und enthält eine CARD-Domäne, an die sich wiederum RIG-1 und MDA-5 heften können. Diese Assoziation von CARD-Domänen kann dann wie beim Inflammasom die Assoziation von MAVS in Gang setzen. In dieser Phase stimuliert MAVS bestimmte Signale, indem das Protein verschiedene E3-Ubiquitin-Ligasen der TRAF-Familie rekrutiert, etwa TRAF2, TRAF3, TRAF5 und TRAF6. Die relative Bedeutung der einzelnen E3-Ligasen unterscheidet sich wahrscheinlich bei den verschiedenen Zelltypen, aber die weitere Produktion von K63-verknüpftem Ubiquitin durch diese Ligasen führt zur Aktivierung von TBK1 und IRF3 sowie zur Produktion von Typ-1-Interferonen (TLR-3-Signalgebung; Abb. 3.16); außerdem wird NFκB aktiviert. Einige Viren haben Gegenmaßnahmen entwickelt, um den Schutz durch die RLRs zu unterlaufen. Beispielsweise vermehrt sich das Influenzavirus mit seinem Antisense-RNA-Genom zwar im Zellkern, jedoch erhalten einige der Transkripte, die bei der Virusreplikation entstehen, keine Cap-Struktur, müssen aber im Cytoplasma translatiert werden. Das Nichtstrukturprotein 1 (NS1 , nonstructural protein 1) blockiert die Aktivität von TRIM25 und stört damit die möglichen antiviralen Aktivitäten von RIG-I gegen die Infektion.

Abb. 3.21
figure 21

RIG-I und andere RLRs sind cytoplasmatische Sensoren für virale RNA. Erstes Bild: Bevor RIG-I und MDA-5 virale RNA erkennen, befinden sich die beiden Proteine im Cytoplasma und liegen durch Autoinhibition in einer inaktiven Konformation vor. Das Adaptorprotein MAVS ist an die äußere Membran der Mitochondrien gebunden. Zweites Bild: Wenn RIG-I 5′-Triphosphat-RNA ohne Cap-Struktur und MDA-5 virale doppelsträngige RNA erkennen, ändert sich die Konformation ihrer CARD-Domänen, sodass diese nun frei sind, um mit der aminoterminalen CARD-Domäne von MAVS in Wechselwirkung zu treten. Dadurch kommt es schließlich zur Produktion von K63-verknüpftem Polyubiquitin durch die E3-Ligasen TRIM25 oder Riplet, wobei die strukturellen Einzelheiten noch nicht geklärt sind. Drittes Bild: Die Assoziation führt dazu, dass eine prolinreiche Region von MAVS mit TRAF-Proteinen interagiert (siehe Text) und weitere K63-verknüpfte Polyubiquitine zum Gerüst hinzugefügt werden. Wie bei der TLR-Signalgebung rekrutiert dieses Gerüst TBK1- und IKK-Komplexe (Abb. 3.15 und 3.16), wodurch IRF und NFκB aktiviert werden und Typ-I-Interferone sowie proinflammatorische Cytokine produziert werden

1.11 Cytosolische DNA-Sensoren vermitteln ihre Signale über STING, was zur Produktion von Typ-I-Interferonen führt

Angeborene Sensoren, die cytoplasmatische RNA erkennen, nutzen dafür spezifische Modifikationen wie die 5′-Cap-Struktur, um zwischen körpereigenem und viralem Ursprung zu unterscheiden. Die zelluläre DNA ist grundsätzlich auf den Zellkern begrenzt, während DNA von Viren, Mikroben oder Protozoen während der verschiedenen Phasen einer Infektion auch im Cytoplasma vorkommen kann. Man hat mehrere angeborene Sensoren für DNA im Cytoplasma identifiziert, die jeweils die Produktion von Typ-I-Interferonen als Reaktion auf eine Infektion auslösen können. Eine Komponente des Signalwegs der DNA-Erkennung ist STING (Stimulator von Interferongenen); das Protein wurde entdeckt, als man nach Faktoren suchte, die die Expression von Typ-I-Interferonen auslösen können. STING (codiert von TMEM173) ist über eine aminoterminale Domäne mit vier Transmembranstrukturen in der Membran des endoplasmatischen Reticulums verankert. Die carboxyterminale Domäne ragt ins Cytoplasma und bildet mit der carboxyterminalen Domäne eines weiteren Proteins durch gegenseitige Wechselwirkung ein inaktives STING-Homodimer.

STING fungiert als Sensor für intrazelluläre Infektionen. Grundlage ist die Erkennung von bakteriellen zyklischen Dinucleotiden (CDNs), beispielsweise das zyklische Diguanylatmonophosphat (c-di-GMP) und zyklisches Diadenylatmonophosphat (c-di-AMP). Diese Moleküle sind Second Messenger von Bakterien; sie werden von Enzymen produziert, die in den meisten bakteriellen Genomen codiert werden. CDN aktivieren die STING-Signalgebung, indem sie die Struktur des STING-Homodimers verändern. Dieses Homodimer rekrutiert und aktiviert TBK1, die wiederum IRF3 phosphoryliert und aktiviert. Das führt schließlich zur Produktion von Typ-I-Interferonen (Abb. 3.22), ähnlich der Signalwege mit TLR-3 und MAVS (Abb. 3.16 und 3.21). TRIF (stromabwärts von TLR-3), MAVS und STING enthalten am Carboxyterminus jeweils ein ähnliches Aminosäuresequenzmotiv, das bei der Aktivierung dieser Moleküle an einem Serinrest phosphoryliert wird. Anscheinend kann dieses Motiv nach der Phosphorylierung sowohl TBK1 als auch IRF3 binden, sodass IRF3 nun von TBK1 effizient phosphoryliert und aktiviert werden kann.

Abb. 3.22
figure 22

cGAS ist ein cytosolischer DNA-Sensor, der seine Signale über STING aussendet und dadurch die Produktion von Typ-I-Interferonen stimuliert. Erstes Bild: cGAS befindet sich im Cytoplasma und fungiert als Sensor für doppelsträngige DNA (dsDNA) von Viren. Wenn das cGAS-Protein dsDNA bindet, wird seine enzymatische Aktivität stimuliert und zyklisches GMP-AMP (cGAMP) wird gebildet. Bakterien, die Zellen infizieren, produzieren Second Messenger, beispielsweise zyklische Dinucleotide wie das zyklische Diguanylatmonophosphat (c-di-GMP) und das zyklische Diadenylatmonophosphat (c-di-AMP). Zweites Bild: cGAMP und bakterielle Dinucleotide können an das STING-Dimer auf der ER-Membran binden. Drittes Bild: In dieser Phase wird TBK1 von STING aktiviert, wobei die Einzelheiten dieser Wechselwirkung noch nicht geklärt sind. Das aktive TBK1 aktiviert IRF3 (Abb. 3.16)

STING ist auch bei Virusinfektionen von Bedeutung. So sind etwa Mäuse, denen STING fehlt, anfällig für Infektionen durch das Herpesvirus. Bis vor Kurzem war noch nicht bekannt, ob STING virale DNA direkt erkennt oder nur stromabwärts eines unbekannten DNA-Sensors aktiv ist. Man fand heraus, dass beim Einschleusen von DNA in Zellen auch ohne Infektion mit Organismen ein weiterer Second Messenger erzeugt wird, der STING aktiviert. Dieser Second Messenger wurde als zyklisches Guanosinmonophosphat-Adenosinmonophosphat (zyklisches GMP-AMP) oder cGAMP identifiziert. cGAMP bindet wie die bakteriellen CDN an beide Untereinheiten des STING-Dimers und aktiviert die STING-Signalgebung. Dieses Ergebnis deutete auch daraufhin, dass es stromaufwärts von STING noch einen aktiven Sensor geben muss. Durch Aufreinigung des Enzyms, das cGAMP als Reaktion auf cytosolische DNA produziert, fand man ein bis dahin unbekanntes Protein, das die Bezeichnung cGAS (cyclic GAMP synthase) erhielt. cGAS enthält ein Proteinmotiv, das auch in der Enzymfamilie der Nucleotidyltransferasen (NTasen) vorkommt. Dazu gehören unter anderem die Adenylatcyclase (das Enzym, das den Second Messenger cAMP erzeugt) und verschiedene DNA-Polymerasen, cGAS kann direkt an cytosolische DNA binden, wodurch seine enzymatische Aktivität stimuliert wird, im Cytoplasma aus GTP und ATP cGAMP zu erzeugen; und dadurch wird dann STING aktiviert. Mäuse mit einem inaktivierten cGAS-Gen zeigen eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen mit Herpesviren, was die Bedeutung dieses Sensors für die Immunität unterstreicht.

Es gibt mehrere weitere Faktoren, die als DNA-Sensoren infrage kommen, man weiß jedoch nur sehr wenig über ihre Erkennungs- und Signalmechanismen oder auch über ihre Aktivität in vivo. IFI16 (IFN-γ-induzierbares Protein 16) gehört zur PYHIN-Proteinfamilie und ist mit AIM2 verwandt. Das Protein besitzt möglicherweise die Funktion eines DNA-Sensors und entfaltet seine Aktivität über STING, TBK1 und IRF3, nicht jedoch über die Aktivierung eines Inflammasomsignalwegs. DDX41 (DEAD-Box-Polypeptid 41) ist ein RLR und mit RIG-I verwandt. Es gehört zur DEAD-Box-Proteinfamilie, sendet seine Signale aber anscheinend über STING und nicht über MAVS. MRE11A (meiotic recombination 11 homolog a) kann im Cytosol doppelsträngige DNA erkennen und aktiviert dann den STING-Signalweg, aber seine Funktion bei der angeborenen Immunität ist bis jetzt noch unbekannt.

1.12 Die Aktivierung von angeborenen Sensoren der Makrophagen und dendritischen Zellen führt zu Veränderungen der Genexpression, die weitreichende Auswirkungen auf die Immunantwort haben

Neben der Stimulation von Effektorfunktionen und der Cytokinproduktion hat die Aktivierung der angeborenen Erkennungssignalwege noch einen weiteren Effekt: die Induktion costimulierender Moleküle auf gewebespezifischen dendritischen Zellen und Makrophagen (Abschn. 1.3.8). Wir wollen uns weiter hinten im Buch noch genauer mit diesen Molekülen beschäftigen, sie aber hier schon einmal erwähnen, da sie eine wichtige Schnittstelle zwischen der angeborenen und der adaptiven Immunantwort bilden. Zwei wichtige costimulierende Moleküle sind die Oberflächenproteine B7.1 (CD80) und B7.2 (CD86). Sie werden als Reaktion auf den Kontakt mit Krankheitserregern durch angeborene Sensoren (beispielsweise TLRs) auf Makrophagen und gewebespezifischen dendritischen Zellen induziert (Abb. 3.23). B7.1 und B7.2 werden von spezifischen costimulierenden Rezeptoren erkannt, die von Zellen der adaptiven Immunantwort exprimiert werden, vor allem von CD4-T-Zellen, und ihre Aktivierung durch B7 ist ein bedeutender Schritt bei der Aktivierung der adaptiven Immunantwort.

Abb. 3.23
figure 23

Bakterielles LPS induziert Veränderungen der dendritischen Zellen und stimuliert sie, zu wandern und das adaptive Immunsystem durch Aktivierung von T-Zellen gegen die Infektion in Gang zu setzen. Oben: Unreife dendritische Zellen in der Haut zeigen starke Aktivitäten bei Phagocytose und Makropinocytose, können aber keine T-Lymphocyten aktivieren. Die dendritischen Zellen in der Haut nehmen Mikroorganismen und ihre Produkte auf und bauen sie ab. Bei einer Bakterieninfektion werden dendritische Zellen von verschiedenen angeborenen Sensoren aktiviert; dabei kommt es zu zwei verschiedenen Arten von Veränderungen. Mitte: Die dendritischen Zellen wandern aus den Geweben in das Lymphsystem und beginnen dort zu reifen. Sie verlieren die Fähigkeit, Antigene aufzunehmen, können dafür aber nun T-Zellen stimulieren. Unten: In den regionalen Lymphknoten werden sie zu reifen dendritischen Zellen. Sie verändern die Moleküle an ihrer Oberfläche, wobei sie dort die Zahl der MHC-Moleküle erhöhen und die costimulierenden Moleküle CD80 (B7.1) und CD86 (B7.2) exprimieren.

Substanzen wie LPS, die costimulierende Aktivitäten auslösen, werden bereits seit Jahren in Gemischen angewendet, die man zusammen mit Proteinantigenen injiziert, um deren Immunogenität zu verstärken. Diese Substanzen bezeichnet man als Adjuvanzien (Anhang I, Abschn. A.1). Auf empirische Weise hat man dabei herausgefunden, dass die besten Adjuvanzien mikrobielle Bestandteile enthalten, die Makrophagen und gewebespezifische dendritische Zellen zur Synthese von costimulierenden Molekülen und Cytokinen anregen. In Kap. 9 und 11 werden wir erfahren, dass die Cytokine, die als Reaktion auf eine Infektion erzeugt werden, die funktionellen Eigenschaften der sich dann entwickelnden adaptiven Immunantwort beeinflussen. Auf diese Weise nutzt der Körper die Fähigkeit des angeborenen Immunsystems, die verschiedenen Typen von Krankheitserregern zu unterscheiden, um dann ein geeignetes Modul der adaptiven Immunantwort zu aktivieren.

1.13 Bei Drosophila erfolgen die Signale der Toll-Rezeptoren stromabwärts einer eigenen Gruppe von Molekülen zur Erkennung von Pathogenen

Bevor wir die angeborene Pathogenerkennung verlassen, wollen wir uns noch kurz damit beschäftigen, wie die Rezeptoren Toll, TLR und NOD in der angeborenen Immunität der Wirbellosen ihre Funktion ausüben. Der Toll-Rezeptor spielt zwar bei Drosophila in der Abwehr von pathogenen Bakterien und Pilzen eine zentrale Rolle, ist aber selbst kein Mustererkennungsrezeptor, sondern liegt stromabwärts von anderen Proteinen, die Krankheitserreger erkennen (Abb. 3.24). Bei Drosophila gibt es 13 Gene, die Peptidoglykanerkennungsproteine (PGRPs) codieren. Diese Proteine binden Peptidoglykankomponenten aus bakteriellen Zellwänden. Eine andere Familie sind die GNBPs (Gram-negative binding proteins) die LPS und β-1,3-glykosidisch verknüpfte Glucane binden. GNBPs erkennen gramnegative Bakterien und, wie nicht unbedingt zu erwarten ist, auch Pilze, nicht jedoch grampositive Bakterien. Die Proteine GNBP1 und PGRP-SA wirken bei der Erkennung von Peptidoglykanen von grampositiven Bakterien zusammen. Sie interagieren mit der Serinprotease Grass, die eine proteolytische Kaskade auslöst, an deren Ende das Spätzle-Protein gespalten wird. Eines der dabei entstehenden Fragmente bildet ein Homodimer, das an den Toll-Rezeptor bindet und dessen Dimerisierung auslöst. Dies wiederum stimuliert die antimikrobielle Reaktion. Ein Protein zur spezifischen Erkennung von Pilzen ist GNBP3, das auch eine proteolytische Kaskade in Gang setzt, die ebenfalls Spätzle spaltet und Toll aktiviert.

Abb. 3.24
figure 24

Der Toll-Rezeptor von Drosophila wird am Ende einer proteolytischen Kaskade aktiviert, die durch eine Pathogenerkennung ausgelöst wurde. Das Peptidoglykanerkennungsprotein PGRP-SA und GNBP1 wirken bei der Bindung von pathogenen Bakterien zusammen und aktivieren das erste Enzym einer Proteasekaskade, die schließlich zur Spaltung des Drosophila-Proteins Spätzle führt (erstes Bild). Durch die Spaltung ändert sich die Konformation von Spätzle, sodass das Protein an den Toll-Rezeptor bindet und dessen Dimerisierung auslöst (zweites Bild). Die cytoplasmatischen TIR-Domänen des Toll-Rezeptors binden das Adaptorprotein dMyD88 (drittes Bild). Dadurch wird ein Signalweg ausgelöst, der dem Weg sehr ähnlich ist, der bei Säugern zur Freisetzung von NFκB von seinem cytoplasmatischen Inhibitor führt. Das Gegenstück zu NFκB bei Drosophila ist der Transkriptionsfaktor DIF, der dann in den Zellkern wandert und die Transkription von Genen für antimikrobielle Proteine aktiviert. Die Erkennung von Pilzen führt ebenfalls über diesen Signalweg zur Spaltung von Spätzle und zur Produktion antimikrobieller Peptide, wobei die Erkennungsproteine für Pilze noch nicht bekannt sind

Die Fettkörperzellen und Hämocyten von Drosophila sind phagocytotische Zellen, die einen Teil des Immunsystems der Taufliege bilden. Wenn das Spätzle-Dimer an Toll bindet, synthetisieren die Hämocyten antimikrobielle Peptide und sezernieren sie. Der Toll-Signalweg bei Drosophila aktiviert den Transkriptionsfaktor DIF, der mit NFκB der Säuger verwandt ist. DIF wandert in den Zellkern und induziert die Transkription von Genen für antimikrobielle Peptide wie etwa Drosomycin. Ein weiterer Faktor aus der NFκB-Familie bei Drosophila ist Relish. Dieser Faktor induziert die Produktion antimikrobieller Peptide als Reaktion auf den Imd-Weg (immunodeficiency pathway), der bei Drosophila von bestimmten PGRPs ausgelöst wird, die gramnegative Bakterien erkennen. Relish aktiviert die Expression der antimikrobiellen Peptide Diptericin, Attacin und Cecropin, die sich von den Peptiden unterscheiden, die über den Toll-Signalweg produziert werden. So aktivieren der Toll- und der Imd-Signalweg Effektormechanismen, die dazu dienen, Infektionen durch unterschiedliche Pathogene zu beseitigen. Man kennt vier PGRP-homologe Faktoren bei Säugern, wobei sich deren Aktivität von der bei Drosophila unterscheidet. So wird beispielsweise PGLYRP-2 sezerniert und fungiert als Amidase, um bakterielle Peptidoglykane zu hydrolysieren. Die Übrigen kommen in den Granula der neutrophilen Zellen vor und wirken durch ihre Interaktion mit dem Peptidoglykan in der bakteriellen Zellwand bakteriostatisch.

1.14 Die TLR- und NOD-Gene haben sich bei den Wirbellosen und bei einigen primitiven Chordata stark diversifiziert

Bei den Säugern gibt es nur etwa ein Dutzend TLR-Gene, aber einige Organismen haben ihr Repertoire von angeborenen Erkennungsrezeptoren diversifiziert. Das gilt in besonderem Maß für Rezeptoren mit LRR-Domänen. Der Seeigel Strongylocentrotus purpuratus verfügt in seinem Genom über die sonst unerreichte Anzahl von 222 verschiedenen TLR-Genen wie auch über je 200 Gene für NOD-like- und Scavenger-Rezeptoren. Der Seeigel besitzt auch eine größere Zahl von Proteinen, die wahrscheinlich an der Signalübertragung dieser Rezeptoren beteiligt sind. So gibt es beispielsweise vier Gene, die dem einzigen MyD88-Gen der Säuger ähnlich sind. Die Anzahl der stromabwärts liegenden Zielmoleküle, beispielsweise die Vertreter der Familie der NFκB-Transkriptionsfaktoren, ist jedoch anscheinend nicht größer. Das deutet darauf hin, dass die letztendliche Wirkung der TLR-Signale beim Seeigel der Wirkungsweise bei anderen Organismen sehr ähnlich sein muss.

Die TLR-Gene des Seeigels lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen. Die eine umfasst eine geringe Anzahl von insgesamt elf ziemlich unterschiedlichen Genen. Bei der anderen handelt es sich um eine große Familie mit 211 Genen, die innerhalb bestimmter LRR-Regionen ein hohes Maß an Sequenzvarianten aufweisen. Das deutet zusammen mit der großen Zahl von Pseudogenen in dieser Familie auf eine schnelle evolutionäre Entwicklung hin. Die Spezifitäten der Rezeptoren ändern sich demnach anscheinend sehr rasch, anders als bei den wenigen stabilen TLR-Genen der Säuger. Die Spezifitäten der Seeigel-TLR sind zwar unbekannt, aber die Hypervariabilität in den LRR-Domänen könnte dazu dienen, ein hoch diversifiziertes Pathogenerkennungssystem zu erzeugen, das auf Toll-like-Rezeptoren basiert. Eine ähnliche Erweiterung des Repertoires an angeborenen Rezeptoren hat bei einigen Chordata stattgefunden; zu diesem Tierstamm gehören auch die Vertebraten. Amphioxus (das Lanzettfischchen) ist ein nichtvertebraler Vertreter der Chordata ohne ein adaptives Immunsystem. Das Amphioxus-Genom umfasst 71 Gene für TLRs, über 100 Gene für NOD-like-Rezeptoren und über 200 Gene für Scavenger-Rezeptoren. Wie wir in Kap. 5 besprechen werden, kommt es bei kieferlosen Fischen, einer primitiven Form von Vertebraten ohne Immunglobulin- und T-Zell-basierte adaptive Immunität, zu somatischen Umlagerungen bei LRR-codierenden Genen, sodass eine Art adaptive Immunität entsteht (Abschn. 5.4.2).

1.14 Zusammenfassung

Die angeborenen Immunzellen exprimieren verschiedene Rezeptorsysteme, die Mikroorganismen erkennen und sowohl schnelle als auch verzögerte zelluläre Abwehrreaktionen auslösen. Verschiedene Scavenger- und lektinähnliche Rezeptoren auf neutrophilen Zellen, Makrophagen und dendritischen Zellen tragen dazu bei, Mikroorganismen durch Phagocytose zu beseitigen. G-Protein-gekoppelte Rezeptoren für den C5a-Faktor (der bei der Aktivierung der angeborenen Pathogenerkennung durch das Komplementsystem entstehen kann) und für das bakterielle Peptid fMLF wirken mit phagocytotischen Rezeptoren zusammen, um die NADPH-Oxidase in den Phagosomen zu aktivieren, sodass antimikrobielle reaktive Sauerstoffspezies produziert werden. Toll-like-Rezeptoren (TLRs) auf der Zelloberfläche und in den endosomalen Membranen können Mikroorganismen außerhalb der Zelle erkennen und verschiedene Signalwege für die körpereigene Abwehr aktivieren. Die NFκB- und IRF-Signalwege, die stromabwärts dieser Rezeptoren liegen, induzieren proinflammatorische Cytokine, beispielsweise TNF-α, IL-1β und IL-6 sowie antivirale Cytokine wie die Typ-I-Interferone. Andere Rezeptorfamilien erkennen Infektionen durch Mikroorganismen im Cytosol. NOD-Proteine erkennen bakterielle Produkte im Cytosol und aktivieren NFκB und die Produktion proinflammatorischer Cytokine. Die Proteine der verwandten NLR-Familie erkennen Anzeichen von zellulärem Stress oder zelluläre Schäden wie auch bestimmte mikrobielle Komponenten. Die Signale der NLRs werden vom Inflammasom weitergeleitet, das wiederum proinflammatorische Cytokine erzeugt und die Pyroptose, eine Form des Zelltods, auslöst. RIG-I und MDA-5 erkennen Virusinfektionen, indem sie das Vorhandensein viraler RNA feststellen und den MAVS-Signalweg aktivieren, während Sensoren für cytosolische DNA, etwa cGAS, den STING-Signalweg aktivieren. Beide Signalwege führen schließlich zur Produktion von Typ-I-Interferonen. Die Signalwege, die von all diesen Primärsensoren für Krankheitserreger in Gang gesetzt werden, aktivieren eine Reihe verschiedener Gene, etwa für Cytokine, Chemokine und costimulierende Moleküle, die für die sofort einsetzende Immunantwort und für die Steuerung der adaptiven Immunantwort im weiteren Verlauf einer Infektion von grundlegender Bedeutung sind.

2 Induzierte angeborene Reaktionen auf eine Infektion

Wir wollen uns nun mit den Reaktionen der angeborenen Immunität befassen, die unmittelbar ausgelöst werden, sobald die Sensoren, die wir im vorherigen Teil des Kapitels besprochen haben, ein Pathogen erkennen. Wir wollen dabei den Schwerpunkt auf die wichtigsten Phagocyten legen – neutrophile Zellen, Makrophagen und dendritische Zellen – und auf die Cytokine, die sie produzieren und die dazu dienen, Entzündungen auszulösen und aufrechtzuerhalten. Zuerst sollen die Familien der Cytokine und Chemokine vorgestellt werden, die zahlreiche zelluläre Reaktionen koordinieren, etwa die Rekrutierung von neutrophilen und anderen Zellen des Immunsystems zu Infektionsherden. Wir wollen auch die verschiedenen Adhäsionsmoleküle besprechen, die auf Immunzellen in Erscheinung treten, wenn sie im Blut zirkulieren, und auch bei Endothelzellen in den Blutgefäßen vorkommen, wo sie die Bewegung von Zellen aus dem Blut in infizierte Gewebe koordinieren. Zudem besprechen wir etwas genauer, wie von Makrophagen freigesetzte Chemokine und Cytokine die kontinuierliche Zerstörung von infizierenden Mikroorganismen unterstützen. Das geschieht zum einen dadurch, dass die Erzeugung und Rekrutierung neuer Makrophagen angeregt wird, zum anderen durch das Auslösen eines weiteren Stadiums der angeborenen Immunantwort – der Akute-Phase-Reaktion, in der die Leber Proteine erzeugt, die opsonisierend wirken und die Aktivitäten des Komplementsystems verstärken. Außerdem wollen wir die Mechanismen besprechen, durch welche die antiviralen Typ-I-Interferone ihre Aktivität entfalten, und uns zum Schluss mit der immer größer werdenden Gruppe der angeborenen lymphatischen Zellen (ILCs) befassen, zu denen unter anderem die schon lange bekannten NK-Zellen gehören, die in der angeborenen Immunität gegen Viren und andere intrazelluläre Krankheitserreger aktiv sind. ILC-Zellen entfalten ein großes Spektrum von Effektorfunktionen, die zu einer schnellen angeborenen Immunantwort gegen eine Infektion beitragen. Sie reagieren auf früh einsetztende Cytokinsignale, die von angeborenen Sensorzellen stammen, und verstärken die Reaktion, indem sie verschiedene Arten von Effektorcytokinen produzieren. Wenn eine Infektion nicht durch die ausgelöste angeborene Immunantwort beseitigt werden kann, schließt sich eine adaptive Reaktion an, die vielfach auf denselben Effektormechanismen beruht wie das angeborene Immunsystem, wobei diese aber deutlich zielführender eingesetzt werden. Die hier beschriebenen Effektormechanismen dienen als Einstieg in den inhaltlichen Schwerpunkt der adaptiven Immunität, dem die weiteren Abschnitte dieses Buches gewidmet sind.

2.1 Cytokine und ihre Rezeptoren bilden eigene Familien strukturell verwandter Proteine

Cytokine sind kleine Proteine (etwa 25 kDa), die im Allgemeinen als Reaktion auf einen aktivierenden Reiz von verschiedenen Zelltypen im Körper freigesetzt werden und dann Reaktionen auslösen, wenn sie an spezifische Rezeptoren binden. Cytokine können autokrin wirken, indem sie das Verhalten der Zelle beeinflussen, die das Cytokin freisetzt, oder sie wirken parakrin, indem sie benachbarte Zellen beeinflussen. Einige Cytokine sind stabil genug, sodass sie endokrin wirken können, indem sie entfernt liegende Zellen beeinflussen, Das hängt allerdings davon ab, ob die Moleküle in den Blutkreislauf gelangen und welche Halbwertszeit sie im Blut haben. Um eine standardisierte Nomenklatur für die Moleküle zu entwickeln, die von Leukocyten aktiviert werden oder auf sie wirken, werden viele Cytokine mit Interleukin (IL) bezeichnet, woran sich eine Zahl anschließt (beispielsweise IL-1 oder IL-2). Es wurden jedoch nicht alle Cytokine in das System aufgenommen; so sehen sich Studierende der Immunologie weiterhin mit einer etwas verwirrenden und schwierigen Aufgabe konfrontiert. Die Cytokine sind in Anhang III in alphabetischer Reihenfolge zusammen mit ihren Rezeptoren aufgeführt.

Cytokine kann man aufgrund ihrer Strukturen in Familien einteilen – die IL-1-Familie, die Hämatopoetinsuperfamilie, die Interferone (Abschn. 3.1.7) und die TNF-Familie. Ihre Rezeptoren lassen sich in ähnlicher Weise in Gruppen einteilen (Abb. 3.25). Die IL-1-Familie umfasst elf Mitglieder, darunter IL-1α, IL-1β und IL-18. Die meisten Proteine dieser Familie werden als inaktive Proteinvorstufen produziert, von denen ein aminoterminales Peptid abgespalten wird, sodass das reife Cytokin entsteht. Die Ausnahme von dieser Regel bildet IL-1α; hier sind sowohl die Vorstufen als auch die Spaltprodukte biologisch aktiv. Wie bereits besprochen, entstehen die reifen Formen von IL-1β und IL-18 in Makrophagen durch die Aktivität der Caspase 1 als Reaktion auf TLR-Signale und die Aktivierung des Inflammasoms. Die Rezeptoren der IL-1-Familie enthalten TIR-Domänen in ihren cytoplasmatischen Regionen und sie leiten ihre Signale über den NFκB-Weg, der bereits bei den TLRs besprochen wurde. Der IL-1-Rezeptor wirkt mit einem zweiten Transmembranprotein, IL1RAP (IL-1 receptor accessory protein), zusammen, das für die IL-Signalübertragung notwendig ist.

Abb. 3.25
figure 25

Die Cytokinrezeptoren gehören zu Familien von Rezeptorproteinen, die jeweils unterschiedliche Strukturen besitzen. Viele Cytokine wirken mit ihrem Signal auf Rezeptoren ein, die zur Hämatopoetinrezeptor-Superfamilie gehören, zu der auch der Erythropoetinrezeptor gehört. Sie umfasst homodimere und heterodimere Rezeptoren, die aufgrund ihrer Proteinsequenz und -struktur in Unterfamilien eingeteilt werden. Beispiele dafür stehen in den ersten drei Zeilen der Tabelle. Heterodimere Klasse-I-Cytokinrezeptoren enthalten eine α-Kette, die häufig die Ligandenspezifität des Rezeptors bestimmt. Teilweise haben sie mit anderen Rezeptoren eine gemeinsame β- oder γ-Kette, die für die intrazelluläre Signalfunktion zuständig ist. Heterodimere Klasse-II-Cytokinrezeptoren besitzen keine gemeinsamen Ketten; hierher gehören Rezeptoren für Interferon oder interferonähnliche Cytokine. Alle Cytokinrezeptoren leiten ihre Signale über den JAK-STAT-Weg weiter. Die IL-1-Rezeptoren enthalten extrazelluläre Immunglobulindomänen. Sie bilden Dimere und übertragen ihre Signale über die TIR-Domänen in ihren cytoplasmatischen Regionen und über MyD88. Weitere Superfamilien von Cytokinrezeptoren sind die TNFR-Familie der Tumornekrosefaktorrezeptoren und die Familie der Chemokinrezeptoren. Letztere gehört zur sehr großen Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Liganden der TNFR-Familie sind in Form von Trimeren aktiv und wahrscheinlich stärker mit der Zellmembran assoziiert, werden also nicht freigesetzt

Die Hämatopoetinsuperfamilie der Cytokine ist ziemlich groß und umfasst Wachstums- und Differenzierungsfaktoren, die nicht zum Immunsystem gehören, wie das Erythropoetin (das die Entwicklung der roten Blutkörperchen stimuliert) und Wachstumshormone, aber auch Interleukine mit Funktionen in der angeborenen und adaptiven Immunität. IL-6 gehört zu dieser Superfamilie, genauso wie das Cytokin GM-CSF, das die Erzeugung neuer Monocyten und Granulocyten im Knochenmark anregt. Viele der löslichen Cytokine, die von aktivierten T-Zellen produziert werden, gehören ebenfalls zur Hämatopoetinfamilie. Die Rezeptoren der Hämatopoetincytokine sind mit Tyrosinkinasen assoziierte Rezeptoren, die Dimere bilden, sobald ihr Cytokinligand bindet. Durch die Dimerisierung setzt eine intrazelluläre Signalübertragung ein, die von den Tyrosinkinasen ausgeht, die mit den cytoplasmatischen Domänen des Rezeptors assoziiert sind. Einige Arten von Cytokinrezeptoren bestehen aus zwei identischen, andere aus zwei verschiedenen Untereinheiten. Eine wichtige Eigenschaft der Cytokinsignale besteht darin, dass die Rezeptoren eine große Vielzahl verschiedener Kombinationen von Untereinheiten aufweisen.

Diese Cytokine und ihre Rezeptoren können ebenfalls in Unterfamilien eingeteilt werden, die jeweils durch ähnliche Funktionen und die genetische Kopplung ihrer Vertreter gekennzeichnet sind. So besitzen beispielsweise IL-3, IL-4. IL-5, IL-13 und GM-CSF verwandte Strukturen, ihre Gene liegen im Genom dicht nebeneinander und sie werden häufig zusammen von denselben Zelltypen produziert. Darüber hinaus binden sie an eng verwandte Rezeptoren, die zur Familie der Klasse-I-Cytokinrezeptoren gehören. Die Rezeptoren für IL-3, IL-5 und GM-CSF bilden mit ihrer gemeinsamen β-Kette eine Untergruppe. Eine andere Untergruppe der Klasse-I-Cytokinrezeptoren ist durch die gemeinsame γ-Kette (γc) des IL-2-Rezeptors gekennzeichnet. Diese Kette kommt in Rezeptoren für die Cytokine IL-2, IL-4, IL-7, IL-9, IL-15 und IL-21 vor; sie wird von einem Gen auf dem X-Chromosom codiert. Mutationen, welche γc inaktivieren, führen zum X-gekoppelten schweren kombinierten Immundefekt (X-SCID), da die Signalwege für mehrere Cytokine (IL-7, IL-15 und IL-2), die für die normale Entwicklung der Lymphocyten notwendig sind, abgeschaltet werden (Abschn. 13.1.3). Der Rezeptor für IFN-γ ist damit entfernter verwandt und gehört zu einer kleinen Familie von heterodimeren Cytokinrezeptoren mit bestimmten Ähnlichkeiten zur Familie der Hämatopoetinrezeptoren. Diese Klasse-II-Cytokinrezeptoren (die auch als Interferonrezeptoren bezeichnet werden) umfasst die Rezeptoren für IFN-α und IFN-β sowie für IL-10. Alle Hämatopoetin- und Interferonrezeptoren übertragen ihre Signale durch den JAK-STAT-Weg (siehe unten) und sie aktivieren STAT-Kombinationen mit unterschiedlichen Wirkungen.

Die TNF-Familie mit TNF-α als „Prototyp“ umfasst mehr als 17 Cytokine mit wichtigen Funktionen in der adaptiven und angeborenen Immunität. Anders als die meisten übrigen immunologisch relevanten Cytokine sind viele Vertreter der TNF-Familie Transmembranproteine. Dadurch besitzen sie besondere Eigenschaften und ihr Aktivitätsspektrum ist begrenzt. Einige können jedoch unter bestimmten Bedingungen auch aus der Membran freigesetzt werden. Im Allgemeinen liegen sie als Homotrimere von membrangebundenen Untereinheiten vor, wobei es auch einige Heterotrimere mit unterschiedlichen Untereinheiten gibt. TNF-α (manchmal auch einfach als TNF bezeichnet) wird anfangs als trimeres membrangebundenes Cytokin exprimiert und kann aus der Membran freigesetzt werden. Die Wirkungen von TNF-α werden durch einen von zwei TNF-Rezeptoren übertragen. Der TNF-Rezeptor 1 (TNFR1) wird von einer Vielzahl verschiedener Zellen exprimiert, beispielsweise auf Endothelzellen und Makrophagen, während TNFR2 vor allem von Lymphocyten exprimiert wird. Die Rezeptoren für Cytokine der TNF-Familie sind in der Struktur nicht mit den oben beschriebenen Rezeptoren verwandt, müssen sich aber ebenfalls zusammenlagern, um aktiviert zu werden. Da die Cytokine der TNF-Familie als Trimere produziert werden, bewirkt die Bindung dieser Cytokine, dass sich drei identische Rezeptoruntereinheiten zusammenlagern. Der von diesen Rezeptoren aktivierte Signalweg wird in Kap. 7 beschrieben, wo wir auch feststellen werden, dass die Signalübertragung durch Vertreter der TRAF-Familie erfolgt und dabei der nichtkanonische NFκB-Weg aktiviert wird.

Vertreter der Chemokinrezeptorfamilie sind zusammen mit den Chemokinen, die sie erkennen, in Anhang IV aufgeführt. Diese Rezeptoren enthalten eine siebenteilige Transmembranstruktur und die Signalübertragung erfolgt durch Wechselwirkung mit G-Proteinen (Abschn. 3.1.2).

2.2 Cytokinrezeptoren der Hämatopoetinfamilie sind mit Tyrosinkinasen der JAK-Familie assoziiert, die STAT-Transkriptionsfaktoren aktivieren

Die signalübertragenden Proteinketten der Hämatopoetinfamilie der Cytokinrezeptoren sind nichtkovalent mit Proteinkinasen der Januskinasen-(JAK-)Familie assoziiert. Diese Enzyme enthalten zwei tandemkinaseähnliche Domänen und gleichen so dem römischen Gott Janus mit seinen zwei Köpfen (daher die Bezeichnung). Die JAK-Familie umfasst vier Proteine: Jak1, Jak2, Jak3 und Tyk2. Mäusen, denen einzelne dieser Kinasen fehlen, zeigen unterschiedliche Phänotypen. Deshalb muss jede Kinase eine eigene Funktion besitzen. Beispielsweise überträgt Jak3 Signale von γc, die von einigen der oben beschriebenen Cytokine stammen. Mutationen, die Jak3 inaktivieren, führen zu einer Form von SCID, die nicht X-gekoppelt ist.

Video 3.7 

Die Dimerisierung beziehungsweise Zusammenlagerung der Signalübertragungsketten von Rezeptoren bringt die JAK-Kinasen in direkte Nähe zueinander. Dadurch wird jede JAK-Kinase an einem Tyrosinrest phosphoryliert, was wiederum deren Kinaseaktivität stimuliert. Die aktivierten JAK-Kinasen phosphorylieren dann ihre assoziierten Rezeptoren an spezifischen Tyrosinresten. Ein solches Phosphotyrosin und die spezifische Aminosäuresequenz in seiner Umgebung bildet eine Bindungsstelle, die von SH2-Domänen in anderen Proteinen erkannt wird. Dabei handelt es sich vor allem um STAT-Transkriptionsfaktoren (STAT für signal transducers and activators of transcription) (Abb. 3.26).

Abb. 3.26
figure 26

Viele Cytokinrezeptoren übertragen ihre Signale mithilfe des schnellen JAK-STAT-Signalwegs. Erstes Bild: Viele Cytokine entfalten ihre Aktivität über Rezeptoren, die mit den cytoplasmatischen Januskinasen (JAKs) assoziiert sind. Ein solcher Rezeptor besteht aus mindestens zwei Proteinketten, die jeweils an eine spezifische JAK-Kinase gebunden sind. Zweites Bild: Die Bindung eines Liganden bringt die beiden Ketten zusammen, sodass die JAK-Kinasen phosphoryliert werden können und sich gegenseitig aktivieren, um dann spezifische Tyrosine in den Rezeptorschwänzen zu phosphorylieren (rote Punkte). Die Transkriptionsfaktoren der STAT-Familie enthalten eine aminoterminale Domäne, durch die sie im Cytosol Homodimere bilden können, bevor sie aktiviert werden. Außerdem besitzen sie eine SH2-Domäne, die an die Rezeptorschwänze mit den phosphorylierten Tyrosinresten binden. Drittes Bild: Nach der Bindung werden die STAT-Homodimere von den JAK-Kinasen phosphoryliert. Viertes Bild: Nach der Phosphorylierung lagern sich die STAT-Proteine zu einem Dimer um, das durch die Bindung der SH2-Domäne an Phosphotyrosinreste des anderen STAT-Proteins stabilisiert wird. Die Dimere wandern dann in den Zellkern, wo sie an verschiedene Gene binden, die für die adaptive Immunität von Bedeutung sind, und aktivieren deren Transkription

Es gibt sieben STAT-Transkriptionsfaktoren (1–4, 5a, 5b, 6), die im Cytoplasma als inaktive Form vorliegen, bis sie von Cytokinrezeptoren aktiviert werden. Vor der Aktivierung bilden die meisten STAT-Faktoren aufgrund einer spezifischen homotypischen Wechselwirkung zwischen den Domänen am Aminoterminus Homodimere. Die Rezeptorspezifität jedes STAT-Faktors wird von der individuellen Phosphotyrosinsequenz auf jedem aktivierten Rezeptor festgelegt, die von den verschiedenen SH2-Domänen der STAT-Faktoren erkannt werden. Die Bindung eines STAT-Faktors an den aktivierten Rezeptor bringt den Faktor in die Nähe der aktivierten JAK-Kinase, die dann einen konservierten Tyrosinrest am Carboxyterminus des STAT-Faktors phosphoryliert. So kommt es zu einer Umlagerung, durch die der Phosphotyrosinrest jedes STAT-Proteins an die SH2-Domäne eines anderen STAT-Proteins bindet. Diese Konfiguration kann nun mit hoher Affinität DNA binden. Aktivierte STAT-Faktoren bilden vor allem Homodimere, wobei ein bestimmtes Cytokin immer nur einen STAT-Typ aktivieren kann. So aktiviert beispielsweise IFN-γ STAT1 und führt zur Bildung von STAT1-Homodimeren, während IL-4 STAT6 aktiviert und STAT6-Homodimere erzeugt. Andere Cytokinrezeptoren können mehrere STAT-Faktoren aktivieren und es können sich auch einige STAT-Heterodimere bilden. Das phosphorylierte STAT-Dimer wandert in den Zellkern, wo es als Transkriptionsfaktor wirkt und die Expression bestimmter Gene in Gang setzt, die für die Regulation von Wachstum und Differenzierung bestimmter Unterguppen der Lymphocyten zuständig sind.

Da die Signalübertragung durch diese Rezeptoren auf der Phosphorylierung von Tyrosin beruht, ist die Dephosphorylierung des Rezeptorkomplexes durch Tyrosinphosphatasen ein möglicher Weg für die Zelle, die Signalübertragung anzuhalten. Man hat bereits eine Reihe verschiedener Tyrosinphosphatasen mit der Dephosphorylierung von Cytokinrezeptoren, JAK-Kinasen und STAT-Faktoren in Verbindung gebracht. Dazu gehören etwa die Nichtrezeptortyrosinphosphatasen SHP-1 und SHP-2 (codiert von PTPN6 und PTPN11) und die Transmembranrezeptortyrosinphosphatase CD45, die auf vielen hämatopoetischen Zellen in diversen Isoformen exprimiert wird. Die Signalgebung von Cytokinen kann auch durch eine negative Rückkopplung mit spezifischen Inhibitoren, die durch die Cytokinaktivierung induziert wurden, beendet werden. Die Suppressoren der Cytokinsignale (SOCS) bilden eine Gruppe von Inhibitoren, die die Signalgebung von vielen Cytokin- und Hormonrezeptoren beenden können. SOCS-Proteine enthalten eine SH2-Domäne, durch die sie an die phosphorylierte JAK-Kinase oder den phosphorylierten Rezeptor binden. Sie können auch die JAK-Kinasen direkt hemmen, um den Rezeptor konkurrieren sowie eine Ubiquitinierung und den anschließenden Abbau von JAK- und STAT-Proteinen in Gang setzen. SOCS-Proteine werden durch die STAT-Aktivierung induziert und hemmen dann die Signalübertragung des Rezeptors, nachdem das Cytokin seine Wirkung entfaltet hat. Bei Mäusen mit SOCS1-Mangel kommt es zu einer inflammatorischen Infiltration der Organe, die durch eine verstärkte Signalübertragung von Interferonrezeptoren, γc-haltigen Rezeptoren und TLRs hervorgerufen wird. Eine andere Gruppe von inhibitorischen Proteinen sind Proteininhibitoren für aktivierte STAT-Faktoren (PIAS), die anscheinend auch zum Abbau von Rezeptoren und Signalwegkomponenten beitragen.

2.3 Chemokine, die von Makrophagen und dendritischen Zellen freigesetzt werden, locken Zellen zu Infektionsherden

Alle Cytokine, die von Makrophagen während der angeborenen Immunreaktionen produziert werden, haben bedeutsame lokale und systemische Auswirkungen und tragen sowohl zur angeborenen als auch zur adaptiven Immunität bei (Zusammenfassung in Abb. 3.27). Die Erkennung verschiedener Klassen von Krankheitserregern durch Phagocyten und dendritische Zellen kann die Signalübertragung durch unterschiedliche Rezeptoren (beispielsweise die verschiedenen TLRs) auslösen und so eine gewisse Variabilität der Cytokine hervorrufen, die von stimulierten Makrophagen und dendritischen Zellen exprimiert werden. Dies ist ein Mechanismus, durch den passende Immunantworten selektiv aktiviert werden können, weil die freigesetzten Cytokine immer die jeweils nächste Phase der Immunabwehr bestimmen. Als Reaktion auf die Aktivierung von PRR-Rezeptoren sezernieren Makrophagen und dendritische Zellen eine Reihe verschiedenartiger Cytokine, darunter IL-1β, IL-6, IL-12, TNF-α und das Chemokin CXCL8 (früher auch mit IL-8 bezeichnet).

Abb. 3.27
figure 27

Zu den wichtigen Cytokinen und Chemokinen, die von dendritischen Zellen und Makrophagen als Reaktion auf bakterielle Bestandteile freigesetzt werden, gehören unter anderem IL-1β, IL-6, CXCL8, IL-12 und TNF-α. TNF-α stimuliert lokale Entzündungsreaktionen, die zur Eindämmung der Infektion beitragen. Der Faktor hat auch systemische Effekte, von denen viele schädlich sind (Abschn. 3.2.6). Das Chemokin CXCL8 ist ebenfalls an lokalen Entzündungsreaktionen beteiligt und lockt neutrophile Zellen zum Infektionsherd. IL-1β, IL-6 und TNF-α spielen eine wichtige Rolle beim Auslösen der Akute-Phase-Reaktion in der Leber. Sie rufen Fieber hervor, was eine effektive Immunabwehr auf verschiedene Weise begünstigt. IL-12 aktiviert natürliche Killerzellen und fördert im Zusammenhang mit der adaptiven Immunität die Differenzierung von CD4-T-Zellen zu TH1-Zellen

Zu den Cytokinen, die in den allerersten Phasen einer Infektion in dem betroffenen Gewebe freigesetzt werden, gehören Vertreter einer Familie von chemotaktisch aktiven Cytokinen, die man als Chemokine bezeichnet. Diese kleinen Proteine induzieren eine gerichtete Chemotaxis bei in der Nähe vorhandenen reaktiven Zellen. Das führt dazu, dass sich diese Zellen auf die Quelle der Chemokine zu bewegen. Man hat die Chemokine erstmals in Funktionstests nachgewiesen und aus diesem Grund ursprünglich eine Reihe verschiedener Bezeichnungen gegeben, die zusammen mit der standardisierten Nomenklatur in Anhang IV aufgeführt sind. Alle Chemokine besitzen ähnliche Aminosäuresequenzen und ihre Rezeptoren sind an G-Proteine gekoppelt (Abschn. 3.1.2). Der Signalweg, der von Chemokinen stimuliert wird, führt zu Veränderungen der Zelladhäsion und des zellulären Cytoskeletts, sodass eine gerichtete Bewegung entsteht. Chemokine werden von vielen verschiedenen Zelltypen produziert und freigesetzt, nicht nur von Zellen des Immunsystems. Im Immunsystem wirken Chemokine vor allem als Chemoattraktoren für Leukocyten, sie rekrutieren Monocyten, neutrophile Zellen und weitere Effektorzellen der angeborenen Immunität aus dem Blut zu Infektionsherden. Sie dirigieren auch Lymphocyten der adaptiven Immunität (Kap. 9 bis 11). Einige Chemokine sind auch an der Entwicklung und Wanderung der Lymphocyten beteiligt und wirken bei der Angiogenese (dem Wachstum neuer Blutgefäße) mit. Bis jetzt sind über 540 Chemokine bekannt. Diese beeindruckende Vielfalt unterstreicht durchaus ihre Bedeutung, Zellen zu den Bestimmungsorten zu lenken – in Bezug auf die Lymphocyten ist das offensichtlich die Hauptaufgabe. Einige Chemokine, die von Zellen des angeborenen Immunsystems produziert werden oder diese beeinflussen, sind in Abb. 3.28 aufgeführt.

Abb. 3.28
figure 28

Eigenschaften ausgewählter Chemokine beim Menschen. Chemokine lassen sich hauptsächlich in zwei verwandte, aber eigenständige Gruppen einteilen: die CC-Chemokine, die in der Nähe des Aminoterminus zwei nebeneinanderstehende Cysteinreste aufweisen, und die CXC-Chemokine, bei denen die entsprechenden Cysteinreste durch eine einzelne Aminosäure getrennt sind. Beim Menschen liegen die Gene der CC-Chemokine größtenteils in einem Cluster auf Chromosom 4, die Gene der CXC-Chemokine vor allem in einem Cluster auf Chromosom 17. Die beiden Gruppen der Chemokine wirken auf verschiedene Gruppen von Rezeptoren, die aber alle an G-Proteine gekoppelt sind. CC-Chemokine binden an die Rezeptoren CCR1–10, CXC-Chemokine an die Rezeptoren CXCR1–7. Die verschiedenen Rezeptoren werden von unterschiedlichen Zelltypen exprimiert, sodass jedes Chemokin einen bestimmten Zelltyp herbeilocken kann. So stimulieren die CXC-Chemokine, die unmittelbar vor dem ersten Cysteinrest ein Glu-Leu-Arg-Tripeptid, enthalten (beispielsweise CXC8), die Wanderung von neutrophilen Zellen. Die meisten der übrigen CXC-Chemokine enthalten dieses Motiv nicht, zum Beispiel die Chemokine, die mit den Rezeptoren CXCR3, CXCR4 und CXCR5 interagieren. Fractalkin ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: Das Molekül enthält drei Aminosäuren zwischen den beiden Cysteinresten und es kommt in zwei verschiedenen Formen vor: zum einen membrangebunden an Endothel- und Epithelzellen, die es auch exprimieren und wo es als Adhäsionsprotein fungiert; zum anderen in löslicher Form, die von der Zelloberfläche freigesetzt wird und für ein breites Spektrum von Zelltypen als Chemoattraktor wirkt. Eine ausführlichere Liste der Chemokine findet sich in Anhang IV

Video 3.8 

Chemokine lassen sich in zwei verwandte, aber eigenständige Gruppen einteilen. Die CC-Chemokine tragen zwei nebeneinanderstehende Cysteine an ihrem Aminoterminus, während die beiden Cysteinreste bei den CXC-Chemokinen durch eine einzelne Aminosäure getrennt sind. Die CC-Chemokine stimulieren die Wanderung der Monocyten, Lymphocyten und anderer Zelltypen. Ein für die angeborene Immunität wichtiges Molekül ist zum Beispiel CCL2. Es bindet Monocyten über den CCR2B-Rezeptor und veranlasst die Zellen, den Blutkreislauf zu verlassen und Gewebemakrophagen zu werden. Im Gegensatz dazu wird die Wanderung von neutrophilen Zellen durch CXC-Chemokine stimuliert, etwa durch CXCL8 und den CXCR2-Rezeptor. Neutrophile Zellen werden dadurch im Knochenmark mobilisiert, verlassen schließlich das Blut und wandern in die umgebenden Gewebe ein. CCL2 und CXCL8 besitzen daher in der angeborenen Immunantwort ähnliche, aber komplementäre Funktionen, indem sie Monocyten beziehungsweise neutrophile Zellen anlocken.

Chemokine besitzen für die Rekrutierung von Zellen eine doppelte Funktion. Zum einen wirken sie an Entzündungsherden auf die Leukocyten ein, die an den Endothelzellen entlang rollen, wobei die Rollbewegung in eine stabile Bindung übergeht, da sich die Konformation der Adhäsionsmoleküle (Integrine) der Leukocyten ändert. Dadurch können die Integrine fest an ihre Liganden auf den Endothelzellen binden und die Leukocyten sind in der Lage, die Blutgefäßwand zu durchqueren, indem sie sich zwischen den Endothelzellen hindurchdrücken. Zum anderen steuern Chemokine die Wanderung der Leukocyten entlang eines Gradienten aus Chemokinmolekülen, die an die extrazelluläre Matrix und die Oberflächen der Endothelzellen gebunden sind. Die Konzentration dieses Gradienten nimmt in Richtung auf den Infektionsherd zu.

 Video 3.9

Chemokine werden von einer großen Zahl verschiedener Zelltypen erzeugt, als Reaktion auf bakterielle Produkte, Viren und Substanzen, die physikalische Schäden hervorrufen (etwa Silicium- und Aluminiumsalze, oder auch Harnsäurekristalle, wie sie bei der Gicht auftreten). Komplementfragmente wie C3a und C5a, aber auch bakterielle fMLF-Peptide wirken ebenfalls als Chemoattraktoren für neutrophile Zellen. Eine Infektion oder eine physikalische Schädigung von Geweben führen also zur Erzeugung von Chemokingradienten, die Phagocyten dorthin lenken können, wo sie gebraucht werden. Neutrophile Zellen erreichen Infektionsherde schnell und in großer Zahl. Gleichzeitig erfolgt die Rekrutierung von Monocyten, die sich allerdings langsamer an Infektionsherden ansammeln, möglicherweise weil sie im Blutkreislauf weniger zahlreich vorhanden sind. Das Komplementfragment C5a und die Chemokine CXCL8 und CCL2 aktivieren ihre jeweiligen Zielzellen, sodass nicht nur neutrophile Zellen und Monocyten zu potenziellen Infektionsherden gelangen. Bei diesem Vorgang werden sie so ausgestattet („bewaffnet“), dass sie die Krankheitserreger, auf die sie vor Ort treffen, bekämpfen können. Das bedeutet vor allem, dass die von C5a und CXCL8 ausgelösten Signale bei den neutrophilen Zellen dazu dienen, den respiratorischen Burst zu verstärken, bei dem Sauerstoffradikale und Stickstoffmonoxid gebildet werden. Die neutrophilen Zellen werden dadurch angeregt, den Inhalt ihrer gespeicherten antimikrobiellen Granula freizusetzen (Abschn. 3.1.2).

Chemokine sind nicht allein für die Zellrekrutierung zuständig. Sie benötigen die Mitwirkung von gefäßaktiven Mediatoren, die die Leukocyten in die Nähe der Blutgefäßwand bringen (Abschn. 3.1.3), und von Cytokinen wie TNF-α, um die erforderlichen Adhäsionsmoleküle auf den Endothelzellen zu induzieren. Wir werden in weiteren Kapiteln wieder auf die Chemokine zu sprechen kommen, wenn sie im Zusammenhang mit der adaptiven Immunantwort behandelt werden. Hier wollen wir uns nun mit den Molekülen beschäftigen, die es den Leukocyten ermöglichen, sich an das Endothel zu heften, und anschließend wollen wir Schritt für Schritt besprechen, wie der Prozess der Extravasation funktioniert, durch die Monocyten und neutrophile Zellen zu Infektionsherden gelangen.

2.4 Zelladhäsionsmoleküle steuern bei einer Entzündungsreaktion die Wechselwirkung zwischen Leukocyten und Endothelzellen

Die Rekrutierung von aktivierten Phagocyten zu Infektionsherden ist eine der wichtigsten Funktionen der angeborenen Immunität. Die Rekrutierung ist Teil der Entzündungsreaktion und wird von Zelladhäsionsmolekülen vermittelt, deren Expression auf der Oberfläche der Endothelzellen lokaler Blutgefäße induziert wird. Hier wollen wir uns mit den Funktionen befassen, die innerhalb von Stunden oder Tagen nach Etablierung einer Infektion bei der Rekrutierung von Entzündungszellen eine Rolle spielen.

 Video 3.10

Wie bei den Komponenten des Komplements ist die Nomenklatur ein eindeutiges Hindernis für das Verständnis der Zelladhäsionsmoleküle. Die meisten dieser Moleküle, besonders auf Leukocyten, deren Funktion sich relativ einfach untersuchen lässt, erhielten ihre Bezeichnung ursprünglich aufgrund der Wirkung von monoklonalen Antikörpern gegen diese Moleküle. Daher haben ihre Namen keinen Bezug zu ihrer Strukturklasse. So gehören die funktionellen Leukocytenantigene LFA-1, LFA-2 und LFA-3 zu zwei verschiedenen Proteinfamilien. In Abb. 3.29 sind die für die angeborene Immunität relevanten Adhäsionsmoleküle entsprechend ihrer molekularen Struktur angeordnet, die schematisch dargestellt ist; außerdem finden sich dort ihre verschiedenen Bezeichnungen, ihre Expressionsorte und Liganden. Für die Rekrutierung von Leukocyten sind drei Strukturfamilien von Adhäsionsmolekülen von Bedeutung. Die Selektine sind membranständige Glykoproteine mit einer distalen lektinähnlichen Domäne, die spezifische Kohlenhydratgruppen bindet. Vertreter dieser Familie werden auf aktiviertem Endothel induziert und lösen Wechselwirkungen zwischen Endothel und Leukocyten aus, indem sie an fucosylierte Oligosaccharidliganden auf vorbeikommenden Leukocyten binden (Abb. 3.29).

Abb. 3.29
figure 29

Adhäsionsmoleküle bei Wechselwirkungen von Leukocyten. Bei Wanderung, Homing und Zell-Zell-Wechselwirkungen der Leukocyten spielen mehrere Strukturfamilien von Adhäsionsmolekülen eine Rolle: Selektine, Integrine und Proteine der Immunglobulinsuperfamilie. Die Abbildung enthält in schematischer Darstellung für jede Familie ein Beispiel, außerdem sind weitere Vertreter jeder Gruppe aufgeführt, die an den Wechselwirkungen der Leukocyten beteiligt sind; ihre Verteilung auf die Zellen sowie ihre jeweiligen Liganden bei adhäsiven Wechselwirkungen sind ebenfalls angegeben. Hier sind nur Vertreter der einzelnen Gruppen dargestellt, die an Entzündungsreaktionen und anderen Mechanismen des angeborenen Immunsystems mitwirken. An der erworbenen Immunität sind dieselben sowie weitere Moleküle beteiligt (Kap. 9 und 11). Die Nomenklatur der verschiedenen Moleküle in diesen Familien ist verwirrend, da häufig nur ersichtlich ist, in welcher Reihenfolge die Moleküle entdeckt wurden, und nicht, welche strukturellen Merkmale sie besitzen. Alternativ verwendete Bezeichnungen stehen jeweils in Klammern. Sulfatiertes Sialyl-Lewisx, das von P- und E-Selektin erkannt wird, ist ein Oligosacharid an den Glykoproteinen der Zelloberfläche von zirkulierenden Leukocyten

Der nächste Schritt der Leukocytenrekrutierung beruht auf einer festeren Adhäsion. Dafür sind die interzellulären Adhäsionsmoleküle (ICAMs) auf dem Endothel verantwortlich, die an heterodimere Proteine der Familie der Integrine auf den Leukocyten binden. ICAM sind Membranproteine mit nur einer membrandurchspannenden Domäne, die zur großen Superfamilie der immunglobulinähnlichen Proteine gehören. Diese enthalten Proteindomänen, die mit den Domänen der Immunglobuline verwandt sind. Die extrazellulären ICAM-Regionen bestehen aus mehreren immunglobulinähnlichen Domänen. Ein Integrinmolekül setzt sich aus den beiden Transmembranproteinketten α und β zusammen, von denen es viele verschiedene Typen gibt. Untergruppen der Integrine besitzen eine gemeinsame β-Kette, die mit verschiedenen α-Ketten gepaart sein kann. Die für die Extravasation wichtigen Leukocytenintegrine sind LFA-1 (αL:β2, andere Bezeichnung CD11a:CD18) und CR3 (αM:β2, Komplementrezeptor vom Typ 3, andere Bezeichnungen CD11b:CD18 oder Mac-1). Wir haben CR3 in Abschn. 2.2.9 bereits als Rezeptor für iC3b kennengelernt, aber dieses Integrin bindet auch andere Liganden. Sowohl LFA-1 als auch CR3 binden an ICAM-1 und ICAM-2 (Abb. 3.30). Selbst wenn keine Infektion vorliegt, verlassen Monocyten ständig den Blutkreislauf und wandern in bestimmte Gewebe ein, wo sie zu residenten Makrophagen werden. Damit sie aus dem Blutgefäß austreten können, müssen sie wahrscheinlich an ICAM-2 binden, das auf dem nichtaktivierten Endothel in geringer Menge exprimiert wird. CR3 bindet auch an Fibrinogen und Faktor X; beide sind Substrate in der Blutgerinnungskaskade.

Abb. 3.30
figure 30

Integrine vermitteln die Adhäsion der Phagocyten an das Gefäßendothel. Wenn das Gefäßendothel durch Entzündungsmediatoren aktiviert wird, exprimiert es zwei Adhäsionsmoleküle – ICAM-1 und ICAM-2. Dies sind Liganden für Integrine, die von Phagocyten exprimiert werden – αM:β2 (andere Bezeichnung CR3, Mac-1 oder CD11b:CD18) und αL:β2 (LFA-1 oder CD11a:CD18)

Die Induktion von ICAM-1 auf einem entzündeten Endothel und die Aktivierung einer Konformationsänderung bei LFA-1 und CR3 führen zu einer starken Adhäsion zwischen Leukocyten und Endothelzellen. Integrine können zwischen einem „aktiven“ Zustand, in dem sie stark an ihre Liganden binden, und einem „inaktiven“ Zustand wechseln, in der die Bindung leicht gelöst werden kann. Dadurch ist es den Zellen möglich, als Reaktion auf Signale, welche die Zelle entweder über das Integrin selbst oder über andere Rezeptoren erhalten hat, die integrinvermittelte Adhäsion einzugehen oder aufzuheben. Im aktivierten Zustand ist ein Integrinmolekül über das intrazelluläre Protein Talin mit dem Actincytoskelett verbunden. Bei wandernden Leukocyten erzeugen die Chemokine, wenn sie an ihre Rezeptoren auf den Leukocyten binden, intrazelluläre Signale, die dazu führen, dass Talin an die cytoplasmatischen Schwänze der β-Ketten von LFA-1 und CR3 bindet. Dadurch nehmen die extrazellulären Regionen des Integrins die aktive Konformation an. Die Bedeutung der Leukocytenintegrine für die Rekrutierung von Entzündungszellen zeigt sich bei Leukocytenadhäsionsdefekten (LADs). Diese Krankheiten können als Folge eines Defekts der Integrine selbst oder der Proteine entstehen, die für die Steuerung der Adhäsion notwendig sind. Patienten mit diesen Erkrankungen leiden wiederholt an bakteriellen Infektionen und gestörter Wundheilung.

Wechselwirkungen mit Cytokinen der Makrophagen, speziell mit TNF-α, fördern die Aktivierung des Endothels. TNF-α induziert in den Endothelzellen die schnelle Freisetzung von Granula, die man als Weibel-Palade-Körperchen bezeichnet. Diese Granula enthalten vorher gebildetes P-Selektin, das auf diese Weise innerhalb von Minuten nach der Erzeugung von TNF-α durch Makrophagen, die auf Mikroorganismen reagieren, auf der Oberfläche von lokalen Endothelzellen erscheint. Kurz nach dem Erscheinen von P-Selektin auf der Zelloberfläche wird eine mRNA synthetisiert, die E-Selektin codiert, und innerhalb von zwei Stunden exprimieren die Endothelzellen vor allem dieses Protein. Beide Proteine treten mit der sulfatierten Sialyl-Lewisx-Einheit in Wechselwirkung. Diese Sialyl-Lewisx-Einheit kommt als sulfatierte Form einer Kohlenhydratstruktur, die auch als Blutgruppenantigen eine Rolle spielt, auf der Oberfläche von Leukocyten vor, und ihre Wechselwirkungen mit P-Selektin und E-Selektin sind für das Entlangrollen der neutrophilen Zellen am Endothel von großer Bedeutung. Mutationen in den Enzymen, die an der Synthese der Sialyl-Lewisx-Einheit beteiligt sind, etwa in der Fucosyltransferase, führen zu einer ungenügenden Produktion der Einheit und dadurch zur Immunschwächekrankheit Leukocytenadhäsionsdefekt Typ 2.

Integrine eignen sich gut als Oberflächenmarker, um verschiedene Zelltypen zu unterscheiden. Dendritische Zellen, Makrophagen und Monocyten exprimieren unterschiedliche Integrin-α-Ketten und präsentieren deshalb unterschiedliche β2-Integrine an ihrer Oberfläche. Das vorherrschende Leukocytenintegrin auf konventionellen dendritischen Zellen ist αX:β2, das man auch als CD11c:CD18 oder Komplementrezeptor 4 (CR4) bezeichnet (Abb. 3.29). Dieses Integrin ist ein Rezeptor für das C3-Komplementspaltungsprodukt iC3b, für Fibrinogen und für ICAM-1. Im Gegensatz zu konventionellen dendritischen Zellen exprimieren die meisten Monocyten und Makrophagen nur geringe Mengen an CD11c, aber sie exprimieren vor allem das Integrin αM:β2 (CD11b:CD18; CR3). Die Expressionsmuster der Integrine können jedoch variieren. So exprimieren bestimmte Gewebemakrophagen, beispielsweise in der Lunge, CD11c:CD18. Bei der Maus lassen sich die beiden Hauptlinien der konventionellen dendritischen Zellen aufgrund der Expression von CD11b:CD18 unterscheiden: Die eine Linie ist durch eine starke Expression von CD11b:CD18 gekennzeichnet, bei der anderen Linie kommt CD11b:CD18 dagegen nicht vor.

Plasmacytoide dendritische Zellen (pDC) exprimieren geringere Mengen an CD11c, lassen sich aber von den konventionellen dendritischen Zellen mithilfe anderer Marker unterscheiden. Beim Menschen exprimieren pDC-Zellen das C-Typ-Lektin BDCA-2 (blood dendritic cell antigen 2), bei der Maus exprimieren diese Zellen BST2 (bone marrow stromal antigen). Keines von beiden wird jedoch von konventionellen dendritischen Zellen exprimiert.

2.5 Neutrophile Zellen sind die ersten Zellen, welche die Blutgefäßwand durchqueren und in Entzündungszonen eindringen

Das Austreten von Leukocyten aus Blutgefäßen (Extravasation) ist die Reaktion auf Signale, die am Infektionsherd erzeugt wurden. Unter normalen Bedingungen treiben Leukocyten nur in der Mitte von kleinen Blutgefäßen, wo die Fließgeschwindigkeit am höchsten ist. In Entzündungsherden, wo die Gefäße erweitert sind, ermöglicht es die geringere Fließgeschwindigkeit den Leukocyten, in großer Zahl mit dem Gefäßendothel in Wechselwirkung zu treten. Während einer Entzündungsreaktion werden durch die Expression von Adhäsionsmolekülen auf den Endothelzellen von Blutgefäßen in infizierten Geweben sowie durch induzierte Veränderungen der Adhäsionsmoleküle, die auf Leukocyten exprimiert werden, zirkulierende Leukocyten in großer Zahl zum Infektionsherd geleitet. Wir werden den Prozess so beschreiben, wie er für Monocyten und neutrophile Zellen bekannt ist (Abb. 3.31).

Abb. 3.31
figure 31

Neutrophile Zellen verlassen das Blut und wandern in einem mehrstufigen Prozess, der durch Adhäsion vermittelt wird, zu Infektionsherden, wobei Cytokine und Chemokine aus Makrophagen die Wechselwirkungen regulieren. Oben: Der erste Schritt ist die schwache Bindung einer neutrophilen Zelle an das Gefäßendothel aufgrund von Wechselwirkungen zwischen den auf den Endothelzellen induzierten Selektinen und den entsprechenden Kohlenhydratliganden auf der neutrophilen Zelle. Hier ist dieser Vorgang für E-Selektin und seinen Liganden, die Sialyl-Lewisx-Einheit (s-Lex), dargestellt. Diese Bindung ist nicht stark genug, um den Scherkräften des Blutstroms zu widerstehen, sodass die Zellen am Endothel entlangrollen, indem sie ständig neue Verbindungen ausbilden und alte wieder lösen. Unten: Die Bindung ermöglicht jedoch stärkere Wechselwirkungen, aber nur dann, wenn ein Chemokin wie CXCL8 an seinen spezifischen Rezeptor auf der neutrophilen Zelle die Aktivierung der Integrine LFA-1 und CR3 (Mac-1) auslöst (nicht dargestellt). Entzündungsspezifische Cytokine wie TNF-α sind ebenfalls erforderlich, um auf dem Gefäßendothel die Expression von Adhäsionsmolekülen wie ICAM-1 und ICAM-2 zu induzieren, die Liganden dieser Integrine sind. Die stabile Bindung zwischen ICAM-1 und den Integrinen beendet die Rollbewegung und ermöglicht es der neutrophilen Zelle, sich zwischen den Endothelzellen, welche die Wand der Blutgefäße bilden, hindurchzuzwängen (Extravasation). Für diesen Vorgang und für die Wanderung entlang eines Gradienten von chemischen Lockstoffen sind die Leukocytenintegrine LFA-1 und CR3 notwendig. Auch die Adhäsion zwischen CD31-Molekülen, die sowohl auf der neutrophilen Zelle als auch an der Verbindung zwischen den Endothelzellen exprimiert werden, trägt wahrscheinlich zur Extravasation bei. Die neutrophile Zelle muss außerdem die Basalmembran durchqueren. Dies geschieht mithilfe der Matrixmetalloproteinase MMP-9, die auf der Zelloberfläche exprimiert wird. Schließlich wandert die neutrophile Zelle einen Konzentrationsgradienten von Chemokinen entlang (in unserem Beispiel CXCL8), die von Zellen am Infektionsherd ausgeschüttet werden. Die elektronenmikroskopische Aufnahme oben links zeigt eine neutrophile Zelle, die zwischen Endothelzellen hindurchwandert. Der blaue Pfeil markiert das Pseudopodium, das die neutrophile Zelle zwischen zwei benachbarte Endothelzellen zwängt. Vergrößerung × 5500. (Foto mit freundlicher Genehmigung von I. Bird und J. Spragg)

Die Extravasation erfolgt in vier Phasen. In der ersten führt die Induktion der Selektine dazu, dass die Leukocyten am Endothel entlangrollen. P-Selektin erscheint wenige Minuten nach einem Kontakt mit Leukotrien B4, C5a oder einem Histamin, das von Mastzellen als Reaktion auf C5a freigesetzt wird. P-Selektin kann auch von TNF-α oder LPS induziert werden und beide induzieren die Synthese von E-Selektin, das auf den Endothelzellen einige Stunden später in Erscheinung tritt. Wenn die sulfatierte Sialyl-Lewisx-Einheit auf Monocyten und Makrophagen mit diesen offen zugänglichen P- und E-Selektinen interagiert, heften sich diese Zellen reversibel an die Gefäßwand und beginnen damit, das Endothel entlangzurollen (Abb. 3.31 oben). Diese Adhäsion ermöglicht die stärkeren Wechselwirkungen beim nächsten Schritt der Leukocytenwanderung. Neutrophile Zellen sind beim Entlangrollen am Endothel besonders effizient, selbst bei Fließgeschwindigkeiten, bei denen andere Zellen dazu nicht mehr in der Lage sind. Ein solches scherkraftresistentes Rollen (shear-resistant rolling) der neutrophilen Zellen beruht auf den langen Fortsetzen der Plasmamembran, den sogenannten Schlingen (slings), die an das Endothel binden und sich beim Rollen um die Zelle winden. Dabei befestigen sie die Zelle schließlich so fest am Endothel, dass sie schnell zu einem Infektionsherd übertreten kann.

Video 3.11 

Der zweite Schritt ist abhängig von Wechselwirkungen zwischen den Leukocytenintegrinen LFA-1 und CR3 und Adhäsionsmolekülen des Endothels wie ICAM-1 (dessen Expression auf Endothelzellen durch TNF-α induziert werden kann) und ICAM-2 (Abb. 3.31, unten). LFA-1 und CR3 binden ihre Liganden normalerweise nur schwach, aber CXCL8 oder andere an Proteoglykane auf der Oberfläche von Endothelzellen gebundene Chemokine binden an spezifische Chemokinrezeptoren auf dem Leukocyten. Sie signalisieren der Zelle, bei LFA-1 und CR3 auf dem rollenden Leukocyten eine Konformationsänderung auszulösen, wodurch sich die Adhäsionskapazität des Leukocyten stark erhöht (Abschn. 3.2.4). Anschließend heftet sich der Leukocyt fest an das Endothel und das Rollen endet.

Video 3.12 

Im dritten Schritt durchqueren die Leukocyten das Endothel und verlassen die Blutgefäße. Dabei spielen wieder die Integrine LFA-1 und CR3 eine Rolle sowie eine weitere adhäsive Wechselwirkung, an der das immunglobulinähnliche Molekül PECAM oder CD31 beteiligt ist. Das Protein wird sowohl auf den Leukocyten als auch an den Verbindungsstellen zwischen den Epithelzellen exprimiert. Diese Wechselwirkungen erlauben es den Phagocyten schließlich, sich zwischen die Endothelzellen zu drängen. Sie durchstoßen die Basalmembran mithilfe von Enzymen, welche die Proteine der extrazellulären Matrix in der Basalmembran zerstören. Die Passage durch die Basalmembran bezeichnet man als Diapedese. Sie ermöglicht es den Phagocyten, in das Gewebe jenseits des Epithels einzudringen.

Video 3.13 

Im vierten und letzten Schritt der Extravasation wandern die Leukocyten unter dem Einfluss von Chemokinen durch das Gewebe. Wie bereits in Abschn. 3.2.3 ausgeführt, werden Chemokine wie CXCL8 und CCL2 an Infektionsherden produziert und binden an Proteoglykane in der extrazellulären Matrix sowie an den Oberflächen von Endothelzellen. So entsteht ein matrixassoziierter Konzentrationsgradient von Chemokinen auf einer festen Oberfläche, an dem entlang Leukocyten zum Infektionsherd wandern können (Abb. 3.31). Makrophagen, die zuerst auf ein Pathogen treffen, setzen CXCL8 frei, das neutrophile Zellen anlockt, die während der ersten Phase der induzierten Antwort in großer Zahl in das infizierte Gewebe einwandern. Dieser Influx erreicht normalerweise während der ersten sechs Stunden einer Entzündungsreaktion sein Maximum. Monocyten werden durch die Aktivität von CCL2 rekrutiert, sammeln sich aber langsamer an als die neutrophilen Zellen. Sobald neutrophile Zellen das entzündete Gewebe erreicht haben, können sie viele Pathogene durch Phagocytose vernichten. Bei einer angeborenen Immunantwort erkennen neutrophile Zellen mithilfe ihrer Komplement- oder Mustererkennungsrezeptoren (Abschn. 3.1.1) die Krankheitserreger oder deren Bestandteile direkt oder nach der Opsonisierung durch das Komplementsystem (Abschn. 2.2.9). Darüber hinaus wirken sie auch bei der humoralen adaptiven Immunität als phagocytotische Effektoren mit (Kap. 10), indem sie mit Antikörpern bedeckte Mikroorganismen mithilfe spezifischer Rezeptoren aufnehmen.

Die Bedeutung der neutrophilen Zellen für die Immunabwehr zeigt sich besonders deutlich bei Erkrankungen oder Behandlungsmethoden, welche die Zahl der neutrophilen Zellen stark verringern. Solche Patienten leiden an einer Neutropenie; sie sind hochgradig anfällig für tödlich verlaufende Infektionen durch zahlreiche verschiedene Pathogene. Diese Anfälligkeit lässt sich jedoch durch eine Transfusion von Blutfraktionen mit angereicherten neutrophilen Zellen oder durch Stimulation der Neutrophilenproduktion mit spezifischen Wachstumsfaktoren größtenteils beseitigen.

2.6 TNF-α ist ein wichtiges Cytokin, das die lokale Eindämmung von Infektionen aktiviert, aber bei systemischer Freisetzung einen Schock verursacht

Die Einwirkung von TNF-α auf Endothelzellen stimuliert die Expression von Adhäsionsmolekülen und unterstützt die Extravasation von Zellen wie Monocyten und neutrophile Zellen. Eine weitere wichtige Funktion von TNF-α ist die Stimulation von Endothelzellen zur Expression von Proteinen, die eine lokale Gerinnung des Blutes verursachen. Die Gerinnsel verschließen die kleinen Blutgefäße und unterbinden dadurch den Blutfluss. Dies verhindert, dass die Erreger in den Blutstrom gelangen und sich dadurch im ganzen Körper ausbreiten. Wie wichtig TNF-α für die Eindämmung von lokalen Infektionen ist, wird durch Experimente deutlich, bei denen man Kaninchen lokal mit einem Bakterium infiziert. Normalerweise bleibt die Infektion auf den Bereich der Injektion beschränkt. Injiziert man jedoch zusätzlich zu den Erregern Anti-TNF-α-Antikörper, welche die Wirkung des Moleküls unterbinden, dann breitet sich die Infektion über das Blut auch in andere Organe aus. Parallel dazu transportiert die Flüssigkeit, die anfangs aus der Blutbahn in das Gewebe übergetreten ist, die Erreger, die normalerweise in dendritischen Zellen eingeschlossen sind, mit der Lymphflüssigkeit zu den regionalen Lymphknoten, wo eine adaptive Immunreaktion ausgelöst werden kann.

Sobald eine Infektion das Blut erreicht, haben dieselben Mechanismen, durch die TNF-α eine lokale Infektion so effektiv in Schach hält, katastrophale Folgen (Abb. 3.32). TNF-α wird zwar als membrangebundenes Cytokin produziert, kann aber von der Protease TACE (TNF-α-konvertierendes Enzym, codiert vom ADAM17-Gen) spezifisch gespalten und von der Membran als lösliches Cytokin freigesetzt werden. Das Auftreten einer Infektion im Blutkreislauf, das man als Sepsis (Blutvergiftung) bezeichnet, geht einher mit der starken Freisetzung von löslichem TNF-α durch Makrophagen in Leber, Milz und anderen Körperbereichen. Die systemische Freisetzung von TNF-α in das Blut verursacht eine Gefäßerweiterung, die zu einer Erniedrigung des Blutdrucks und zu einer erhöhten Permeabilität der Gefäßwände führt, sodass das Blutplasmavolumen abnimmt und schließlich ein Schock eintritt. Diesen bezeichnet man als septischen Schock, da eine Bakterieninfektion zugrunde liegt. Das bei einem septischen Schock freigesetzte TNF-α löst in den kleinen Blutgefäßen des gesamten Körpers eine Blutgerinnung aus, die man als disseminierte intravaskuläre Gerinnung (DIG, disseminated intravascular coagulation; auch Verbrauchskoagulopathie) bezeichnet. Dabei kommt es zu einem enormen Verbrauch an Gerinnungsproteinen, sodass eine angemessene Blutgerinnung nicht mehr möglich ist. Die DIG führt häufig zum Versagen lebenswichtiger Organe wie etwa von Nieren, Leber, Herz und Lunge, die bei einer ungenügenden Blutversorgung schnell geschädigt werden. Dementsprechend ist die Mortalitätsrate beim septischen Schock hoch.

Abb. 3.32
figure 32

Die Ausschüttung von TNF-α durch Makrophagen induziert lokale schützende Effekte, TNF-α kann jedoch bei systemischer Freisetzung schädliche Wirkungen haben. Links sind die Ursachen und die Folgen einer lokalen, rechts die einer systemischen Freisetzung von TNF-α dargestellt. In beiden Fällen wirkt TNF-α auf Blutgefäße, besonders auf Venolen, sodass sich der Blutfluss erhöht, die Durchlässigkeit für Flüssigkeit, Proteine und Zellen zunimmt und sich die Adhäsion von Leukocyten und Blutplättchen verstärkt (Mitte). Durch die lokale Freisetzung strömen Flüssigkeit, Zellen und Proteine, die sich an den Abwehrreaktionen beteiligen, in das infizierte Gewebe. Später bilden sich in den engen Gefäßen Blutgerinnsel, sodass sich die Infektion nicht über das Gefäßsystem ausbreiten kann (unten links). Die angesammelte Flüssigkeit und die Zellen werden in die regionalen Lymphknoten abgeleitet, wo die Initiation einer adaptiven Immunreaktion stattfindet. Wenn eine systemische Infektion (Sepsis) durch Bakterien vorliegt, die eine TNF-α-Produktion auslösen, geben Makrophagen in Leber und Milz TNF-α in das Blut ab; der Faktor wirkt dann in ähnlicher Weise auf alle kleinen Blutgefäße (unten rechts). Dies führt zum Schock, zu einer disseminierten intravaskulären Gerinnung, dadurch zur Erschöpfung der Vorräte an Gerinnungsfaktoren und folglich zu Blutungen, zum Ausfall zahlreicher Organe (Multiorganversagen) und häufig zum Tod

Bei Mausmutanten mit defekten oder ohne TNF-α-Rezeptoren kommt es niemals zu einem septischen Schock. Solche Mutanten sind allerdings auch nicht in der Lage, eine lokale Infektion einzudämmen. Mäuse, bei denen das ADAM17-Gen in den myeloischen Zellen gezielt inaktiviert wurde, bekommen ebenfalls keinen septischen Schock. Das bedeutet, dass die Freisetzung von löslichem TNF-α in den Blutkreislauf von der TACE-Protease abhängt, die aber auch hauptsächlich für den septischen Schock verantwortlich ist. Die Blockierung der TNF-α-Aktivität, entweder durch spezifische Antikörper oder mithilfe löslicher Proteine, die dem Rezeptor nachgebildet sind, erweist sich als erfolgreiche Behandlungsmethode für verschiedene Entzündungskrankheiten wie die rheumatoide Arthritis. Durch diese Behandlung kann es jedoch bei scheinbar gesunden Patienten, die Symptome einer früheren Infektion zeigen (etwa bei einem Hauttest), zur Reaktivierung einer Tuberkulose kommen. Dies ist ein direkter Beleg dafür, dass TNF-α für die lokale Eindämmung von Infektionen große Bedeutung besitzt.

2.7 Von Phagocyten freigesetzte Cytokine aktivieren die Akute-Phase-Reaktion

Neben ihren wichtigen lokalen Effekten haben die von den Makrophagen produzierten Cytokine auch langfristige Auswirkungen, die zur Immunabwehr beitragen. Eine davon ist die Erhöhung der Körpertemperatur durch TNF-α, IL-1β und IL-6. Man nennt diese Substanzen auch endogene Pyrogene, weil sie Fieber auslösen und aus einer inneren (körpereigenen) Quelle und nicht aus Bakterien stammen wie LPS, das ein exogenes Pyrogen ist. Endogene Pyrogene verursachen Fieber, indem sie die Synthese von Prostaglandin E2 durch das Enzym Cyclooxygenase 2, das heißt die Expression dieses Enzyms, induzieren. Prostaglandin E2 wirkt auf den Hypothalamus, was zu einer verstärkten Hitzeerzeugung durch die Metabolisierung von braunem Fett und zur Zurückhaltung von Wärme im Körper durch Gefäßverengung (Vasokonstriktion) führt. Dadurch wird das Abführen von überschüssiger Wärme durch die Haut herabgesetzt. Exogene Pyrogene können Fieber sowohl über eine stimulierte Produktion von endogenen Pyrogenen als auch durch direkte Induktion der Cyclooxygenase 2 über ein Signal von TLR-4 und die anschließende Produktion von Prostaglandin E2 hervorrufen. Fieber nützt im Allgemeinen der Immunabwehr. Die meisten Krankheitserreger wachsen besser bei etwas niedrigeren Temperaturen, die adaptiven Immunantworten dagegen sind bei höheren Temperaturen intensiver. Zudem sind die Wirtszellen bei erhöhten Temperaturen vor den zerstörerischen Effekten von TNF-α geschützt.

Die Wirkungen von TNF-α, IL-1β und IL-6 sind in Abb. 3.33 zusammengefasst. Einer der wichtigsten Vorgänge findet in der Leber statt und löst eine Reaktion aus, die man auch als Akute-Phase-Reaktion bezeichnet (Abb. 3.34). Die Cytokine wirken auf die Hepatocyten, die daraufhin die Zusammensetzung der Proteine verändern, die sie in das Blutplasma abgeben. Dies geschieht aufgrund der Wirkung von IL-1β, IL-6 und TNF-α auf die Leberzellen (Hepatocyten). Bei der Akute-Phase-Reaktion sinkt der Spiegel einiger Plasmaproteine ab, während sich die Konzentration anderer Plasmaproteine deutlich erhöht. Die Proteine, deren Synthese von IL-1β, IL-6 und TNF-α angeregt wird, nennt man auch Akute-Phase-Proteine. Zwei dieser Proteine sind besonders interessant, da sie die Wirkung von Antikörpern imitieren. Sie besitzen jedoch im Gegensatz zu Antikörpern eine breite Spezifität für Molekülmuster von Pathogenen (PAMPs), und ihre Produktion hängt nur davon ab, ob Cytokine vorhanden sind.

Abb. 3.33
figure 33

Die Cytokine TNF-α, IL-1β und IL-6 haben ein breites Spektrum an biologischen Wirkungen, die dazu beitragen, die Reaktionen des Körpers auf eine Infektion zu koordinieren. IL-1β, IL-6 und TNF-α stimulieren Hepatocyten zur Synthese von Akute-Phase-Proteinen und regen das Endothel des Knochenmarks an, neutrophile Zellen freizusetzen. Die Akute-Phase-Proteine wirken opsonisierend; diese Wirkung wird durch die Rekrutierung neutrophiler Zellen aus dem Knochenmark noch gesteigert. IL-1β, IL-6 und TNF-α sind darüber hinaus endogene Pyrogene, welche die Körpertemperatur erhöhen und so vermutlich zur Beseitigung von Infektionen beitragen. Die wichtigsten Ziele dieser Cytokine sind der Hypothalamus, der die Regulation der Körpertemperatur vermittelt, sowie Muskel- und Fettzellen, wo die beiden Substanzen die Energiemobilisierung antreiben, um die Temperaturerhöhung zu ermöglichen. Bei erhöhter Temperatur ist die bakterielle und virale Vermehrung weniger effizient, während die adaptive Immunantwort wirksamer arbeitet

Abb. 3.34
figure 34

Bei der Akute-Phase-Reaktion werden Moleküle gebildet, die an Krankheitserreger, nicht aber an körpereigene Zellen binden. Leberzellen produzieren als Reaktion auf Cytokine, die in Gegenwart von Bakterien von Phagocyten freigesetzt werden, Akute-Phase-Proteine (oben). Zu diesen Proteinen zählen das Serumamyloidprotein (SAP; bei Mäusen, aber nicht bei Menschen), das C-reaktive Protein (CRP), Fibrinogen und das mannosebindende Lektin (MBL). CRP bindet an Phosphocholin auf der Oberfläche von Bakterien, erkennt dieses jedoch nicht in der Form, in der es gewöhnlich in den Wirtszellmembranen vorliegt (Mitte). SAP und CRP sind in ihrer Struktur homolog; beide sind Pentraxine, die fünfgliedrige Scheiben bilden, wie hier für SAP dargestellt ist (unten). SAP kann selbst als Opsonin wirken oder, indem es durch Bindung an C1q die Opsonisierung fördert, die klassische Komplementkaskade aktivieren. MBL gehört zur Kollektinfamilie, zu der auch die Surfactant-Proteine SP-A und SP-D gehören. Wie CRP kann MBL allein als Opsonin wirken, so auch SP-A und SP-D. (Modellstruktur nachgedruckt mit Genehmigung der Macmillan Publishers Ltd.: Emsley, J., et al.: Structure of pentameric human serum amyloid P component. Nature 1994, 367: 338–345.)

Eines der Akute-Phase-Proteine, das C-reaktive Protein, gehört zur Familie der Pentraxine, deren Bezeichnung darauf hinweisen soll, dass die Proteine aus fünf identischen Untereinheiten bestehen. Das C-reaktive Protein ist ein weiteres Beispiel für ein mehrlappiges Molekül zur Erkennung von Pathogenen. Es bindet den Phosphocholinanteil bestimmter Lipopolysaccharide in der Zellwand von Bakterien und Pilzen. Phosphocholin kommt auch in den Phospholipiden der Zellmembranen von Säugerzellen vor, kann hier aber nicht an das C-reaktive Protein binden. Wenn sich das C-reaktive Protein an ein Bakterium heftet, kann es nicht nur dessen Oberfläche opsonisieren, sondern auch die Komplementkaskade auslösen, indem es C1q bindet, die erste Komponente des klassischen Weges der Komplementaktivierung (Abschn. 2.2.3). An der Wechselwirkung mit C1q sind die kollagenähnlichen C1q-Abschnitte und nicht die globulären Köpfe beteiligt, die an die Oberflächen von Pathogenen binden; die ausgelöste Reaktionskaskade ist jedoch dieselbe.

Ein weiteres Akute-Phase-Protein ist das mannosebindende Lektin (MBL). Es ist ein angeborenes Erkennungsmolekül, das den Lektinweg der Komplementaktivierung in Gang setzt (Abschn. 2.2.2). Im Blut von gesunden Personen ist es nur in geringen Mengen vorhanden. Es wird jedoch im Verlauf der akuten Immunantwort verstärkt gebildet und erkennt Mannosereste auf der Oberfläche von Mikroorganismen. Dabei wirkt MBL als Opsonin für Monocyten, die den Mannoserezeptor der Makrophagen nicht exprimieren. Die Surfactant-Proteine SP-A und SP-D sind zwei weitere Proteine mit opsonisierenden Eigenschaften, die während der akuten Phase in großen Mengen von der Leber und einer Reihe verschiedener Epithelien produziert werden. Sie treten beispielsweise zusammen mit Makrophagen in der Alveolarflüssigkeit der Lunge auf, in die sie von den Pneumocyten sezerniert werden, und stimulieren die Phagocytose von Atemwegspathogenen wie Pneumocystis jirovecii (frühere Bezeichnung P. carinii), das eine der Hauptursachen für eine Lungenentzündung bei AIDS-Patienten ist.

Innerhalb von ein bis zwei Tagen stellt die Immunantwort der akuten Phase also zwei Moleküle mit den funktionellen Eigenschaften von Antikörpern zur Verfügung, die sich an viele verschiedene Bakterien heften können. Im Gegensatz zu Antikörpern (Kap. 4 und 10) besitzen sie jedoch keine strukturelle Vielfalt und werden auf jeden Reiz hin gebildet, der die Freisetzung von TNF-α, IL-1β und IL-6 auslöst. Ihre Synthese erfolgt also nicht gezielt und spezifisch.

Schließlich bewirken die von Phagocyten produzierten Cytokine noch eine Leukocytose, das heißt eine Erhöhung der Anzahl zirkulierender neutrophiler Zellen. Die Leukocyten stammen aus zwei Quellen: dem Knochenmark, wo reife Leukocyten in großer Zahl freigesetzt werden, und aus bestimmten Bereichen der Blutgefäße, in denen die Leukocyten locker an den Endothelzellen haften. Die Wirkungen dieser Cytokine tragen dazu bei, Infektionen unter Kontrolle zu halten, während sich die adaptive Immunantwort entwickelt. Wie in Abb. 3.33 dargestellt, fördert TNF-α die Wanderung dendritischer Zellen von den peripheren Geweben zu den Lymphknoten und ihre Reifung zu nichtphagocytotischen, aber hochgradig costimulierenden antigenpräsentierenden Zellen.

2.8 Durch eine Virusinfektion induzierte Interferone tragen auf verschiedene Weise zur Immunabwehr bei

Die Infektion mit Viren induziert die Produktion von Interferonen, die man ursprünglich so bezeichnet hat, weil sie mit der Virusreplikation in zuvor nicht infizierten Zellen in Kultur „interferieren“. Interferone besitzen in vivo eine ähnliche Funktion, das heißt, sie hindern Viren daran, auf nichtinfizierte Zellen überzugreifen. Es gibt zahlreiche Gene, die antivirale (Typ-I-)Interferone codieren. Am besten bekannt sind die IFN-α-Familie mit zwölf eng verwandten Genen beim Menschen und IFN-β, dem Produkt eines einzigen Gens. Weniger gut erforscht sind IFN-κ, IFN-ε und IFN-ω. IFN-γ ist das einzige Typ-II-Interferon.

Typ-III-Interferone sind eine neu definierte IFN-Familie, die die Produkte von drei IFN-λ-Genen (IL-28A, IL-28B und IL-29) umfasst. Sie binden an einen heterodimeren IFN-λ-Rezeptor, der aus einer speziellen IL-28Rα-Untereinheit und der β-Untereinheit des IL-10-Rezeptors besteht. Während Rezeptoren der Typ-I-Interferone und IFN-γ in den verschiedenen Geweben weit verbreitet sind, ist das Vorkommen der Typ-III-Rezeptoren stärker begrenzt. Sie werden beispielsweise von Epithelzellen exprimiert, von Fibroblasten jedoch nicht.

Typ-I-Interferone sind induzierbar und werden nach einer Infektion, die von verschiedenartigen Viren ausgehen kann, von vielen Zelltypen produziert. Fast alle Zelltypen können IFN-α und IFN-β als Reaktion auf die Aktivierung verschiedener angeborener Sensoren produzieren. So werden zum Beispiel Typ-I-Interferone durch RIG-I und MDA-5 (die Sensoren für virale RNA im Cytoplasma) stromabwärts von MAVS und durch Signale von cGas (den Sensor für cytoplasmatische DNA) stromabwärts von STING (Abschn. 3.1.10 und 3.1.11) induziert. Einige Immunzellen sind jedoch anscheinend für diese Aufgabe spezialisiert. In Abschn. 3.1.1 haben wir die plasmacytoiden dendritischen Zellen (pDCs) eingeführt. Plasmacytoide dendritische Zellen beim Menschen, die man auch als interferonproduzierende Zellen (IPCs) oder natürliche interferonproduzierende Zellen bezeichnet, hat man ursprünglich als in geringen Zahlen vorkommende periphere Blutzellen identifiziert, die sich bei einer Virusinfektion in den peripheren lymphatischen Geweben ansammeln und große Mengen an Typ-I-Interferonen (IFN-α und IFN-β) bilden, bis zu 1000-mal mehr als andere Zelltypen. Diese beträchtliche Synthese von Typ-I-Interferonen ist wahrscheinlich das Ergebnis einer wirksamen Kopplung zwischen der Erkennung von Viren durch TLRs mit den Reaktionswegen der Interferonproduktion (Abschn. 3.1.7). Die plasmacytoiden dendritischen Zellen exprimieren Untergruppen der TLRs wie TLR-7 und TLR-9, die als endosomale Sensoren für virale RNA und die nichtmethylierten CpG-Nucleotide in den Genomen zahlreicher DNA-Viren fungieren (Abb. 3.11). Die Notwendigkeit von TLR-9 für die Erkennung von Infektionen mit DNA-Viren zeigt sich beispielsweise darin, dass plasmacytoide dendritische Zellen, die kein TLR-9 besitzen, als Reaktion auf Herpes simplex keine Typ-I-Interferone produzieren. Plasmacytoide dendritische Zellen exprimieren CXCR3, einen Rezeptor für die Chemokine CXCL9, CXCL10 und CXCL11, die von T-Zellen freigesetzt werden. So ist es den pDC-Zellen möglich, aus dem Blut in die Lymphknoten zu wandern, wo eine Entzündungsreaktion gegen einen Krankheitserreger abläuft.

Interferone tragen auf verschiedene Weise zur Bekämpfung von Virusinfektionen bei (Abb. 3.35). IFN-β ist hier von besonderer Bedeutung, da es Zellen anregt, IFN-α zu produzieren und so die Interferonreaktion zu verstärken. Interferone können alle Zellen in einen Zustand versetzen, dass sie Virusinfektionen bekämpfen. IFN-α und IFN-β binden an einen gemeinsamen Rezeptor auf der Zelloberfläche, den Interferon-α-Rezeptor (IFNAR), der mit den JAK- und STAT-Signalwegen gekoppelt ist (Abschn. 3.2.2). IFNAR aktiviert über die Kinasen Tyk2 und Jak1 die Faktoren STAT1 und STAT2, die mit IRF9 interagieren und den ISGF3-Komplex bilden. Dieser bindet an die Promotoren von vielen interferonstimulierten Genen (ISGs).

Abb. 3.35
figure 35

Interferone sind antivirale Proteine, die von Zellen als Reaktion auf eine Virusinfektion gebildet werden. Die Interferone IFN-α und IFN-β haben drei Hauptfunktionen. Erstens erzeugen sie in nichtinfizierten Zellen eine Resistenz gegen die Virusreplikation, indem sie Gene aktivieren, die mRNA abbauen und die Translation von viralen Proteinen und einigen Wirtsproteinen hemmen. Dazu gehören die Mx-Proteine, die Oligoadenylat-Synthetase, PKR und die IFIT-Proteine. Zweitens induzieren sie in den meisten Körperzelltypen die Expression von MHC-Klasse-I-Molekülen; dadurch erhöhen sie deren Resistenz gegen NK-Zellen. Sie können auch in Zellen, die neu mit einem Virus infiziert wurden, die Synthese von MHC-Klasse-I-Molekülen steigern, sodass diese für die Abtötung durch cytotoxische CD8-T-Zellen empfindlich werden (Kap. 9). Drittens aktivieren sie NK-Zellen, die wiederum selektiv die virusinfizierten Zellen töten

Ein ISG codiert das Enzym Oligoadenylat-Synthetase, das die Polymerisierung von ATP zu einer Reihe von 2′-5′-verknüpften Oligomeren katalysiert. Diese aktivieren eine Endoribonuclease, die ihrerseits dann die virale RNA abbaut. (In den Nucleinsäuren sind die Nucleotide normalerweise 3′-5′ miteinander verbunden.) Ein zweites durch IFN-α und IFN-β aktiviertes Protein ist die dsRNA-abhängige PKR-Kinase. Diese Serin/Threonin-Kinase phosphoryliert die α-Untereinheit des eukaryotischen Initiationsfaktors 2 (eIF2α), hemmt dadurch die Proteintranslation und trägt so zur Blockierung der viralen Replikation bei. Die Mx-Proteine (Mx für myxomaresistent) werden ebenfalls durch Typ-I-Interferone induziert. Der Mensch und Wildtypmäuse besitzen die beiden einander sehr ähnlichen Proteine Mx1 und Mx2. Beide sind GTPasen und gehören zur Dynaminproteinfamilie. Wie sie die Virusreplikation beeinflussen, ist allerdings noch nicht bekannt. Seltsamerweise sind bei den häufig verwendeten Laborstämmen der Mäuse beide Mx-Gene inaktiviert und bei diesen Mäusen bietet IFN-β keinen Schutz vor Infektionen mit dem Influenzavirus.

In den vergangenen Jahren hat man mehrere neue ISGs identifiziert und antiviralen Funktionen zugeordnet. Die IFIT-Familie (IFIT für IFN-induced protein with tetratricoid repeats, IFN-induziertes Protein mit Tetratricopeptidwiederholungen) umfassen beim Menschen vier und bei der Maus drei Proteine, die dazu beitragen, die Translation viraler RNA zu Proteinen zu hemmen. IFIT1 und IFIT2 können beide die Translation normaler mRNA, die eine Cap-Struktur enthält, blockieren, indem sie an Untereinheiten des eukaryotischen Initiationsfaktors 3 (eIF3) binden. Dadurch kann eIF3 nicht mit eIF2 interagieren, um den 43S-Präinitiationskomplex zu bilden (Abb. 3.36). Diese Aktivität ist wahrscheinlich zumindest teilweise dafür verantwortlich, dass sich bei einer Induktion der Typ-I-Interferone die zelluläre Proliferation verringert. Mäuse, denen IFIT1 oder IFIT2 fehlt, zeigen eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen mit bestimmten Viren, etwa dem vesikulären Stomatitisvirus.

Abb. 3.36
figure 36

IFIT-Proteine fungieren als antivirale Effektormoleküle, indem sie Reaktionsschritte der RNA-Translation blockieren. Oben links: Die Bildung eines 43S-Präinitiationskomplexes ist ein früher Reaktionsschritt bei der Translation von RNA in Protein am 80S-Ribosom. Dafür sind eine beladene Met-tRNA, die ribosomale 40S-Untereinheit sowie die eukaryotischen Initiationsfaktoren eIF4, eIF2 und eIF3 erforderlich. Mitte: Die eIFs und die beladene Methionin-tRNA bilden den 43S-Präinitiationskomplex. Rechts: Der mRNA-gebundene Präinitiationskomplex erkennt die 5′-Cap-Struktur und bindet an die ribosomale 60S-Untereinheit. Dabei werden eIF2, eIF3 und eIF4 freigesetzt und es bildet sich das funktionsfähige 80S-Ribosom. Unten: eIF3 besteht aus 13 Untereinheiten (a–m). IFIT-Proteine können mehrere Schritte der Proteintranslation blockieren. Bei der Maus interagieren IFIT1 und IFIT2 mit eIF3C, beim Menschen mit eIF3E, wodurch sich der 43S-Präinitiationskomplex nicht bilden kann. IFIT-Proteine können auch andere Translationsschritte stören und zudem an virale mRNA ohne Cap-Struktur binden und so die Translation verhindern (nicht dargestellt). Die Expression der IFIT-Proteine wird bei Virusinfektionen durch stromabwärts wirkende Signale von Typ-I-Interferonen ausgelöst

Eine weitere Funktion der IFIT-Proteine besteht darin, die Translation von Virus-RNA zu blockieren, die nicht die normale 5′-Cap-Modifikation trägt. Zur Erinnerung: Bei Säugern wird die normale 5′-Cap-Struktur durch die 5′-5′-Verknüpfung mit einem 7-Methylguanosinmolekül am ersten Riboserest der mRNA initiiert, wodurch die Cap-0-Struktur entsteht. Diese wird im Cytoplasma durch eine Methylierung der 2′-Hydroxylgruppe des ersten und zweiten Riboserestes der mRNA weiter modifiziert. Die Methylierung des ersten Riboserestes führt zu einer Struktur, die man mit Cap-1 bezeichnet; durch Methylierung der zweiten Ribose entsteht Cap-2. Einige Viren wie das Sindbisvirus (aus der Familie der Togaviridae) zeigen keine 2′-O-Methylierung und werden so durch IFIT1 an der Vermehrung gehindert. Viele Viren wie das West-Nile-Virus und das SARS-Coronavirus haben zusätzlich eine 2-O-Methyltransferase (MTase), die Cap-1- oder Cap-2-Strukturen an viralen Transkripten befestigt. Diese Viren entgehen so der Restriktion durch IFIT1.

Die Vertreter der IFITM-Familie (interferoninduzierte Transmembranproteine) werden von vielen Geweben auf einem Grundniveau exprimiert, aber durch Typ-I-Interferone stark induziert. Beim Mensch und bei der Maus gibt es jeweils vier funktionelle IFITM-Gene. Diese codieren Proteine, die zwei Transmembrandomänen enthalten und in den vesikulären Bereichen der Zelle lokalisiert sind. IFITM-Proteine hemmen Viren bereits in einer frühen Infektionsphase. IFITM1 stört die Fusion der Virusmembran mit der lysosomalen Membran, was bei einigen Viren für das Einschleusen der Genome in das Cytoplasma notwendig ist, wobei die molekularen Grundlagen im Einzelnen noch unklar sind. Viren, die mit den Lysosomen fusionieren müssen, beispielsweise das Ebolavirus, werden durch IFITM1 blockiert. In ähnlicher Weise stört IFITM3 die Membranfusion der späten Endosomen und blockiert so das Influenzavirus, das an dieser Stelle angreift. Die Bedeutung dieses Mechanismus zeigt sich bei Mäusen, denen IFIT3 fehlt; hier kommt es bei einer Infektion mit dem Influenza-A-Virus zu einer erhöhten Viruslast und einer erhöhten Sterblichkeit.

Interferone stimulieren auch die Produktion der Chemokine CXCL9, CXCL10 und CXCL11, die Lymphocyten zu Infektionsherden lenken. Sie bewirken auch, dass bei allen Zelltypen die Expression von MHC-Klasse-I-Molekülen verstärkt wird. Dadurch können die cytotoxischen T-Zellen die virusinfizierten Zellen besser erkennen, da infizierte Zellen virale Peptide mithilfe der MHC-Klasse-I-Moleküle an ihrer Oberfläche präsentieren (Abb. 1.30). Aufgrund dieser Effekte unterstützen Interferone indirekt das Abtöten von virusinfizierten Zellen durch die cytotoxischen CD8-T-Zellen. Außerdem aktivieren Interferone Populationen der angeborenen Immunzellen, beispielsweise NK-Zellen, die virusinfizierte Zellen ebenfalls töten können (siehe unten).

2.9 Verschiedene Arten von angeborenen lymphatischen Zellen besitzen in der frühen Infektionsphase eine Schutzfunktion

Ein kennzeichnendes Merkmal der adaptiven Immunität ist die klonale Expression von Antigenrezeptoren, die durch somatische Genumlagerung gebildet werden, sodass die B- und T-Lymphocyten über eine außerordentliche Vielfalt verschiedener Spezifitäten verfügen (Abschn. 1.3.4). In der Immunbiologie hat man jedoch seit Jahrzehnten immer wieder Zellen mit lymphatischen Eigenschaften identifiziert, die keine spezifischen Antigenrezeptoren besitzen. Am längsten kennt man die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), aber in den vergangenen Jahren wurden weitere unterschiedliche Gruppen solcher Zellen entdeckt. Sie werden jetzt insgesamt als angeborene lymphatische Zellen (ILCs) bezeichnet, zu denen auch die NK-Zellen (Abb. 3.37) zählen. Die ILC-Zellen entwickeln sich im Knochenmark aus derselben gemeinsamen lymphatischen Vorläuferzelle (CLP), aus der auch die B- und T-Zellen hervorgehen. Die Expression des Transkriptionsfaktors Id2 (Inhibitor der DNA-Bindung 2) in der CLP-Zelle blockiert den Werdegang als B- oder T-Zelle und ist für die Entwicklung aller ILC erforderlich. ILCs sind daran zu erkennen, dass sie keine B-Zell- oder T-Zell-Antigenrezeptoren besitzen, aber den Rezeptor für IL-7 exprimieren. Sie wandern aus dem Knochenmark in die Lymphgewebe und die peripheren Organe, vor allem in die Lederhaut, die Leber, den Darm und die Lunge.

Abb. 3.37
figure 37

Die Hauptgruppen der angeborenen lymphatischen Zellen (ILCs) und ihre Eigenschaften

ILC-Zellen fungieren in der angeborenen Immunität als Effektorzellen, die die Signale der angeborenen Immunerkennung verstärken. Sie werden durch Cytokine stimuliert, die von anderen angeborenen Immunzellen produziert werden, etwa von Makrophagen oder dendritischen Zellen, die wiederum durch angeborene Sensoren für mikrobielle Infektionen oder geschädigte Zellen aktiviert wurden. Man unterscheidet drei ILC-Untergruppen, abhängig von der Art der Cytokine, welche die einzelnen Zellen produzieren. Gruppe-I-ILCs (ILC1) erzeugen IFN-γ als Reaktion auf die Aktivierung durch bestimmte Cytokine, insbesondere durch IL-12 und IL-18, die von dendritischen Zellen und Makrophagen freigesetzt werden. ILC1-Zellen tragen zum Schutz vor Infektionen mit Viren oder intrazellulären Bakterien bei. NK-Zellen gehören nach heutiger Auffassung ebenfalls zu den ILC-Zellen. ILC1- und NK-Zellen sind eng miteinander verwandt, besitzen aber unterschiedliche Funktionen und unterscheiden sich auch in den Faktoren, die sie für ihre Entwicklung benötigen. In ihrer Funktion ähneln die NK-Zellen mehr den CD8-T-Zellen, während die ILC1-Zellen der TH1-Untergruppe der CD4-T-Zellen ähnlicher sind (Abschn. 3.2.10). NK-Zellen unterscheiden sich von den vor Kurzem entdeckten ILC1-Zellen auf verschiedene Weise. NK-Zellen kommen innerhalb von Geweben vor, aber sie zirkulieren auch im Blut, während ILC1-Zellen anscheinend vor allem nichtzirkulierende, geweberesidente Zellen sind. Bei der Maus exprimieren die konventionellen NK-Zellen Integrin-a2 (CD49b), während ILC1-Zellen beispielsweise in der Leber nicht über CD49b verfügen, stattdessen aber das Oberflächenprotein Ly49a exprimieren. Sowohl NK- als auch ILC1-Zellen benötigen für ihre Entwicklung den Transkriptionsfaktor Id2. NK-Zellen benötigen darüber hinaus das Cytokin IL-15 sowie die Transkriptionsfaktoren Nfil3 und Eomesodermin, ILC1-Zellen hingegen das Cytokin IL-7 und den Transkriptionsfaktor T-bet.

ILC2-Zellen produzieren die Cytokine IL-4, IL-5 und IL-13 als Reaktion auf unterschiedliche Cytokine, insbesondere das thymusstromale Lymphopoetin (TSLP) und IL-33. Die ILC2-Cytokine unterstützen die Immunität der physikalischen Barrieren und Schleimhäute und wirken beim Schutz vor Parasiten mit. ILC3-Zellen reagieren auf die Cytokine IL-1β und IL-23 und produzieren selbst mehrere Cytokine, etwa IL-17 und IL-22, die zur Abwehr von extrazellulären Bakterien und Pilzen beitragen. IL-17 stimuliert die Produktion von Chemokinen, die neutrophile Zellen rekrutieren, während IL-22 auf Epithelzellen direkt einwirkt und dadurch die Produktion von antimikrobiellen Peptiden anregt, beispielsweise RegIIIγ (Abschn. 2.1.4).

Die systematische Einteilung der ILC-Untergruppen und die Untersuchung ihrer Entwicklung und Funktion werden noch aktiv betrieben, auch um die relative Bedeutung dieser Zellen für die Immunreaktionen herauszufinden. Die bis jetzt gefundenen ILC-Untergruppen zeigen starke strukturelle Parallelen zu den Untergruppen der CD8- und CD4-T-Effektorzellen, die man im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte erforscht hat. Die Transkriptionsfaktoren, welche die Entwicklung der verschiedenen ILC-Untergruppen kontrollieren, sind nach bisherigen Erkenntnissen anscheinend dieselben wie bei den entsprechenden Untergruppen der T-Zellen. Aufgrund dieser Ähnlichkeiten wollen wir uns in Kap. 9 mit der Entwicklung der ILC- und der T-Zellen genauer beschäftigen.

2.10 NK-Zellen werden durch Typ-I-Interferone und durch Cytokine von Makrophagen aktiviert

NK-Zellen sind größer als T- und B-Zellen, sie besitzen abgegrenzte cytoplasmatische Granula, die cytotoxische Proteine enthalten. In einem Funktionstest erkennt man sie daran, dass sie ohne eine spezifische Immunisierung in vitro bestimmte Tumorzelllinien abtöten können. NK-Zellen töten andere Zellen, indem sie ihre cytotoxischen Granula freisetzen, die den Granula der cytotoxischen T-Zellen ähnlich sind und die gleiche Wirkung haben (Kap. 9). Der Inhalt der cytotoxischen Granula, die Granzyme und das porenbildende Perforin enthalten, werden an der Oberfläche der Zielzelle freigesetzt und durchdringen die Zellmembran, um dann in der Zelle den programmierten Zelltod auszulösen. Anders als bei den T-Zellen wird jedoch der Tötungsmechanismus der NK-Zellen durch keimbahncodierte Rezeptoren aktiviert, die Moleküle auf der Oberfläche von infizierten oder bösartig transformierten Zellen erkennen. Ein zweiter Signalweg der NK-Zellen, der zum Abtöten anderer Zellen führt, verläuft über das TRAIL-Protein (TRAIL für tumor necrosis factor-related apoptosis-inducing ligand) aus der TNF-Familie. NK-Zellen exprimieren TRAIL an ihrer Oberfläche. TRAIL interagiert mit den beiden „Todesrezeptoren“ DR4 und DR5 (codiert von TNFSF10A und TNFSF10B) aus der TNFR-Superfamilie, die von vielen Zelltypen exprimiert werden. Wenn NK-Zellen eine Zielzelle erkennen, stimuliert TRAIL DR4 und DR5, das Proenzym Caspase 8 zu aktivieren, was schließlich zur Apoptose führt. Anders als die Pyroptose, die als Folge einer Inflammasomaktivierung durch die Caspase 1 eingeleitet wird (Abschn. 3.1.9), ist die Apoptose nicht mit der Freisetzung proinflammatorischer Cytokine verbunden. Weitere Einzelheiten von Mechanismen der caspaseinduzierten Apoptose besprechen wir in Kap. 9 im Zusammenhang mit dem Tötungsmechnismus der cytotoxischen T-Zellen. NK-Zellen exprimieren zudem Fc-Rezeptoren (Abschn. 1.4.2). Die Bindung dieser Rezeptoren aktiviert die NK-Zellen, ihre cytotoxischen Granula freizusetzen; den Vorgang bezeichnet man als antikörperabhängige zellvermittelte Cytotoxizität (antibody-dependent cellular cytotoxicity, ADCC) (Kap. 10).

Die Fähigkeit der NK-Zellen, Zielzellen zu töten, kann durch Interferone oder bestimmte Cytokine verstärkt werden. NK-Zellen, die sensitive Zielzellen töten können, lassen sich auch aus nichtinfizierten Individuen isolieren, aber diese Aktivität wird 20- bis 100-fach verstärkt, wenn NK-Zellen mit IFN-α und IFN-β oder IL-12 in Kontakt kommen; IL-12 ist ein Cytokin, das von Makrophagen und dendritischen Zellen bei Infektionen mit verschiedenen Arten von Krankheitserregern produziert wird. Aktivierte NK-Zellen haben die Funktion, Virusinfektionen einzudämmen, während die adaptive Immunantwort antigenspezifische cytotoxische T-Zellen und neutralisierende Antikörper hervorbringt, die eine Infektion beseitigen können (Abb. 3.38). Hinweise auf die physiologische Funktion der NK-Zellen finden sich etwa bei den seltenen Fällen von Patienten, denen diese Zellen fehlen und die häufig für Infektionen mit Herpesviren anfällig sind. So entsteht eine selektive NK-Zell-Defizienz, beim Menschen beispielsweise durch Mutationen im MCM4-Gen (MCM4 für minichromosome maintenance-deficient 4); diese gehen einher mit einer Anfälligkeit für Virusinfektionen.

Abb. 3.38
figure 38

Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) sind bereits früh an der Immunreaktion auf eine Virusinfektion beteiligt. Experimente mit Mäusen haben gezeigt, dass zuerst die Interferone IFN-α und IFN-β sowie die Cytokine TNF-α und IL-12 auftreten. Ihnen folgt eine Welle von NK-Zellen. Gemeinsam halten sie die virale Vermehrung auf einem niedrigen Niveau, eliminieren die Viren jedoch nicht. Dies geschieht erst, wenn spezifische CD8-T-Zellen produziert werden. Ohne NK-Zellen ist die Anzahl mancher Viren in den ersten Tagen der Infektion sehr viel höher und kann zum Tod führen, wenn keine Behandlung mit antiviralen Wirkstoffen erfolgt

IL-12 zeigt eine synergistische Wirkung mit dem Cytokin IL-18, das von aktivierten Makrophagen freigesetzt wird und NK-Zellen dazu stimulieren kann, große Mengen des Interferons IFN-γ zu sezernieren. Dies ist ein wichtiger Effekt zur Eindämmung bestimmter Infektionen, bevor das von den cytotoxischen CD8-T-Zellen produzierte IFN-γ verfügbar ist. IFN-γ, dessen Rezeptor nur den STAT1-Transkriptionsfaktor aktiviert, unterscheidet sich in der Funktion ziemlich stark von den antiviralen Interferonen IFN-α und IFN-β und wird auch nicht direkt durch eine Virusinfektion induziert. Die Produktion von IFN-γ durch NK-Zellen in einer frühen Phase der Immunantwort kann Makrophagen direkt aktivieren, ihr Potenzial zum Abtöten von Krankheitserregern zu verstärken, sodass die angeborene Immunantwort an Intensität gewinnt. Aber auch die adaptive Immunität wird durch die Einwirkung von IFN-γ auf dendritische Zellen und die Regulation der Differenzierung von CD4-T-Zellen zu proinflammatorischen TH1-Zellen beeinflusst. Diese wiederum produzieren ebenfalls IFN-γ. NK-Zellen produzieren zudem TNF-α, den Granulocyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierenden Faktor (GM-CSF) und die Cytokine CCL3 (MIF 1-α), CCL4 und CCL5 (RANTES), die Makrophagen anlocken und aktivieren.

2.11 NK-Zellen exprimieren aktivierende und inhibitorische Rezeptoren, durch die sie zwischen gesunden und infizierten Zellen unterscheiden können

Damit NK-Zellen Viren und andere Pathogene bekämpfen können, müssen sie zwischen infizierten und nichtinfizierten gesunden Zellen unterscheiden. Der Mechanismus dafür ist bei den NK-Zellen nur geringfügig komplizierter als die Pathogenerkennung der B- und T-Zellen. Man nimmt allgemein an, dass die einzelnen NK-Zellen verschiedene Kombinationen von keimbahncodierten aktivierenden Rezeptoren und inhibitorischen Rezeptoren exprimieren. Die genauen Einzelheiten sind zwar noch nicht bekannt, aber wahrscheinlich bestimmt das Wechselspiel aller Signale dieser Rezeptoren, ob eine NK-Zelle eine Zielzelle angreift und tötet oder nicht. Die Rezeptoren auf einer NK-Zelle sind so abgestimmt, dass sie die veränderte Expression verschiedener Oberflächenproteine der Zielzelle (dysregulated self) erkennen können. Die aktivierenden Rezeptoren erkennen Zelloberflächenproteine, die bei den Zielzellen durch metabolischen Stress induziert werden, etwa durch eine bösartige Transformation oder eine Infektion mit Mikroorganismen. Diese Veränderungen bezeichnet man als stress-induced self. Spezifische zelluläre Ereignisse wie eine Schädigung der DNA, Proliferationssignale, Stress durch Hitzeschock und Signale von angeborenen Sensoren (beispielsweise TLRs) können zu einer übermäßigen Expression von körpereigenen Zelloberflächenproteinen führen, die an die aktivierenden Rezeptoren auf den NK-Zellen binden. Die Stimulation der aktivierenden Rezeptoren erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die NK-Zelle Cytokine wie IFN-γ freisetzt und die Abtötung der stimulierenden Zelle durch freigesetzte cytotoxische Granula in Gang setzt.

Im Gegensatz dazu erkennen die inhibitorischen Rezeptoren der NK-Zellen Oberflächenmoleküle, die von den meisten Zellen konstitutiv in großer Menge exprimiert werden. Wenn es hier zu einem Verlust kommt, bezeichnet man das als missing self. Inhibitorische Rezeptoren können außer MHC-Klasse-I-Proteinen auch andere Moleküle erkennen, wurden aber im Zusammenhang mit Ersteren bis jetzt am meisten erforscht. MHC-Moleküle sind Glykoproteine, die von fast allen Zellen im Körper exprimiert werden. Wir besprechen die Funktion der MHC-Proteine bei der Antigenpräsentation gegenüber T-Zellen in Kap. 6, hier sollen nur deren Hauptgruppen vorgestellt werden. Anders als MHC-Klasse-I-Moleküle, die eigentlich nur von roten Blutkörperchen nicht exprimiert werden, ist die Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen enger begrenzt, vor allem auf die Immunzellen.

Inhibitorische Rezeptoren, die MHC-Klasse-I-Moleküle erkennen, verhindern, dass NK-Zellen normale Körperzellen töten. Je mehr MHC-Klasse-I-Moleküle auf einer Zelloberfläche vorkommen, umso besser ist diese Zelle vor einem Angriff durch NK-Zellen geschützt. Interferone induzieren die Produktion von MHC-Klasse-I-Molekülen und schützen so nichtinfizierte Körperzellen davor, von NK-Zellen getötet zu werden. Andererseits aktivieren Interferone die NK-Zellen, virusinfizierte Zellen zu töten. Viren und einige intrazelluläre Pathogene können die Menge der MHC-Klasse-I-Moleküle herunterregulieren, wodurch sie verhindern, das Antigene in Form von Peptiden den T-Zellen präsentiert werden (Kap. 6). NK-Zellen können eine verringerte Expression von MHC-Klasse-I-Molekülen an den geringeren Signalen ihrer inhibitorischen Rezeptoren erkennen. Die Abnahme der MHC-Klasse-I-Expression ist ein Beispiel für ein missing self und erhöht so die Wahrscheinlichkeit, dass eine NK-Zelle eine Zielzelle tötet. Wahrscheinlich bestimmt das Zusammenspiel der Signale aus stress-induced self und missing self, ob eine bestimmte NK-Zelle angeregt wird, eine bestimmte Zielzelle zu töten (Abb. 3.39). Die Rezeptoren, die auf den NK-Zellen exprimiert werden, führen die Signale von zwei Arten der Oberflächenerkennung zusammen und kontrollieren so die cytotoxische Aktivität und Cytokinproduktion dieser Zellen.

Abb. 3.39
figure 39

Ob NK-Zellen eine Zielzele töten, hängt vom Wechselspiel zwischen aktivierenden und inhibitorischen Signalen ab. NK-Zellen verfügen über mehrere verschiedene Rezeptoren, die der NK-Zelle signalisieren, wenn sie eine gebundene Zelle töten soll. NK-Zellen werden jedoch von einer Gruppe inhibitorischer Rezeptoren an einem generellen Angriff gehindert. Diese Rezeptoren erkennen MHC-Klasse-I-Moleküle (die bei fast allen Zelltypen vorkommen) und blockieren das Abtöten einer Zielzelle, indem sie die Signale der aktivierenden Rezeptoren überdecken. Diese inhibitorischen Signale verschwinden, wenn eine Zielzelle keine MHC-Klasse-I-Moleküle mehr exprimiert, etwa wenn sie mit Viren infiziert ist. Viele Viren können die MHC-Klasse-I-Expression spezifisch hemmen oder sie verändern die MHC-Klasse-I-Konformation und werden so von CD8-T-Zellen nicht erkannt. NK-Zellen können Zielzellen auch durch die Expression des TNF-Proteins TRAIL abtöten, das an die TNF-Rezeptoren DR4 und DR5 bindet, die von einigen Zelltypen exprimiert werden. DR4 und DR5 leiten ihre Signale über FADD weiter, ein Adaptorprotein, das die Procaspase 8 aktiviert und so bei der Zielzelle die Apoptose auslöst

2.12 NK-Zell-Rezeptoren gehören zu verschiedenen Strukturfamilien: KIR, KLR und NCR

Die Rezeptoren, welche die Aktivität der NK-Zellen regulieren, gehören zu zwei großen Proteinfamilien, die neben den NK-Rezeptoren weitere Zelloberflächenrezeptoren umfassen (Abb. 3.40). Die killerzellenimmunglobulinähnlichen Rezeptoren (KIRs) enthalten Immunglobulindomänen in unterschiedlicher Anzahl. Einige, etwa KIR-2D, besitzen zwei solcher Domänen, während andere, wie KIR-3D, drei davon haben. Die KIR-Gene sind Teil eines größeren Clusters von Genen für immunglobulinähnliche Rezeptoren, beispielsweise für den Leukocytenrezeptorkomplex (LRC). Eine weitere Familie umfasst die killerzellenlektinähnlichen Rezeptoren (KLRs); es sind C-Typ-Lektin-ähnliche Proteine, deren Gene in einem Gencluster mit der Bezeichnung NK-Zell-Rezeptor-Komplex (NKC) liegen. Mäuse verfügen nicht über KIR-Gene und exprimieren stattdessen vor allem Ly49-Rezeptoren, die im NKC auf dem Chromosom 6 der Maus codiert sind und die Aktivitäten der NK-Zellen kontrollieren. Eine wichtige Eigenschaft der Population der NK-Zellen besteht darin, dass jede NK-Zelle von dem potenziellen großen Repertoire nur einen Teil der Rezeptoren exprimiert und dadurch die einzelnen NK-Zellen nicht alle identisch sind.

Abb. 3.40
figure 40

NK-Rezeptor-Gene gehören zu zwei großen Familien. Der erste, der Leukocytenrezeptorkomplex (LRC), umfasst einen großen Cluster von Genen, die eine Familie von Proteinen codieren, die aus immunglobulinähnlichen Domänen zusammengesetzt sind. Dazu gehören die killerzellenimmunglobulinähnlichen Rezeptoren (KIRs), die von den NK-Zellen exprimiert werden, die ILT-Klasse (ILT für immunoglobulin-like transcript) und die Genfamilien der leukocytenassoziierten immunglobulinähnlichen Rezeptoren (LAIR). Die Signallektine (SIGLECs) und Mitglieder der CD66-Familie befinden sich in der Nähe. Beim Menschen liegt dieser Komplex auf Chromosom 19. Der zweite Gencluster, den man als NK-Zell-Rezeptor-Komplex (NKC) bezeichnet, codiert killerzellenlektinähnliche Rezeptoren, eine Rezeptorfamilie, zu der die NKG2-Proteine und CD94 gehören, wobei CD94 und einige NKG2-Moleküle zusammen einen funktionellen Rezeptor bilden. Dieser Komplex liegt auf dem menschlichen Chromosom 12. Einige NK-Rezeptor-Gene befinden sich außerhalb dieser beiden Hauptgencluster. So liegen die Gene für die natürlichen Cytotoxizitätsrezeptoren NKp30 und NKp44 innerhalb des Haupthistokompatibilitätskomplexes auf Chromosom 6. (Die Abbildung beruht auf Daten, die freundlicherweise von J. Trowsdale, University of Cambridge, zur Verfügung gestellt wurden)

Aktivierende und inhibitorische Rezeptoren kommen in derselben Strukturfamilie vor. Ob ein KIR-Protein aktivierend oder inhibitorisch wirkt, hängt davon ab, ob in der cytoplasmatischen Domäne bestimmte Signalmotive vorhanden sind oder nicht. Inhibitorische KIR-Rezeptoren tragen lange cytoplasmatische Schwänze, die ein ITIM (immunoreceptor tyrosine-based inhibition motif) enthalten. Die ITIM-Konsensussequenz ist V/I/LXYXXL/V, wobei X für eine beliebige Aminosäure steht. So enthält beispielsweise die cytoplasmatische Domäne der Rezeptoren KIR-2DL und KIR-3DL zwei ITIM-Sequenzen (Abb. 3.41). Wenn Liganden an einen inhibitorischen KIR-Rezeptor binden, wird das in der ITIM-Sequenz liegende Tyrosin durch die Aktivität von Tyrosinkinasen der Src-Familie phosphoryliert. Dadurch kann die ITIM-Sequenz die intrazellulären Tyrosinphosphatasen SHP-1 (Src homology region 2-containing protein tyrosine phosphatase 1) und SHP-2 binden, die so in die Nähe der Zellmembran gelangen. Diese Phosphatasen blockieren die Signale, die von anderen Rezeptoren ausgehen, indem sie in anderen intrazellulären Signalmolekülen Phosphatgruppen von Tyrosinresten entfernen.

Abb. 3.41
figure 41

Die Strukturfamilien der NK-Rezeptoren codieren sowohl aktivierende als auch inhibitorische Rezeptoren. In den Familien der killerzellenimmunglobulinähnlichen Rezeptoren (KIRs) und der killerzellenlektinähnlichen Rezeptoren (KLRs) gibt es Moleküle, die der NK-Zelle aktivierende Signale übermitteln (oben), und Moleküle, die inhibitorische Signale aussenden (unten). Vertreter der KIR-Familie werden entsprechend ihrer Anzahl an immunglobulinähnlichen Domänen und der Länge ihrer cytoplasmatischen Schwänze bezeichnet. Aktivierende KIR-Rezeptoren besitzen kurze cytoplasmatische Schwänze, ihre Bezeichnung enthält ein „S“. Sie assoziieren über einen geladenen Aminosäurerest in der Transmembranregion mit dem Signalprotein DAP12. Die cytoplasmatische Region von DAP12 enthält ITAM-Aminosäuresequenzen, die an der Signalübertragung beteiligt sind. NKG2-Rezeptoren gehören zur KLR-Familie und bilden, unabhängig davon, ob sie aktivierend oder inhibitorisch wirken, Heterodimere mit CD94, einem anderen Vertreter der C-Typ-Lektin-Familie. Die inhibitorischen KIR-Rezeptoren besitzen längere cytoplasmatische Schwänze, ihre Bezeichnung enthält ein „L“. Sie assoziieren nicht konstitutiv mit Adaptorproteinen, sondern enthalten das ITIM-Signalmotiv, das von inhibitorischen Phosphatasen erkannt wird, wenn es phosphoryliert ist

Aktivierende KIR-Rezeptoren enthalten kurze cytoplasmatische Schwänze, beispielsweise KIR-2DS und KIR-3DS (Abb. 3.41). Diese Rezeptoren besitzen keine ITIM-Sequenz, sondern stattdessen einen geladenen Rest in ihrer Transmembranregion, der an das akzessorische Signalprotein DAP12 bindet. Das ist ebenfalls ein Transmembranprotein, das in der cytoplasmatischen Domäne ein ITAM (immunoreceptor tyrosine-based activation motif) mit der Konsensussequenz YXX[L/I]X6–9YXX[L/I] enthält und in der Membran ein Homodimer bildet, das von einer Disulfidbrücke zusammengehalten wird. Wenn ein Ligand an einen aktivierenden KIR-Rezeptor bindet, werden die Tyrosinreste in der ITAM-Sequenz phosphoryliert. Dadurch werden in der Zelle Signalwege ausgelöst, die die NK-Zelle aktivieren und dadurch zur Freisetzung der cytotoxischen Granula anregen. Die phosphorylierten ITAM-Sequenzen binden an intrazelluläre Tyrosinkinasen wie Syk und ZAP-70 und aktivieren sie. So werden weitere Signale ausgelöst, die den Signalen für T-Zellen ähnlich sind (Kap. 7).

Auch die KLR-Familie umfasst sowohl aktivierende als auch inhibitorische Rezeptoren. Bei den Mäusen tragen die Ly49-Rezeptoren in ihrer cytoplasmatischen Domäne eine ITIM-Sequenz, die SHP-1 bindet. Die Bedeutung dieser Phosphatase zeigt sich bei Mäusen, die die motheaten-Mutation tragen, die SHP-1 inaktiviert. Bei diesen Mäusen kann Ly49 die NK-Aktivierung nach Bindung von MHC-Klasse I nicht verhindern. Beim Menschen und bei der Maus exprimieren NK-Zellen ein Heterodimer aus den zwei unterschiedlichen C-Typ-Lektin-ähnlichen Rezeptoren CD94 und NKG2. Dieses Heterodimer interagiert mit nichtpolymorphen MHC-Klasse-I-ähnlichen Molekülen, beispielsweise HLA-E beim Menschen und Qa-1 bei der Maus. HLA-E und Qa-1 sind insofern ungewöhnlich, da sie anstelle von Peptiden aus Krankheitserregern Fragmente des Signalpeptids binden, das bei der Prozessierung anderer MHC-Klasse-I-Moleküle im ER entsteht. So können CD94:NKG2 das Vorhandensein verschiedener MHC-Klasse-I-Varianten erkennen, deren Expression von Viren beeinflusst sein kann. Dadurch werden Zellen getötet, bei denen die MHC-Expression insgesamt geringer ist. Beim Menschen umfasst die NKG2-Familie vier eng verwandte Proteine – NKG2A, C, E und F (codiert von KLRC1–4) – und das entfernter verwandte Protein NKG2D (codiert von KLRK1). NKG2A enthält beispielsweise eine ITIM-Sequenz und ist damit inhibitorisch, während NKG2C einen geladenen Rest in der Transmembranregion aufweist, an DAP12 bindet und aktivierend wirkt (Abb. 3.41). NKG2D wirkt ebenfalls aktivierend, unterscheidet sich jedoch ziemlich deutlich von den übrigen NKG2-Rezeptoren (siehe unten).

Die letztendliche Reaktion der NK-Zellen auf Unterschiede in der MHC-Expression ist aufgrund des ausgeprägten Polymorphismus der KIR-Gene noch komplizierter, wobei man bei verschiedenen Personen aktivierende und inhibitorische Gene in unterschiedlicher Anzahl findet. Das erklärt vielleicht, warum NK-Zellen für die Transplantation von Knochenmark ein Hindernis darstellen, da die NK-Zellen des Empfängers auf die MHC-Moleküle des Spenders stärker reagieren als auf die körpereigenen MHC-Moleküle, mit denen zusammen sie sich entwickelt haben. Ein ähnliches Phänomen kann aufgrund der Unterschiede zwischen den MHC-Molekülen des Fetus und der Mutter auch während einer Schwangerschaft auftreten (Abschn. 15.4.10). Die Vorteile eines so ausgeprägten KIR-Polymorphismus sind noch unklar und einige genetisch-epidemiologische Untersuchungen deuten sogar darauf hin, dass zwischen bestimmten KIR-Allelen und dem früheren Einsetzen einer rheumatoiden Arthritis (jedoch nicht bezüglich der Häufigkeit des Auftretens) bestehen kann. Mäuse besitzen keinen KIR-Gen-Cluster, aber einige Spezies, beispielsweise unter den Primaten, tragen Gene aus der KIR- und KLR-Familie. Das könnte darauf hindeuten, dass beide Gencluster schon relativ alt sind und aus irgendeinem Grund beim Menschen und bei der Maus jeweils einer verloren gegangen ist.

Signale der inhibitorischen NK-Zell-Rezeptoren blockieren die Tötungsaktivität und die Cytokinproduktion der NK-Zellen. Das bedeutet, dass NK-Zellen keine gesunden, genetisch identischen Körperzellen mit einer normalen Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen töten. Virusinfizierte Zellen können jedoch aufgrund einer Reihe verschiedener Mechanismen für einen Angriff durch NK-Zellen empfindlich werden. Zum einen hemmen einige Viren die gesamte Proteinsynthese in ihren Wirtszellen, sodass die Produktion der MHC-Klasse-I-Moleküle in infizierten Zellen blockiert ist, während sie bei nichtinfizierten Zellen durch die Wirkung von Typ-I-Interferonen stimuliert wird. Die verringerte MHC-Klasse-I-Expression führt bei infizierten Zellen zwangsläufig dazu, dass sie NK-Zellen über deren MHC-spezifische Rezeptoren weniger gut hemmen können, sodass sie für eine Tötung anfälliger werden. Zum anderen können viele Viren das Ausschleusen von MHC-Klasse-I-Molekülen zur Zelloberfläche gezielt verhindern oder sie induzieren deren sofortigen Abbau, sobald sie dorthin gelangt sind. So kann die infizierte Zelle zwar der Erkennung durch cytotoxische T-Zellen entkommen, sie ist aber für einen Angriff durch NK-Zellen empfindlicher. Virusinfizierte Zellen können selbst dann noch von NK-Zellen getötet werden, wenn die Zellen die MHC-Moleküle nicht herunterregulieren, vorausgesetzt dass Liganden für aktivierende Rezeptoren induziert werden. Einige Viren können jedoch die Liganden für die aktivierenden Rezeptoren auf den NK-Zellen angreifen, die Erkennung durch NK-Zellen unterlaufen und ein Abtöten der infizierten Zellen verhindern.

2.13 NK-Zellen exprimieren aktivierende Rezeptoren, die Liganden erkennen, welche von infizierten Zellen oder Tumorzellen präsentiert werden

Neben den KIR- und KLR-Rezeptoren, deren Funktion darin besteht, die Menge der MHC-Klasse-I-Moleküle auf anderen Zellen zu erkennen, exprimieren NK-Zellen auch Rezeptoren, die das Vorhandensein einer Infektion oder andere Störungen in einer Zelle direkter erkennen. Aktivierende Rezeptoren für die Erkennung von infizierten Zellen, Tumorzellen und Zellen, die durch physikalische oder chemische Einwirkungen geschädigt wurden, sind beispielsweise die natürlichen Cytotoxizitätsrezeptoren (NCRs) NKp30, NKp44 und NKp46, die immunglobulinähnliche Rezeptoren sind, sowie Ly49H und NKT2D als Vertreter der C-Typ-Lektin-Familie (Abb. 3.42). Bei den NCRs ist nur NKp46 beim Menschen und bei der Maus konserviert und gleichzeitig der wichtigste selektive Marker für NK-Zellen bei den Säugern. Die Liganden, die von den natürlichen Cytotoxizitätsrezeptoren erkannt werden, sind noch nicht genau bekannt, wobei es Hinweise gibt, dass die Rezeptoren virale Proteine erkennen, beispielsweise das Glykoprotein Hämagglutinin (HA) des Influenzavirus. Ly49H ist ein aktivierender Rezeptor, der das Virusprotein m157 erkennt, das eine MHC-Klasse-I-ähnliche Struktur besitzt und vom Cytomegalievirus der Maus exprimiert wird. Der Ligand für NKp30 ist das Protein B7-H6, das zur Familie der costimulierenden Proteine gehört (Abschn. 1.3.8, Kap. 7 und 9).

Abb. 3.42
figure 42

Aktivierende Rezeptoren der NK-Zellen sind die natürlichen Cytotoxizitätsrezeptoren und NKG2D. Die natürlichen Cytotoxizitätsrezeptoren sind iimmunglobulinähnliche Proteine. NKp30 und NKp40 besitzen beispielsweise eine extrazelluläre Domäne, die einer einzelnen variablen Domäne eines Immunglobulinmoleküls ähnlich ist. NKp30 und NKp40 aktivieren die NK-Zelle durch ihre Assoziation mit Homodimeren der CD3ζ-Kette oder der Fc-Rezeptor-γ-Kette (nicht dargestellt). Beide Signalproteine assoziieren auch mit anderen Rezeptortypen, eine genauere Beschreibung findet sich in Kap. 7. NKp44 aktiviert die NK-Zelle durch Bindung an DA12-Homodimere. NKp46 ähnelt KIR-2D-Molekülen, da es zwei Domänen enthält, die wiederum den konstanten Domänen eines Immunglobulinmoleküls ähneln. NKG2D gehört zur C-Typ-Lektin-Familie und bildet ein Homodimer. Außerdem assoziiert es mit DAP10. Bei Mäusen bindet eine durch alternatives Spleißen entstandene Form von NKG2D an DAP12 (nicht dargestellt)

NKG2D besitzt eine besondere Funktion bei der Aktivierung von NK-Zellen. NKG2-Rezeptoren bilden Heterodimere mit CD94 und binden das MHC-Klasse-I-Molekül HLA-E. Andererseits bilden zwei NKG2D-Moleküle ein Homodimer, das an verschiedene MHC-Klasse-I-ähnliche Moleküle bindet, die durch unterschiediche Arten von zellulärem Stress induziert werden. Das sind beispielsweise die MIC-Moleküle MIC-A und MIC-B sowie die RAET1-Proteinfamilie (Abb. 3.43). Die wiederum sind homolog zur α1- und α2-Domäne von MHC-Klasse-I-Molekülen. Die RAET1-Familie umfasst zehn Proteine, von denen drei ursprünglich als Liganden des UL16-Proteins aus dem Cytomegalievirus charakterisiert wurden und deshalb als UL16-bindende Proteine (ULBPs) bezeichnet werden. Mäuse exprimieren keine Rezeptoren, die zu den MIC-Molekülen äquivalent sind, und die Liganden von NKG2D der Maus besitzen eine sehr ähnliche Struktur wie die RAET1-Proteine, zu denen sie wahrscheinlich homolog sind. Tatsächlich wurden diese Liganden zuerst bei Mäusen als RAE1-Familie (RAE1 für retinoic acid early inducible 1) identifiziert. Dazu gehören auch die Proteine H60 und MULT1 (Abb. 6.26). Wir besprechen die MHC-ähnlichen Moleküle in Abschn. 6.3.3 im Zusammenhang mit der Struktur der MHC-Moleküle.

Abb. 3.43
figure 43

Die Liganden für den aktivierenden NK-Rezeptor NKG2D sind Proteine, die bei zellulärem Stress exprimiert werden. Die MIC-Proteine MIC-A und MIC-B sind MHC-ähnliche Moleküle, die in epithelialen oder anderen Zellen durch Stress induziert werden, beispielsweise bei Schädigung der DNA, zellulärer Transformation oder einer Infektion. Die Proteine der RAET1-Familie, etwa die Untergruppe, die man als UL16-bindende Proteine (ULBPs) bezeichnet, ähneln ebenfalls einem Bereich des MHC-Klasse-I-Moleküls, der α1- und der α2-Domäne. Die meisten (nicht alle) sind über einen Glykosylphosphatidylinositolanker mit der Zelle verknüpft. Anders als die MHC-Klasse-I-Moleküle binden die NKG2D-Liganden keine prozessierten Peptide

Die Liganden von NKG2D werden als Reaktion auf zellulären oder metabolischen Stress exprimiert, das heißt, sie werden bei Zellen hochreguliert, die mit intrazellulären Bakterien oder Viren infiziert sind, oder auch bei Tumorzellen im Anfangsstadium, die bösartig transformiert wurden. Die Erkennung durch NKG2D wirkt also als allgemeines „Alarmsignal“ für das Immunsystem. Neben einer Untergruppe der NK-Zellen exprimieren auch verschiedene T-Zellen NKG2D, etwa beim Menschen alle CD8-T-Zellen, γ:δ-T-Zellen, bei der Maus aktivierte CD8-T-Zellen und die invarianten NKT-Zellen (Kap. 8). Eine Erkennung von NKG2D-Liganden durch diese Zellen liefert ein starkes costimulierendes Signal, das ihre Effektorfunktionen verstärkt.

NKG2D unterscheidet sich auch aufgrund des Signalwegs, den der Rezeptor innerhalb der Zelle auslöst, von den übrigen aktivierenden Rezeptoren. Diese sind mit Signalproteinen wie der CD3ζ-Kette, der γ-Kette des Fc-Rezeptors und DAP12 assoziiert, die alle ITAM-Sequenzen enthalten. Im Gegensatz dazu bindet NKG2D das Adaptorprotein DAP10, das keine ITAM-Sequenz enthält und die intrazelluläre Lipidkinase Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI-3-Kinase) aktiviert. Dadurch wird in der NK-Zelle eine andere Signalfolge ausgelöst (Abschn. 7.1.4). Man nimmt an, dass die PI-3-Kinase allgemein das Überleben der Zellen stärkt, in denen das Enzym aktiviert wurde, und deren Effektoraktivitäten verbessert. Bei den NK-Zellen ist die Aktivierung der PI-3-Kinase direkt mit dem Auslösen der cytotoxischen Aktivität gekoppelt. Bei Mäusen sind die Wirkweisen von NKG2D sogar noch komplizierter, da der NKG2D-Rezeptor in zwei Formen exprimiert wird, die durch unterschiedliches Spleißen entstehen. Eine Form bindet DAP12 und DAP10, die andere nur DAP10. Der NKG2D-Rezeptor der Maus kann also beide Signalwege aktivieren, beim Menschen leitet NKG2D die Signale nur über DAP10 weiter und aktiviert so den PI-3-Signalweg. Außerdem exprimieren NK-Zellen mehrere Rezeptoren der SLAM-Familie (signaling lymphocyte activation molecules). 2B4, ein Protein dieser Familie, erkennt das Zelloberflächenmolekül CD48, das auf vielen Zellen und auch auf NK-Zellen vorkommt. Wechselwirkungen zwischen 2B4 und CD48 auf benachbarten NK-Zellen können Signale auslösen, die über das SLAM-assoziierte SAP-Protein und die Src-Kinase Fyn zum Überleben und zur Proliferation beitragen.

2.13 Zusammenfassung

Die Bindung von Liganden an angeborene Sensoren auf den verschiedenen Zellen – besonders von neutrophilen Zellen, Makrophagen und dendritischen Zellen – aktiviert nicht nur die jeweiligen Effektorfunktionen dieser Zellen, sondern stimuliert auch die Freisetzung von proinflammatorischen Chemokinen und Cytokinen, die zusammen bewirken, dass weitere phagocytotische Zellen zum Infektionsherd gelockt werden. Besonders auffällig ist die frühe Rekrutierung von neutrophilen Zellen und Monocyten. Darüber hinaus können Cytokine, die von geweberesidenten Phagocyten freigesetzt werden, weitere systemische Effekte auslösen, beispielsweise Fieber und die Produktion von Akute-Phase-Proteinen wie dem mannosebindenden Lektin, dem C-reaktiven Protein, Fibrinogen und den Surfactant-Proteinen der Lunge, die den allgemeinen Zustand der angeborenen Immunität verstärken. Diese Cytokine rekrutieren auch antigenpräsentierende Zellen, welche die adaptive Immunantwort in Gang setzen. Zum angeborenen Immunsystem gehören mehrere erst vor Kurzem entdeckte Untergruppen von angeborenen lymphatischen Zellen, die auf der gleichen Stufe wie die schon lange bekannten NK-Zellen stehen. Die ILC-Zellen zeigen als Reaktion auf verschiedene Signale unterschiedliche spezialisierte Effektoraktivitäten und tragen dazu bei, die Immunantwort zu verstärken. Die Produktion von Interferonen als Reaktion auf eine Infektion mit Viren dient dazu, die Replikation der Viren zu hemmen und NK-Zellen zu aktivieren. Diese wiederum können gesunde von virusinfizierten, transformierten oder unter Stress stehenden Zellen unterscheiden, da die von diesen Zellen exprimierten MHC-Klasse-I-Proteine und die damit verwandten Moleküle Liganden der NK-Rezeptoren sind. Wie wir in diesem Buch noch besprechen werden, gehören Cytokine, Chemokine, phagocytotische Zellen und NK-Zellen zu den Effektormechanismen, die auch von den variablen Rezeptoren aktiviert werden, um spezifische Antigene von Krankheitserregern gezielt anzugreifen.

2.13 Kapitelzusammenfassung

Die angeborene Immunität kann eine Reihe von induzierten Effektormechanismen nutzen, um eine Infektion zu erkennen und zu beseitigen oder so lange einzudämmen, bis der Krankheitserreger vom adaptiven Immunsystem erkannt wird. Keimbahncodierte Rezeptoren auf vielen Zelltypen, die Moleküle von Mikroorganismen oder die Schädigung körpereigener Zellen erkennen können, regulieren all diese Effektormechanismen. Die ausgelösten Reaktionen des angeborenen Immunsystems beruhen auf mehreren unterschiedlichen Komponenten. Sobald die ersten Barrieren – die Körperepithelien und die löslichen antimikrobiellen Moleküle, die in Kap. 2 beschrieben wurden – überwunden sind, gehen die wichtigsten Abwehrmechanismen von Gewebemakrophagen und weiteren geweberesidenten Sensorzellen aus, beispielsweise von dendritischen Zellen. Makrophagen erfüllen eine zweifache Funktion: Durch ihre Phagocytose und antimikrobiellen Aktivitäten ermöglichen sie eine schnelle zelluläre Abwehr an den Rändern der Infektion und mithilfe ihrer verschiedenen angeborenen Sensoren aktivieren sie eine Entzündungsreaktion, bei der weitere Zellen zum Infektionsherd dirigiert werden. Angeborene Sensoren aktivieren Signalwege, die zur Produktion proinflammatorischer und antiviraler Cytokine führen. Diese wiederum stimulieren angeborene Effektorreaktionen und tragen auch dazu bei, eine adaptive Immunantwort in Gang zu setzen. Die Mechanismen der Pathogenerkennung, die in diesem Kapitel besprochen wurden, sind noch Gegenstand intensiver Forschung. Dabei lassen sich neue Erkenntnisse über autoinflammatorische Erkrankungen beim Menschen wie Lupus erythematodes, Morbus Crohn und Gicht gewinnen. Die Induktion hochwirksamer Effektormechanismen durch die angeborene Immunerkennung aufgrund von keimbahncodierten Rezeptoren birgt tatsächlich einige Gefahren. Es ist eine Art zweischneidiges Schwert, wie sich am Beispiel der Wirkungen des Cytokins TNF-α zeigt. Bei lokaler Freisetzung ist es hilfreich, bei systemischer Produktion jedoch katastrophal. Hier zeigt sich auch die evolutionäre Gratwanderung, die bei allen angeborenen Mechanismen der Immunantwort festzustellen ist. Die angeborene Immunität lässt sich als Abwehrsystem betrachten, das vor allem die Etablierung eines Infektionsherdes bekämpft. Reicht es zur Erfüllung dieser Aufgabe jedoch nicht aus, hat es zumindest – durch Rekrutierung und Aktivierung der dendritischen Zellen – den Beginn der adaptiven Immunantwort ausgelöst. Diese bildet dann beim Menschen einen wesentlichen Teil der Infektionsabwehr.

Nach der Einführung in die Immunologie mit Blick auf die angeborenen Immunfunktionen wollen wir uns als Nächstes den Funktionen der adaptiven Immunantwort zuwenden. Zu Beginn wollen wir die Struktur und Funktion der Antigenrezeptoren besprechen, die von den Lymphocyten exprimiert werden.