Zusammenfassung
Im Folgenden reflektiere ich den Forschungsprozess meiner Diplomarbeit mit dem Titel „Zwischen Handlungsmacht und Gewaltbetroffenheit. Eine rekonstruktive Studie zu Raumaneignung und Grenzüberschreitungserfahrungen von jungen Frauen* im öffentlichen Raum“, die ich im Fach Psychologie verfasste. In meiner Studienzeit setzte ich mich sehr ausführlich mit (queer)feministischen Theorien und Themenfeldern auseinander und entdeckte in der Analyse von gesellschaftlichen Phänomenen eine große Leidenschaft. Dabei weckte das Thema der Gewalt gegen Frauen* im öffentlichen Raum ganz besonders mein Interesse und meinen Forscher*innenspürsinn. Gewalt gegen Frauen* sowohl in öffentlichen als auch in privaten Räumen ist seit vielen Jahrzehnten eine zentrale Thematik in feministischen Auseinandersetzungen und Kämpfen (Petran und Thiel 2012). Aktuell wird die Thematik rund um (sexualisierte) Gewalt im öffentlichen Raum in Österreich, Deutschland und anderen europäischen Staaten in den Medien und auf politischer Ebene wieder sehr ausführlich und kontrovers diskutiert (Kapfer 2013; Wiesböck 2013; Simoner 2013). Der Fokus dieser Auseinandersetzungen liegt eher auf der individuellen Ebene von Opfern und Tätern. Das Verhältnis von Übergriffen gegen Frauen* und strukturell verankerten Machtverhältnissen wird bisher jedoch vielfach ignoriert. Dieser blinde Fleck der Beschäftigung war der wesentliche Grund, warum ich begann, mich mit diesem Thema in einer Forschungsarbeit auseinanderzusetzen.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsNotes
- 1.
Wenn in dieser Arbeit von Frauen* und Männern* die Rede ist, verweist das Sternchen darauf, dass diese binär gesetzten Subjektpositionen aus hegemonialen naturalisierten Zuschreibungen bestehen. Das dieser Diplomarbeit zugrunde liegende Verständnis von „Geschlecht“ geht davon aus, dass es kein biologisches, binär gesetztes Geschlecht geben kann, sondern dass es sich vielmehr um sozial hergestellte Kategorien handelt (vgl. Kraml 2012).
- 2.
Als einführende Basisliteratur für Interessierte empfehle ich dafür das Buch Feministische Psychologien von Anna Sieben und Julia Scholz (2012).
- 3.
Nach momentanen gesellschaftlichen Normen.
- 4.
Eine Konsequenz dieser Überlegungen war, dass der Präsentationsmodus der Diplomarbeit tendenziell von einer bekennenden Erzählperspektive im Sinne van Maanens (1988; zit. nach Przyborski und Wohlrab-Sahr 2010) geprägt war. Es handelt sich dabei um einen persönlichen Stil, in welchem ich als Autorin oder Autor als Teil des Analyseprozesses immer wieder erkennbar werde.
- 5.
Nach Thomas Kuhn (1973) sind Paradigmen Erklärungsmodelle, welche für eine bestimmte wissenschaftliche Gruppe und / oder Ausrichtung eine anerkannte Herangehensweise und Grundlage für Forschungen darstellen.
- 6.
Die Transkriptionsregeln werden im Buch Qualitative Methoden. Ein Arbeitsbuch von Przyborski und Wohlrab-Sahr (2010) erklärt.
Literatur
Arendt, H. (1981). Vita activa oder Vom tätigen Leben. München: Piper.
Behnke, C., & Meuser, M. (1999). Geschlechterforschung und Qualitative Methoden. Opladen: Leske + Budrich.
Bohnsack, R. (2008). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Sozialforschung. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich.
Bohnsack, R., Nentwig-Gesemann, I., & Nohl, A.-M. (Hrsg.). (2007). Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Wiesbaden: VS.
Bourdieu, P. (1976). Entwurf einer Theorie der Praxis. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Collins, P. H. (1993). Toward a New Vision: Race, Class and Gender as Categories of Analysis and Connection. Race, Sex and Class, 1(1), 25–45.
Crenshaw, K. (1989). Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscriminiation Doctrine, Feminist Theory and Antiracist Politics. The University of Chicago Legal Forum, 140, 139–167.
Degele, N., & Winker, G. (2007). Intersektionalität als Mehrebenenanalyse. https://www.tuhh.de/agentec/winker/pdf/Intersektionalitaet_Mehrebenen.pdf. Zugegriffen: 17.10.2013
Degele, N., & Winker, G. (2009). Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheit. Bielefeld: transcript.
Ernst, W. (2008). Möglichkeiten (in) der Stadt. Überlegungen zur Öffentlichkeit und Privatheit geschlechtlicher Raumordnung. In Feministisches Kollektiv (Hrsg.), Street Harassment: Machtprozesse und Raumproduktion (S. 56–74). Wien: Mandelbaum.
Galtung, J. (1975). Strukturelle Gewalt. Beiträge zur Friedens- und Konfliktforschung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch.
Kapfer, L. (2013). Freigesprochen. an.schläge – das feministische monatsmagazin, 1, 8–11.
Kraml, B. (2012). Das feminisierte Opfer: Anmerkungen zu vergeschlechtlichen Monopolisierungen. In Gender Initiativkolleg (Hrsg.), Gewalt und Handlungsmacht: Queer_feministische Perspektiven (S. 125–132). Frankfurt: Campus.
Kubisch, S. (2008). Habituelle Konstruktion sozialer Differenz. Eine rekonstruktive Studie am Beispiel von Organisationen der freien Wohlfahrtspflege. Wiesbaden: VS.
Kuhn, T. S. (1973). Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Nentwig-Gesemann, I. (2007). Die Typenbildung der dokumentarischen Methode. In R. Bohnsack, I. Nentwig-Gesemann, & A.-M. Nohl (Hrsg.), Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung (S. 275–302). Wiesbaden: VS.
Petran, A., & Thiel, J. L. (2012). Weiterentwicklungen und (neue) Widersprüche – eine Einleitung zu queer_feministischen Gewaltdebatten. In Gender Initiativkolleg (Hrsg.), Gewalt und Handlungsmacht: Queer_feministische Perspektiven (S. 9–28). Frankfurt: Campus.
Przyborski, A., & Riegler, J. (2010). Gruppendiskussion und Fokusgruppe. In G. Mey, & K. Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (S. 436–448). Wiesbaden: VS.
Przyborski, A., & Wohlrab-Sahr, M. (2010). Qualitative Sozialforschung: Ein Arbeitsbuch. München: Oldenburg Wissenschaftsverlag.
Rau, S. (2013). Räume: Konzepte, Wahrnehmungen, Nutzungen. Frankfurt a. M.: Campus.
Schön, E. (1999). „…da nehm’ ich meine Rollschuh‘ und fahr’hin…“. Mädchen als Expertinnen ihrer sozialräumlichen Lebenswelt. Bielefeld: Kleine.
Sieben, A., & Scholz, J. (2012). Queer-feministische Psychologien. Gießen: Psychosozial-Verlag.
Simoner, M. (2013). Po-Grapschen. Politstreit um Strafe für unerwünschte Berührung. http://derstandard.at/1358305180156/Po-Grapschen-Politstreit-um-Strafe-fuer-unerwuenschte-Beruehrung. Zugegriffen: 25.02.2014
Walgenbach, K. (2011). Intersektionalität als Analyseparadigma kultureller und sozialer Ungleichheiten. In J. Bilstein, J. Ecarius, & E. Keiner (Hrsg.), Kulturelle Differenzen und Globalisierung (S. 113–132). Wiesbaden: VS.
Walgenbach, K. (2012). Gender als interdependente Kategorie. In K. Walgenbach, G. Dietze, L. Hornscheidt, & K. Palm (Hrsg.), Gender als interdependente Kategorie: Neue Perspektiven auf Intersektionalität, Diversität und Heterogenität (S. 23–40). Opladen: Barbara.
Wiesböck, L. (2013). Gewalt gegen Frauen: Licht in die dunklen Ecken der Debatte. http://derstandard.at/1358305738827/Licht-in-die-dunklen-Ecken-der-Debatte. Zugegriffen: 26.02.2013
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2016 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Gießauf, L. (2016). Junge Frauen* im öffentlichen Raum. In: Wintzer, J. (eds) Qualitative Methoden in der Sozialforschung. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-47496-9_18
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-47496-9_18
Published:
Publisher Name: Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-47495-2
Online ISBN: 978-3-662-47496-9
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)