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Epigenetische Korrelate des Vergessens

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Warum wir vergessen

Zusammenfassung

Versucht man, wie in diesem Kapitel thematisiert, ein Vergessen aus möglichen Verflechtungen genetischer Vorgaben mit wechselnden Umweltbedingungen zu erklären, kann es z. B. nicht genügen, diesen Vorgang allein als Folge von mehr oder weniger deutlich erkennbaren Programmfehlern zu verstehen. Denn damit wäre Vergessen lediglich als ein Problem genetischer Codierung aufzufassen, verursacht etwa durch Austausch, Verlust oder Einschub eines genetischen „Bauteiles“ – hier eines Nucleotids –, oder es würde der Bildung von Transposonen, also variablen Genabschnitten, zugeschrieben. Dem variablen Charakter des Vergessens würde man durch eine Reduktion auf relativ umweltunabhängige Probleme in der genetischen Programmierung jedoch nicht gerecht. Erklärungsversuche solcher Phänomene könnten aber möglicherweise gelingen, wenn eine verhaltenskorrelierte Variabilität der Genexpression zusammen mit dem epigenetischen Anmerkungsapparat ins Spiel gebracht wird.

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Notes

  1. 1.

    Angesprochen wird hier das Heterochromatin. Es befindet sich als besonders dicht gepackte Form des ► Chromatins z. B. vor allem in der Peripherie des Zellkerns und ist deshalb für eine Polymerase weniger gut zugänglich als das Chromatin im Zentrum des Zellkerns.

  2. 2.

    Ketten organischer Aminosäureverbindungen, die aus mindestens zehn Aminosäuren bestehen.

  3. 3.

    Man spricht hier auch von Endophänotypus. Dieser wird bei bestimmten Krankheitsbildern (z. B. Alkoholismus) besonders deutlich. In diesem Fall sind im Gehirn ganz bestimmte elektrophysiologische Aktivitätsmuster zu beobachten, wodurch letztlich eine Suchterkrankung wahrscheinlich gemacht wird (Dick et al. 2006).

  4. 4.

    Weil sowohl das Vorhandensein eines Gens als auch dessen Aktivitätszustand übermittelt werden, mag sich dieses unter Umständen im Sinne einer epigenetischen Prägung auch auf die nachfolgende Generation übertragen. Von epigenetischer Prägung spricht man, wenn Umweltreize, die auf die Mutter wirken, auch die Keimzellen des sich entwickelnden Fetus im Mutterleib beeinflussen. Mit einer Übertragung im Sinne einer Vererbung epigenetischer Markierungen von der Mutter auf das Kind hat dieser Vorgang nichts gemein (vgl. McClintock 1984; Jablonka und Lamb 2005; Lutz und Turecki 2014; Radtke et al. 2011).

  5. 5.

    Diejenigen, die sich wie Sozial- und Geisteswissenschaftler, u. a. nur für Genetik an sich interessieren, hängen meist weiterhin der Auffassung an, dass – wenn auch mit gewissen fachspezifischen Abstrichen versehen – dennoch auf individuelle genetische Ursachen ausgerichtete Erklärungen möglicher charakterlicher Stärken oder Schwächen des Einzelnen möglich würden bzw. dass deren Anteil jeweils als Wahrscheinlichkeit ausdrückbar wäre.

  6. 6.

    Pseudogene bezeichnen nicht mehr funktionsfähig gehaltene Genrelikte. Sie entstehen meist auf zwei verschiedenen Wegen: zum einen infolge von Kopierfehlern beim Verdoppeln der DNA – man spricht hier von duplizierten Pseudogenen – oder infolge einer Rücktranskription von einer RNA-Matrize in DNA. In letzterem Falle spricht man, da die Introns fehlen, auch von prozessierten Pseudogenen.

  7. 7.

    Mögliche Mechanismen der Variabilität in der Vererbung hatte bereits Charles Darwin erwogen. Seiner Ansicht nach waren dabei „schlafende Gemmulae“ im Spiel. Gemeint waren inaktive Merkmalsträger, die durch veränderte Umweltbedingungen und damit andere Erfahrungen in ihrer Inaktivität beeinflusst werden könnten.

  8. 8.

    Eine mögliche Rückwirkung persönlicher Erfahrung auf eine entsprechend veränderte Genregulation der Nachkommen im Sinne epigenetischer Prägung wird heute als denkbar angesehen. Es geht nicht darum, einem modern ausformulierten Neo-Lamarckismus (► Lamarckismus) das Wort zu reden, sondern darum, die mögliche Bandbreite (epi)-genetisch wirksamer Vorgänge u. a. zur Bildung von ► Proteinen (► Transkription, ► Translation) so auszuschöpfen, dass man dadurch auch bei Fragen des Vergessens auf veränderungsbereite, umweltinduzierte Variablen Bezug nehmen kann.

  9. 9.

    Es wäre allerdings irreführend anzunehmen, dass Lamarcks Idee allein auf die der Weitergabe erworbener Eigenschaften zurückgeführt werden könnte, sie beinhaltete viel mehr als dies. Auch wurde dieser Gedanke nicht von ihm gewissermaßen „in die Welt gesetzt‘‘, vielmehr glaubten praktisch alle Biologen der damaligen Zeit, dass dies der Fall sei.

  10. 10.

    Welche Haltung man nun hinsichtlich der Möglichkeit einer gerichteten (epi-)genetisch bedingten Veränderung eines Aktivierungsmusters letztlich auch einnehmen mag – ob man eher einer zufälligen, „blinden“ oder eher einer überzufälligen, „interpretativen“ Modifikation eine höhere Bedeutung einräumt, ob man bevorzugt das einzelne Gen an sich oder die Änderungsbereitschaft des Genom als Ganzes betrachtet –, der rasche wissenschaftliche Fortschritt der Molekulargenetik macht die unter unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und Standpunkten gewonnenen Erkenntnisse in jedem Fall zu einer wichtigen Stellgröße, um variationsbereite physische mit variationsbereiten psychischen Kräften in Beziehung setzen zu können (vgl. z. B. Jablonka und Lamb 2006).

  11. 11.

    Beispielsweise der Öffnung des DNA-Doppelstranges, der Festlegung von Beginn und Ende des abzulesenden Teiles, der Entfernung von Starter- und Helfermolekülen aus dem Strang.

  12. 12.

    Diese transponierbaren Elemente, manchmal auch als springende Gene bezeichnet, können zufällig an beliebigen Stellen des Genoms eingefügt werden und so das Ableseraster verändern.

  13. 13.

    Man spricht hier von einem Dicer. Dieses In-Würfel-Schneiden von RNA geschieht durch ein Enzym, das RNA-Fragmente von einer Länge von etwa 20 bis 25 Nucleotiden (siRNA) herstellt.

  14. 14.

    Dies geschieht über eine dadurch entstehende RNA-Interferenz (RNAi).

  15. 15.

    Die übergeordnete „Regulation des Veränderlichen“ bedingt z. B., dass die einzige Aufgabe vieler Gene z. B. darin besteht, die Transkription anderer Gene zu kontrollieren, und nicht darin, „verhaltenswirksame“ Proteine zu codieren.

  16. 16.

    Meist handelt es sich um Gerüstproteine der Plasmamembran, die als Multidomänenproteine simultan mehrere Proteine räumlich und zeitlich binden können.

  17. 17.

    Ein Gen gilt als modifizierend, wenn Veränderungen in seiner Expression Einfluss auf ein bestimmtes Verhalten haben.

  18. 18.

    Um Veränderungen im Bereich der genetischen Codierung zu erkennen, benötigte man eine weitaus höhere Vergrößerung, als sie durch ein Licht- oder Elektronenmikroskop ermöglicht würde.

  19. 19.

    Dadurch kann z. B. das 10- bis 100-fache an Substratmolekülen phosphoryliert (► Phosphorylierung) werden.

  20. 20.

    Die Mitglieder induzierbarer Transkriptionsfaktoren aus den AP-1-Familien Fos und Jun können z. B. die Gentranskription modulieren, d. h. sie verstärken und spezifizieren.

  21. 21.

    Auf die modulierende Rolle von CREB Bezug nehmend wird hierbei meist auf die Auffassung von Biologen und Psychologen, allen voran die von Hebb (1949), zurückgegriffen. In dessen Denkweise werden „Gedächtnisbildung“ und „überdauernde Stärkung synaptischer Verbindungen“ als Synonyme aufgefasst, Vergessen wird als „Schwächung“ davon nicht eigens thematisiert.

  22. 22.

    Eine solche LTP kann z. B. von einem verstärkten postsynaptischen Calciuminflux abhängen, denn dieser wird u. a. durch Rezeptorproteine gefördert, die in Anwesenheit der als Transmitter agierenden Substanz N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) geöffnet werden. Jedoch öffnen sich diese ► NMDA-Rezeptoren nur bei einer bestimmten, bereits bestehenden Vorspannung der postsynaptischen Membran (dendritisches Potenzial), was darauf hindeutet, dass bereits eine Transmitteraktivität vorgelegen haben muss, bevor Calciumionen in die Zelle einströmen können. Wenn die notwendige ► Depolarisation nicht erreicht wird, sind diese calciumspezifischen Rezeptoren durch Magnesiumionen inaktiviert.

  23. 23.

    Man vermutet ferner, dass die postsynaptische Zelle einen Botenstoff freisetzt, der auf die präsynaptische Zelle zurückwirkt und dort wiederum Enzyme aktivieren kann, die ihrerseits eine erhöhte Ausschüttung der Transmittersubstanz in Gang halten.

  24. 24.

    Da es mehrere Formen des Gedächtnisses gibt, u. a. auch solche, die von der LTP im Hippocampus unabhängig sind, ist es naheliegend, dass neben NMDA-Rezeptoren auch andere neurobiologische Mechanismen dafür infrage kommen.

  25. 25.

    Tiere, die z. B. keine CREB-Proteine herstellen und außerdem Mutationen des Hippocampus in gerade jenen Anteilen aufweisen, von denen man glaubt, dass sie für Lernvorgänge wichtig sind, können ebenfalls klassisch bzw. operant konditioniert werden.

  26. 26.

    Dem Prinzip gleichzeitiger Informationsübermittlung neuronaler Kommunikation folgend, sollte darüber hinaus noch gewährleistet werden, dass Zelle B über eine retrograde Informationsvermittlung auch Zelle A über ihren Zustand benachrichtigen können muss. Auf welchem Weg dies geschehen kann, ist bislang noch wenig bekannt. Vermutlich spielt Stickoxid (NO) dabei eine wichtige Rolle, denn Stickoxide – eine Mischung aus Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid – können als bioaktive Moleküle aufgrund geringer Größe biologische Membranen durchqueren und der Signaltransduktion dienen. Dies geschieht u. a., indem sie die Synthese von zyklischem Guaninmonophosphat (cGMP) aktivieren und dadurch die davon abhängige Proteinkinase beschleunigen können.

    Zumindest kann man nachweisen, dass eine LTP dann unterbunden wird, wenn die Synthese von NO im jeweils im Hebb’schen Sinne nachgeschalteten Neuron gehemmt wird. Für eine mögliche Bedeutung dieser Substanz spricht auch die Tatsache, dass die Synthese von NO nur dann freigesetzt wird, wenn die vorgeschaltete Zelle ebenfalls aktiviert wird.

  27. 27.

    Auch ist von verschiedenen möglichen Calmodulinkinasen insbesondere die vom Typ II für die LTP notwendig. Nur wenn sie auftritt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine LTP in die Wege geleitet.

  28. 28.

    In der Tat findet man auch im Hippocampus eine Interaktion verschiedener Transmitter, z. B. des Corticotropin-Releasing-Faktors (CRF) mit Noradrenalin und dem NMDA-Rezeptor. Auch gibt es neben Calmodulin weitere Substanzen mit ähnlichen Signaleigenschaften, z. B. Calcineurin.

  29. 29.

    Zumindest gibt es mehrere Typen von Calciumkanälen, die nicht an NMDA gebunden sind.

  30. 30.

    Dafür sind u. a suprastrukturelle Änderungen von Bedeutung. Dies ist z. B. der Fall, wenn sich die Aktivität eines lokalisierbaren Nervenzellverbands infolge kleiner Veränderungen, etwa einer Verletzung in einem weit entfernt davon liegenden Gehirnteil, ändert, es z. B. zu einer Modifikation bestimmter Rezeptorkonfigurationen oder der Konzentration katalysierender Substanzen in einzelnen Neuronen oder Neuronengruppen (cell assemblies) kommt.

  31. 31.

    Ein Beispiel dafür ist das Lied La Paloma, das in vielen Versionen gesungen wird und zu dem entsprechend unterschiedliche Fassungen vorliegen. Über die „wahre Urfassung‘ herrscht indes weiterhin Uneinigkeit.

  32. 32.

    Ein Beispiel für exogen induzierte epigenetische Veränderungen ist das klassische Silberfuchsexperiment von Dmitriy Beljajew, der innerhalb von 20 Generationen (zwischen 1950 und 1985) durch Domestizierung der Tiere zeigen konnte, dass bei gleichem genetischen Material bei einem Teil der Tiere nicht nur das Verhalten und der Hormonspiegel verändert wurden – sie waren zahm und das Niveau der Stresshormone unterlag einer Veränderung –, sondern sich auch ihr Aussehen änderte, denn Fellfarbe, Bein- und Schwanzlänge waren unterschiedlich im Vergleich zum „Wildtyp“. Der so entstehende unterschiedliche Phänotyp wurde damals auf „schlafende Gene“ zurückgeführt. Heute sieht man darin eine permanente Inaktivierung bestimmter Gene und betrachtet die Veränderung der Hormonausschüttung als Folge einer Veränderung der Chromatinstruktur, die andere normalerweise „stillgelegte“ Gene aktiviert hatte. So war es letztlich durch die Ausprägung bestimmter phänotypischer Merkmale zu einer Veränderung der epigenetischen Musterbildung gekommen, die auf die Expression der Gene über Generation hin zurückwirkte (vgl. Coppinger und Coppinger 2001).

  33. 33.

    Unter dieses fasst man u. a. RNA-gebundene Veränderungsmöglichkeiten im Ablesen der DNA, zu denen die siRNA gehört. Letztere stellt eine Art Gedächtnis über den Aktivitätszustand von Enzymen dar, die bestimmte Gene in einem On-Modus halten.

  34. 34.

    Im Chromatin sind DNA und Histone dergestalt miteinander verbunden, dass sich acht Proteinmoleküle (je zwei der Histone H2A, H2B, H3 und H4) zu einer tablettenartigen Struktur zusammenfügen, um die – wie Draht um eine Spule – der DNA-Faden „gewickelt‘ ist.

  35. 35.

    Gleichwohl ist auch eine Methylierung kein supragenetisches Ereignis, denn es bedarf natürlich immer auch eines Gens, das die dafür notwendige Methyltransferase in Gang setzt.

  36. 36.

    So haben z. B. Leberzellen das gleiche Genom wie Nervenzellen im Gehirn, aber ganz andere Aufgaben. Auf beide wirkt auch die Umwelt unterschiedlich ein – einmal steht die Regulierung des Stoffwechsels und damit auch Abbau und Ausscheidung von Giftstoffen der Umgebung im Vordergrund, ein anderes Mal sind es angemessene Verhaltensreaktionen in komplexen Situationen.

  37. 37.

    Bei Wirbeltieren z. B. heften Methyltransferasen, die Methylgruppe, vor allem dann an die Kernsäure Cytosin (C), wenn dieser Guanin (G) folgt. Diese Kurzsequenz, die CG-Sequenz, kommt im menschlichen Genom nicht nur millionenfach vor, sie ist auch in 70–80 % der Fälle methyliert. Erst aber wenn alle CG-Sequenzen methyliert sind, wird das Gen inaktiv, ohne dass sich an der Basenfolge etwas ändert.

  38. 38.

    Vermutlich, so die gegenwärtige Annahme, dient die DNA-Methylierung u. a. auch als Schutz vor viraler DNA. Dafür spricht, dass mehr als 90 % der gesamten Methylierung im menschlichen Genom sich an sog. mobilen DNA-Elementen befinden. Damit bezeichnet man Überbleibsel von uralten Viren, die sich ins Genom eingenistet haben und auf diese Weise unschädlich gemacht werden können. „Loswerden“ im Sinne von „abstoßen“ kann das Genom fremde DNA nicht, es kann sie nur inaktivieren.

  39. 39.

    Von Bedeutung ist hier u. a. das jeweils spezifische Verteilungsmuster der an die DNA gebundenen Mythylgruppen. Mittels dieses Vorgangs versucht man beispielsweise zu erklären, warum bei bestimmten Zelltypen nur auf einen kleinen Teil des Geninventars zurückgegriffen wird und andere Teile durch „Stummschaltung“ auf null reguliert bzw. reduziert werden. Vor der Einnistung des Embryos scheint die DNA einen als Demethylierung bezeichneten Prozess zu durchlaufen. Bei diesem wird zwar mehr als die Hälfte der von den Eltern über die Keimzellen geerbten Methylgruppen entfernt, es entsteht aber unter Verwendung der verbliebenen, nicht entfernten Methylierungen ein nur teilweise neues embryotisches Methylierungsmuster. Diese zweite, der DNA-Basensequenz nachgeordnete Prägung, die epigenetische Programmierung, geht auch während der Entwicklung bei der Zellteilung nicht verloren. Ihr Erhalt ist deshalb möglich, weil ggf. mittels eines Enzyms einer Erhaltungsmethyltrasferase dafür gesorgt ist, dass die sich in einem DNA-Doppelstrang gegenüberliegenden CG/GC-Basen immer beide methyliert sind. Das Enzym „erkennt“ nun einseitig methylierte CG-Sequenzen und ergänzt den fehlenden Molekülanhang. Im Zusammenhang mit epigenetischen Mechanismen im Allgemeinen und der Methylierung im Besonderen wird daher auch von einem transgenerativen zellulären Gedächtnis gesprochen.

  40. 40.

    Auch geringfügige Veränderungen, die in einem Gen codierte Aminosäuresequenz nicht ändern – gewissermaßen „stumm“ bleiben – können sich auf die Proteinsynthese auswirken, weil sie z. B. mit dem korrekten Ausschneiden der Introns interferieren.

  41. 41.

    Weit über 90 % aller Gene sind inaktiv. Hinzu kommt, dass wir von den jeweils aktiven weit mehr als 90 % mit anderen, beliebig weit entfernt verwandten Spezies teilen.

  42. 42.

    Vor der Einnistung des Embryos scheint die DNA jedoch einen als Demethylierung bezeichneten Prozess zu durchlaufen, bei dem mehr als die Hälfte der von den Eltern über die Keimzellen geerbten Methylgruppen entfernt werden, sodass ein teilweise neues embryotisches Methylierungsmuster entstehen kann. Einige der für den Nachwuchs bestimmten elterlichen Gene erhalten darüber hinaus auch eine geschlechtsspezifische Prägung, ein Imprinting, das ebenfalls weitergegeben wird.

  43. 43.

    Werden im Tierexperiment z. B. De-novo-Transferasen ausgeschlossen, so wird der Methylierungsstatus – da keine neuen Molekülanhänge hinzukommen – auf einem präexperimentellen Niveau „eingefroren“. Das wiederum kann dazu führen, dass „alte“ parasitäre DNA-Sequenzen wieder aktiv werden, was sich negativ auf die Überlebenswahrscheinlichkeit des Individuums auswirken kann.

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Pritzel, M., Markowitsch, H.J. (2017). Epigenetische Korrelate des Vergessens. In: Warum wir vergessen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54137-1_8

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