2.1 Benennung von Makromolekülen

Aus dem Griechischen kommen die Begriffe:

  • poly: viel, mehr

  • oligo: wenig

  • mer: Teil, Untereinheit

Polymer bedeutet also: viele Einzelteile oder viele Moleküleinheiten. Der alternative Begriff Makromoleküle (engl. „macromolecules“) wurde von H. Staudinger 1922 geprägt. Es sind „Riesenmoleküle“, also identisch mit dem Namen „Polymere “.

Monomer ist das Molekül, das durch Polymerisation kovalent zu Makromolekülen verknüpft wird.

Dimer, Trimer, Tetramer, Pentamer, Hexamer usw. beinhalten griechische Zahlwörter, welche die genaue Anzahl an verknüpften Monomeren definieren.

Oligomer bedeutet nach IUPAC , dass statistisch gerade so wenige Monomere kovalent miteinander verknüpft sind, dass bei Wegnahme einer Einheit die Eigenschaften nicht signifikant verändert werden. Üblicherweise betragen die Molmassen von Oligomeren um die 1000 g/mol.

Die genaue Benennung der einzelnen Polymere wird wie folgt vorgenommen:

  • Trivialbezeichnung ergibt sich durch: Poly(monomer), z. B. Poly(styrol) oder Poly(vinylchlorid), Poly(acrylnitril), also durch Kombination des eingebauten Monomers bzw. des Grundbausteins mit dem Präfix Poly-.

  • Nach der kleinsten konstitutionellen bzw. strukturellen Wiederholungseinheit („subunit“) gemäß IUPAC: Poly(1-phenylethen) oder Poly(chlorethen).

  • Beim Zeichnen der Polymere wird eine sogenannte Polymerklammer verwendet, die eine strukturelle Wiederholungseinheit beinhaltet. Die zur Polymerkette gehörigen Atome werden in die Tafelebene gezeichnet. Der Buchstabe „n“ steht für eine natürliche Zahl. Polyethylen (trivial), das aus Ethen hergestellt wird, darf nicht durch den Begriff Polymethylen ersetzt werden, da Letzteres nicht die verwendete Monomereinheit „Ethen“ beinhaltet und mathematisch betrachtet auch für ungeradzahlige Wiederholungseinheiten steht. Dies ist chemisch nur möglich, wenn der Kettenaufbau mit einem C1-Monomer, nämlich mittels Methylcarben , erfolgt.

  • Regel der Seniorität (wird von sämtlichen Polymerzeitschriften oft vernachlässigt):

    • Heterocyclischer Ring > acyclische Einheit mit Heteroatom > Carbocyclen > C–C-Ketten

    • Heteroatome haben höhere Seniorität als C-Atome: O > S > N > P > Si > Ge (nach zunehmender Wertigkeit, dann jeweils von oben nach unten im Periodensystem)

    • C-Atome werden durch deren Substitution abgestuft (z. B. C–Cl > C–H)

    • Höher ungesättigte vor weniger gesättigten Carbocyclen

Die Benennung soll in Tafel 2.1 beispielhaft anhand technisch wichtiger, als Kunststoffe eingesetzter Polymere veranschaulicht werden. Die verwendeten Abkürzungen findet man in: Pure Appl Chem 1987; 59(5): 691693.

Tafel 2.1
figure 1

Benennung einiger technisch wichtiger Kunststoffe

Erläuterungen zu Tafel 2.1

Zeile 1: Polyethylen wird als Werkstoff üblicherweise nur dann verwendet, wenn sehr hohe Molmassen (M > 100.000) vorliegen. Demnach ist es für alle Eigenschaften völlig belanglos, ob das „n“ an der Polymerklammer geradzahlig oder ungeradzahlig ist. Bei kurzkettigen, wachsartigen Oligomeren sind gemäß Definition (s. o.) die wichtigsten Eigenschaften noch von den Molmassen abhängig, sodass man auch von dem in Tafel 2.1 gezeigten Polymethylen von Polyethylen unterscheiden muss.

Zeile 2: Polymere mit konjugierten π-Elektronen besitzen eine hohe praktische Bedeutung wegen ihrer elektrischen Leitfähigkeit, die nach Oxidation bzw. Dotierung eintritt. Beispiele sind Polyacetylen , Polythiophen , Polypyrrol und Poly(phenylen-ethylen).

Zeile 3: Die Herstellung von stabilen Materialien aus Formaldehyd versuchte bereits H. Staudinger in den Anfangszeiten der wissenschaftlichen Polymerchemie. Erst durch Einbau stabilisierender Gruppen, wie z. B. Acetyloxyendgruppen oder Hydroxyethyloxyfunktionen gelang es, Hochleistungsmaterialien technisch zu gewinnen.

Zeile 4: PVC ist ein wirtschaftlich bedeutsames Polymer mit reinen C–C-Ketten (Isokettenaufbau ). Um die Polymerklammer IUPAC -konform zu setzen, beginnt man mit dem höher substituierten C-Atom.

Erläuterungen zu Tafel 2.2

Polyethylen (PE) zählt durch die einfache Zugänglichkeit aus Erdöl ganz klar zu den bedeutsamsten Polymermaterialien. Durch Erdölzersetzung entsteht Ethen als ungesättigter C2-Baustein und kann direkt der Polymerisation zugeführt werden. Es wurde beschrieben, dass in Brasilien Ethen aus Gärungsalkohol und Wassereliminierung gewonnen wird. Somit ist in diesem Fall PE indirekt ein Produkt der alkoholischen Gärung von Rohrzucker. Dieses Verfahren ist aber nicht wirtschaftlich: Der Anbau und die Ernte von Zuckerrohr, die Isolierung von Glucose, deren Vergärung mit Hefe, die Abtrennung von Ethanol vom überschüssigen Wasser sowie die abschließende Wassereliminierung zu Ethen umfassen viele energieintensive Schritte mit sehr schlechter „Raum-Zeit-Ausbeute“.

Tafel 2.2
figure 2

Namen und Strukturen technisch bedeutsamer Kunststoffe

Die Verwendung von Propen als Baustein für die Kunststoffsynthese ist, wie oben erwähnt, erst dadurch gelungen, dass geeignete Katalysatoren durch Ziegler und Natta gefunden wurden. Durch die höhere Kettensteifigkeit im Vergleich zu PE sind relativ temperaturstabile Materialien herstellbar.

Styrol, das aus Ethylbenzol durch Dehydrierung gewonnen wird, lässt sich thermisch ohne Initiator direkt in PS umwandeln. Dieses Verfahren wird später noch genauer beschrieben.

PVC zählt nach Jahren der Kritik inzwischen wieder zur Gruppe der wirtschaftlich bedeutsamsten Kunststoffe. Wie erwähnt, ist der relativ hohe Cl-Anteil wichtig für die Chlorbilanz der Grundchemie. Aber auch die Dipolmomente der C–Cl-Bindung liefern Voraussetzungen z. B. für gute Bedruckbarkeit, Haftung von Klebstoffen, Dimensionsstabilität bei Formteilen wie Fensterprofilen oder Röhren.

Vinylacetat wird aus Essigsäure und Ethen durch oxidative Kupplung technisch gewonnen. PVAc wird in Form von Dispersionen oft als Bindemittel für Anstriche und Leime (Kleber) verwendet. Auch gewinnt es Bedeutung als Grundmasse für Kaugummi .

Acrylnitril (PAN) ist durch Ammonoxidation aus Propen und Ammoniak technisch zugänglich. PAN ist relativ temperatursensibel und kann daher nicht thermoplastisch verarbeitet werden. Fasern aus PAN, im Volksmund „Acrylfasern “ genannt, werden durch Einspritzen einer DMF-Polymerlösung in Wasser hergestellt. Wasser ist für PAN ein Fällungsmittel, für DMF dagegen ein Lösemittel. So ist in den Textilabteilungen von Kaufhäusern am „Wühltisch“ gelegentlich ein gewisser DMF-Geruch wahrnehmbar.

PMMA hat große Bedeutung zur Herstellung transparenter Kunststoffe . Im Vergleich zu transparentem PS ist PMMA aufgrund der fehlenden Aromaten und der fehlenden benzylischen H-Atome relativ lichtstabil. PS wird dagegen wegen dieser benzylischen H-Atome in der Wiederholungseinheit leicht oxidativ angegriffen.

Vernetztes Polybutadien ist ein synthetischer, gummiartiger Werkstoff, der überwiegend in der Reifenindustrie Anwendung findet. So waren die „BUNA-Werke “ in Schkopau bei Halle-Merseburg, benannt durch das anionische Copolymerisationsverfahren von Butadien und Styrol („styrene butadien rubber“, SBR ) mittels Natrium als Initiator, von großer wirtschaftlicher Bedeutung.

Erläuterungen zu Tafel 2.3

Polycarbonat (PC) wurde, wie oben erwähnt, 1953 in Krefeld-Uerdingen zur Marktreife entwickelt. Nur die Kohlensäure konnte damals aus patentrechtlichen Gründen verwendet werden, um mit Bisphenol A neue Polyester herzustellen. PC trägt im Gegensatz zu PS keine benzylischen Wasserstoffatome und ist daher sehr stabil gegen Licht und Sauerstoff. Das Monomer Bisphenol A wird mittels saurer Ionenaustauscherkatalyse unter Wasserabspaltung aus Phenol und Aceton gewonnen und hochgradig gereinigt. Danach erfolgt die Polykondensation von Bisphenol A mittels Phosgen an der Phasengrenzfläche Wasser/Methylenchlorid. Alternativ wird heute wieder zunehmend das alte Umesterungsverfahren unter Verwendung von Bisphenol A und Diphenylcarbonat anstelle von Phosgen verwendet.

Tafel 2.3
figure 3

Namen und Strukturbausteine praktisch bedeutsamer Kunststoffe

Der Polyester PET hat den Getränkemarkt in der heutigen Form erst ermöglicht. Durch biaxiales mechanisches Verstrecken beim Aufblasen von heißen reagenzglasförmigen Rohlingen bilden sich parallel zur Oberfläche hochgeordnete Polymerstrukturen. Durch dieses Streckblasverfahren werden seit den 1990er-Jahren leichte PET-Flaschen hergestellt, aus denen kaum noch gasförmiges CO2 durch Diffusion entweicht. Weitere Anwendungen liegen im Textilbereich. Aus PET können nämlich sehr feste Fasern gewonnen werden.

Polyamide (PA) benötigen keine hohen Molmassen, um stabile Materialien zu ergeben. Die vielen H-Brücken zwischen den Polymerketten behindern deren Vorbeigleiten unter Krafteinwirkung. Die Mn-Werte liegen bei technischen Polyamiden üblicherweise nur im Bereich von ca. 10.000–20.000 g/mol.

Polyurethane werden ebenfalls noch ausführlich behandelt. Ihre Eigenschaften sind neben der steuerbaren Kettenflexibilität besonders durch die H-Brücken-bildende Urethanstruktur verursacht.

Man unterscheidet aromatische und aliphatische PA-Produkte.

Silikone („silicon rubber“, SIR) sind trotz der Dipole entlang der Kette sehr flexibel. Die abschirmenden Methylgruppen verhindern eine Kette-Kette-Wechselwirkung.

Polyoxymethylen (POM) neigt durch aufgrund der Dipole entlang der Kette zur Bildung stabiler Kristallanteile im Material, womit dessen extrem hohe mechanische Stabilität erklärt wäre.

Erläuterungen zu Tafel 2.4

Erdöl wird bei hohen Temperaturen und unter Sauerstoffausschluss zersetzt, wobei unter Spaltung der C–C-Bindungen Gemische kleiner ungesättigter Moleküle unterschiedlicher Molmassen entstehen. Je höher die Zersetzungstemperatur, desto kleiner sind im Mittel die entstehenden Moleküle. In hohen Destillationskolonnen lassen sich die Fraktionen dieser überwiegend ungesättigten Verbindungen nach der Zahl der C-Atome trennen. Zu den C2–C4-Fraktionen zählen die Vinylverbindungen Ethen, Propen und Butadien, die direkt polymerisierbar sind. Die C4-Fraktion besteht außerdem aus Buten und Isobuten. Letzteres wird kationisch zu Polyisobuten (PIB) umgesetzt und z. B. als Öladditiv zur Viskositätskontrolle verwendet.

Tafel 2.4
figure 4

Hinweise zu großtechnischen Synthesewegen von wichtigen Monomeren

Bei der katalytischen Erdölaufbereitung lässt sich die Bildung von thermodynamisch stabilem Benzol in der C6-Fraktion nicht vermeiden. Dies erklärt auch die Existenz von Benzolanteilen im Fahrbenzin. Benzol lässt sich technisch mit Ethen aus der C2-Fraktion mittels saurer Katalyse zu Ethylbenzol alkylieren und am Al2O3-Kontakt bei hohen Temperaturen unter H2-Abspaltung in das stabile Styrol , das konjugierte π-Bindungen enthält, umwandeln. Das ist das wichtigste Verfahren auf dem Weg zur Produktion von PS. Weiterhin wird Ethen großtechnisch zur Herstellung von Vinylchlorid und von Vinylacetat verwendet. Die Ammonoxidation spielt in der Technik eine wichtige Rolle. So entsteht aus Methan und NH3 Blausäure, die z. B. für die Synthese von MMA sowie für die Herstellung des Radikalinitiators Azobisisobutyronitril (AIBN) benötigt wird. Analog lässt sich aus Propen und Ammoniak oxidativ großtechnisch Acrylnitril (AN) gewinnen. AN kann partiell zu Acrylamid hydrolysiert werden.

Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist die partielle Oxidation von Propen zu Acrylsäure. Schwach vernetzte PAA ist das meistverwendete superabsorbierende Material für Hygieneartikel, z. B. Babywindeln.

2.2 Allgemeines zur Struktur und Zusammensetzung von Polymeren

Die Primärstruktur definiert den chemischen Aufbau der Kette bzw. die Abfolge und Struktur der Monomerkomponenten. In der Biochemie ist es die Sequenz der Kettenbausteine , z. B. die Art der in Proteinen eingebauten Aminosäuren.

Isokettenpolymere: Die Hauptkette des Polymers besteht nur aus C-Atomen; Beispiele: PE, PP, PS, PMMA, PVC, Kautschuk.

Heterokettenpolymere: Die Hauptkette des Polymers besteht aus verschiedenen Atomen. Beispiele: PET, POM, Cellulose .

  • –O– Polyester, Polyether, Polyacetale, Polysaccharide

  • –N– Polyamide, Polyurethane, Polyamine

  • –Si–O– Polysiloxane

  • –SO2– Polysulfone

  • –S– Polysulfide

Die Monomereinheit ist der kleinste Abschnitt der Polymerkette , der den verwendeten Monomeren entspricht.

Strukturisomerie (Tafel 2.5) dient ebenfalls der Beschreibung der Primärstruktur.

Tafel 2.5
figure 5

Isomere Kettenstrukturen zur Beschreibung der Makromoleküle

Erläuterungen zu Tafel 2.5

Idealerweise existiert eine Polymerkette in Form eines linearen Fadenmoleküls . Typische Vertreter dieser linear strukturierten Polymerklasse sind PE oder PP, die durch Polyinsertion hergestellt werden. Aber auch viele Polykondensate wie Polyester, Polyether oder Polyamide sind meistens streng lineare Kettenmoleküle. Bei freier radikalischer Polymerisation bilden sich jedoch durch Übertragungsreaktionen oft verzweigte („branched “) Polymere oder sogar verzweigte Verzweigungen. Verzweigte und hyperverzweigte Strukturen lassen sich, wie später gezeigt wird, gezielt synthetisieren und spielen wegen ihrer besonderen Fließeigenschaften eine gewisse praktische Rolle.

Erläuterungen zu Tafel 2.6

Sternförmige Polymermoleküle tragen zum theoretischen Verständnis des Verhaltens von Polymeren in Lösung bei. Es ist z. B. interessant, die Viskosität und den Durchmesser von sternförmigen Polymermolekülen mit denen von linearen Polymeren zu vergleichen, welche dieselbe Molmasse aufweisen. Eine gewisse praktische Bedeutung haben sie in der Klebstoffindustrie erlangt.

Tafel 2.6
figure 6

Beispiele aus der Vielfalt von bekannten Polymerstrukturen

Hauptketten-Polyrotaxane finden seit den grundlegenden Arbeiten in den frühen 1990er-Jahren in Osaka und Mainz starke Beachtung. So lassen sich solche komplexen Strukturen, z. B. aus Polyethylenoxid (A. Harada , M. Kamachi ) oder aus Polyaminen (G. Wenz ) und Cyclodextrinen , durch einfaches Mischen der Komponenten in Wasser generieren. Wegen der Einfachheit dieser Polyrotaxanherstellung haben sich unzählige Folgearbeiten ergeben. Eine erwähnenswerte praktische Bedeutung haben diese Strukturen allerdings bisher nicht erlangt.

Vernetzte Polymere besitzen dagegen, wie erwähnt, eine immense praktische Bedeutung. Schwach vernetzte Strukturen, z. B. ausgehend von Kautschuk und Schwefel , ermöglichten überhaupt erst die rasch wachsende Reifenindustrie . Weiterhin sind vernetzte Materialien wichtig z. B. für Beschichtungen, Superabsorber , synthetische Zahnfüllungen oder die Herstellung von Intraokularlinsen (IOL) zur Therapie des grauen Stars.

Erläuterungen zu Tafel 2.7

Die Eigenschaften von Homopolymeren , die nur aus einheitlich wiederkehrenden Monomereinheiten bestehen, sind limitiert. Erst durch den zusätzlichen Einbau „fremder“ Monomere zum Aufbau von Copolymeren lassen sich viele Eigenschaften wie Löslichkeit, Kettensteifigkeit, Kristallisationsfähigkeit oder Reaktivität gezielt beeinflussen.

Tafel 2.7
figure 7

Beispiele für mögliche Strukturen von Polymeren aus verschiedenen Monomeren

Ein Sonderfall ist das alternierende Copolymer (a), das z. B. radikalisch herstellbar ist.

Üblicherweise bilden sich durch freie radikalische Polymerisation statistisch aufgebaute Copolymere (b). Diese besitzen in der Praxis wegen der bequemen Zugänglichkeit die größte Bedeutung.

Die gezeigten Blockcopolymere (c) können durch anionische bzw. durch kontrollierte radikalische Polymerisation sowie durch gezielte Verknüpfung von reaktiven Endgruppen verschiedener Oligomere aufgebaut werden. Bestehen die Blöcke aus Hart-Weich-Hart-Segmenten, so sind diese oft elastisch und können im Gegensatz zu dreidimensional kovalent vernetztem Kautschuk thermoplastisch verformt werden. Sie werden, wie oben erwähnt, auch „thermoplastische Elastomere “ genannt.

Pfropfcopolymere (d) spielen eine praktische Rolle. So lassen sich z. B. Polyacrylate an reaktive Biopolymere wie Cellulose oder Chitin aufpfropfen.

Erläuterungen zu Tafel 2.8

Beim Aufbau von Polymeren aus Vinyleinheiten lassen sich grundsätzlich zwei Arten der Monomerverknüpfung beobachten. Sterische, elektronische und/oder dipolare Ursachen für den einseitigen Ablauf sind in Tafel 2.8 aufgeführt: Es wird die absolut bevorzugte Head-to-tail- oder die viel seltenere Tail-to-tail- bzw. Head-to-head-Verknüpfung beobachtet. Der Begriff stammt aus dem Tierreich. Ein praktisches Beispiel ist Polyvinylalkohol , der durch Hydrolyse aus PVAc hergestellt wird. Es konnte die Existenz von Kopf-Kopf-Strukturen durch Periodat verursachte Glycolspaltung nachgewiesen werden. Da diese Struktur sehr selten entlang der Kette vorkommt, sind spektroskopische Nachweise nicht sensibel genug. Erst die Bestimmung der Molmassen vor und nach Glycolspaltung ergibt hinreichende Belege für die Existenz der 1,2-Diole.

Tafel 2.8
figure 8

Anordnungsmöglichkeiten und Nachweis der Verknüpfungsart der Vinylmonomere in einer Polymerkette

Erläuterungen zu Tafel 2.9

Es hat in der Vergangenheit, d. h. in den 1960er-Jahren, zahlreiche Arbeiten, z. B. von T. Otsu et al. gegeben, die technisch wichtige Polymere wie PVC, PMMA den Kopf-Kopf-verknüpften Analoga gegenüberstellten. Eine Zusammenfassung liefern O. Vogl et al. (1999) in Prog Polym Sci; 24: 1481–1525. Zur Synthese lässt sich die Kopf-Kopf-Struktur durch Verwendung der entsprechenden 2,3-disubstituierten Butadiene anstelle der üblichen Vinyleinheit quasi erzwingen. Durch Chloraddition an Poly(1,4-butadien) entsteht sofort Kopf-Kopf-verknüpftes PVC.

Tafel 2.9
figure 9

Synthesemöglichkeiten für Kopf-Kopf-verknüpfte Polymere mit praktischer Bedeutung

Erläuterungen zu Tafel 2.10

In einem Gedankenexperiment wird gezeigt, dass z. B. monodeuteriertes Ethen aufgrund fehlender Steuerung nahezu statistisch Kopf-Kopf- bzw. Kopf-Schwanz-verknüpfte Polymere liefert. Ein praktikabler Synthesevorschlag basiert auf käuflichem D2O sowie NaBD4, das zur Reduktion von Ethanal verwendet werden kann. Das deuterierte Zwischenprodukt D-Ethanol sollte sich basisch oder sauer in das gewünschte deuterierte Ethen umwandeln lassen.

Tafel 2.10
figure 10

Ein umfassendes Gedankenexperiment zur Herstellung statistisch verteilter Verknüpfungen ohne Stereokontrolle , Dipoleffekte oder elektronische Einflüsse unter Nutzung der großen Ähnlichkeit von Wasserstoff und Deuterium sowie Nachweis der h-h Verknüpfung bei Polyvinylakohol, s. Tafel 2.9

Minitest

  1. 1.

    Welche übergeordnete Bedeutung hat PVC für die Großchemie?

  2. 2.

    Warum ist PS weniger lichtstabil als PC oder PMMA?

  3. 3.

    Weshalb benutzt man eine Polymerklammer zur Beschreibung eines Makromoleküls?

  4. 4.

    Wie lautet die Definition von Oligomer im Gegensatz zu der von Polymer?

  5. 5.

    Worin unterscheidet sich ein vernetztes Polymer von einem unvernetzten Polymer?

  6. 6.

    Warum ist bei PE im Gegensatz zu PA ein sehr hohes Molekulargewicht nötig, um geforderte Materialeigenschaften zu erzielen?

  7. 7.

    Welche praktische Bedeutung könnte ein ABA-Blockcopolymer haben?

  8. 8.

    Gibt es Polymere, die elektrische Leitfähigkeit aufweisen?

  9. 9.

    In welchen Eigenschaften könnte sich ein lineares Polymer von einem entsprechenden sternförmigen Polymer gleicher Molmasse unterscheiden?

  10. 10.

    Welche Heterokettenpolymere kann es in der Praxis geben?

  11. 11.

    Wie gelingt es, PET-Flaschen mit geringer CO2-Durchlässigkeit herzustellen?

  12. 12.

    Welche historische Bedeutung kommt PE zu?

  13. 13.

    Wie konnte H. Mark in Nazi-Deutschland sein Privatvermögen in die USA transferieren?

  14. 14.

    Welche zwei historischen Patentlücken führten zur Entwicklung wichtiger Kunststoffklassen?