1.1 Kurzdarstellung

Das Ziel des 2. Hamburger Klimaberichtes (HKB) ist es, das wissenschaftliche Wissen über den vergangenen, den derzeitigen und den zukünftig möglichen Klimawandel und seine Wirkung in der Metropolregion Hamburg und Norddeutschland zu dokumentieren und zusammenzufassen. 2011 erschien der erste „Klimabericht für die Metropolregion Hamburg“ (1. HKB), erstellt von einer Autorengruppe des KlimaCampus Hamburg und externen Partnern. Dieses Projekt wurde von Hans von Storch initiiert, vom Norddeutschen Küsten- und Klimabüro (HZG) organisiert und im Rahmen des Klima-Exzellenzclusters CliSAP (Integrated Climate System Analysis and Prediction) der Universität Hamburg und ihren außeruniversitären Partnern gefördert. Der Bericht sollte das Wissen über den regionalen Klimawandel in der Metropolregion Hamburg, mögliche Klimafolgen in der Region und mögliches Management, wie es in wissenschaftlichen Publikationen belegt ist, sichten und im Hinblick auf Konsens und Dissens bewerten. Vorbilder dieses Wissensberichtes waren auf globaler Ebene der IPCC-Bericht und auf regionaler Ebene der BACC-Report „BALTEX Assessment of Climate Change in the Baltic Sea Basin“, der als erster regionaler Wissensbericht 2008 veröffentlicht wurde.

Der 1. HKB spiegelt den Stand des Wissens im Sommer 2009 wider, da für den Bericht Material gesichtet wurde, das vor dem 1. August 2009 veröffentlicht worden war. Etwa 3 Jahre nach Erscheinen dieses Klimaberichtes wurde von den Partnern des KlimaCampus Hamburg im Herbst 2014 beschlossen, einen zweiten Bericht zu erarbeiten. Dieser 2. Hamburger Klimabericht – Wissen über Klima, Klimawandel und Auswirkungen in Hamburg und Norddeutschland – liegt nun vor. Das Material des ersten Berichtes wurde kritisch vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse analysiert. Neue Themen, die im ersten Bericht aufgrund fehlender Forschung keine Berücksichtigung fanden, wurden aufgegriffen. Das vorliegende Buch dokumentiert den Forschungsstand bis Oktober 2015.

Die im 1. HKB getroffenen Aussagen zum Klima und seinen bisherigen sowie künftig möglichen Entwicklungen in der Metropolregion Hamburg (MRH) werden durch neue Veröffentlichungen sowie zusätzliche Datensätze seit 2009 im Wesentlichen bestätigt. Im Vergleich zum ersten Bericht haben zusätzliche regionale Klimaprojektionen jedoch zu der Einschätzung geführt, dass größere Spannbreiten möglicher zukünftiger Änderungen bestimmter Klimaelemente erwartet werden, insbesondere was Niederschlag und Windverhältnisse angeht. Hinsichtlich der Aussagen im ersten Klimabericht zeigt sich vor allem für die künftige sommerliche Niederschlagsentwicklung ein Unterschied, da auf der Grundlage weiterer inzwischen ausgewerteter Klimaprojektionen bis Ende des Jahrhunderts auch eine deutliche Niederschlagszunahme in der MRH plausibel ist. Die Einschätzung des Wissensstandes zum Hamburger Stadtklima hat sich seit dem ersten Bericht weiterentwickelt, sodass diesem Themenfeld im vorliegenden Bericht ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

Das Wissen über die Veränderungen der ozeanographischen Eigenschaften in der Deutschen Bucht war schon Gegenstand des ersten Berichtes. Hinsichtlich erwarteter Sturmfluthöhen haben neue Szenarien keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem ersten Bericht ergeben. Neu sind Einschätzungen des Wissensstandes zu Veränderungen in der Lübecker Bucht. Dort hat sich der Meeresspiegel im letzten Jahrhundert um 13–15 cm erhöht, und die mittlere Wassertemperatur ist in den letzten Dekaden angestiegen, wobei die Erwärmung im Sommer, vor allem bedingt durch die heißen Sommer der letzten Jahre, stärker ausgeprägt ist als im Winter. Für die nächsten Jahrzehnte ist mit einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels und der Wassertemperatur sowie einem Absinken des Salzgehaltes aufgrund erhöhter Niederschläge in der nördlichen Ostsee und verminderter Salzwassereinbrüche zu rechnen.

Neue Erkenntnisse über klimabedingte Änderungen in aquatischen Ökosystemen bestätigen die Ergebnisse des ersten Berichtes, dass insbesondere Wassertemperatur und Hydrodynamik die Variabilität der Ökosysteme prägen, während zur Küste hin Interaktionen mit anthropogenen Faktoren zunehmen und vermutlich die zukünftige ökologische Entwicklung prägen werden. Für die Lübecker Bucht werden im zweiten Bericht neu mögliche Änderungen der Algenblüte im Frühjahr sowie höhere Phytoplanktonproduktivität und vermehrtes Auftreten von Blaualgen im Sommer diskutiert.

Der Wissensstand zur Reaktion von terrestrischen und semiterrestrischen Ökosystemen auf den Klimawandel ist weiterhin unvollständig, aber seit dem ersten Bericht wurden Fortschritte im Detail erzielt. Relativ differenzierte Aussagen zu den direkten Wirkungen des Klimawandels auf den Wasser- und Wärmehaushalt der Böden für die wichtigsten Böden der MRH sind möglich. In der MRH bilden Wälder eine Senke für atmosphärisches CO2, da der Holzzuwachs die Holznutzung übersteigt. Hingegen trägt die Landwirtschaft durch Emissionen – insbesondere Methan und Distickstoffoxid – aus der Tierhaltung und landwirtschaftlich genutzten Böden zur Erhöhung der Treibhausgaskonzentration der Atmosphäre bei.

Bei der Einschätzung der Veränderung der Fischerei wird von einer Verringerung der globalen Produktivität der Ozeane bei steigenden Temperaturen ausgegangen. Die Nordsee und ihre Fischbestände werden jedoch vermutlich von den geänderten Umständen eher profitieren, selbst wenn es bisher noch keine belastbaren quantitativen Vorhersagen der Auswirkungen des Klimawandels gibt.

In einem neuen Kapitel wird das Wissen über mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit in der Metropolregion Hamburg zusammengefasst. Dabei zeigt sich, dass eine steigende thermische Belastung z. B. in Form von Hitzewellen möglich ist, die vor allem Auswirkungen auf ältere Menschen und Kinder haben kann. Veränderungen der Vegetation können eine verlängerte Pollensaison bewirken und so die Beschwerdezeit von Allergikern verlängern. Die Bewertung des gegenwärtigen Wissenstandes macht allerdings auch deutlich, dass bislang kaum quantitative Ergebnisse zu den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels vorliegen. Die Ursachen dafür liegen vor allem in der Komplexität multikausaler dynamischer Zusammenhänge. Nur in Einzelfällen lassen sich Zusammenhänge zwischen klimatischen Veränderungen und Gesundheit belegen, etwa in Bezug auf vulnerable Bevölkerungsgruppen, zu denen in erster Linie ältere Menschen und Kinder zählen.

Ein neues Kapitel im zweiten Bericht ist der Energie- und Wasserversorgung gewidmet. In der wissenschaftlichen Literatur werden die meisten Bereiche der Wertschöpfungskette des Energiesektors als negativ betroffen beschrieben, wobei Anpassungsmaßnahmen oftmals grundsätzlich verfügbar und umsetzbar sind. Wissenschaftliche Untersuchungen mit spezifischem regionalem Fokus auf die MRH liegen derzeit kaum vor. Der Wassersektor in Hamburg wäre vor allem im Bereich der Abwasserentsorgung durch eine Zunahme von Starkregenereignissen und im Bereich der Wassernachfrage durch einen Anstieg von Hitzeperioden betroffen. Eine Bewertung der Wasserversorgungsinfrastruktur auf ihre Hochwassersicherheit in den entsprechend gefährdeten Gebieten sowie auf die steigenden Anforderungen aufgrund stärkerer Schwankungen in der Wassernachfrage fehlt bisher.

Die wissenschaftliche Forschung zu den Folgen des Klimawandels für Migration steckt ebenso wie die zu den Auswirkungen von Migration auf Anpassungsmaßnahmen noch in den Anfängen. Das gilt besonders auch für die lokale Ebene. Mikrostudien für einzelne Städte existieren bislang nicht. Obwohl in der öffentlichen Diskussion die Frage von „Klimaflüchtlingen“ besonders prominent geführt wird, ist eine Isolierung des Fluchtgrundes „Klimawandel“ nicht zielführend, weil Migration häufig multikausal verursacht ist. Ein gewisser Konsens scheint dahingehend zu bestehen, dass eine Zunahme umweltbedingter Migration im 21. Jahrhundert erwartet wird und dass damit auch die Stadtregion Hamburg als Wanderungsziel bedeutungsvoll bleibt.

In einem neuen Kapitel wird der Wissensstand bezüglich Klimawandel und Hafen Hamburg, Schifffahrt und Verkehr analysiert. Für die Stadt Hamburg sind die Studien in diesem Bereich überschaubar. Festzustellen ist aber, dass viele der möglichen zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels für den Hafen Hamburg als bekannt anzusehen sind. Allerdings sind Aussagen zum Bedrohungspotenzial im Hinblick auf die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie Gefährdungslage des Hafens Hamburg nur schwer zu treffen. Die Berichterstattung über den Klimawandel stimmt in vielen Ländern mit dem wissenschaftlichen Befund überein, dass es eine außergewöhnliche globale Erwärmung gibt, die menschlich durch Emission von Treibhausgasen verursacht wird und mit gravierenden Problemen und Risiken verbunden ist. Im Fallbeispiel Hamburg wird Klimawandel zu einem Topos, um den herum aktuelles Geschehen (Sturmfluten heute, Stadtentwicklung in der HafenCity, regionale Landwirtschaft) und vergangenes Geschehen (Sturmflutkatastrophe von 1962) enge Verflechtungen eingehen.

Studien zum Thema Wahrnehmung des Klimawandels in der MRH zeigen, dass das Problem des Klimawandels im Alltag der Bürgerinnen und Bürger durchaus präsent ist. Für Hamburg zeigten Befragungen, dass für die Befragten der Klimawandel ein „ernsthaftes Problem“ darstellt, auch wenn es nicht zu den wichtigsten Problemen gehört. Umfragen über längere Zeiträume belegen, dass sich die Besorgnis über die Risiken durch den Klimawandel bislang auf einem gleichbleibenden, wenn auch schwankenden Niveau hält. Der Klimawandel wird vor allem mit subjektiv wahrgenommenen Wetteränderungen assoziiert und erst in zweiter Linie mit dem Anstieg des Meeresspiegels oder mit Überschwemmungen gleichgesetzt. Sturmfluten spielen hierbei eine besondere Rolle.

Die Diskussion zum Thema lokale Klima-Governance verdeutlicht, dass der Klimaschutz besondere Herausforderungen an regionales und kommunales Handeln stellt. Insbesondere die erforderliche Langfristigkeit ist eine Rahmenbedingung, die in Politik, Verwaltung und Wirtschaft Entscheidungsprozesse zugunsten des Klimaschutzes erschwert.

Das Thema technischer Klimaschutz wurde erstmalig in den HKB aufgenommen. Dabei wurde der Wissensstand insbesondere in den Bereichen Energieversorgung und Mobilität analysiert.

Als letztes, gegenüber dem ersten Bericht ebenfalls neues Thema wurde der Bereich Klimawandel, Nachhaltigkeit und Transformationsgestaltung untersucht. Durch die von 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommene Transformationsagenda 2030 und die darin enthaltenen 17 universellen Nachhaltigkeitsziele einerseits und die Ergebnisse des Klimaschutzgipfels von Paris andererseits sind die Anforderungen an die internationale Gemeinschaft, die Nationalstaaten, Wirtschaft, Zivil- und Bürgergesellschaft, Klimawandel und nachhaltige Entwicklung ernsthafter in Angriff zu nehmen, erhöht worden. Untersuchungen zeigen, dass für den Stadtstaat Hamburg die lokale Umsetzung der globalen Nachhaltigkeits- und Klimaziele eine noch zu meisternde Herausforderung darstellt.

1.2 Methode der Erstellung des Berichtes

1.2.1 Wissen, Konsens, Szenarien

Der Bericht beschreibt das Wissen über das Klima, den Klimawandel und die Klimawirkung im Großraum Hamburg, genauer: solches Wissen, das in wissenschaftlich legitimer Weise veröffentlicht worden ist und in Bibliotheken oder – im Ausnahmefall – im Internet eingesehen werden kann. Bevorzugt werden Publikationen, die begutachtet wurden, wie es bei „weißen“ Publikationen im Wissenschaftsbetrieb üblich ist. Urheber dieser „Beschreibungen“ von Wissen sind Wissenschaftler in einschlägig bekannten Forschungseinrichtungen, in Universitäten und in Behörden, also Einrichtungen, die einer Unparteilichkeit verpflichtet und auf die wissenschaftliche Methodik festgelegt sind. Nicht berücksichtigt werden Schriften und Darstellungen, die politischen, ideologischen oder wirtschaftlichen Interessen verpflichtet sind.

Eine Einflussnahme politischer und wirtschaftlicher Interessen auf den Fragenkatalog ist möglich; diese Interessen sind aber vom Prozess der Beantwortung der Fragen ausgeschlossen. Eine politische und wirtschaftliche Bewertung der Ergebnisse erfolgt durch den Bericht nicht.

Dieser Bericht bietet nicht „bestes“ Wissen – schon deshalb, weil es dies entweder nicht gibt oder zumindest keine zuverlässige Methode bekannt ist, dies zu bestimmen. In der Praxis läuft „bestes Wissen“ darauf hinaus, den bekanntesten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zu glauben. Der Bericht beschreibt stattdessen „konsensuales“ Wissen. Nicht, dass ein Konsens per se ein Qualitätsmerkmal ist, aber es ist immerhin ein Hinweis, dass die Wissensansprüche in sich und mit der allgemeinen Denkschule konsistent sind. „Konsens“ in diesem Report beschreibt aber auch immer wieder: Konsens über die Tatsache der Uneinigkeit, Konsens über den Dissens.

Ferner sei darauf hingewiesen, dass, wie beim 1. HKB, für die Beschreibung der Zukunft des Klimas der MRH nur Szenarien und keine Klimavorhersagen vorliegen. Vorhersagen oder Prognosen stellen einen Ausblick in die Zukunft dar, der wahrscheinlicher ist als alle anderen Ausblicke. Szenarien hingegen, oder synonym: Projektionen, beschreiben Entwicklungen des Klimas, die möglich, plausibel und naturwissenschaftlich konsistent, aber nur wahrscheinlich sind, sofern gewisse mögliche Annahmen erfüllt sind. Wenn alle Szenarien – oder Projektionen – in die gleiche Richtung weisen, dann stellen diese „Richtungen“ erwartete Entwicklungen dar, deren Intensitäten nicht klar sind, deren Vorzeichen aber als Vorhersage angesehen werden dürfen. Dies betrifft z. B. steigende Temperaturen und den Meeresspiegel.

1.2.2 Prozess

Der Hamburger Klimabericht ist ein Projekt des KlimaCampus Hamburg, das maßgeblich durch den Exzellenzcluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ CliSAP finanziert wird. Die Organisation liegt beim Norddeutschen Küsten- und Klimabüro des IfK/HZG. Herausgegeben wird das Buch von Hans von Storch, Insa Meinke und Martin Claußen. Medial wird das Buch-Projekt von der CliSAP-Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Entsprechend der Vergrößerung der MRH bezieht sich der Bericht auf die Metropolregion Hamburg mit den dazugehörigen Küstenregionen an Nord- und Ostseeseeküste (Stand 2016, Abb. 1.1).

Abb. 1.1
figure 1

Karte der Metropolregion Hamburg mit den dazugehörigen Landkreisen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. (Metropolregion Hamburg, Lizenz CC BY 3.0 DE)

Im Herbst 2014 wurden Partner des KlimaCampus Hamburg eingeladen, den Lenkungsausschuss zu bilden. Dieser trifft strategische Entscheidungen bezüglich des Projektes und sorgt für die Wissenschaftlichkeit des Prozesses. Das Kick-off-Meeting des Lenkungsausschusses fand im Dezember 2014 statt. Dabei wurde über Ziel, Titel, methodische Grundsätze, mögliche Leitautoren, Kapitelstruktur und Zeitplan entschieden.

Dem Lenkungsausschuss gehören an: Timo Busch (Uni HH), Martin Claussen (UniHH/MPI-M), Lydia Gates (DWD), Birgit Gruner (BWFG), Hartmut Heinrich (BSH), Daniela Jacob (GERICS/HZG), Bernd Leitl (UniHH), Sven Schulze (HWWI), Hans von Storch (HZG) und Norbert Winkel (BAW).

Der HKB soll das in wissenschaftlich legitimer Weise veröffentlichte Wissen beschreiben. Daher wurden bei der Sichtung des wissenschaftlichen Materials Publikationen berücksichtigt, die von einschlägig bekannten Forschungseinrichtungen erstellt wurden. Dazu zählen Universitäten und Behörden, also Einrichtungen, die einer Unparteilichkeit verpflichtet und auf die wissenschaftlichen Methoden festgelegt sind. Nicht berücksichtigt werden Schriften und Darstellungen von Urhebern, die politischen, ideologischen oder wirtschaftlichen Interessen verpflichtet sind. Bevorzugt wurden Publikationen, die einem den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis folgenden Begutachtungsprozess begutachtet worden sind.

Um eine gewisse Unabhängigkeit und kritische Reflexion des ersten Berichtes zu ermöglichen, wurden durch den Lenkungsausschuss als Leitautoren des zweiten Berichtes nur solche Kolleginnen und Kollegen eingeladen, die am ersten Bericht nicht mitgearbeitet hatten. Die Leitautoren trugen jeweils Verantwortung für ein ganzes Kapitel. Manche Leitautoren haben weitere Fachkollegen eingeladen, als Koautoren zum Kapitel beizutragen. Nach der Fertigstellung der ersten Entwürfe der einzelnen Kapitel wurden diese einer anonymen, unabhängigen fachlichen Begutachtung unterzogen; die Leitautorinnen und -autoren haben anschließend gemeinsam mit den beitragenden Autoren ihre Manuskripte entsprechend überarbeitet. Der gesamte Prozess wurde vom Norddeutschen Küsten- und Klimabüro koordiniert und von den Mitgliedern des Lenkungsausschusses überwacht.

Berücksichtigt wurden bis zum 01.10.2015 veröffentlichte wissenschaftliche Publikationen. Der vorliegende Bericht spiegelt somit den Stand des Wissens von Oktober 2015 wider.

1.3 Zusammenfassung

Im Folgenden fassen wir die wesentlichen Ergebnisse der insgesamt 15 Kapitel zusammen.

1.3.1 Klima der Region – Zustand, bisherige Entwicklung und mögliche Änderungen bis 2100 (Kap. 2)

Größtenteils werden die im 1. HKB getroffenen Aussagen zum Klima und seinen bisherigen sowie künftig möglichen Entwicklungen in der Metropolregion durch neue Veröffentlichungen sowie zusätzliche Datensätze seit 2009 bestätigt. Es besteht insbesondere Konsens hinsichtlich einer bereits stattfindenden Erwärmung, die sich im Laufe des 21. Jahrhunderts in der MRH weiter fortsetzen wird. Im optimistischen RCP2.6-Szenario, dass eine weltweit erfolgreiche Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen voraussetzt, kann zum Ende des Jahrhunderts eine Stabilisierung der Temperaturänderung im Jahresmittel auf etwa 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau erreicht werden. In anderen Szenarien mit höheren Freisetzungen von Treibhausgasen gelingt dies nicht. Vielmehr ist dann mit einer beschleunigten Erwärmung zu rechnen, die bis Ende des Jahrhunderts in der MRH bis +5 °C erreichen kann.

Im Vergleich zum 1. HKB haben zusätzliche regionale Klimaprojektionen zu der Einschätzung geführt, dass größere Spannbreiten möglicher zukünftiger Änderungen bestimmter Klimaelemente abgebildet werden, insbesondere was Niederschlag und Windverhältnisse angeht. Die simulierten zeitlichen Entwicklungen des Niederschlags zeigen eine hohe dekadische Variabilität. Für den Winter projizieren fast alle Simulationen eine Niederschlagszunahme ab der Mitte des Jahrhunderts. Hinsichtlich der Aussagen im 1. HKB zeigt sich vor allem für die künftige sommerliche Niederschlagsentwicklung ein Unterschied, da auf der Grundlage weiterer inzwischen ausgewerteter Klimaprojektionen bis Ende des Jahrhunderts auch eine deutliche Niederschlagszunahme in der MRH plausibel ist.

1.3.2 Stadtklima in Hamburg (Kap. 3)

Die Einschätzung des Wissensstandes zum Stadtklima für Hamburg hat sich kontinuierlich seit dem 1. Bericht weiterentwickelt, sodass dieses Themenfeld im vorliegenden Bericht in einem eigenständigen Kapitel dokumentiert wird.

Städtische Gebiete sind durch Veränderungen der Oberflächen zusätzlich zu den regionalen Klimaänderungen von einem im Vergleich zum freien Umland modifizierten Klima betroffen, aber auch von hohen lokalen Gas- und Partikelemissionen. Generell herrschen in städtischen Gebieten bodennah höhere Lufttemperaturen als im Umland, besonders bei Nacht. Die Temperaturdifferenzen zum Umland können sich im Bereich von wenigen Grad im Monatsmittel bewegen und reichen bis ca. 7 K in bestimmten Wetterlagen.

Die größten Unsicherheiten betreffen die Niederschläge: Neben dem regionalen Klimasignal (Kap. 2) wirken noch andere Faktoren auf den Niederschlag. Die Hügel Hamburgs, ggf. auch im Zusammenspiel mit hohen Gebäuden, scheinen Aufstiegs- und Absinkprozesse zu induzieren, die in Konkurrenz zum eigentlichen Stadteffekt stehen. Schließlich hängen Niederschläge auch von der Verdunstung ab, die innerhalb von Städten in verschiedenen Höhen stattfindet und von der geringeren Wasserverfügbarkeit in Siedlungsflächen abhängt.

Im Zuge der anhaltenden Modernisierung der Stadt gibt es eine Chance, diese kontinuierlich an den kommenden Klimawandel anzupassen und gleichzeitig Emissionen zu reduzieren.

1.3.3 Deutsche Bucht mit Tideelbe und Lübecker Bucht (Kap. 4)

Das Wissen über die Veränderungen der ozeanographischen Eigenschaften in der Deutschen Bucht war schon Gegenstand des 1. HKB. Seit 1995 haben sich die Oberflächentemperaturen auf einem hohen Niveau stabilisiert, mit einem Maximum von 11,9 °C in 2014. Die Änderung des Oberflächensalzgehaltes ist nicht signifikant. Der Trend des mittleren Meeresspiegels variiert zwischen 1,4 und 2,8 mm/Jahr. Eine systematische Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs lässt sich derzeit nicht ableiten. Für die Gezeitenamplitude zeigen die Pegelzeitreihen geringe Änderungen vor 1955 und Änderungen von mehr als 0,4 mm/Jahr für den Zeitraum danach. Diese Änderungen des Gezeitenregimes können teilweise mit wasserbaulichen Maßnahmen erklärt werden.

Für das Ende des 21. Jahrhunderts liegt die Bandbreite der projizierten Erhöhungen der Oberflächentemperatur zwischen 1 und 3 K. Szenarien zur Veränderung des Salzgehaltes und zum Gezeitenregime liefern keine eindeutigen Trends. In Bezug auf Sturmfluthöhen haben neue Szenarien keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem 1. HKB ergeben.

Bedingt durch die zahlreichen wasserbaulichen Maßnahmen sind gegenwärtige klimatische Veränderungen im Bereich der Tideelbe kaum erkennbar. Ebenso sind Aussagen zur zukünftigen Entwicklung im 21. Jahrhundert aufgrund der Unkenntnis bzgl. künftiger wasserbaulicher Maßnahmen und deren Zusammenspiel mit einem möglicherweise beschleunigten Meeresspiegelanstieg unsicher.

Dieses Kapitel erweitert die Einschätzung des 1. HKB um das Wissen zu Veränderungen in der Lübecker Bucht. Seit den 1980er-Jahren erhöht sich die mittlere Wassertemperatur mit 0,6 K/Dekade. Diese Erwärmung ist im Sommer stärker als im Winter ausgeprägt und wird vor allem durch die heißen Sommer der letzten Jahre bedingt.

Für die nächsten Jahrzehnte ist mit einem weiteren Anstieg der Wassertemperatur zu rechnen. Erhöhte Niederschläge im Einzugsbereich der Ostsee und eine verminderte Salzwasserzufuhr aus der Nordsee deuten für die Zukunft auf eine Verminderung des Salzgehaltes zwischen 1,5 und 2,0 psu hin.

Insgesamt ist der Meeresspiegel (Mittelwasserstand) in der südwestlichen Ostsee im letzten Jahrhundert um etwa 13–15 cm angestiegen. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahrzehnten möglicherweise verstärkt fortsetzen. In den sich verändernden Sturmflutwasserständen macht sich vor allem dieser Trend des mittleren Meeresspiegels bemerkbar.

1.3.4 Aquatische Ökosysteme: Nordsee, Wattenmeer, Elbeästuar und Ostsee (Kap. 5)

Bei diesem Kapitel handelt es sich weitgehend um eine Aktualisierung des entsprechenden Kapitels aus dem 1. HKB. Die hier dargestellten neuen Erkenntnisse über klimabedingte Änderungen in aquatischen Ökosystemen bestätigen die Ergebnisse des 1. HKB, dass insbesondere die Wassertemperatur und Hydrodynamik die Variabilität der Ökosysteme prägen, während zur Küste hin Interaktionen mit anthropogenen Faktoren zunehmen und vermutlich die zukünftige ökologische Entwicklung prägen werden.

Steigende Wassertemperaturen, zunehmende atlantische Einflüsse und Fischerei haben eine deutliche Auswirkung auf das Ökosystem der Nordsee. Das Plankton entwickelt sich durch bessere Lichtbedingungen und höhere Temperaturen früher im Jahr. Makrobenthos und Fischfauna reagieren auf höhere Temperaturen mit einer Zunahme südlicher wärmeliebender und einer Abnahme kälteliebender Arten. Höhere Temperaturen haben die Reproduktionszeiten des Makrobenthos verlängert, nicht aber die Ernährungstypen des Makrobenthos durch verändertes Nahrungsangebot geändert. Wie sich die Wechselwirkung von Klimawandel und Fischerei auf die Fischfauna auswirken wird, ist unklar.

Temperatur und Nährstofffrachten prägten die Langzeitdynamik des Wattenmeeres während der letzten Dekaden. In einem wärmeren Wattenmeer können schnellere Stoffumsätze insbesondere des Phosphats zu einer erhöhten Produktivität führen. Weiter sinkende Nährstofffrachten der Flüsse werden dem entgegenwirken. Langfristig werden sich heimische kälteliebende Arten in höhere Breiten zurückziehen, weitere Organismen aus südlicheren Gebieten ihr Verbreitungsareal nach Norden ausdehnen, und eingeschleppte Arten von wärmeren Küsten werden sich weiterhin etablieren. Offen ist nach wie vor die Frage, ob das Wattenmeer genügend Sediment aus der Nordsee importieren kann, um mit dem Anstieg des Meeresspiegels Schritt zu halten.

Im stark von menschlichen Eingriffen geprägten Elbeästuar sind klimabedingte Änderungen schwer zu erkennen. Klar ist aber, dass ein Temperaturanstieg die jetzige Sauerstoffproblematik im Hamburger Hafenbereich verstärken wird. Weiterhin fehlen Wissen und Daten für eine fundierte Aussage über eine klimabedingte Änderung des Planktonsystems und des Makrozoobenthos im Elbeästuar. Eine Zunahme der Sauerstoffmangelsituationen wird die Fischwanderungen beeinträchtigen, und Änderungen des Salinitätsgradienten können zur Verringerung von Laich- und Aufwuchsarealen bestimmter Arten führen.

Neu im 2. HKB ist die Einbeziehung der Ostsee/Lübecker Bucht. Eine Folge der erwarteten Klimaänderungen (vgl. Kap. 4) wären frühere Algenblüten im Frühjahr sowie eine höhere Phytoplanktonproduktivität und – vorausgesetzt, dass andere Faktoren unverändert bleiben – mehr Blaualgen im Sommer. Sollte es zu Sauerstofflosigkeit kommen, wird sich die Zusammensetzung des Makrobenthos hin zu kurzlebenden Formen verschieben.

1.3.5 Terrestrische und semiterrestrische Ökosysteme (Kap. 6)

Das Wissenskorpus zur Reaktion von Ökosystemen auf den Klimawandel ist weiterhin unvollständig, aber seit dem 1. HKB wurden Fortschritte im Detail erzielt.

Relativ differenzierte Aussagen sind heute zu den direkten Wirkungen des Klimawandels auf den Wasser- und Wärmehaushalt der wichtigsten Böden der MRH möglich. Die hohe Diversität der Böden in der Metropolregion und ihre sehr unterschiedlich ausgeprägten Eigenschaften und Funktionen führen allerdings dazu, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die Böden sogar innerhalb eines Naturraumes unterschiedlich und teilweise sogar gegenläufig sein können.

Bei den indirekt wirkenden Effekten gibt es weiterhin eine Vielzahl offener Fragen, so dass es einen beträchtlichen Diskussions- und Forschungsbedarf in dieser Hinsicht gibt. Ein genereller Schutz des Bodens vor den Wirkungen des Klimawandels kann nicht geleistet werden, wohl aber in Bezug auf einzelne Aspekte wie die Wiederherstellung der Kohlenstoffspeicherfunktion.

Um dem Mitigations- und Anpassungspotenzial der Böden gegenüber dem Klimawandel gerecht zu werden, ist eine sehr differenzierte Betrachtung erforderlich. Modelle zu entsprechenden Simulationen sind in den letzten Jahren weiterentwickelt worden, sind aber noch mit großen Unsicherheiten behaftet.

Aufgrund artspezifischer Reaktionen auf klimatische Veränderungen wird es zu einem Wandel der Konkurrenzverhältnisse und zur Entwicklung neuartiger Lebensgemeinschaften mit veränderten Artabundanzen und -dominanzen und veränderter ökologischer Funktionalität kommen, was eine potenzielle Beeinträchtigung ökologischer Serviceleistungen bedeutet.

Bisher liegen wenige Untersuchungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf terrestrische und semiterrestrische Ökosysteme in der MRH vor. Das Artenspektrum der Wälder wird sich ändern, wobei die Rotbuche auf tiefgründigen Böden mittlerer bis guter Wasserspeicherkapazität die potenziell vorherrschende Baumart bleiben dürfte. Die Wachstumsbedingungen für die Buche könnten sich bei geringeren Sommerniederschlägen und erhöhten Temperaturen indes so weit verschlechtern, dass Anbauflächen zukünftig von der Kiefer und den Eichenarten eingenommen werden. Für die verbliebenen Moorlebensräume im Hamburger Stadtgebiet wird das klimatische Risiko weiter ansteigen; häufige und lang andauernde Trockenperioden würden die Sukzession in Richtung trockenere Vegetationstypen (vor allem Moorwälder) vorantreiben. Bezüglich der Artenvielfalt der Marschenvegetation wird ein Rückgang infolge der Temperaturerhöhung erwartet, da konkurrenzschwache kleinwüchsige und annuelle Arten verdrängt werden. Artenverschiebungen in den ausgedehnten Sandheiden der Metropolregion sind insbesondere bei zunehmender sommerlicher Trockenheit und über erhöhte Nährstoffverfügbarkeit zu erwarten. Die Keimlinge der Besenheide reagieren empfindlich auf Trockenheit. Vermehrt zu erwartende Trockenperioden im Sommer dürften die Keimlingsetablierung gefährden. Im artenreichen Feuchtgrünland werden neben erhöhten Temperaturen vor allem Veränderungen des Wasserhaushaltes deutliche Verschiebungen im Arteninventar hervorrufen. Modellierungen des zukünftigen Grundwasserstandes im Feuchtgrünland lassen für die MRH, z. B. für die Brenndolden-Wiesen in den niedersächsischen Elbtalauen, vermehrt kritische Phasen der Wasserversorgung erwarten. Im Bereich urbaner Ökosysteme werden Invasionsprozesse bei erhöhten Temperaturen begünstigt. Die Habitatbedingungen für viele einheimische Arten werden sich verschlechtern, während angepasste neophytische Arten sich weiter ausbreiten dürften.

1.3.6 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei (Kap. 7)

In der MRH stellen Wälder keine Ursache des Klimawandels dar. Sie bilden eine Senke für atmosphärisches CO2, da der Holzzuwachs die Holznutzung übersteigt. Hingegen trägt die Landwirtschaft durch Emissionen – insbesondere von Methan und Distickstoffoxid – aus der Tierhaltung und landwirtschaftlich genutzten Böden zur Erhöhung der Treibhausgaskonzentration der Atmosphäre bei.

Für Norddeutschland können Hitze- und Trockenstress die Vitalität, das Wachstum und die Kohlenstoffsequestrierung von Wäldern negativ beeinflussen sowie das Risiko für Borkenkäferkalamitäten und Waldbrände steigern. Für die Landwirtschaft in der MRH können sich sowohl Chancen als auch Risiken durch den zu erwartenden Klimawandel ergeben. Mildere Winter und wärmere und möglicherweise trockenere Sommer könnten das Auftreten von Krankheiten, Pflanzenschädlingen und Unkräutern begünstigen und zu Ertragseinbußen oder gar dem Ausfall ganzer Kulturen führen.

Der zukünftige Klimawandel könnte unterschiedliche Anpassungsmaßnahmen erforderlich machen. Eine zukünftige Erhöhung der Temperatur würde zur Notwendigkeit von langfristigen adaptiven Maßnahmen in der Forstwirtschaft (z. B. Baumartenwahl) führen, während in der Landwirtschaft einer zunehmenden Klimavariabilität wie Hitzewellen oder Dürreperioden mit kurzfristigen Anpassungsmaßnahmen (z. B. Bewässerung) zu begegnen wäre.

Bei der Einschätzung der Veränderung der Fischerei wird von einer Verringerung der globalen Produktivität der Ozeane bei steigenden Temperaturen ausgegangen. Die Nordsee und ihre Fischbestände werden von den geänderten Umständen aber eher profitieren, selbst wenn es bisher keine belastbaren quantitativen Vorhersagen zu den Auswirkungen des Klimawandels gibt. Grundlegende Trends zeichnen sich allerdings schon heute ab.

Auch wenn das Wasser der Nordsee in der Zukunft deutlich wärmer sein und deswegen weniger Sauerstoff aufnehmen wird, sind keine gravierenden physiologischen Auswirkungen oder ein Rückgang der Produktion durch Sauerstoffmangel zu erwarten. Die Wachstumsraten der Fische werden bei ausreichender Nahrungsverfügbarkeit steigen. Das heißt, bezogen auf das Sauerstoffproblem werden die Fischbestände der Nordsee eher zu den Profiteuren der wärmeren Wassertemperaturen gehören, wobei diese Betrachtung mögliche Zunahmen von Extremereignissen nicht einschließt.

Die Erwärmung der Nordsee hat zu einer Zunahme von Nordseegarnele, Scholle oder Makrele, aber auch von fischereilich interessanten, z. T. hochpreisigen Arten wie Wolfsbarsch und Roter Meerbarbe oder auch Sardellen geführt. Verschiedene Cephalopodenarten dehnen sich ebenfalls massiv in die Nordsee aus und dominieren z. B. im Nordosten Schottlands schon über traditionelle Zielarten der Fischerei. Trotz eines langfristigen Rückgangs kaltadaptierter Arten (z. B. Kabeljau) wird die deutsche Fischerei in der Nordsee von den neuen Arten und der positiven Entwicklung anpassungsfähiger heutiger Zielarten profitieren. Fischerei und Management werden sich jedoch an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen, um in der sich stark ändernden Umgebung konkurrenzfähig zu bleiben.

Weil sich der Klimawandel auf die Verteilung und Produktivität der Bestände in der Nordsee auch über die Grenzen der nationalen Hoheitsgewässer der EU-Staaten hinaus auswirken wird und damit auf die politische Dimension der Fangmöglichkeiten, wird die Ökonomie der Fischereiwirtschaft in Europa und Deutschland ebenfalls betroffen sein. Bioökonomische Modellstudien prognostizieren allerdings, dass die ökonomischen Konsequenzen eher davon abhängen, wie sich die Gesellschaft und die Märkte auf die Situation einstellen, als von den Klimawandelauswirkungen selbst.

1.3.7 Gesundheit (Kap. 8)

In diesem neuen Kapitel wird das Wissen über mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit in der MRH zusammengefasst. Dabei zeigt sich, dass eine steigende thermische Belastung z. B. in Form von Hitzewellen möglich ist, die vor allem Auswirkungen auf ältere Menschen und Kinder haben kann. Phänologische Veränderungen der Vegetation können die Pollensaison und damit die Beschwerdezeit von Allergikern verlängern. Möglicherweise begünstigt der Klimawandel auch die Verbreitung von Erregern bzw. Überträgern von Infektionskrankheiten.

In allen Unterkapiteln wird aber auch deutlich, dass bislang kaum quantitative Ergebnisse zu den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels vorliegen. Die Ursachen dafür liegen vor allem in der Komplexität multikausaler, dynamischer Zusammenhänge. Konkrete Aussagen oder Prognosen zu den Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf die Gesundheit sind daher sehr schwierig zu treffen und mit großen Unsicherheiten behaftet. Anhand eines Beispiels wird dies demonstriert – so wird in der Literatur ein Zusammenhang zwischen der Außentemperatur und der Herzinfarkthäufigkeit hergestellt. Andere Studien zeigen allerdings, dass für über 90 % aller Herzinfarkte neun klimaunabhängige Risikofaktoren verantwortlich gemacht werden können, darunter Konsumverhalten (Rauchen, Alkohol), Ernährung, Bewegung, individueller Gesundheitszustand (z. B. Übergewicht) und genetische Veranlagung. Damit wird deutlich, dass klimatische Veränderungen zwar einen Einfluss auf die Gesundheit haben können, die dominanten Einflussgrößen vermutlich jedoch im individuellen (Gesundheits‑)Verhalten zu suchen sind. Insofern sind klimatische Wirkungen nach jetzigem Kenntnisstand oftmals eher als beeinflussende „Hintergrundgröße“ oder auslösender Faktor zu betrachten und nicht als maßgebliche Einflussgröße auf die Gesundheit.

In Einzelfällen lassen sich aber durchaus Zusammenhänge zwischen klimatischen Veränderungen und Gesundheit belegen, etwa in Bezug auf verwundbare (vulnerable) Bevölkerungsgruppen, zu denen in erster Linie ältere Menschen und Kinder zählen.

1.3.8 Infrastrukturen (Energie- und Wasserversorgung) (Kap. 9)

Dieses Kapitel ist ein neues Element im HKB.

In der wissenschaftlichen Literatur werden die meisten Bereiche der Wertschöpfungskette des Energiesektors als negativ betroffen beschrieben, wobei Anpassungsmaßnahmen oftmals grundsätzlich verfügbar und umsetzbar sind. Als wesentliche Einflussfaktoren werden die Wasserverfügbarkeit, Extremwetterereignisse und steigende Durchschnittstemperaturen identifiziert. Die Netzinfrastruktur ist die verletzlichste Komponente des Energiesystems. Die entscheidenden Betroffenheiten durch den Klimawandel für die Energiewirtschaft sind derzeit insgesamt jedoch im regulatorischen Bereich zu sehen.

Die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels auch in Hamburg und der Metropolregion für anstehende Infrastrukturmaßnahmen sind für die Planung von zeitgerechten Anpassungsmaßnahmen schon jetzt relevant. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Investitionen in Infrastrukturen – wie Anlagen zur Energieerzeugung oder Netze – in der Regel sehr langfristige Konsequenzen und Nutzungsdauern haben.

Der Stand des Wissens im Hinblick auf die Energieversorgung in Hamburg und der Metropolregion ist jedoch noch unzureichend. Wissenschaftliche Untersuchungen mit diesem spezifischen regionalen Fokus liegen derzeit kaum vor, insbesondere nicht für die Wärme- und die Gasversorgung sowie für Kosten-Nutzen-Abschätzungen von Anpassungsmaßnahmen. Auch das Wissen zur möglichen zukünftigen Ausgestaltung regulatorischer Rahmenbedingungen sowie im Hinblick auf die damit verbundenen ökonomischen Anreizsetzungen ist lückenhaft.

Der Wassersektor in Hamburg wäre vor allem im Bereich der Abwasserentsorgung durch eine Zunahme von Starkregenereignissen und im Bereich der Wassernachfrage durch einen Anstieg von Hitzeperioden betroffen. Daraus ergibt sich eine wesentliche Herausforderung der Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Hinblick auf die Ausgestaltung von Sielkapazitäten für die Ableitungen von Regenwasser bei Starkregenereignissen. Eine Bewertung der Wasserversorgungsinfrastruktur auf ihre Hochwassersicherheit in den entsprechend gefährdeten Gebieten sowie auf die steigenden Anforderungen aufgrund stärkerer Schwankungen in der Wassernachfrage fehlt bisher.

Im Hinblick auf spezifische Aussagen zur klimawandelbedingten Betroffenheit der Energie- und Wasserversorgung in Hamburg und der Metropolregion zeigen sich somit insgesamt Wissenslücken. Auch ist bislang wenig bekannt über die monetäre Betroffenheit von Versorgungsinfrastrukturen sowie über Aspekte der notwendigen Berücksichtigung von Klimawandelfolgen im Rahmen der zukünftigen Ausgestaltung regulatorischer Rahmenbedingungen und damit verbundener ökonomischer Anreizsetzungen.

1.3.9 Migration (Kap. 10)

Die wissenschaftliche Forschung zu den Folgen des Klimawandels für Migration steckt ebenso wie die Forschung zu den Auswirkungen von Migration auf Anpassungsmaßnahmen noch in den Anfängen. Das gilt besonders auch für die lokale Ebene. Mikrostudien für einzelne Städte existieren bislang nicht. Obwohl in der öffentlichen Diskussion die Frage von „Klimaflüchtlingen“ besonders prominent geführt wird, ist eine Isolierung des Fluchtgrundes „Klimawandel“ nicht zielführend, weil Migration häufig multikausal verursacht ist. Es besteht ein komplexes Zusammenspiel von Migrationsanreizen, -möglichkeiten und -hindernissen sowie die Attraktivität von Zielregionen. Weiterhin spielen auch Entfernungen eine große Rolle. So sind etwa die von Dürren, Überschwemmungen oder schweren Stürmen Betroffenen selten in der Lage, weiter als bis zum nächsten Flüchtlingslager zu wandern.

Die Stadt Hamburg ist seit langer Zeit ein Ort mit hohen Zuwanderungsraten und vielfältigen Erfahrungen in der Integration von Migranten. In der Stadtforschung herrscht weitgehende Einigkeit, dass der Zustrom unterschiedlicher Migrantengruppen eine wichtige Ressource für die wirtschaftliche und kulturelle Weiterentwicklung von Großstädten darstellt. Gleichzeitig sind mit der internationalen Migration auch große Herausforderungen an die Stadtpolitik verbunden. Stichworte sind die Wohnungsversorgung, die soziale Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen und die Versorgungsleistungen der älteren Mitbewohner sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt. Hinzu tritt die Integrationsaufgabe, deren erfolgreiche Lösung vom Alltagshandeln aller Stadtbewohner abhängig ist. Die Komplexität dieses Zusammenspiels von Zuwanderung und Stadtentwicklung ist politisch zumeist kontrovers begleitet worden.

Die bereits bestehenden und in Zukunft möglichen Herausforderungen, die durch die Verbindungen von Klimawandel mit Migration für Hamburg entstehen, lassen sich benennen, sind aber bisher nicht exakt zu bestimmen. Allerdings besteht Konsens, dass umweltbedingte Migration im 21. Jahrhundert zunehmen wird und damit auch die Stadtregion Hamburg als Wanderungsziel bedeutungsvoll bleibt.

1.3.10 Hafen Hamburg, Schifffahrt und Verkehr (Kap. 11)

Auch dies ist ein neues Kapitel.

Für die internationalen Seehäfen zeigt die Studienlage, dass sich der Klimawandel regional unterschiedlich auswirkt, sodass generalisierende Aussagen zu den daraus erwachsenen Chancen und Risiken von Häfen, Schifffahrt und Verkehr nicht möglich sind. Für die Stadt Hamburg sind die Studien überschaubar, die Übertragbarkeit der zahlreichen Studienergebnisse bzgl. anderer Häfen wäre im Detail zu evaluieren. Festzustellen ist aber, dass viele der zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels für den Hafen Hamburg als bekannt anzusehen sind. Allerdings sind Aussagen zum Bedrohungspotenzial im Hinblick auf die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie die Gefährdungslage des Hafens Hamburg nur schwer zu treffen. Um den Entscheidungsträgern belastbare Entscheidungsgrundlagen an die Hand zu geben, wäre hier vertiefte Forschung nötig.

Für die Entwicklung einer Anpassungsstrategie sind wichtige Aspekte die geographische Lage des Hafens Hamburg, der Fahrrinnenerhalt und ihre Verbreiterung im Spannungsfeld mit möglichen Restriktionen infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 1. Juli 2015, die zukünftig mögliche schiffbare Nordostpassage Richtung Asien und der klimapolitisch herausragende „Modal Split“ bei der Hinterlandanbindung.

Schließlich werden zukünftige auf die Reduzierung oder Vermeidung von Klimawandelfolgen gerichtete politische und gesetzgeberische Maßnahmen Anpassungsmaßnahmen erforderlich machen. Die bisherigen Regulierungen zeigen bereits einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit internationaler Häfen auf.

1.3.11 Klimawandel in den Medien (Kap. 12)

Auch dieses Thema wird erstmalig im HKB behandelt.

Gegenstand der kommunikationswissenschaftlichen Analyse des Klimawandels ist es, zu beschreiben und zu erklären, wie der Klimawandel als soziales Problem in klassischen und in neuen digitalen Medien konstruiert wird und welche Folgen das für die Gesellschaft hat. Von zentraler Bedeutung ist die mediale Debatte, weil sie Bürgern und Eliten Orientierung bei der Meinungsbildung bietet und Folgen für die gesellschaftliche Reaktion auf das physikalische Phänomen Klimawandel hat. Erstmals werden nun in einem Kapitel des HKB zentrale Befunde dieser Forschung dargestellt und erläutert.

Grundsätzlich stimmt die Berichterstattung in vielen Ländern mit dem wissenschaftlichen Befund überein, dass es eine außergewöhnliche globale Erwärmung gibt, die menschlich durch Emission von Treibhausgasen verursacht wird und mit gravierenden Problemen und Risiken verbunden ist. Für die Entstehung dieses „Masterframes“ in den Medien spielt auch die Arbeit des Weltklimarates eine große Rolle. Dennoch finden sich noch immer klimaskeptische Stimmen in der Medienberichterstattung wieder. Der Grund ist nicht, dass Journalisten selbst Klimaskeptiker wären. Vielmehr spielen berufliche Routinen wie Ausgewogenheit und Orientierung am Nachrichtenwert-Konflikt eine Rolle dabei, den Abstreitern des Klimawandels Gehör zu verschaffen. Jenseits dieses allgemeinen Musters der Klimadebatte gibt es starke Unterschiede: Die Intensität der Klimaberichterstattung ist stark von politischen Events wie den jährlichen Klimagipfeln getrieben. Nationale Politik prägt länderspezifische Muster. Vor allem in wenigen konservativen und populären Medien sowie in vielen Blogs kommen Leugner des anthropogenen Klimawandels noch immer prominent zu Wort.

Die Rezeptions- und Wirkungsforschung untersucht, wie Medien genutzt werden und welche Folgen das für Einstellungen, Wissen und Handeln hat. Journalistische Berichterstattung wirkt in erster Linie in der Agenda-Setting-Funktion, generiert also Aufmerksamkeit für das Thema Klimawandel. Sie vermittelt auch bis zu einem gewissen Grad Wissen und „Klimabewusstsein“. Am wenigsten Wirkung zeigt sie im Hinblick auf klimabezogene Handlungsintentionen. Die Wirkkraft der Medien hängt aber von verschiedenen Faktoren ab: erstens von den tatsächlich genutzten Medien (journalistische und auch nichtjournalistische wie fiktionale und dokumentarische Spielfilme) sowie konkreten Medieninhalten und zweitens von den individuellen Eigenschaften, vom Bildungsgrad und nicht zuletzt auch von der bestehenden Einstellung zu Umweltfragen und der allgemeinen politischen Einstellung der Rezipienten.

Im Fallbeispiel Hamburg wird Klimawandel zu einem Topos, um den herum aktuelles Geschehen (Sturmfluten heute, Stadtentwicklung in der HafenCity, regionale Landwirtschaft) und vergangenes Geschehen (Sturmflutkatastrophe von 1962) enge Verflechtungen eingehen.

1.3.12 Wahrnehmung des Klimawandels in der Metropolregion Hamburg (Kap. 13)

Die vorliegenden Studien zur Wahrnehmung von Klimawandel in Norddeutschland und Hamburg ergeben wegen ihrer unterschiedlichen Ziele, eingesetzten Methoden und unterschiedlichen Untersuchungsräume ein mosaikartiges Bild der Klimawandelwahrnehmung in der Bevölkerung. Sie bestätigen die in internationalen Studien herausgestellten Trends zur und Einflussfaktoren auf Klimawandelwahrnehmung.

Das Problem des Klimawandels ist im Alltag der Bürgerinnen und Bürger durchaus präsent, das gilt für alle Studien gleichermaßen. Für Hamburg zeigten Befragungen, dass für die Befragten der Klimawandel ein „ernsthaftes Problem“ darstellt, auch wenn es nicht zu den wichtigsten Problemen gehört. Umfragen über längere Zeiträume belegen, dass sich die Besorgnis über die Risiken durch den Klimawandel bislang auf einem gleichbleibenden, wenn auch schwankenden Niveau hält.

Der Klimawandel wird vor allem mit subjektiv wahrgenommenen Wetteränderungen assoziiert und erst in zweiter Linie mit dem Anstieg des Meeresspiegels oder mit Überschwemmungen gleichgesetzt. Sturmfluten spielen hierbei eine besondere Rolle, insbesondere weil diese einen wichtigen Faktor als Erfahrung mit Extremereignissen in der Vergangenheit darstellen.

In den Vergleichsstudien zwischen Hamburg und Nachbarstädten erweisen sich Wahrnehmungsunterschiede von Klimarisiken größer als erwartet. Diese Unterschiede sind in spezifische städtische Traditionslinien eingebettet. Die bis heute prägende Sturmflut in Hamburg 1962 hat sich im Laufe von Jahrzehnten als Erinnerung an „Naturkatastrophen“ ins kollektive Gedächtnis eingebrannt, und zugleich wird diese Erinnerung überformt und mit Themen des Klimawandels verbunden. Der Klimawandel brachte so einen neuen Begründungszusammenhang für das Phänomen Sturmflut in Hamburg. Dieser Zusammenhang zwischen Sturmfluten und Klimabewusstsein zeigt sich in den regelmäßig stattfindenden Umfragen in der Hamburger Bevölkerung, wonach sich die Einschätzungen der Gefährdung Hamburgs durch den Klimawandel im Anschluss an Sturmfluten erhöhen, mit zeitlicher Distanz zu Sturmfluten jedoch wieder zurückgehen.

Insgesamt ergeben sich unterschiedliche individuelle Einstellungen und Bedeutungszuschreibungen zum Klimawandel, und diese sind dynamisch und verändern sich mit neuen Erfahrungen und neuen Informationen. Aber Informationen allein reichen nicht aus, um ein Engagement zu stimulieren. Information ist nicht mit Wissen gleichzusetzen, und sie führt nicht zwangsläufig zur Handlung oder zur Umsetzung von Anpassung- und Vermeidungsstrategien von Klimawandel. Klimaanpassungshandeln ist zunächst individuell – man schützt sich und sein Hab und Gut. Die Entscheidung über die Art und den Umgang von und mit geeigneten Maßnahmen wird durch die lokale und regionale Verwundbarkeit bedingt (z. B. Maßnahmen zum Hochwasserschutz). Die Einwohner Hamburgs fühlen sich derzeit weitgehend sicher vor den Auswirkungen des Klimawandels.

1.3.13 Lokale Klima-Governance im Mehrebenen-System: formale und informelle Regelungsformen (Kap. 14)

Der Klimaschutz stellt besondere Herausforderungen an regionales und kommunales Handeln. Die Langfristigkeit der Klimaänderung sowie die damit verbundenen Unsicherheiten sind Rahmenbedingungen, die in Politik, Verwaltung und Wirtschaft Entscheidungsprozesse zugunsten des Klimaschutzes erschweren. Städte und Kommunen sind die zentrale Umsetzungsebene für die auf internationaler und nationaler Ebene getroffenen Entscheidungen zum Klimaschutz.

Der Umfang des Engagements auf kommunaler und regionaler Ebene liegt im eigenen Ermessen und weist in der Praxis eine große Vielfalt auf. Dies gilt auch für die MRH, wo zahlreiche Aktivitäten zum Klimaschutz zu finden sind. Das Land Hamburg hat schon 1997 Regelungen aus verschiedenen Rechtsbereichen gebündelt und mit dem HmbKlSchG in einem Gesetz zusammengeführt. Inzwischen ist ein weitgehendes „Klimaschutz-Mainstreaming“ in der Gesetzeslandschaft zu beobachten. Ergänzend zu bestehenden bzw. fehlenden formellen Regularien tragen informelle Instrumente zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bei.

Für die beteiligten Bundesländer sowie fast flächendeckend auf kommunaler Ebene für die (Land‑)Kreise und kreisfreien Städte gibt es Klimaschutzkonzepte, die allerdings nicht für die MRH zusammengeführt worden sind. Diese Konzepte unterscheiden sich in Alter, Ziel- und Schwerpunktsetzung, beteiligten Akteuren, Umfang und Grad der Umsetzung. Es fehlen formale Vorgaben zum Aufstellungsverfahren, quantifizierte gemeinsame Ziele und eine nachvollziehbare Methodik der CO2-Bilanzierung und Konkretisierung, etwa zur Finanzierung. Hinsichtlich der Bindungswirkung bei der Umsetzung von Klimaschutzplänen weist Hamburg jedoch gegenüber den Flächenländern einen Vorteil auf. Die Flächenstaaten benötigen zur Erzeugung einer landesweiten Bindungswirkung ihrer Klimaschutzkonzepte, insbesondere auch gegenüber den Kommunen, formelle Instrumente. Der Hamburger Senat ist hingegen in der Lage, die Vorgaben des Klimaplans mit bereits vorhandenen Instrumenten für die gesamte Hamburger Verwaltung verbindlich zu machen.

1.3.14 Technischer Klimaschutz (Kap. 15)

Das Thema technischer Klimaschutz wurde erstmalig in den HKB aufgenommen.

In den Bereichen Energieversorgung und Mobilität lassen sich der technische und der organisatorische Klimaschutz nicht mehr voneinander trennen. Forschung und Entwicklung im Bereich neuer Technologien für die Energieversorgung und neue Mobilitätskonzepte sind ein Grundpfeiler für den Paradigmenwechsel in Richtung sauberer und regenerativer Energieerzeugungs- und Antriebskonzepte. Die Hamburger Forschungslandschaft unterstreicht mit den behandelten Themen den hohen Stellenwert des Klimaschutzes in der Technik. Zudem werden auf industrieller Seite klimafreundliche Lösungen auch aus Marketingsicht immer attraktiver.

In der Energieversorgung ist es für Hamburg als Stadtstaat schwer, sich im Bereich regenerativer Erzeugung mit Flächenstaaten gleichzustellen. Aufgrund der Flächenknappheit wird Hamburg immer von Stromimport und dem Ausbau der regenerativen Erzeugungskapazitäten in benachbarten Bundesländern abhängig sein. Nichtsdestotrotz wird bei der Stromerzeugung bei Neubauten und Ertüchtigungen auf neueste Technologie und die Reduzierung von Treibhausgasen geachtet. In der Wärmeversorgung hat Hamburg mit einem sehr gut ausgebauten Fernwärmenetz noch großes Potenzial, den regenerativen Anteil zu erhöhen. Bei Forschung und Entwicklung baut sich Hamburg zu einem führenden Bundesland bei der nichtnuklearen Forschung aus.

In der Mobilität ist Hamburg in den Bereichen Luft, Wasser, Land stark vertreten und verfolgt in all diesen Bereichen innovative Konzepte für neue, klimaschonende Technologien. Gerade im Bereich des ÖPNV wird viel unternommen, und durch den geplanten flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur wird Hamburg als Stadt auch für Elektromobilität im Allgemeinen interessanter. Bei der Schiff- und Luftfahrt ist der Umstieg auf nichtfossile Energieträger deutlich schwerer. Es sind zwar erste Schritte in Richtung einer regenerativen Land- bzw. Bodenstromversorgung unternommen worden, jedoch sind in diesen Bereichen die Potenziale noch bei Weitem nicht ausgeschöpft.

1.3.15 Klimawandel, Nachhaltigkeit und Transformationsgestaltung (Kap. 16)

Auch dieser Bereich wird erstmalig im HKB behandelt.

Durch die von 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommene Transformationsagenda 2030 und die darin enthaltenen 17 universellen Nachhaltigkeitsziele einerseits und die Ergebnisse des Klimaschutzgipfels von Paris andererseits sind die Anforderungen an die internationale Gemeinschaft, die Nationalstaaten, die Wirtschaft sowie die Zivil- und Bürgergesellschaft erhöht worden, Klimawandel und nachhaltige Entwicklung ernsthafter in Angriff zu nehmen. Dass beide Themen gerade auch auf lokaler Ebene zusammengedacht und bearbeitet werden müssen, ergibt sich aus der Natur der Herausforderung: Es handelt sich um sozial und sachlich komplexe, also durch vielfältig miteinander wechselwirkende Entwicklungsdynamiken gekennzeichnete Phänomene, die eine stärker integrative und transformative Analyse- und Gestaltungsperspektive erfordern.

Für den Stadtstaat Hamburg sind Politik und Verwaltung organisationsstrukturell, prozedural, instrumentell und in der inhaltlichen Konkretisierung für die lokale Umsetzung der globalen Nachhaltigkeits- und Klimaziele noch nicht hinreichend aufgestellt.