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Zum Mathematikunterricht in der Grundschule

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Part of the book series: Mathematik Primarstufe und Sekundarstufe I + II ((MPS))

Zusammenfassung

»Einführung in die Mathematikdidaktik – Grundschule« ist der vorliegende Band betitelt. Und wer sich bislang noch nicht oder wenig mit diesbezüglichen Fragen befasst hat, mag sich über den Umfang wundern: So viel muss man dazu wissen? Ist es nicht in der Grundschule so, dass nahezu jede(r) den Kindern ›das bisschen Rechnen‹ beibringen kann? Man hat doch schließlich Abitur, weiß also, wie’s geht, und die fachlichen Anforderungen … ach, gibt es da wirklich nennenswerte? Die Kompetenzanforderungen des Berufsbilds der Grundschullehrerin unterliegen in der öffentlichen Meinung nach wie vor und häufig höchst zweifelhaften Klischees. Und auch die Art und Weise, wie das Mathematiklernen heutzutage in der Grundschule (angeblich) vonstattengehen kann oder soll, wird nicht selten auf der Grundlage mehr oder weniger diffuser Erinnerungen an die eigene Grundschulzeit und subjektiver Überzeugungen eingeschätzt. Tatsächlich aber bedarf es nicht ohne Grund eines Studiums relevanter fachlicher, fachdidaktischer und grundschulpädagogischer Inhalte. Dabei ist auch die bewusste Reflexion der eigenen Lernbiografie unabdingbar, denn hier verbergen sich nicht selten unbewusste Haltungen und Einstellungen. Ihre Bewusstmachung ist wichtig, weil sie Auswirkungen auf das eigene Lernen und das spätere Lehren haben (vgl. Krauthausen 2015). Für zwei immer wieder erkennbare Phänomene soll anhand einführender Beispiele im Folgenden sensibilisiert werden.

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Notes

  1. 1.

    In diesem Band wird mal die männliche, mal die weibliche Form benutzt, wobei – bedauerlicherweise – viel zu wenige Männer diesen Beruf ausüben (vgl. Faulstich‐Wieland 2016). Stets ist jedenfalls das andere Geschlecht mit gemeint.

  2. 2.

    Exemplarische Literaturhinweise: Die Themenhefte 12/2004 bzw. 3/2005 der Grundschule; Heft 89/2005 der Zeitschrift Grundschulverband aktuell; Bartnitzky und Speck‐Hamdan (2004); Bender (2004); Klieme et al. 2010; Jahnke und Meyerhöfer 2006; Wittmann 2011, 2014a.

  3. 3.

    Die Begrifflichkeiten dieser Regelungen/Erlasse variieren von Bundesland zu Bundesland. Die Inhalte sind sehr vergleichbar, auch wenn teilweise andere Terminologien benutzt werden. Die Frage, warum überhaupt jedes Bundesland eigene Pläne entwickelt – ist denn nicht die Mathematik als solche und auch der konzeptionelle rote Faden der Mathematikdidaktik bundesweit identisch? –, beantwortet sich durch die föderalistische Struktur der Bundesrepublik, wonach Bildungsfragen der Länderhoheit unterliegen.

  4. 4.

    Dieser Begriff entspricht der Terminologie von Winter 1975 (vgl. auch Hasemann und Gasteiger 2014, S. 71 f.; Benz et al. 2015, S. 321 ff.), auf dessen Ausarbeitungen das Verständnis der allgemeinen mathematischen Kompetenzen der KMK‐Standards (2005a) nach wie vor zurückzuführen ist. Die Winter’schen Ideen zugrunde legend, wird aber im Weiteren die aktuelle Begrifflichkeit der allgemeinen (mathematischen) Kompetenzen verwendet.

  5. 5.

    Diese Voraussetzungen werden zeitgeistig leicht vergessen im Zuge der ›Herrschaft eines Kreativitäts‐Dispositivs‹ (= die nicht eigens diskutierte Ideologie, dass ein jeder von Natur aus kreativ sei, auch (normativ) sein müsse, und zwar so viel wie möglich, und diese Kompetenz erwerben könne). Problematisch kann an dieser Haltung werden, dass es einer Gesellschaft unter einem Kreativitäts‐Dispositiv – jeder ist ein kreativer Künstler – eher um Quantität (statt professionelle Qualität) geht und zudem um (imitierende) Semiaktivität (vgl. Ullrich 2016).

  6. 6.

    Ein köstliches Beispiel für eine missverstandene Arbeitsanweisung zeigt Trautmann (2015, S. 252) an einem Arbeitsblatt, auf dem diverse kleine Schweinchen zu sehen sind. Der klein gedruckte Arbeitsauftrag (an die Lehrerin) – es geht um das Erfassen und Notieren von Anzahlen – lautet: »Zahl eintragen, entsprechende Anzahl umfahren lassen«. Der Erstklässler Jon hat zusätzlich zum Abstreichen der Schweinchen (Zählhilfe) kleine Traktor‐Vignetten an einige von ihnen gezeichnet. »Der Junge hat die Aufgabe in seinem Bedeutungskontext in Angriff genommen – umfährt nicht die Tiere (im Sinne des Umkreisens), sondern er fährt sie – Stück für Stück – um (Umfahren im Sinne eines Verkehrsunfalls)« (Trautmann 2015, S. 259).

  7. 7.

    Vgl. Heinrich von Kleist (1978): Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden.

  8. 8.

    Das Schreiben von Texten gehört per se zum Mathematiktreiben dazu, auch für Profis (vgl. Borasi und Rose 1989; Burton und Morgan 2000; Abschn. 6.4 für ein realistisches Bild des Faches).

  9. 9.

    Natürlich wird in der Grundschule nicht schon die binomische Formel erarbeitet. Aber die gezeigte strukturelle Beziehung ist von unmittelbarer Relevanz im Hinblick auf geschicktes Rechnen – vgl. Menningers (1992, S. 18) Forderung nach einer Schulung des Zahlenblicks.

  10. 10.

    Der Begriff der ›großen Aufgaben‹ kann durchaus im Sinne substanzieller Lernumgebungen (vgl. Abschn. 4.2) verstanden werden. Die potenziellen Bearbeitungsniveaus, auf denen Kinder eine ›große Aufgabe‹ angehen können, werden nicht vorab und nicht durch die Lehrperson festgelegt – zur Konkretisierung des angedeuteten Differenzierungsverständnisses vgl. Abschn. 4.6.

  11. 11.

    Einzuwenden wäre in diesem Zusammenhang, dass durchaus positive Beispiele für eine veränderte Testkultur existieren (›positive testing‹, vgl. z. B. Van den Heuvel‐Panhuizen 1994, 1996; Van den Heuvel‐Panhuizen und Gravemeijer 1991; siehe auch Abschn. 5.6).

  12. 12.

    Vgl. hierzu das Themenheft 5/2006 der Grundschule.

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Krauthausen, G. (2018). Zum Mathematikunterricht in der Grundschule. In: Einführung in die Mathematikdidaktik – Grundschule. Mathematik Primarstufe und Sekundarstufe I + II. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54692-5_1

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