Wissenschaft und Spiritualität – Von gemeinsamen Wurzeln und getrennten Sphären

Zusammenfassung

In einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum von ca. 400 Jahren hat sich der Bezugsrahmen bei der Frage nach Gott und dem Jenseitigen grundlegend verändert. Die Entwicklung, welche mit der wissenschaftlichen Revolution ihren Anfang nahm, ist in ihren Auswirkungen mit keinem anderen Ereignis der aufgezeichneten Menschheitsgeschichte zu vergleichen. Nichtsdestotrotz ist es für uns Menschen natürlich, nach dem ‚Warum‘ und dem Sinn unseres Daseins zu fragen. Die meisten Menschen würden wohl auch heute noch verneinen, dass die Naturwissenschaft ein solches spirituelles ‚Urbedürfnis‘ des Menschen befriedigen könnte. Dies führt in breiten Teilen unserer Gesellschaft zu einer den Wissenschaften gegenüber geradezu feindselig eingestellten Haltung. Der Vorwurf geht bis dahin, dass die naturwissenschaftliche Rationalität die Menschen den Zwängen der Technologie und Ökonomie unterwerfe und sie zu Objekten degradiere. Ihr wird dann eine als ″spirituell″ bezeichnete Erfahrung- und Erkenntnissphäre entgegengehalten, leider nicht selten ohne klare begriffliche Kohärenz, die eine nur schwer direkt erfahrbare und mit Begriffen kaum erfassbare Realität beschreiben soll. Dieses geradezu antagonistische Verhältnis spirituellen und naturwissenschaftlichen Strebens nach Wissen ist, wie einleitend erwähnt, eine Entwicklung der Moderne. So begeben wir uns mit der Frage nach den Unterschieden spiritueller und wissenschaftlicher Welt- und Naturbeschreibung zwangsläufig in die Dimension des Historischen. Und um den historischen Tanz zwischen spirituellen Bedürfnissen und Denktraditionen und naturwissenschaftlichem Erkenntnisstreben soll es im Folgenden gehen.