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Anklage und Inquisition in der Lehre der Aufklärungsepoche

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Geschichte des Strafprozessrechts in der Frühen Neuzeit

Part of the book series: Springer-Lehrbuch ((SLB))

  • 1846 Accesses

Zusammenfassung

Im Folgenden sollen einige Aspekte der Debatte geschildert werden, die in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts in Italien zum Verhältnis zwischen akkusatorischem Modell und inquisitorischen Strukturen stattfindet. Die Perspektive, in welche diese Debatte eingebettet ist, ist diejenige einer immer dringenderen Reform des Strafprozesses. Diese Reform ist ihrerseits eingebunden in eine allgemeinere Neubegründung des ganzen Systems der Strafjustiz nach Kriterien des Garantismus und der daraus folgenden Eingriffslinien, die anhand der europäischen rechtspolitischen und rechtsphilosophischen Spekulation aufklärerischer Prägung ermittelt werden.

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Notes

  1. 1.

    Adriano Cavanna, Storia del diritto moderno in Europa. Le fonti e il pensiero giuridico. Bd. 2. Mailand (Giuffrè) 2005, S. 221.

  2. 2.

    Cavanna, Storia del diritto moderno. Bd. 2, S. 218.

  3. 3.

    Stefano Solimano, Paolo Risi e il processo penale, in: Studi di storia del diritto. Bd. 3. Mailand (Giuffrè) 2001, S. 419–519, insb. S. 517.

  4. 4.

    Paolo Risi (*Mailand 1731 – †ebd. 1800) ist Amtsrichter (pretore) zu Pizzighettone, als er seine Animadversiones ad criminalem jurisprudentiam (Mailand 1766) verfasst. Danach wechselt er als Fiskal-Bürgermeister (sindaco fiscale) zum Fiskal-Kollegium (collegio fiscale) von Mailand, und in dieser Eigenschaft verfasst er einen Bericht über die Abschaffung der Folter und über die Beschränkung der Todesstrafe. 1786 wird er Fiskal-Advokat, und ab 1789 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand (1791) ist er Beisitzer beim Tribunal von Mailand. 1791–92 ist er mit Beccaria an der Erstellung des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für die österreichische Lombardei beteiligt. Die Übersetzungen der Animadversiones ins Französische (Lausanne 1768) und ins Deutsche (Heidelberg 1771) machen ihn in ganz Europa bekannt. 1776 begleitet er mit einigen Osservazioni die italienische Übersetzung des Werkes von Joseph von Sonnenfels Über die Abschaffung der Tortur (Mailand 1776).

  5. 5.

    Solimano, Paolo Risi, S. 514.

  6. 6.

    In der Fachsprache des späten gemeinen Rechts wird der Terminus „Fiskus“ im Zusammenhang mit Strafverfahren gewöhnlich dazu verwendet, um einerseits die Funktion des Schutzes der Interessen des Herrschers und ganz allgemein des Staates zu bezeichnen, andererseits die Organe, welche diese Funktion ausüben. Wir haben bereits auf die Gestalt des Fiskal-Advokaten hingewiesen, eines Amtsträgers, der in das Verfahren eingreift und dort eine mitunter sehr nachdrückliche Rolle zur Unterstützung der Anklage ausübt.

  7. 7.

    Wie bereits bemerkt, wird Tommaso Nani 1803 in Pavia De criminibus neu publizieren und es als Textbuch für seine Universitätskurse über Straf- und Strafprozessrecht verwenden.

  8. 8.

    Luigi Cremani (*Arezzo 1748,†Florenz 1838) promoviert 1772 zu Pisa im Klima der von Leopoldo Guadagni und von Giovanni Maria Lampredi gelehrten gemäßigten naturrechtlichen Aufklärungsphilosophie. In Pisa ist er außerordentlicher Lektor des Zivilrechts, bis er 1775 nach Pavia auf den Lehrstuhl für Institutionen des Kriminalrechts berufen wird. Dort verbleibt er 20 Jahre (1787 ist er Rektor); und in Pavia veröffentlicht er auch auf dem Höhepunkt einer ruhmreichen akademischen Karriere von 1791 bis 1793 sein wichtigstes Werk: De iure criminali libri tres (Drei Bücher über das Kriminalrecht), vielleicht das bedeutendste der Werke wissenschaftlicher Systematisierung der gesamten Strafrechtsmaterie, erscheint in einem heiklen Augenblick des Übergangs von den Rechtssystemen des Ancien Régime zur modernen Kodifikation. 1796, bei Ankunft der französischen Revolutionstruppen, flieht er in die Toskana, wo er aktiv an der antijakobinischen Repression mitwirkt. Während der Jahre der napoleonischen Herrschaft (1800–1814) zieht er sich ins Privatleben zurück, mit dem Einsetzen der Restauration wird er zum Präsidenten der Ruota Criminale von Florenz ernannt und trägt dazu bei, die Arbeiten an der Strafrechtskodifikation im Großherzogtum Toskana in Gang zu bringen.

  9. 9.

    Montesquieu nimmt in diesem Falle Bezug auf die königlichen Prokuratoren (und auf die herrschaftlichen Prokuratoren für die feudalen Gerichtsbarkeiten), die das staatsanwaltschaftliche Amt in den durch die Ordonnance Criminelle von 1670 festgelegten Formen ausüben.

  10. 10.

    Filippo Maria Renazzi (*Rom 1745, †ebd. 1808) ist der Sohn eines Rechtsprofessors der Universität Bologna, der aus beruflichen Gründen nach Rom umgezogen ist. Seine juristische Vorbereitung reift nicht im universitären Bereich, sondern ist das Ergebnis privat betriebener Studien. Seit 1763 übt er den Anwaltsberuf aus; nach einem 1768 erfolgreich überstandenen Lehrstuhl-Berufungsverfahren ist er ab 1769 dreißig Jahre lang Professor der Institutionen des Kriminalrechts an der Universität Rom. Reich an wissenschaftlichen und kulturellen Interessen ist er Bewunderer Montesquieus und Beccarias und setzt sich von kulturell offenen, in der Sache jedoch gemäßigten Positionen aus für die Reform und die Rationalisierung des Systems der Strafjustiz ein. Die Veröffentlichung der Elementa Iuris Criminalis (1773–1786) verschafft ihm europaweiten Ruf und zahlreiche Angebote für einen Wechsel ins Ausland, doch zieht er es vor, in Rom zu bleiben, wo er neben der akademischen Tätigkeit auch weiterhin die Advokatur betreibt und ferner zahlreiche öffentliche Aufgaben sowohl unter der päpstlichen Regierung als auch während der französischen Besatzung übernimmt. Er veröffentlicht auch eine umfangreiche Storia dell’Università degli Studi di Roma (Geschichte der Universität Rom) in vier Bänden (Rom 1803–1806).

  11. 11.

    Die Zitate aus dem Werk von Schmid D’Avenstein sind entnommen aus der zweiten italienischen Übersetzung, veröffentlicht in zwei Bänden 1787 in Massa unter dem Titel Principj della legislazione universale.

  12. 12.

    Alberto De Simoni (*Bormio 1740, †Ardenno 1822), übt nach Studien in Innsbruck und Salzburg ab 1762 die Advokatur im heimatlichen Veltlin aus und übernimmt gelegentlich auch administrative und rechtsprechende Aufgaben. Als nicht akademischer, aber breit, auch philosophisch, gebildeter Jurist, wird er bekannt durch das Werk Del furto e sua pena (Der Diebstahl und seine Bestrafung) (Lugano 1776), worin die Reform des Strafsystems mit systematischem und praktischem Sinn beschrieben wird, und durch das nachfolgende Werk Dei delitti considerati nel solo affetto (Von den Verbrechen im bloßen Affekt) (Como 1783). In der revolutionären Epoche nimmt er an den Ereignissen teil, die zur Trennung des Veltlins von Graubünden führen. Ab 1802 nimmt er in Mailand an den Kodifikationsarbeiten teil und verfasst in diesem Zusammenhang den Entwurf eines Zivilgesetzbuches für die Italienische Republik (1802–1803); auch beaufsichtigt er die italienische Übersetzung des Code Napoleon (1805). Appellationsrichter (1804) und Kassationsrat (1807), kehrt er in den letzten Jahren zu Studien vom naturrechtlichen Standpunkt aus zurück (Del diritto pubblico di convenienza politica [Öffentliches Recht im politischen Interesse], Como 1807; Saggio critico storico e filosofico sul diritto di natura e delle genti [Kritische historische und philosophische Abhandlung über das Natur- und Völkerrecht], posthum Mailand 1822).

  13. 13.

    Gemeinsame Lektüren, die vor dem Hintergrund einer soliden und breit angelegten klassischen Bildung in drei Gruppen eingeteilt werden können: die erste besteht in den Werken der praktischen Kriminalisten, die insbesondere auf das 16. und 17. Jahrhundert zurückgehen; die zweite umfasst Werke von gelehrten Juristen und von Philosophen, die dem naturrechtlichen und vernunftrechtlichen Denken verbunden sind; die dritte entspricht einer eindeutig aufklärerischen Position im engeren Sinne und stützt sich auf eine besondere Vorliebe für Montesquieu sowie auf eine vertiefte, wenn auch nicht immer überzeugte Kenntnis Beccarias.

  14. 14.

    Bezeichnend erscheinen insoweit die Ansichten des Veltliner Juristen, die dieser mitunter zur Möglichkeit der Folter ausdrückt.

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Dezza, E. (2017). Anklage und Inquisition in der Lehre der Aufklärungsepoche. In: Vormbaum, T. (eds) Geschichte des Strafprozessrechts in der Frühen Neuzeit. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53244-7_10

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-53244-7_10

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  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-53243-0

  • Online ISBN: 978-3-662-53244-7

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