Zusammenfassung
Mit Zigaretten lässt sich forschen. Sobald es in der Forschung um mehr geht als das Aufsammeln von Zahlen und Daten lohnt sich ein Griff in die Trickkiste: Und darin könnten ja auch ein paar Zigaretten liegen, denn Raucherpausen sind spannende Gelegenheiten Interviews zu erweitern und Zwischentöne aufzuspüren. Durch einen gemeinsamen Ritus und ohne Diktiergerät ergeben sich oft andere Möglichkeiten des Austauschs und die Chance, die festgelegten Rollen zu verlassen. Um solche und andere Situationen für die weitere Forschung einzufangen und nutzbar zu machen eignen sich Vignetten. Mit Hilfe dieser kurzen, schriftlichen, situativen Gesamtbeschreibungen von Beobachtungen oder Gesprächen lässt sich auch ein Zugang zu emotionalen Dimensionen in der Forschung finden.
»„Irgendwie muss man ja mal abschalten“, sagt P. ein bisschen entschuldigend. Wir stehen vor dem Polizeigebäude und rauchen. Rechts und links rasen die Autos vorbei; eine Grünfläche gibt es hier nicht, alles Beton und Asphalt. P. starrt ein paar Sekunden ins Nichts. Nach fast zwei Stunden Interview sind wir wohl beide ein bisschen k. o. Ein paar Kollegen kommen vorbei und alle, ob in polnischer oder deutscher Uniform, werden freundlich gegrüßt. Auf Deutsch. […] „Soll ich dich gleich noch zum Polenmarkt mitnehmen, Zigaretten kaufen?“ Auf einmal sind wir beim Du.
(Vignette 1 (Ausschnitt): Interview mit einem Repräsentanten der Grenzpolizei, 2015)
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Creutziger, C. (2018). Rauchzeichen und Zwischentöne. Unterwegs mit Zigaretten und Vignetten. In: Meyer, F., Miggelbrink, J., Beurskens, K. (eds) Ins Feld und zurück - Praktische Probleme qualitativer Forschung in der Sozialgeographie. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55198-1_17
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