Zusammenfassung
Der Eintritt der Physik in das 20. Jahrhundert lässt sich an Dramatik kaum überbieten. Hatten Konzepte wie Felder und Wellen, Kräfte und Bewegung, Wärme und Entropie für Nicht-Physiker bereits den Charakter des Bizarren und Unbegreiflichen, so waren die Vorstellungen davon noch sehr anschaulich im Vergleich zu denen, die die Physiker entwickeln mussten, um die Natur der Atome und die Weiten des Universums zu beschreiben. Die Physiker sich gerade an den Glauben gewöhnt, dass sie mit ihren Theorien bald die Welt vollständig verstehen würden, als sie plötzlich erkennen mussten, dass sie lediglich am Anfang einer neuen Ära ihrer Disziplin standen. So nahm eine der aufregendsten intellektuellen Reisen in der Geschichte der Menschheit ihren Anfang. Die Physiker brachen auf, einen neuen Ozean zu erforschen, wollten entdecken, was sich auf seiner anderen Seite befinden könnte. Doch wie die Seefahrer des 15. und 16. Jahrhunderts mussten sie erkennen, dass auf die bekannten Navigationskarten kein Verlass war. Immer wieder waren sie gezwungen, neue, unbekannte Wege einzuschlagen
Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung der modernen Physik, von Einsteins spezieller Relativitätstheorie, der Entdeckung der Quantennatur, den ersten Atommodellen, der Entwicklung der Quantenmechanik und Quantenfeldtheorien bis hin zu Einsteins Gravitationstheorie der allgemeinen Relativität. Ihre Reise warf die Physiker auf einige Fragen zurück, mit denen sich bereits die griechischen Naturphilosophen konfrontiert gesehen hatten: Was sind die kleinsten Teilchen? Gibt es eine unteilbare Substanz, zuletzt aber auch: In welchem Verhältnis stehen wir als Beobachter zum Beobachteten? Es war als ob die Wissenschaft als Erwachsene von ihrer eigenen kindlichen Vergangenheit eingeholt wurde. Doch gebar sie in dieser Zeit auch neue ‚gedankliche Kinder‘. Sie definierte eine neue Wirklichkeit bezüglich jahrtausendealter Vorstellungen von Raum, Zeit, Materie und Substanz, und verursachte so die bedeutendste philosophische Revolution des 20. Jahrhunderts.
Die Wissenschaft war nun in ihren ‚Dreißigern‘ angekommen. Am Ende dieser Phase standen gleich zwei revolutionäre und zugleich bizarre Theorien, welche noch heute den meisten Nicht-Physikern als Inbegriff des Unbegreiflichen erscheinen: die ‚Relativitätstheorie‘ und die ‚Quantenmechanik‘. Sie bildeten ein neues - das heutige - Fundament der Physik. Dieses Kapitel versucht die mit diesem Paradigmenwechsel in unserem Denken verbundenen Fragen und Diskussion zu erfassen und offeriert damit eine nicht nur einführende, sondern umfassende Diskussion der erkenntnistheoretischen und philosophischen Aspekte der modernen Physik.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsAuthor information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
Copyright information
© 2015 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Jaeger, L. (2015). Das neue Weltbild der Physik. In: Die Naturwissenschaften: Eine Biographie. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-43400-0_12
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-43400-0_12
Published:
Publisher Name: Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-43399-7
Online ISBN: 978-3-662-43400-0
eBook Packages: Life Science and Basic Disciplines (German Language)