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Erwerbstätigkeit in der Liefer- und Wertschöpfungskette im Kontext von CSR am Beispiel der Lebensmittelwirtschaft

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Part of the book series: Management-Reihe Corporate Social Responsibility ((MRCOSORE))

Zusammenfassung

Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in der Liefer- und Wertschöpfungskette sind in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen und politischen Debatte gerückt. Die Wahrnehmung sozialer Verantwortung durch Unternehmen im Rahmen von CSR gewinnt dabei umso mehr an Bedeutung, desto weniger die Mindeststandards der Erwerbstätigkeit durch verbindliche Regelungen gesichert sind. Die EU- Richtlinie zur Berichtspflicht betreffend nichtfinanzielle Aspekte der Geschäftstätigkeit und Diversity verpflichtet die Unternehmen zur Transparenz u. a. in Bezug auf Sozial- und Arbeitnehmerbelange. Unternehmen könnten damit zur (weitergehenden) Auseinandersetzung mit den Bedingungen aller Erwerbstätigen und zu diesbezüglichen CSR-Aktivitäten veranlasst werden. CSR ist damit als Chance und Herausforderung zur Verbesserung der Bedingungen aller Erwerbstätigen in der Liefer- und Wertschöpfungskette – auch in der Lebensmittelwirtschaft – zu verstehen.

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Notes

  1. 1.

    Die Bundesregierung hat sich im Rahmen ihrer G7-Präsidentschaft entschlossen, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards in globalen Handels- und Lieferketten zu einem der Schwerpunktthemen zu machen, vgl. BMAS Pressemitteilung (2015).

  2. 2.

    Tarifautonomiestärkungsgesetz.

  3. 3.

    Umsetzung der RL 96/71/EG.

  4. 4.

    Umsetzung der RL 2008/104/EG.

  5. 5.

    Sie erhalten Verbindlichkeit für die Mitgliedstaaten durch (freiwillige) Ratifizierung.

  6. 6.

    Die Richtlinie setzt eine der Maßnahmen der EU-CSR Strategie 2011–2014 um (KOM 2011 681 endg). Diese „Strategie für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)“ wird von der EU-Kommission derzeit überarbeitet. Sie hat hierzu einen öffentlichen Konsultationsprozess durchgeführt, der u. a. die Frage betraf, ob und inwiefern der europäische Gesetzgeber noch stärker regulierend in Bezug auf CSR eingreifen soll. Vgl. EU-Konsultationen (2014); vgl. hierzu Voland (2015, S. 75).

  7. 7.

    Zum Arbeitnehmerbegriff vgl. Preis (2015, zu § 611 Rz 35, 36 ff., 50 ff., 59). Zum europäischen Arbeitnehmerbegriff vgl. Deinert 2013, S. 23 ff.

  8. 8.

    Seit Überarbeitung der Leitsätze 2011 sind zwar nicht nur die Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens, sondern auch Beschäftigte sonstiger Unternehmen der Liefer- und Wertschöpfungskette erfasst, statt „employees“ heißt es jetzt: „individuals and workers in an employment relationship“ (OECD 2011, Erl. 50 Kap. V), nicht jedoch Selbstständige.

  9. 9.

    Erntehelfer sind i. d. R. im Rahmen von sog. kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen gem. § 8 Abs. 1 Ziff. 2 SGB IV tätig.

    Bis 2014 erhielten sie (vgl. folgend zum jetzt geltenden Branchenmindestlohn) eine Vergütung von 3–7 €/Stunde – je nach Obst- und Gemüseart (z. B. Spargelhelfer 5,50 €/Stunde – Stand 2014, vgl. Wdr.de 2014).

  10. 10.

    Zahlen existieren nur für die Metall- und Elektroindustrie, vgl. IG-Metall NRW (2013).

  11. 11.

    Es wurden 371 Betriebsräte befragt, die 90.000 Arbeitnehmer/-innen repräsentieren. Die gesamten Ergebnisse der Umfrage sind nicht mehr zugänglich, geprüft am 28.02.2015.

  12. 12.

    Dies gilt branchenübergreifend. Zahlen existieren nur für die Metallindustrie (vgl. IG-Metall NRW 2013).

  13. 13.

    In der Ernährungswirtschaft verdienen Leiharbeitnehmer im Schnitt 5 €/Stunde weniger, Werkvertragsarbeiter 6 €/Stunde weniger als Stammarbeitnehmer (Stand 2012) (vgl. NGG 2012, S. 1; DGB Themen 2012); im Einzelhandel erhalten Werkvertragsarbeiter ca. 15–20 % weniger als den Mindestlohn für Leiharbeitnehmer – im Westen ca. 6,50 €, im Osten 6,00 €/Stunde (vgl. focus.de 2012).

  14. 14.

    Insbesondere die Änderung des AÜG 2011 mit dem Ziel, dem Missbrauch von Leiharbeitnehmern vorzubeugen. Aufgrund der Leiharbeitsrichtlinie (RL 2008/104/EG) sowie des Missbrauchs der Leiharbeit nach der Änderung des AÜG von 2003 (z. B. Kündigung von Arbeitnehmern und Wiedereinstellung über zuvor durch die Unternehmen selbst gegründete Leiharbeitsfirmen zu schlechteren Bedingungen) wurde das AÜG 2011 erneut geändert (vgl. Änderung AÜG 2011). Die Rechte der Leiharbeitnehmer wurden gestärkt, z. B. durch die Streichung der 6-Wochen-Regelung, Einführung der „Drehtürklausel“ sowie durch die Einführung des allgemeinverbindlichen Mindestlohns für den die Änderung des AÜG maßgeblich war (vgl. Begründung Gesetzesentwurf Missbrauch Werkverträge 2013, S. 7).

  15. 15.

    Für die Fleischwirtschaft allgemein vgl. NGG faz.net (2013). Erhebungen für diesen Wirtschaftszweig existieren nicht (vgl. Ellguth und Kohaut 2014, S. 2). Im Einzelhandel liegt der Organisationsgrad bei knapp 30 % (vgl. Haipeter 2013). In der Landwirtschaft ist der Organisationsgrad am geringsten (vgl. Ellguth und Kohaut 2014, S. 3).

  16. 16.

    Allgemeinverbindlichkeit nach § 7 Abs. 1, 2, § 4 Abs. 1 Ziff. 9 AEntG. Derzeit seit 01.12.2014 8,00 €/Stunde, bis 01.12.2016 auf 8,60 €/Stunde steigend (vgl. TV Allgemeinverbindlich 2014, 2015).

  17. 17.

    Allgemeinverbindlichkeit nach § 4 Abs. 2 i. V. m. § 7a AEntG. Derzeit West 7,40 €/Ost 7,20 €/Stunde, bis November 2017 bundeseinheitlich 9,00 € (vgl. TV Allgemeinverbindlich 2014, 2015).

  18. 18.

    Bei Tarifbindung liegt die Vergütung ca. 11 % höher als ohne (vgl. ver.di Nachrichten 2013). Vgl. zu den Tariflöhnen z. B. für Berlin/Brandenburg TV Entgelt Einzelhandel (2014). Ein Branchenmindestlohn existiert hier nicht. Die Aufgabe der Allgemeinverbindlichkeit erfolgte Anfang des letzten Jahrzehntes. Für Verhandlungen eines Branchenmindestlohns fehlt derzeit der erforderliche Organisationsgrad von 50 % (vgl. Haipeter 2013). Der gesetzliche Mindestlohn nach dem MiLoG ist für Arbeitnehmer im Einzelhandel deshalb nicht relevant. Ausnahmen gelten u. U. für geringfügig Beschäftigte (450-€-Jobber). Vgl. z. B. Die Zeit (2015, S. 15).

  19. 19.

    Zum Beispiel Zugangsberechtigung zu gemeinschaftlichen Einrichtungen und Diensten, § 13b AÜG; Wahlrecht zum Betriebsrat des Einsatzbetriebs, § 7 S. 2 BetrVG, Recht nach § 14 Abs. 2 AÜG, Mitbestimmung gem. § 14 Abs. 3 AÜG, § 99 BetrVG bei Einstellung.

  20. 20.

    Allgemeinverbindlichkeit gem. § 3a AÜG. Derzeit West 8,50 €/Ost und Berlin 7,86 €/Stunde, ab 01.01.2016 West 9,00 €/Ost und Berlin 8,50 €/Stunde (vgl. TV Allgemeinverbindlich 2014, 2015).

  21. 21.

    Neben einem Entgeltrahmentarifvertrag und einem Entgelttarifvertrag enthalten diese einen Manteltarifvertrag und einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Über Branchenzuschläge wurden separate Tarifverträge geschlossen, allerdings bisher weder von der NGG noch von ver.di für den Einzelhandel (vgl. die Übersicht zu den Vereinbarungen: TV Zeitarbeit Branchenzuschläge 2013).

  22. 22.

    174 €/Monat (Stand Juni 2012). Die Vergütungssituation hat sich jedoch durch die Aufnahme der Fleischwirtschaft in das AEntG verbessert, vgl. dazu folgend.

  23. 23.

    Sie enthält u. a. Regelungen zu den Beschäftigungsbedingungen beim Einsatz von Arbeitnehmern aus Fremdfirmen (u. a. Gleichbehandlung, Arbeitsschutz).

  24. 24.

    Bisher allerdings bekannt nur aus der Metallindustrie. Vgl. z. B. „Tarifvertrag Werkvertragsarbeit“ (Schiffbauer Meyer Werft, IG Metall 2013), der die Arbeitsbedingungen von auf der Werft eingesetzten Werkvertragsbeschäftigten (Arbeitszeit, Entlohnung, Unterbringung) sowie Einsichtsrechte in die Verträge mit Fremdfirmen regelt (vgl. Betriebsratspraxis24.de 2015 sowie Hans-Böckler-Stiftung 2014).

  25. 25.

    Für die Fleischwirtschaft vgl. z. B. den Fall „Schlachthofsauerei“ (2010), bei dem der Unternehmer u. a. rumänische Leiharbeitnehmer als eigenständige Subunternehmer ausgegeben hatte (sueddeutsche.de 2010; zeit.de 2012). Vgl. aus dem Einzelhandel insges. derwesten.de (2013) sowie zur SB-Warenhauskette Kaufland handelsblatt.com (2013) und zum Lebensmitteldiscounter Netto handelsblatt.com (2014).

  26. 26.

    Als sog. Scheinwerkverträge sind Verträge anzusehen, die nach dem Willen der Parteien formal als Verträge gem. § 631 ff. BGB geschlossen werden, bei denen die Arbeitskraft tatsächlich aber Leistungen im Rahmen eines Arbeitsvertrags i. S. d. § 611 BGB (sog. Scheinselbstständigkeit) oder im Rahmen einer (illegalen) Arbeitnehmerüberlassung gem. § 1 AÜG erbringt. Vgl. zum Begriff „Scheinselbstständigkeit“: Küttner et al. (2014, Stichwort „Scheinselbständigkeit“, Rz 12 f.). Zur Abgrenzung von Werkvertrag und Arbeitsvertrag vgl. Waas (2012).

  27. 27.

    Zu den Folgen im Übrigen vgl. Küttner et al. (2014, Stichwort „Scheinselbständigkeit“, Rz 1 ff.). Gem. § 10 Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) entsteht beim Vorliegen eines Scheinwerkvertrages (d. h. bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung) ein Arbeitsverhältnis zwischen überlassenem Arbeitnehmer und Einsatzbetrieb (Entleiher); vgl. Wank (2015, zu § 1 AÜG, Rz 21b).

  28. 28.

    Zur Abgrenzung zwischen illegaler Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag vgl. Wank (2015, zu § 1 AÜG, Rz 7a, 8 f., 13 ff.) sowie Hamann und Schüren (2010, zu § 1 AÜG, Rz 110 f.).

  29. 29.

    Der Entwurf sieht – neben weitergehendem Schutz gegen illegale Arbeitnehmerüberlassung und Scheinselbstständigkeit – schärfere gesetzliche Regelungen für Werkverträge und mehr Mitbestimmung für Betriebsräte vor. Der Gesetzesentwurf wurde dem Bundestag zugeleitet, aber dort noch nicht beraten (Stand März 2015).

  30. 30.

    So etwa beim Handelskonzern Rewe (vgl. handelsblatt.com 2012).

  31. 31.

    Die ISO Norm 26000 verwendet nicht den Begriff CSR (Corporate Social Responsibility: soziale Verantwortung von Unternehmen), sondern SR (Social Responsibility), weil sich soziale Verantwortung danach nicht nur an Unternehmen, sondern an Organisationen jeglicher Art richtet: „provides guidance for all types of organization“. SR wird definiert als: „Verantwortung einer Organisation für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Aktivitäten auf die Gesellschaft und Umwelt durch transparentes und ethisches Verhalten, dass …“ (ISO Norm 26000).

  32. 32.

    Vgl. die vorige Fußnote.

  33. 33.

    Vgl. die grundlegende Definition von Freemann (1984, S. 39) sowie EU-Kommission, KOM (2001 366 endg., S. 30), ISO Norm 26000. Vgl. auch Schneider (2012, S. 34 f.).

  34. 34.

    Vgl. z. B. für China Burckhardt (2013, S. 57 ff.).

  35. 35.

    Vgl. die Zusammenstellung weiterer Standards/Initiativen bei Vitols (2011, S. 31 ff.) und Burckhardt (2013, S. 79 ff.).

  36. 36.

    Vgl. Ergebnisse des IÖW/future Ranking 2011: Die Schwächen großer wie kleinerer Unternehmen liegen bei der Verantwortung gegenüber den Beschäftigten sowie gegenüber den Zulieferern. Große Unternehmen: IÖW und future Ranking (2011a Ergebnisse, S. 28); KMU: IÖW und future Ranking (2011b Kurzfassung, S. 12).

  37. 37.

    Obwohl vom Gemeinsamen Verständnis des Nationalen CSR-Forums (Gem. Verständnis CSR 2009, S. 1) zumindest im Rahmen der Verantwortung für das Gemeinwesen umfasst, da diese z. B. eine existenzsichernde Vergütung beinhaltet.

  38. 38.

    Die Norm definiert den Begriff Organisationen zwar nicht; Gewerkschaften sind jedoch unzweifelhaft als solche anzusehen. Will man den Betriebsräten dies nicht zugestehen, ergibt sich für diese eine eigene Verantwortung als Teil des Unternehmens.

  39. 39.

    Vgl. zum Stakeholder-Ansatz (Freemann 1984, S. 39; KOM 2001 366 endg., S. 30; ISO Norm 26000).

  40. 40.

    Durch Vertretung der Arbeitnehmerinteressen als deren (Stell-)Vertreter nehmen sie diese Verantwortung wahr: als Gewerkschaft (über)betrieblich, z. B. im Rahmen von Tarifverhandlungen bzw. Abschluss von Tarifverträgen, betrieblich als Betriebsräte, z. B. im Rahmen der Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem BetrVG oder durch Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Über tarifliche/betriebliche Vereinbarungen, z. B. zu Vergaberichtlinien bei der Fremdvergabe, können durch die Gewerkschaften/Betriebsräte auch die Rahmenbedingungen der Beschäftigten von Werkvertragsunternehmen (Fremdfirmen) direkt/indirekt beeinflusst werden. Vgl. z. B. Beutler und Lenssen 2013: Musterbetriebsvereinbarung, Hans-Böckler-Stiftung/bsb GmbH Köln. Sie enthält u. a. Regelungen zu den Beschäftigungsbedingungen beim Einsatz von Fremdfirmen (u. a. Gleichbehandlung, Arbeitsschutz). Der persönliche Geltungsbereich ist auf die Arbeitnehmer der Fremdfirmen, die im Rahmen von Werkvertragseinsätzen im Unternehmen tätig sind, beschränkt. Vgl. auch z. B. „Tarifvertrag Werkvertragsarbeit“ (Schiffbauer Meyer Werft/IG Metall 2013), der die Arbeitsbedingungen von auf der Werft eingesetzten Werkvertragsbeschäftigten (Arbeitszeit, Entlohnung, Unterbringung) sowie Einsichtsrechte in die Verträge mit Fremdfirmen regelt (Onlineinformationsdienst Betriebsratspraxis24.de 2015).

  41. 41.

    Bzgl. der Rahmenbedingungen der Erwerbstätigkeit von Soloselbstständigen/Werkvertragsarbeitern in der Liefer- und Wertschöpfungskette sind die Einflussmöglichkeiten der Arbeitnehmervertretungen allerdings rechtlich begrenzt:

    Für die Regelungsautonomie der Gewerkschaften ist gem. § 1 Abs. 1 TVG Anknüpfungspunkt das Arbeitsverhältnis (Reim und Nebe 2012, zu § 1 TVG, Rz 234 f.). Hier nicht relevante Ausnahmen bestehen z. B. gem. § 12a TVG. Vgl. aber die Ansätze zur Ausweitung (Reim und Nebe 2012, zu § 1 TVG Rn  235, 321 m. w. N.; Däubler und Buchner 2009, S. 163 ff., 174 ff.). Unter den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes fallen ebenfalls nur Arbeitnehmer gem. § 5 BetrVG. Die dem Betriebsrat in Bezug auf Werkvertragsarbeit zustehenden Mitbestimmungsrechte sind begrenzt und knüpfen ausschließlich an die Auswirkungen von Maßnahmen für die Belegschaft an. Vgl. die Aufstellung zu Handlungsspielräumen des Betriebsrats (Siebenhüter 2013, S. 52 ff.) sowie zu einzelnen Rechten (Thüsing 2014, zu § 80 BetrVG, Rn 51a, zu § 92 Rn 35; Richardi 2014, zu § 87 BetrVG, Rn 14). Die Ausweitung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats auf Selbstständige durch Tarifvertrag ist ausgeschlossen, da eine solche Ausweitung nicht über den Regelungsbereich gem. § 1 Abs. 1 TVG reichen kann (Hensche und Heuschmid, in Däubler, TVG 2012, zu § 1 TVG Rn 899 ff., 924 ff.).

    Eine Möglichkeit zur Einflussnahme ergibt sich jedoch in Anlehnung an das volkswirtschaftliche „Insider-Outsider-Modell“ (vgl. Lindbeck und Snower 2001, S. 165 ff.; Franz 2013, S. 310 ff.): Das Modell geht davon aus, dass die eigentlichen Konflikte nicht zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen, sondern zwischen Beschäftigten („Insidern“) und Nichtbeschäftigten („Outsidern“) bestehen (vgl. zur Kritik Franz 2013, 313 m. w. N.). Werden die Unternehmen etwa aufgrund von Druck/Forderungen der Arbeitnehmervertretungen zu CSR-Aktivitäten zugunsten ihrer Beschäftigten veranlasst (z. B. freiwillige zusätzliche Sonderzahlungen), kann dies möglicherweise bei den „Outsidern“ zu Negativeffekten führen (z. B. zur Verringerung der Vergütung für die Soloselbstständigen/Werkvertragsarbeiter – entweder unmittelbar, soweit sie mit dem Unternehmen in einem direkten (Werk-)Vertragsverhältnis stehen oder indirekt über Konkurrenzdruck/Dumpingpreise gegenüber Subunternehmen, die diese an die für sie tätigen Soloselbstständigen/ Werkvertragsarbeiter weitergeben). So z. B. auch bei Gewährung von mehr selbstbestimmter Flexibilität für die Beschäftigten bzgl. ihrer Arbeitszeitgestaltung aufgrund von Druck/Forderungen der Arbeitnehmervertretungen. Selbstständige sind flexibel nach Bedarf des Unternehmens einsetzbar ohne die Schranken des Arbeitszeitgesetzes.

  42. 42.

    Bei Aktivitäten wie z. B. Abschluss von Tarifverträgen mit der Bezeichnung „Tarifvertrag Werkvertragsbeschäftigte“ ist diese insofern irreführend, als dass er (nur) die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer der Fremdfirmen, nicht jedoch diejenigen von (echten) Soloselbstständigen/Werkvertragsarbeitern regelt (vgl. den oben erwähnten Tarifvertrag zwischen Meyer Werft/IG Metall 2013, Betriebsratspraxis24.de 2015).

  43. 43.

    Insgesamt finden Arbeitnehmervertretungen ihre Position und Rolle im Bereich der Nachhaltigkeit nur zögerlich (RNE 2007, S. 16). Vgl. insges. national/international Vitols (2011, S. 69 ff., 89 ff., 103 ff., 110 f.).

    Das Verständnis der Betriebsräte zu CSR weicht vom national allgemein etablierten und damit auch von dem der Gewerkschaften (Gem. Verständnis 2009, S. 1) ab. Inhalte und Prioritäten von CSR sehen Betriebsräte z. B. vorrangig in der Standort- und Beschäftigungssicherung sowie einem sozial verträglichen Personalabbau, nur nachrangig in der Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen im Zulieferbereich (Hauser-Dietz und Wilke 2004, S. 6 ff.; Vitols 2011, S. 89, 93 ff.).

  44. 44.

    Entsprechend sind die Aktivitäten nur an den Interessen der Arbeitnehmer orientiert: Vgl. z. B. die von Betriebsrat und Unternehmen gemeinsam erarbeiteten Erklärungen zu sozialen Rechten und den industriellen Beziehungen bei Volkswagen (Abdruck in Hans-Böckler-Stiftung und DGB Dok. 2005, S. 24 f.; adidas-salomon, aaO S. 21; Bosch, aaO, S. 29 f.). Vgl. bereits oben zu den Forderungen der Gewerkschaften bzgl. des Fremdfirmeneinsatzes. Auch die Forderung bzgl. der Angabe zur Anzahl von Werkvertragsarbeitern im Rahmen der Berichtspflicht der Unternehmen (DGB Stellungnahme 2013, S. 4.) betrifft lediglich Arbeitnehmerbelange (Arbeitsplatzsicherheit, Schutz vor Lohndumping), nicht jedoch die Rahmenbedingungen der (echten) Soloselbstständigen/Werkvertragsarbeiter selbst. Tendenzen zur Öffnung sind jedoch sichtbar: Ver.di hat bereits 30.000 Soloselbstständige als Mitglieder (DBG Diskurs 2012, S. 21).

  45. 45.

    Z. B. an die EU-Kommission (Regulierung von CSR, insbes. Rechenschafts- und Publizitätspflichten der Unternehmen u. a. zu Sozialstandards) und die Regierungen (Einfordern und Umsetzung) (DGB Stellungnahme 2012, S. 2 f.; DGB Position 2009).

  46. 46.

    Vgl. darüber hinaus zur Rolle bei der Aufdeckung von „green-washing aufgrund ihrer Insiderposition“, z. B. durch Informationen der Öffentlichkeit, vgl. ver.di- Kampagne „Schwarz-Buch Lidl“ (Beile 2005, S. 33; DGB Stellungnahme 2012, S. 3; Botsch 2005, S. 34).

  47. 47.

    Zur Forderung nach (mehr) Beteiligung an der Entwicklung von CSR-Strategien und -Konzepten auf betrieblicher, nationaler, europäischer und internationaler Ebene vgl. z. B. DGB Position (2009) und Vitols (2011, S. 78 f.). Als Handlungsfelder für die Gewerkschaften werden gesehen: Mitarbeit an CSR-Grundsätzen, -Standards und -Regelungen auf europäischer, nationaler und betrieblicher Ebene (Seybold 2005, S. 5), Nutzung der Einflussmöglichkeiten in transnationalen Unternehmen, insbes. bei der Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen und der Anwendung der OECD-Leitsätze (OECD 2011), Initiativen wie im Rahmen von International Framework Agreements (IFAs) (Vitols 2011, S. 110), Abschluss von Vereinbarungen/Tarifverträgen mit Konzernleitungen, wie z. B. bei Volkswagen (Hexel 2005, S. 1), sowie auf Branchenebene und durch internationale Rahmenabkommen auf Weltkonzernebene (RNE 2007, S. 16).

    Für die Betriebsräte: Mitbestimmung im Rahmen der Betriebsverfassung (Hauser-Dietz und Wilke 2004, S. 6 ff.; Vitols 2011, S. 89, 93 ff., 109). Weitergehend nach Ansicht der Gewerkschaften: Aufgabe zwischen Arbeitnehmerschutz und Komanagement (Heidemann 2005, S. 17), so z. B. bei der Definition von Unternehmenszielen und -leitbildern, der Einführung von CSR-Managementsystemen, der Erstellung von Sozialberichten, der Einführung von Verhaltenskodizes, bei der Organisation von Stakeholder-Dialogen (Hauser-Dietz und Wilke 2004, S. 6) und bei der Entwicklung von Human-ressource-Konzepten (Heidemann 2005, S. 17) sowie die Einflussnahme auf (transnationale) Unternehmen (z. B. zur Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen) durch Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten und europäische Betriebsräte (Hexel 2005, S. 3, 5; Vitols 2011, S. 110).

  48. 48.

    Vgl. die Forderungen der Gewerkschaften in Bezug auf CSR, in zahlreichen Stellungnahmen publiziert: Mehr verbindlicher Arbeitnehmerschutz, dessen Fortentwicklung durch CSR nicht behindert werden dürfe, Nachweis der Rechtskonformität bzgl. des Arbeitnehmerschutzes als Grundvoraussetzung von CSR (DGB Position 2009; DGB Stellungnahme 2012, S. 3; Vitols 2011, S. 78 f.; Hexel 2005, S. 3).

  49. 49.

    Betriebsräten fehlen hierfür häufig auch ausreichende Kompetenzen, um die Interessen der Beschäftigten im Themenfeld CSR einzubringen, u. a. wegen des hohen Abstraktionsgrades der CSR-Diskussion (Vitols 2011, S. 93 ff.).

  50. 50.

    Art. 19a Abs. 1 (große Unternehmen), 29a Abs. 1 (Tochterunternehmen einer Unternehmensgruppe) der RL 2014/95/EU, vgl. auch RL 2014/95/EU, Erw. 14, 15.

  51. 51.

    Die Unternehmen müssen danach bei fehlenden Konzepten zu bestimmten Belangen ldgl. erläutern und begründen, warum dies der Fall ist.

  52. 52.

    So auch der DGB (DGB Stellungnahme 2013, S. 8).

  53. 53.

    Vgl. die Kritik des DGB (DGB Stellungnahme 2013, S. 9).

  54. 54.

    IÖW/future Ranking (2011a) Ergebnisse, 28/IÖW/future Ranking (2011b) Kurzfassung, 12.

  55. 55.

    Vgl. zur Kritik: DGB Stellungnahmen (2013, S. 3 f.).

  56. 56.

    Die Idee dabei, den Unternehmen möglichst viel Flexibilität zu gewähren und ihnen zu ermöglichen, sich auf bisher für die Berichterstattung angewandte allgemein anerkannte Rahmenwerke oder auch branchen- oder unternehmensspezifische Standards zu stützen, konterkariert das Ziel der Transparenz und Vergleichbarkeit geradezu.

    Die Unternehmen müssen sich zudem bereits mit zahlreichen Standards auf verschiedenen Ebenen befassen: Leitlinien internationaler Organisationen und Branchenstandards, individuelle Unternehmensstandards. Vgl. Voland (2015, S. 67 f.) zur Problematik verschiedener Standards in Bezug auf Menschenrechte.

  57. 57.

    Weltweit nutzen aktuell mehr als 5000 Unternehmen, Verbände und Organisationen aus über 70 Ländern die Vorgaben der 1997 gegründeten GRI. 19 der Dax-30-Konzerne orientieren sich bei ihren Nachhaltigkeitsberichten daran.

  58. 58.

    Auf eine Erörterung der weiteren in den Erwägungen der Richtlinie (RL 2014/95/EU, Erw. 9) genannten Rahmenwerken, die inhaltliche Grundsätze/Empfehlungen/ Leitlinien zu CSR beinhalten (ISO Norm 26000, die Trilaterale Grundsatzerklärung der Internationalen Arbeitsorganisation zu multinationalen Unternehmen und zur Sozialpolitik: IAA Trilaterale Erklärung 2006, Global Compact der Vereinten Nationen (VN) sowie die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte: UN-Leitprinzipien 2011) wird an dieser Stelle verzichtet, da sie mit Blick auf die hier relevanten Bedingungen der Erwerbstätigkeit in ihrem persönlichen Geltungsbereich und auch inhaltlich nicht über das Niveau der OECD-Leitsätze (OECD 2011) hinausgehen bzw. – wie die ILO-Abkommen – in die Leitsätze integriert wurden, sodass es einer gesonderten Erläuterung nicht bedarf.

  59. 59.

    Siehe auch zur Einschätzung durch die EU-Kommission und des RNE (DNK 2015, S. 3, 16).

  60. 60.

    Bisher haben allerdings nur fünf Unternehmen der Nahrungs- und Genussmittelindustrie eine DNK-Entsprechenserklärung abgegeben (vgl. Datenbank DNK 2015).

  61. 61.

    Der EFFAS-Standard enthält ein System zentraler Leistungsindikatoren mit Fokus auf die Finanzwirtschaft, die europaweit gültig sind.

  62. 62.

    Der RNE führt dies als eines der Argumente an, die für eine Berichterstattung nach dem DNK sprechen.

  63. 63.

    Vgl. z. B. Coca-Cola-Nachhaltigkeitsbericht/DNK-Erklärung 2013. Die ausgewählten Kennzahlen zum Thema Arbeitsplatz enthalten keinerlei Informationen zur Vergütung und zum Einsatz von Leiharbeitnehmern und Werkvertragsarbeitern. Bei den Angaben zu den Arbeitspraktiken der Zulieferer wird auf die Coca-Cola-Leitprinzipien für Zulieferer 2011 verwiesen, die inhaltlich nicht über die ILO Kernarbeitsnormen hinausgehen. Dies entspricht auch den Ergebnissen des IÖW/future Ranking (2011a) Ergebnisse, 28 (Großunternehmen)/IÖW/future Ranking (2011b) Kurzfassung 12 (KMU).

  64. 64.

    Die Idee der Gemeinwohlökonomie ist es, in einem demokratischen, partizipativen und ergebnisoffenen Prozess ein Wirtschaftssystem zu etablieren, in dem das Gemeinwohl an oberster Stelle steht. Die Gemeinwohlökonomie wurde von Christian Felber gemeinsam mit österreichischen Unternehmen entwickelt. Grundlegend sowie zu Vision, Geschichte und Eckpunkten: Felber (2012).

  65. 65.

    Diesbzgl. Anhaltspunkte etwa über Indikatoren z. B. zu Beiträgen zum Gemeinwesen und zur Einbeziehung von Berührungsgruppen sind insoweit nicht aussagekräftig.

  66. 66.

    Für einen fortschreitenden Bekanntheitsgrad spricht z. B., dass das Thema „Gemeinwohlbilanz und gesellschaftliche Wirkung eines Unternehmens“ auf dem diesjährigen Deutschen CSR-Forum (20./21. April 2015) diskutiert wird. Vgl. das Programm: http://www.csrforum.eu/site_media/uploads/F5-Programm.pdf.

  67. 67.

    Vgl. die Beiträge von Deinert/Pape in diesem Band.

  68. 68.

    Märkisches Landbrot ist EMAS-zertifiziert, vgl. ML Ökologie (2015).

  69. 69.

    Das Unternehmen hatte zunächst einen Bericht anhand des GRI-Berichtsrahmens erstellt, Berichtsebene A, für Soziales (vgl. ML GRI 2013).

  70. 70.

    Der erste GWÖ-Bericht wurde 2012 auditiert (652/1000 Punkte). Märkisches Landbrot GmbH war damit der erste Betrieb in Berlin mit einer zertifizierten GWÖ-Bilanz. Der 2. Bericht für den Berichtszeitraum 2012 bis 2014 wurde am 25.02.2015 auditiert (689/1000 Punkte), vgl. ML GWÖ-Bilanz (2015).

    Als regional agierendes Unternehmen vertreibt Märkisches Landbrot seine Produkte im regionalen Biofachhandel und bezieht seine Rohstoffe – soweit möglich – von regionalen Erzeugern. Da es weder selbst multinationales Unternehmen noch Teil einer Liefer- und Wertschöpfungskette eines multinationalen Unternehmens ist, sind die OECD-Leitsätze als materieller Standard zur Berichterstattung über Sozial- und Arbeitnehmerbelange nicht relevant.

  71. 71.

    Die Entsprechenserklärung wurde als Anlage zum GWÖ-Bericht veröffentlicht. Märkisches Landbrot ist damit eines der ersten Unternehmen, welches diese Entsprechenserklärung abgegeben hat. Die TAZ Berlin z. B. hat dies ebenfalls angekündigt. Weitere GWÖ-Unternehmen werden sicherlich folgen.

  72. 72.

    Ein Entwurf für die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller Kennzahlen, die bis zum 06.12. 2016 (vgl. Art. 4 Abs. 1 RL/2014/EU) zu erfolgen hat, soll noch in diesem Jahr vorliegen. Daran schließe sich eine öffentliche Konsultation an, vgl. RNE Pressemitteilung (2015).

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Deinert, S. (2016). Erwerbstätigkeit in der Liefer- und Wertschöpfungskette im Kontext von CSR am Beispiel der Lebensmittelwirtschaft. In: Willers, C. (eds) CSR und Lebensmittelwirtschaft. Management-Reihe Corporate Social Responsibility. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-47016-9_6

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