Zusammenfassung
Zelig ist wohl der Film Woody Allens, der am deutlichsten und konsequentesten von allen als filmische Veranschaulichung eines psychologischen Phänomens und einer psychoanalytischen Fragestellung verstanden werden kann. Im Gewand einer Fernsehdokumentation wird die historische Geschichte eines Mannes in der Zeit zwischen den 1920er- und 1940er-Jahren erzählt, der sich sowohl körperlich als auch charakterlich an die ihn jeweils umgebenden Menschen in erstaunlichem Maße anpasst. Der Film spielt inhaltlich gekonnt und stilistisch raffiniert mit der Doppelbödigkeit von Psyche und Identität zwischen Konstruktion und Unmittelbarkeit, zwischen Maskerade und Authentizität, zwischen Selbstbetrug und echtem Ich. Dabei ist nicht nur bemerkenswert, dass so viele Psychoanalytiker, Psychotherapeuten und Psychiater auftreten wie in keinem anderen Film des bekennenden Langzeitanalysanden Allen, sondern dass in Zelig eine souveräne und beruflich erfolgreiche Frau im Mittelpunkt des Geschehens steht.
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Notes
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Als »mockumentaries« werden fiktive Dokumentarfilme bezeichnet, die erfundene Inhalte in der konventionellen Machart nichtfiktionaler Filme täuschend echt präsentieren (etwa durch die Montage authentischer historischer Filmaufnahmen mit neu produziertem Material sowie die Übernahme gängiger narrativer Strukturen und Formen) und dabei mitunter nicht nur ihren Inhalt, sondern auch das Genre des Dokumentarfilmes als solches parodieren. Mockumentary setzt sich zusammen aus »to mock« (engl. für vortäuschen) und »documentary«.
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Als »mockumentaries« werden fiktive Dokumentarfilme bezeichnet, die erfundene Inhalte in der konventionellen Machart nichtfiktionaler Filme täuschend echt präsentieren (etwa durch die Montage authentischer historischer Filmaufnahmen mit neu produziertem Material sowie die Übernahme gängiger narrativer Strukturen und Formen) und dabei mitunter nicht nur ihren Inhalt, sondern auch das Genre des Dokumentarfilmes als solches parodieren. Mockumentary setzt sich zusammen aus »to mock« (engl. für vortäuschen) und »documentary«.
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Der Autor dieses Befundes, ein Psychologe und Coach, der in einem Buch über »Identität im Zeitalter des Chamäleons« ganz explizit Allens Film zur Veranschaulichung seiner Thesen zur Identitätskonstruktion, zur Fragmentierung des Selbst und der Spannung zwischen Autonomie und Anpassung verwendet, macht an dieser Stelle auch auf Parallelen zwischen dem Motiv der Flexibilität und Woody Allens eigenem Vater aufmerksam, der seinerseits die verschiedensten Jobs ausführte, was vermutlich die Kindheit des späteren Multitalents prägte (Lippmann 2013, S. 71).
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Der Autor dieses Befundes, ein Psychologe und Coach, der in einem Buch über »Identität im Zeitalter des Chamäleons« ganz explizit Allens Film zur Veranschaulichung seiner Thesen zur Identitätskonstruktion, zur Fragmentierung des Selbst und der Spannung zwischen Autonomie und Anpassung verwendet, macht an dieser Stelle auch auf Parallelen zwischen dem Motiv der Flexibilität und Woody Allens eigenem Vater aufmerksam, der seinerseits die verschiedensten Jobs ausführte, was vermutlich die Kindheit des späteren Multitalents prägte (Lippmann 2013, S. 71).
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Bemerkenswert ist dabei, das Zelig sich in einen Psychiater verwandelt, nicht jedoch in eine Frau. Vgl. dazu Feldstein 1989, S. 78.
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Bemerkenswert ist dabei, das Zelig sich in einen Psychiater verwandelt, nicht jedoch in eine Frau. Vgl. dazu Feldstein 1989, S. 78.
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Eichinger, T. (2017). Ein Triumph der ärztlichen Instinkte. In: Seelenkenner Psychoschurken. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-50486-4_6
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