Zusammenfassung
Der Sadebaum ist eigentlich kein Baum und er ist auch nicht nach Marquis de Sade benannt – obwohl das vielleicht seine Berechtigung hätte, denn dieser in Gärten verbreitete Strauch könnte einen Menschen quälen, der auf die Idee kommt, von den stark würzigen Zweigen oder gar den schwarzen, hellblau bereiften Beeren zu naschen: Von einigen Gramm würden ihm Übelkeit, Krämpfe, Herzrhythmusstörung, Atemlähmung, blutiger Urin, und, wenn er überlebt, Nieren- und Leberschädigung blühen. Bei einem Verzehr von mehr als fünf Gramm könnten Bewusstlosigkeit und der Tod nach Stunden oder Tagen drohen. Und dieses giftige Gewächs ist nun nicht etwa aus einem fernen Land bei uns eingeführt worden, sondern in den kahlen, felsigen Regionen unserer Alpen und anderer europäischer Hochgebirge zu Hause. Die charakteristischen Gifte des Sadebaums sind Kleinmoleküle, die in dem aus der Pflanze gewonnenen Öl gelöst sind: Sabinol und Sabinen. Ihr Kohlenstoffgerüst ist jeweils ein mit einem Dreierring verschmolzener Fünferring mit verschiedenen Seitengruppen. Vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit wurden Sadebaumfrüchte zur Abtreibung eingesetzt – eine für Schwangere lebensgefährliche Methode, die dem Gehölz Namen wie Jungfernpalme, Jungfrauenrosmarin und Kindsmord eingebrachte.
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Schade, F., Jockusch, H. (2016). Sadebaum. In: Betörend, berauschend, tödlich - Giftpflanzen in unserer Umgebung. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-47190-6_48
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