1 Einleitung

Im Jahr 2010 gab es in Deutschland insgesamt 18,4 Millionen Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren (Pötzsch 2012). Die durchschnittliche Zahl an Kindern pro Frau lag bei 1,39. Diese zusammengefasste Geburtenziffer gibt allerdings bloß die durchschnittliche Kinderzahl an, unabhängig davon, ob diese Frauen tatsächlich (k)ein oder mehrere Kinder haben. Die Zahl der im Jahr 2010 geborenen Kinder betrug 677.947 (Destatis 2012).

Sowohl die Zahl der Geburten als auch der Anteil an Frauen, die Kinder bekommen könnten, ist seit Jahren in Deutschland rückläufig. Ein Ende des Trends ist noch nicht erreicht. Beide Prozesse führen zwangsläufig zu sinkenden Anzahlen der Kinder, auch wenn die realisierte durchschnittliche Anzahl pro Frau gleich bleiben würde. Zusätzlich hat sich allerdings in den letzten 20 Jahren deutlich der Anteil derjenigen Frauen erhöht, die kinderlos bleiben. Lag der Mütteranteil in den Geburtsjahrgängen 1933–1948 noch bei 90%, so ist er für die Jahrgänge der 1964–1968 geborenen Frauen auf 79% gesunken (Pötzsch 2012; Datenreport 2013), d.h., 21% aller Frauen dieser Jahrgänge bleiben kinderlos.

Charakteristisch für die in Deutschland gegenwärtig gelebten Fertilitätsmuster sind somit eine konstant niedrige Fertilität seit etwa 35 Jahren, eine außerordentlich hohe Kinderlosigkeit, eine niedrige Zahl gewünschter Kinder sowie eine starke sozialstrukturelle und regionale Ausdifferenzierung, zu welcher Ost-West-Unterschiede, Bildungsunterschiede, Migrationserfahrungen, die Erwerbssituation und die entsprechende Lebensform zählen (Dorbritz u. Manthe 2012).

Mutterschaft wird in der Literatur vielfach unter zwei Aspekten diskutiert – zum einen als Option des persönlichen Wachstums und zum anderen als anstrengende, stressige Zeit (vgl. Coyle 2009). Geht es um die Gesundheit von Müttern , werden in vielen Forschungsarbeiten psychosoziale Stressoren thematisiert, die direkt mit Versorgungs- und Erziehungsaufgaben verbunden sind oder aus diesen Aufgaben resultieren. Thematisiert wird die Gesundheit unter dem Ressourcen- und Risikoaspekt, eine sozialepidemiologische Perspektive fehlt allerdings häufig (Sperlich et al. 2011), sodass der Fokus der Auswertungen eher disziplinspezifisch und somit weniger umfassend ist.

Dass allerdings Zusammenhänge zwischen sozialepidemiologischen Aspekten und der Gesundheit bestehen, zeigt die Arbeit von Mammen et al. (2009). In der Langzeitstudie an 163 Müttern mit niedrigem Einkommen zeigten sich die gesundheitlichen und persönlichen Ressourcen (darunter vor allem das finanzielle Einkommen) als Parameter, welche die Lebenszufriedenheit beeinflussen.

McLanahan und Percheski (2008) analysieren Arbeiten zum Zusammenhang von familiären Strukturen und sozialer/finanzieller Ungleichheit innerhalb der Familien und stellen eine kausale Beziehung fest: Einkommensungleichheiten führen zum Aufschieben von Heirat und zu geringerer Beziehungsdauer; Personen können den ursprünglich mit der Heirat assoziierten Lebensstandard nicht aufrechterhalten. Andererseits warten vor allem schlecht ausgebildete Frauen mit der Entscheidung, Kinder zu bekommen, oft nicht bis zur Heirat bzw. Bildung einer festen Lebensgemeinschaft, was wiederum zu schlechteren sozialen Lebensbedingungen für die alleinerziehenden Mütter und deren Kindern führt, da die elterlichen (mütterlichen) Ressourcen geringer sind als bei Paaren, vor allem hinsichtlich finanzieller Aspekte und psychischer Gesundheit. Auch wenn die in der genannten Arbeit dargestellten Aspekte für den angloamerikanischen Raum beschrieben wurden, lassen sich doch ähnliche Entwicklungen auch in Deutschland zeigen. So schreibt der 11. Familienreport des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2011), dass Frauen mit einem niedrigen Bildungsstand gerade in Situationen, die sie als ökonomisch unsicher erleben, eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, eine Familie zu gründen, als Frauen mit hoher Bildung und Karriereorientierung.

Die Befunde zur Gesundheit von Müttern sind widersprüchlich; einerseits zeigen sich Mütter im Alltag belasteter, andererseits scheinen Kinder und Partnerschaft auch Faktoren einer gesünderen Lebensführung zu sein und sich gesundheitserhaltend auszuwirken.

Jackson und Mannix (2003) beschreiben Mutterschaft als eine Herausforderung, die sich auf alle Lebensbereiche auswirkt. Die Veränderungen durch den Übergang zur Mutterschaft sind somit umfassend und in gewisser Weise unerbittlich, d.h., die Herausforderungen, welche sich sowohl in einer höheren Arbeitsintensivität als auch in einer emotionalen Herausforderung abbilden, sind täglich neu zu bewältigen. Nicht selten resultieren aus diesen Anforderungen Symptome wie chronische Müdigkeit, Kopfschmerzen, Ängstlichkeit, Depressivität und gastrointestinale Störungen (vgl. auch Arendell 2000; Kiecolt-Glaser u. Newton 2001) – vor allem dann, wenn gleichzeitig auch noch berufliche Verpflichtungen und Karrierebestrebungen bewältigt werden müssen.

Ältere Arbeiten aus den 1980er-Jahren zur psychischen Gesundheit von Müttern stellen diese als häufiger psychisch beeinträchtigt dar, mit einem geringeren psychischen Wohlbefinden und einem erhöhten Erkrankungsrisiko für Depressionen (vgl. die Überblicksarbeit von Sieverding 1995; Evenson u. Simon 2005; Artazcoz et al. 2004). Die meisten dieser Belastungen werden auf die spezifischen Charakteristika der traditionellen Hausfrauenrolle zurückgeführt, mit welcher vor allem eine „geringe soziale Anerkennung der Haus- und Familienarbeit, die Unstrukturiertheit und Unsichtbarkeit der Arbeit, das große Ausmaß an Routinetätigkeiten (und) die Gefahr sozialer Isolation“ einhergehen (Sperlich et al. 2011, S. 735; vgl. auch Matthews et al. 1998 und Kessler u. McLeod 1984).

Auch aktuellere Arbeiten wie die von Sperlich (2010) bestätigen, dass Beeinträchtigungen vor allem der psychischen Gesundheit aus einer geringen Anerkennung der Haus- und Familienarbeit resultieren können.

Coyle (2009) untersucht in ihrem Review die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Müttern und stellt fest, dass es für den angloamerikanischen Raum keine repräsentativen Daten hierzu gibt. In der Studie von Ahluwalia et al. (2003) berichten 10% der untersuchten Frauen im gebärfähigen Alter von Angst bzw. einem generell eingeschränkten Gesundheitszustand, 12,6% von regelmäßigem mentalen Disstress, 7% von regelmäßigen physischen Einschränkungen und 40,5% von ungenügendem Schlaf. In der Studie von Coyle (2009) zum Risikoverhalten bei Müttern (Behavioral Risk Factor Surveillance Survey) gaben 12,5% gesundheitliche Einschränkungen an. Allein diese zwei Ergebnisse zeigen, dass sehr unterschiedliche Bezugsfaktoren definiert und verschiedene Instrumentarien eingesetzt werden, um Aussagen über die Zusammenhänge zwischen Elternschaft , Partnerschaft , Lebenszufriedenheit und Gesundheit zu treffen.

Der vorliegende Beitrag setzt sich daher mit der Frage auseinander, ob sich Mütter – in Abhängigkeit vom Alter, von der Partnerschaft sowie dem Alter und der Kinderzahl – in ihrer Lebenszufriedenheit und psychischen Gesundheit voneinander und von kinderlosen Frauen der gleichen Altersgruppe unterscheiden.

2 Methodik und Stichprobengewinnung

Die vorliegende Stichprobe basiert auf einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2010, welche durch den „Unabhängigen Service für Umfragen, Methoden und Analysen Berlin“ (USUMA) erhoben wurde. Die dabei durch Zufallsauswahl (Random-Route-Verfahren) ermittelten Personen wurden von geschulten Interviewern zu Hause aufgesucht und im Face-to-face-Interview befragt. Ebenfalls nach dem Zufallsprinzip erfolgte die Auswahl der Zielperson aus der Gruppe der Haushaltsmitglieder ab 14 Jahren. Ausländerinnen wurden zur Vermeidung von Sprachproblemen nicht mit in die Studie aufgenommen. Für die ausgewerteten Fragestellungen wurden nur die Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren in die Auswertung mit einbezogen.

Die Studie diente vor allem dazu, verschiedene Fragebögen teststatistisch zu normieren und darüber hinaus unterschiedlichste inhaltliche Fragestellungen zu analysieren. Die hier vorgestellten Ergebnisse stellen deshalb nur ausgewählte Aspekte und Ergebnisse der Befragungen zum Thema Mutterschaft, Lebenszufriedenheit und Gesundheit dar.

3 Instrumentarium

3.1 Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ)

Der Fragebogen zur Lebenszufriedenheit von Henrich und Herschbach (FLZ-M 2000, 2001) ist ein Erhebungsinstrument zur Erfassung der subjektiven Lebensqualität . Dazu werden relevante Aspekte der Zufriedenheit in acht Lebensbereichen (Freunde/Bekannte, Freizeit und Hobby, Gesundheit, Beruf/Arbeit, finanzielle Situation/Einkommen, Wohnsituation, Familienleben/Kinder, Partnerschaft/Sexualität) sowohl hinsichtlich ihrer subjektiven Wichtigkeit als auch hinsichtlich der subjektiven Zufriedenheit erhoben.

Die Beantwortung erfolgt jeweils auf einer fünfstufigen Skala von 0 = „nicht wichtig bzw. unzufrieden“ bis 4 = „extrem wichtig bzw. sehr zufrieden“ (vgl. Henrich et al. 1992). Beide Bereiche werden nach der folgenden Formel zu einem Summenscore zusammengefasst: gewichtete Zufriedenheit = Rating der Wichtigkeit x [(2 x Rating der Zufriedenheit) – 3]. Die sich hieraus ergebenden Werte liegen zwischen –12 und 20, höhere Werte geben eine höhere Zufriedenheit mit dem jeweiligen Bereich an. Die interne Konsistenz des Fragebogens liegt bei α =.82.

Das psychische Befinden wurde mittels dreier Fragebögen erhoben:

3.2 Generalized Anxiety Disorder-2 (GAD-2)

Der GAD-2 ist ein kurzes und effizientes Screening-Instrument zur Erfassung der Generalisierten Angststörung , das aus dem GAD-7 hervorgegangen ist (Spitzer et al. 2006). Darüber hinaus ist der Fragebogen auch zur Erfassung anderer Angststörungen geeignet (Kroenke et al. 2007). Er erfragt anhand von zwei Items spezifische Beschwerden innerhalb der letzten zwei Wochen, die auf einer vierstufigen Skala von „0 = überhaupt nicht“ bis „3 = beinahe jeden Tag“ beantwortet werden. Aus der Summation beider Items wird ein Skalenwert im Bereich von 0 bis 6 Punkten errechnet. Höhere Punktwerte entsprechen höheren Belastungen. Ein Cut-off von ≥ 3 ist als ernst zu nehmender Indikator für pathologische Angstausprägungen zu werten (ebd.).

3.3 Patient Health Questionnaire-2 (PHQ-2)

Dieser validierte Screening-Fragebogen (Kroenke et al. 2003; Löwe et al. 2005) ist die Kurzform des PHQ-9 (Kroenke et al. 2001) und erfasst anhand zweier Items die depressionsspezifischen Symptome der gedrückten Stimmung und Anhedonie während der letzten zwei Wochen. Auch hier erfolgt die Einschätzung auf einer vierstufigen Skala von „0=überhaupt nicht“ bis „3=beinahe jeden Tag“, die zu einem Summenscore im Bereich von 0 bis 6 Punkten zusammengefasst wird. Höhere Werte stehen für stärkere depressive Beschwerden. Ein Cut-off-Wert von ≥ 3 wurde für Screenings als optimal beziehungsweise als „unauffällige Symptomatik“ beschrieben (Kroenke et al. 2003).

4 Statistische Analyse

Die statistische Datenanalyse erfolgte mit der Software SPSS 20. Mittelwertunterschiede zwischen verschiedenen Gruppen – bezogen auf das Alter sowie die Kinderzahl – wurden mittels T-Test für unabhängige Stichproben auf Signifikanz geprüft. Das Signifikanzniveau wurde auf 5% festgesetzt. Des Weiteren wurden mittels univariater Varianzanalysen Unterschiede zwischen den Teilgruppen analysiert (Kinderanzahl/Partnerschaft/Alter der Kinder).

5 Ergebnisse

Die Analyse der Fragestellung erfolgte auf Basis repräsentativer Daten einer Bevölkerungsstichprobe aus dem Jahr 2010. Untersucht wurden Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren mit und ohne Kinder und mit unterschiedlichen Kinderanzahlen.

Aus der Erhebung 2010 wurden die Datensätze von 581 Frauen ausgewertet: 291 Frauen hatten Kinder, 290 Frauen waren kinderlos. Auch hier zeigen sich die oben genannten Unterschiede hinsichtlich der Erwerbstätigkeit : 25,9% der Mütter und 60,8% der kinderlosen Frauen sind in Vollzeit erwerbstätig. Insgesamt leben 71,1% in einer Partnerschaft, bei den Müttern 79,3%, bei den kinderlosen Frauen 62,4%. Weitere Angaben können Tab. 13.1 entnommen werden.

Tab. 13.1 Soziodemographie. (Mod. nach Stöbel-Richter et al. 2013; mit freundl. Genehmigung)

Den folgenden Auswertungen liegen die bestimmte Fragestellungen zugrunde, bezogen auf die Lebenszufriedenheit und die psychische Gesundheit:

  1. 1.

    Unterscheiden sich Mütter von kinderlosen Frauen?

  2. 2.

    Welchen Einfluss hat die Partnerschaft?

  3. 3.

    Welchen Einfluss hat die Zahl der Kinder?

  4. 4.

    Welchen Einfluss hat das Alter des Kindes?

  5. 5.

    Welchen Einfluss hat das Alter der Frauen?

Diese fünf Fragestellungen wurden jeweils hinsichtlich der Lebenszufriedenheit und der psychischen Belastungen untersucht. Hinsichtlich der Auswertungen zur Partnerschaft wurden die Fragen 1, 3 und 4 untersucht.

Zur Analyse der Fragestellungen wurden die Frauen jeweils in zwei Altersgruppen aufgeteilt: Die Altersgruppe „Jüngere“ umfasst Frauen bis 35 Jahre, die Altersgruppe „Ältere“ Frauen zwischen 36 und 50 Jahren. Darüber hinaus wurde das Alter der Kinder in drei Gruppen unterteilt: Gruppe 1: ≤ 5 Jahre; Gruppe 2: 6–13 Jahre; Gruppe 3: 14–17 Jahre.

5.1 Lebenszufriedenheit

Die Auswertung für den FLZ erfolgte mittels gewichteten Faktors, sodass ein Gesamtwert für die jeweilige Wichtigkeit/Zufriedenheit mit dem entsprechenden Bereich entsteht.

Beim Gruppenvergleich Partnerschaft (ja/nein) und Kinderzahl zeigen sich – bezogen auf die Lebensbereiche Freunde, Freizeit und Gesundheit – keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

5.1.1 Lebenszufriedenheit in Abhängigkeit von Partnerschaft und Anzahl der Kinder

Signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen zeigen sich hinsichtlich der gewichteten Zufriedenheit mit dem Einkommen:

Frauen ohne Partnerschaft sind generell unzufriedener als Frauen in Partnerschaft. Die Unzufriedenheit steigt zusätzlich, wenn die alleinstehenden Frauen zwei oder mehr Kinder haben, ist aber bei denjenigen mit zwei Kindern am größten.

Vergleicht man nur die Frauen in Partnerschaft, so ist hier die Zufriedenheit bei den Müttern mit einem Kind am höchsten, bei denjenigen mit zwei Kindern am geringsten. Die genauen Kennwerte können Tab. 13.2 entnommen werden.

Tab. 13.2 Zufriedenheit mit dem Einkommen in Abhängigkeit von Partnerschaft und der Anzahl der Kinder (Univariate Varianzanalyse). (Mod. nach Stöbel-Richter et al. 2013; mit freundl. Genehmigung)

Ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen zeigen sich hinsichtlich der Zufriedenheit mit dem Beruf:

Frauen in Partnerschaft sind signifikant zufriedener mit ihrem Beruf als Frauen ohne Partnerschaft. Bei letzteren zeigt sich bei denjenigen mit zwei Kindern die größte Unzufriedenheit, allerdings ist die Interaktion zwischen Partnerschaft und Anzahl der Kinder nicht signifikant. Die genauen Kennwerte können Tab. 13.3 entnommen werden.

Tab. 13.3 Zufriedenheit mit dem Beruf in Abhängigkeit von Partnerschaft und der Anzahl der Kinder (Univariate Varianzanalyse). (Mod. nach Stöbel-Richter et al. 2013; mit freundl. Genehmigung)

Signifikante Unterschiede zeigen sich zwischen den Gruppen hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Familie:

Deutlich unzufriedener als alle anderen sind alleinstehende kinderlose Frauen. Erwartungsgemäß sind Frauen in einer Partnerschaft zufriedener als Frauen ohne Partnerschaft. Interessant ist, dass die Frauen mit zwei und mehr Kindern in Partnerschaft zufriedener sind als Frauen ohne oder mit einem Kind und dass alleinstehende Frauen mit zwei Kindern zufriedener sind als jene mit einem, keinem oder drei und mehr Kindern. Die genauen Kennwerte können Tab. 13.4 entnommen werden.

Tab. 13.4 Zufriedenheit mit der Familie in Abhängigkeit von Partnerschaft und der Anzahl der Kinder (Univariate Varianzanalyse). (Mod. nach Stöbel-Richter et al. 2013; mit freundl. Genehmigung)

Bezogen auf die Wohnsituation sind Frauen ohne Partnerschaft signifikant unzufriedener als Frauen in Partnerschaft (MW = 10,25 vs. MW = 7,66; F = 14,266; df = 3; p ≤ .001).

Bezogen auf die Partnerschaft sind Frauen ohne Partner erwartungsgemäß signifikant unzufriedener (ohne Partner MW = 2,36 vs. mit Partner MW = 11,52; F = 88,44; df = 1; p ≤ .001), die Anzahl der Kinder wirkt sich in diesem Fall nicht auf die Zufriedenheit aus.

5.1.2 Lebenszufriedenheit in Abhängigkeit von Alter und der Anzahl der Kinder

Betrachtet man die Lebenszufriedenheit ausschließlich in Abhängigkeit vom Alter (t-Test), zeigen sich signifikante Unterschiede in den Bereichen Freunde, Gesundheit und Familie. Demnach sind jüngere Frauen (bis 35 Jahre) zufriedener als ältere (36–50 Jahre) mit ihren Freunden und ihrer Gesundheit, ältere hingegen mit ihrer Familie (Tab. 13.5).

Tab. 13.5 Zufriedenheit in verschiedenen Bereichen in Abhängigkeit vom Alter (t-Test) bei kinderlosen Frauen. (Mod. nach Stöbel-Richter et al. 2013; mit freundl. Genehmigung)

Keine Unterschiede zwischen den beiden Altersgruppen zeigen sich in den Bereichen Freizeit, Einkommen, Beruf, Wohnung und Partnerschaft.

In weiteren Analysen wurde überprüft, ob sich das Alter der Kinder auf die Lebenszufriedenheit der Mütter in den verschiedenen Bereichen auswirkt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersgruppen der Kinder. Mischformen (mindestens zwei Kinder in unterschiedlichen Altersgruppen) wurden aufgrund der geringen Stichprobengröße nicht in die Analyse mit einbezogen.

5.1.3 Psychische Belastung

Weder der GAD-2 (Ängstlichkeit) noch der PHQ-2 (Depressivität) zeigen in der Analyse signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Somit spielen weder das eigene Alter noch das der Kinder, noch die Anzahl der Kinder eine Rolle hinsichtlich der Ausprägung von Depressivität und Ängstlichkeit in unserer Stichprobe. Dabei liegt der Anteil derjenigen Frauen, die den Cut-off von ≥ 3 überschreiten und damit depressive Symptome aufweisen, bei 6,1 % (GAD-2) bzw. 7,4 % (PHQ-2). Tab. 13.6 zeigt die Mittelwerte für beide Fragebögen und einzelne Teilgruppen.

Tab. 13.6 Mittelwerte für GAD-2 und PHQ-2 in Abhängigkeit von Partnerschaft und der Anzahl der Kinder. (Mod. nach Stöbel-Richter et al. 2013; mit freundl. Genehmigung)

6 Diskussion

Ziel unserer Analysen war es, zu prüfen, ob sich Partnerschaft , Elternschaft und Alter auf die individuelle Lebenszufriedenheit und die psychische Gesundheit von Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren auswirken.

Unsere Ergebnisse zeigen gravierende Unterschiede hinsichtlich der Lebenszufriedenheit, aber keine Unterschiede hinsichtlich der psychischen Gesundheit.

Frauen ohne Partnerschaft sind generell unzufriedener mit ihrem Einkommen als Frauen in Partnerschaft. Die Unzufriedenheit steigt zusätzlich, wenn die alleinstehenden Frauen zwei oder mehr Kinder haben, ist aber bei denjenigen mit zwei Kindern am höchsten. Das kann vor allem dadurch verursacht sein, dass ab dem dritten Kind weitere staatliche Unterstützungsmaßnahmen greifen, sodass die finanzielle Belastung vor allem für alleinverdienende Frauen mit zwei Kindern am höchsten ist. Weitere Faktoren, die in diesem Kontext zu diskutieren wären, sind die Art und der Umfang der Tätigkeit sowie die Qualifikationsoptionen; auch hier sind alleinerziehende Frauen eingeschränkt.

Bei den Frauen in Partnerschaft ist die Zufriedenheit mit dem Einkommen bei den Müttern mit einem Kind am höchsten, bei denjenigen mit zwei Kindern am geringsten. Auch wenn wir den Zusammenhang mit dem Einkommen nicht diskutiert haben, kann doch davon ausgegangen werden, dass Mütter mit einem Kind am ehesten Vollzeit berufstätig sein können und so in einer Doppelverdiener-Partnerschaft leben. Das macht die finanziellen Belastungen, welche durch ein Kind entstehen, handhabbar.

Frauen in Partnerschaft sind signifikant zufriedener mit ihrem Beruf als Frauen ohne Partnerschaft. Auch hier sind es wieder die alleinerziehenden Mütter mit zwei Kindern, die am unzufriedensten sind. Als Ursachen können hier ebenfalls die oben genannten Gründe angeführt werden.

Erwartungsgemäß sind die Unterschiede hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Familie: Deutlich unzufriedener als alle anderen sind alleinstehende kinderlose Frauen, sie haben sicherlich das kleinste familiäre Netzwerk. Durchaus interpretierungswürdig ist das Ergebnis, dass Frauen mit zwei und mehr Kindern mit ihrer Partnerschaft zufriedener sind als Frauen ohne oder mit einem Kind. Möglicherweise ist die familiäre Struktur durch mehrere Kinder ausgeglichener – auch wenn die Kinderbetreuung bzw. die organisatorischen Aufgaben diesbezüglich umfassender sind, sind die Kinder nicht nur auf die Eltern fixiert. Gerade bei einem etwas größeren Altersunterschied zwischen den Geschwistern können Betreuungsaufgaben teilweise übertragen und die Eltern somit etwas entlastet werden.

In der Studie von Sperlich et al. (2011, S. 743) wird die Erziehung von zwei Kindern als am „gesundheitsprotektivsten“ bezeichnet. Grundy und Kravdal (2010) kommen in der Analyse ihrer Längsschnittdaten zu dem Schluss, dass das Vorhandensein von zwei Kindern die gesundheitsförderlichste Familienkonstellation sei. Diese Ergebnisse fanden sich in den Daten unserer Studie allerdings nicht wieder.

Humpert (2010) kommt in der Analyse von SOEP-Daten (Daten des sozioökonomischen Panels) zu dem Ergebnis, dass das Vorhandensein von Kindern ein Faktor für eine höhere Lebenszufriedenheit ist, diese sinkt allerdings, wenn ein Elternteil arbeitslos ist.

In dem sehr umfassenden Review von Carr und Springer (2010) wird der Einfluss von Partnerschaft und vor allem der Erstheirat auf die Gesundheit umfassend diskutiert. Anhand verschiedener Studien kann gezeigt werden, dass verheiratete Personen gesünder und sozioemotional besser unterstützt sind als unverheiratete. In einigen Arbeiten konnte der Zusammenhang zwischen depressiven Symptomen und der Partnerschaftsqualität nachgewiesen werden (vgl. Kiecolt-Glaser u. Newton 2001).

Wir hatten die These, dass jüngere Frauen die Belastungen durch eine Elternschaft leichter meistern. Diese These kann hinsichtlich der Lebenszufriedenheit in den Bereichen Freunde und Gesundheit bestätigt werden; jüngere Frauen (bis 35 Jahre) sind in diesen Bereichen zufriedener als ältere (36–50 Jahre). Das kann darin begründet liegen, dass jüngere Mütter ein größeres soziales Netzwerk haben, oder auch darin, dass sich Frauen, die später Mütter werden, stärker auf ihre Kinder fokussieren und somit ihre sozialen Netzwerke nicht so stark pflegen. Wir haben diese Gründe allerdings nicht auf der Basis der vorliegenden Ergebnisse überprüft, da Angaben hierzu im Datensatz nicht vorlagen.

Interessanterweise sind ältere Frauen im Gegensatz dazu zufriedener mit der Familie, das kann unterschiedlichste Ursachen haben. Ein direkter Zusammenhang mit dem Alter der Kinder konnte nicht nachgewiesen werden, allerdings kann vermutet werden, dass ältere Frauen häufiger auch Kinder haben, die bereits „aus dem Gröbsten raus“ sind und sich dadurch Aufgabenbereiche übersichtlicher gestalten bzw. familiäre Strukturen gefestigt haben.

Wir betrachteten des Weiteren die These, dass sich das Alter der Kinder auf die Lebenszufriedenheit und die psychische Gesundheit der Mütter auswirkt. Diese These konnte anhand der vorliegenden Daten nicht bestätigt werden. Einschränkend ist allerdings hinzuzufügen, dass Geschwisterfolgen mit Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen aufgrund der geringen Stichprobengröße nicht mit in die Analysen einbezogen wurden.

Entgegen der ursprünglichen Annahme, dass sich Elternschaft auf die psychische Gesundheit auswirkt, z.B. in einer Mehrbelastung, waren die Ergebnisse überraschend: Unsere Analysen zeigen im Kontext von Ängstlichkeit und Depressivität keinen Zusammenhang zwischen dem Alter der Frauen, dem Alter der Kinder, der Anzahl der Kinder und der Partnerschaft. Allerdings zeigen auch die Ergebnisse aus der Studie von Evenson und Simon (2005) keine generellen Zusammenhänge zwischen Elternschaft und Depressivität.

Bezogen auf die eigenen Ergebnisse, muss allerdings der Umfang der Screening-Instrumente kritisch betrachtet werden; auf der Basis von jeweils zwei Items (GAD-2 und PHQ-2) können nur begrenzt Aussagen getroffen werden.

Insgesamt kann Mutterschaft per se nicht als positiver oder negativer Prädiktor für die psychische Gesundheit interpretiert werden. Vielmehr zeigen sich eher Zusammenhänge mit dem Alter, dem Beschäftigungsverhältnis und der psychischen Gesundheit.

Dass das Alter, in welchem das erste Kind geboren wird, dennoch eine Rolle spielt, zeigen die Ergebnisse der Untersuchung von Henretta et al. (2008): Britische und amerikanische Mütter, die vor ihrem 21. Lebensjahr das erste Kind bekommen hatten, berichteten im Alter zwischen 50 und 60 Jahren eine schlechtere psychische Gesundheit; allerdings zeigten sich auch deutliche Zusammenhänge mit dem Bildungsgrad und dem sozioökonomischen Status.

Sperlich et al. (2011) weisen in ihrer Analyse zur sozialen und gesundheitlichen Ungleichheit von Müttern ebenfalls nach, dass sowohl ein geringes Einkommen als auch eine geringe Schulbildung eindeutige Risikofaktoren für gesundheitliche Beeinträchtigungen darstellen. Werden diese noch von Arbeitslosigkeit begleitet, erhöht sich das Risiko deutlich. Diese Ergebnisse widerlegen frühere Arbeiten (Moser u. Paul 2001; Jahoda et al. 1933), in denen postuliert wurde, dass Frauen die Belastungen einer Arbeitslosigkeit potenziell kompensieren können, da ihnen die Option offensteht, anstelle der Berufstätigkeit ihre Hausfrauen- und Mutterrolle stärker auszuführen.

Nach wie vor liegt die ideale Anzahl der Kinder der Deutschen bei knapp zwei Kindern (Pötzsch 2012). Sollten diese „Ressourcen“ in der Zukunft wirklich ausgeschöpft werden, so böten sich vor allem im Kontext finanzieller Unterstützung und hierbei vor allem für alleinerziehende Mütter mit zwei Kindern Handlungsoptionen für staatliche Maßnahmen an.

Darüber hinaus muss dem Wunsch und der Notwendigkeit, Familie und Erwerbstätigkeit miteinander zu vereinbaren, durch gesellschaftliche Konzepte und Strukturen stärker Rechnung getragen werden.

7 Fazit für die Praxis

Ziel unserer Analysen war es, zu prüfen, ob sich die Partnerschaft, die Elternschaft und das Alter auf die individuelle Lebenszufriedenheit und die psychische Gesundheit von Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren auswirken. Unsere Ergebnisse zeigen gravierende Unterschiede hinsichtlich der Lebenszufriedenheit, aber keine Unterschiede hinsichtlich der psychischen Gesundheit. Prinzipiell können sowohl Partnerschaft als auch Kinder als stabilisierende Faktoren im Alltag bzw. im Kontext von Gesunderhaltung betrachtet werden. Auch wenn die individuelle Gesunderhaltung ein multifaktorielles Geschehen ist, bei welchem individuelle, familiäre, berufliche und gesellschaftliche Aspekte zusammenwirken, so zeigen unsere Ergebnisse deutlich, dass alleinstehende Mütter ein hohes Belastungspotenzial aufweisen und damit potenziellen Risikofaktoren ggf. weniger Resilienz entgegenbringen können als Mütter in einer Partnerschaft. Die gesellschaftlich wenig reflektierte Wahrnehmung dieser Belastungsfaktoren kann sich in der ärztlichen Praxis in einem höheren Burn-out-Risiko bzw. dem Auftreten depressiver Symptomatiken zeigen. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass alleinstehende Mütter oftmals nicht oder nur in einem geringen Umfang über die notwendigen Ressourcen (finanziell, wohnlich, persönlich, sozial) verfügen, um ihre Situation grundlegend zu ändern. Hier sind ärztliche bzw. psychologische Unterstützungsangebote angezeigt.