Skip to main content

§ 4 Ökonomische Aspekte des Wildschadensausgleichs

  • Chapter
  • First Online:
Jagdliches Eigentum

Part of the book series: Bibliothek des Eigentums ((BIBLIO,volume 17))

  • 1057 Accesses

Zusammenfassung

Der Ausgleich von Wildschäden wird oft gedanklich als Schadenersatz behandelt. In Kommentaren zum Jagdrecht finden sich daher Hinweise auf die Regelungen des BGB für Schadenersatz und dies wird auch gelegentlich in Stellungnahmen von interessierter Seite betont, z. B. um hohe Geldbeträge zum Ausgleich von Beschädigungen junger Bäume zu begründen. Eine Betrachtung der Entstehung der gesetzlichen Vorschriften aus ökonomischer Perspektive verschiebt das Bild beträchtlich. Fragt man nämlich nach dem eigentlichen ökonomischen Zweck des Wildschadensausgleichs, dann drängt sich der Gedanke auf, dass die Bildung von Zwangsgenossenschaften zur gemeinsamen Nutzung des Jagdrechts eine Regelung der Gewinnverteilung (oder ggf. der Verlustverteilung) notwendig macht. Der Gesetzgeber hielt es für angezeigt, für die Gewinnverteilung als Verteilungsschlüssel oder Maßstab Flächenproportionalität vorzuschreiben. Dies ist nicht die einzig denkbare, aber wegen der Eindeutigkeit und Verfügbarkeit des Maßstabs eine sehr naheliegende Regelung für die Gewinnverteilung. Für die nachfolgende ökonomische Analyse ist die genaue juristische Einordnung des Anspruchs auf den Ausgleich von Wildschäden sekundär, da das Augenmerk auf die ökonomischen Implikationen besonders im Sinne der Anreizwirkungen und Verteilungswirkungen dieser Ansprüche gerichtet werden soll.

Der Verfasser dankt Herrn Prof. Dr. Johannes Dietlein und Herrn Prof. Dr. Bernhard Knittel für wertvolle Hinweise.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Vgl. auch Lampe, I., Das Jagdrecht als Bestandteil des Grundeigentums, in: Depenheuer/Möhring (Hrsg.): Waldeigentum. Bibliothek des Eigentums, Band 8, 2010, S. 277; Ammer, Ch./Vor, T./Knoke, Th./Wagner, S., Der Wald-Wild-Konflikt. Analyse und Lösungsansätze vor dem Hintergrund rechtlicher, ökologischer und ökonomischer Zusammenhänge, Universitätsverlag Göttingen, Göttinger Forstwissenschaften, 5, 2010, S. 32.

  2. 2.

    Z.B. Bayerischer Bauernverband und Bayerischer Waldbesitzerverband (Hrsg.), Konvention zur Bewertung von Wildbissschäden an Forstkulturen im Wald, München, 2015, S. 4; vgl. auch Müller, F., Über den Schadenersatz von Rehwildverbiss gemäß § 29 BJagdG, Institut für Forstökonomie, Universität Freiburg, Arbeitsbericht 56, 2011.

  3. 3.

    Vgl. Konrad, H., Wildschadenersatz in gemeinschaftlichen Jagdbezirken nach § 29 Abs. 1 BJagdG – Geschichte, Systematik und aktuelle Problemstellungen. Studien zum internationalen, europäischen und deutschen Nachhaltigkeitsrecht. Band 3, LIT, 2012, S. 37 ff.

  4. 4.

    Vgl. Moog, M., Wild-Schadenersatz oder Wildschaden-Ersatz? Wie weit geht der Anspruch auf Wildschadenersatz?, Agrar- und Umweltrecht, 8/2011, S. 300 – 302.

  5. 5.

    Vgl. z.B. Picot, A./Dietl, H., Transaktionskostentheorie, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 19. Jg., H. 4, 1990, S. 178 – 184; Williamson, O.E., Market and Hierarchies, Analysis and Antitrust Implications, New York/London, 1975, The Economic Institutions of Capitalism. Firms, Markets, Relational Contracting, New York, 1985; Comparative economic organization: The analysis of discrete structural alternatives, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 36, No. 2, S. 269 – 296, 1991; Tietzel, M., Die Ökonomie der Property Rights: Ein Überblick, in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, Bd. 30, 1981, S. 207 – 243.

  6. 6.

    Die praktische Unmöglichkeit der Erbringung eines Beweises lässt sich damit als unendlich hohe Transaktionskosten interpretieren, die den Beweispflichtigen davon abhalten, seine im Grunde berechtigte Forderung durchzusetzen, weil er die Transaktionskosten nicht aufbringen kann. Auch schon im Falle eines Missverhältnisses der Kosten der Beweisführung zur Höhe der Forderung wird ein rational handelnder Beweispflichtiger auf die Durchsetzung seiner Forderung verzichten.

  7. 7.

    Durch § 35 BJagdG treffen die Länder die näheren Bestimmungen, das BJagdG als Rahmengesetz erlaubt ihnen, das Beschreiten des ordentlichen Rechtswegs davon abhängig zu machen, dass zuvor ein Feststellungsverfahren vor einer Verwaltungsbehörde erfolgt. Nur Berlin und Sachsen haben auf eine solche Regelung verzichtet (vgl. Konrad, H. (Fn. 3), S. 17 f.).

  8. 8.

    vgl. Konrad, H. (Fn. 3), S. 17 f.

  9. 9.

    Würde man für die Jagdpachtinteressenten annehmen, sie würden sich als risikoscheue Entscheider verhalten, dann müsste man sogar vermuten, dass sie den unsicheren Wert der Wildschäden und Transaktionskosten über seinem Erwartungswert einschätzen. Falls das zutrifft, würden die Jagdpachterlöse im Durchschnitt durch den Versuch der Überwälzung der Wildschäden und der Transaktionskosten auf die Jagdpächter um einen über den tatsächlichen durchschnittlichen Wildschadensausgleichskosten liegenden Betrag gemindert. Ein Verzicht auf die Überwälzung wäre unter diesen Annahmen für die Jagdgenossen vorteilhaft.

  10. 10.

    Das Bayerische Ministerium für Landwirtschaft hat 2012 durch eine Änderung von § 27 Abs. 4 AVBayJG versucht, die Kosten für die Ermittlung und Schätzung der Wildschäden immer vollständig dem zum Ersatz Verpflichteten aufzubürden (vgl. Wefelscheid, J., Wildschäden in der Landwirtschaft, http://www.jagd-bayern.de/fileadmin/Allgemein/Dokumente/Wildschadensseminar_Vortrag_Wefelscheid.pdf, 2012). Die aktuelle Fassung von § 27 AVBayJG trifft jedoch keine konkrete Regelung zur Kostenverteilung auf die Beteiligten. In der Praxis ist der zum Ersatz Verpflichtete regelmäßig der Jagdpächter. Es ist leicht einsichtig, dass eine einseitige Kostenverteilung den zum Wildschadensausgleich Verpflichteten unverhältnismäßig benachteiligen und sogar Missbrauch provozieren kann, denn auch im Fall der Anmeldung eines Wildschadens, obwohl der Anmeldende sich bewusst ist, dass kein nennenswerter Wildschaden entstanden ist, müsste die andere Partei die Kosten eines Gutachtens in voller Höhe tragen. Diese Kostenverteilungsregel wird man deshalb als eine grob unbillige Lösung beurteilen müssen. Aus diesem Versuch der Veränderung der Regeln kann gefolgert werden, dass es der Klarheit der Kostenverteilung dienen würde, wenn der einen Wildschaden anmeldende Nutzer eines Grundstücks verpflichtet würde, eine von ihm erwartete Schadenshöhe konkret zu benennen.

  11. 11.

    Die Darlegungen von Konrad ((Fn. 3), S. 43 ff.) zur Entscheidung darüber, ob von Hasen verursachte Schäden ersatzpflichtig sind oder nicht, sind in dieser Hinsicht außerordentlich aufschlussreich.

  12. 12.

    Der Fall des Schadenausgleichs ohne Eigenanteil, der im Falle des Pächters nach dem deutschen Jagdrecht gegeben ist, wird unten behandelt.

  13. 13.

    Coase, R. H. (1960): The Problem of Social Cost, Journal of Law and Economics 1–44. Er erhielt 1991 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

  14. 14.

    Erläuterungen finden sich in den Lehrbüchern der Umweltökonomie, bspw. bei Endres, Umweltökonomie, Stuttgart, 2000, S. 35 ff.

  15. 15.

    Unterschiedlich hohe Erträge bei gleichgroßen und im Fruchtertrag gleichen Flächen können auch aus unterschiedlich hoher Veredelung der landwirtschaftlichen Produktion resultieren; beispielsweise durch Weiterverarbeitung und Einbeziehung der Einzelhandelsstufe. Dadurch kann die Höhe des finanziellen Schadens bei gleicher Beschädigung von Pflanzen auf der landwirtschaftlichen Fläche sehr unterschiedlich sein. Wird auch der in höheren Veredelungsstufen erzielte Ertrag als „mitversichert“ behandelt, tritt dieselbe Wirkung ein wie bei unterschiedlich ertragreicher Fläche oder unterschiedlich ertragreicher Bewirtschaftung in der ersten Bewirtschaftungsstufe. Eine freiwillige Versicherung auf Gegenseitigkeit auf der Grundlage der Flächengröße würde in einer solchen Situation nicht zustande kommen, weil der auf die Veredelung verzichtende Bewirtschafter das viel höhere Schadensrisiko des Veredlers mittragen müsste, der seinerseits nur das deutlich geringere Risiko mittragen würde.

  16. 16.

    Es sei darauf hingewiesen, dass der hier diskutierte Umverteilungseffekt ebenso auftritt, wenn der Wildschadensausgleich auch auf die Erträge vertikal verbundener Produktionen ausgeweitet wird, denn dann erfolgt die Umverteilung zu Lasten der Mitglieder, die nur die Wertschöpfung aus der ersten Stufe der Landbewirtschaftung erzielen. Es profitieren von diesem Umverteilungseffekt dann die Mitglieder der Genossenschaft, welche die Produkte der Landbewirtschaftung in einer oder mehreren Produktionsstufen veredeln. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage, ob es berechtigt ist, den erzwungenen Solidarausgleich auf Gegenseitigkeit so weit auszudehnen.

  17. 17.

    Im Fall der Verpachtung der Jagd können die Eigentümer von Eigenjagden zwar den Jagdpächter vertraglich zum Ersatz von Wildschäden oder auch zu Schutzmaßnahmen verpflichten. Da die Jagdpachtinteressenten aber die zusätzlich auf sie zukommenden Kosten prinzipiell antizipieren können, ist auch hier zu erwarten, dass die Abwälzung wirtschaftlich nicht gelingt, weil diese Kosten bei der Höhe der Jagdpacht-Gebote berücksichtigt werden.

  18. 18.

    Die Regelung (z.B. § 27 Abs. 4 AVBayJG von 1983, gültig bis 1988), dass die Gemeinden im Falle einer gütlichen Einigung keine Gebühren erheben dürfen, kann man als Hinweis darauf verstehen, dass die Regelung zum Ausgleich der Wildschäden vor allem dem Schutz der Bewirtschafter kleinster Flächen dienen sollte, die dadurch auch von bar zu leistenden Transaktionskosten entlastet wurden. In Thüringen dürfen die Gemeinden nur ihre Auslagen in Rechnung stellen (vgl. Thüringer Jagdgesetz (ThJG) vom 28. Juni 2006).

  19. 19.

    Vgl. Konrad, H., (Fn. 3).

  20. 20.

    Materialband zum Agrarbericht 1972 der Bundesregierung, Bonner Universitätsdruckerei, 1972; Statistisches Bundesamt, BMEL (123): 34. Landwirtschaftliche Betriebe mit Pachtflächen; Statistisches Bundesamt, BMEL (123): 37. Besitz- und Eigentumsverhältnisse der landwirtschaftlichen Betriebe; Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der Bundesrepublik Deutschland, 1982, Landwirtschaftsverlag Münster-Hiltrup.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Martin Moog .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2018 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Cite this chapter

Moog, M. (2018). § 4 Ökonomische Aspekte des Wildschadensausgleichs. In: Dietlein, J., Froese, J. (eds) Jagdliches Eigentum. Bibliothek des Eigentums, vol 17. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54771-7_4

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-54771-7_4

  • Published:

  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-54770-0

  • Online ISBN: 978-3-662-54771-7

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics