Zusammenfassung
Neulich im Zug. Ein Kapitel mit diesem Satz zu beginnen, ist ein bisschen gemein, das gebe ich zu. Und auf keinen Fall möchte ich hier den Eindruck erwecken, dass ich zu den notorischen Bahn-Nörglern gehöre. Ich bin sogar ausgesprochen Bahn-freundlich. Ich finde die Deutsche Bahn ein wunderbares Unternehmen, doch im Ernst, wer einmal andere Züge in anderen Ländern ausprobiert hat, ausgenommen in Japan – dort ist es noch wunderbarer –, der weiß den Komfort und die Zuverlässigkeit zu schätzen. Natürlich hat immer ausgerechnet der Zug Verspätung, in dem man gerade sitzt, aber hey, was sind zehn Minuten im Vergleich zu fünf Stunden in anderen Ländern. Wir sollten etwas entspannter sein, bitte denken Sie daran beim nächsten Mal im Zug, und bitte seien Sie nett zu den Zugbegleitern! Ich will auch versuchen, nett zu den Zugbegleitern zu sein, auch wenn einer in diesem Kapitel, fachlich gesehen, sein Fett wegbekommt. Aber wie gesagt, das ist rein fachlich, menschlich kenne ich ihn ja nicht, ich habe ihn ja auch nie gesehen. Das ist vermutlich der Grund, warum die Geschichte mich so geärgert hat, neulich im Zug. Also die Sache ist schnell erzählt. Theaterkarten gekauft für eine Premiere in Stuttgart, den Zug genommen, wegen Staugefahr auf der A81. Kurz vor Stuttgart Halt auf freier Strecke. Aus dem Fenster geschaut, nix gesehen, weiter im Bahnmagazin geblättert, wieder aus dem Fenster geschaut, wieder nix gesehen, auf die Uhr geschaut, unruhig geworden, Freundin angerufen (die stand im Stau), den Kopf zum Gang rausgehalten und einmal nach links und rechts gedreht, kein Personal in Sicht, dafür andere Köpfe, die dasselbe tun, Freundin gefragt, ob man bei Premieren später reinschleichen darf. Dann endlich ein Knarzen im Lautsprecher … ein Räuspern … wieder ein Knarzen, dann Stille. Draußen ein Bahnmitarbeiter mit einer Taschenlampe, Lichtkegel, die unter den Zug geworfen werden. Ein Sitznachbar, der eine Butterbrezel aus einer Tüte holt und andächtig hineinbeißt. Dann wieder ein Knarzen … „Meine Damen und Herren, ähm … es kam … ähm aufgrund einer technischen Störung zu einem unvorhergesehenen Halt auf freier Strecke. Bis auf Weiteres bleibt der Zug hier stehen.“ … Knarzen. Die Brezeltüte neben mir wird hektisch zerknüllt.
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von Kopp, D. (2015). Was Zugbegleiter von Piloten lernen können. In: Warum Piloten glückliche(re) Menschen sind .... Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-45339-1_10
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