Zusammenfassung
Wenn wir nach dem oben entwickelten Plan an die gesteckte klinische Aufgabe herangehen wollten, so würden wir bald bemerken, daß wir ihr gegenüber noch ziemlich ungerüstet sind. Schon bei der Charakteranalyse müssen wir stehenbleiben. Wie wollen wir ein wissenschaftlich exaktes Charakterbild entwerfen, wenn die handlichen Begriffe fehlen, um den Stoff anzugreifen? Wir werden uns der Ausdrücke, die die lebendige Sprache für die Bezeichnung von Charaktereigenschaften geschöpft hat, mit aller Liebe bedienen; sie sind lebendig wie diese, zahllos mannigfach, farbig ineinander überspielend und beweglich; aber sie entschlüpfen uns, sie schlingen sich durcheinander, sobald wir sie sondern wollen. Sie reichen nicht aus, um ein Charakterbild, dessen gesetzmäßige innere Beziehung zu einer bestimmten Erkrankungsform wir erweisen wollen, fest zu begrenzen, so daß wir nachher in einer präzisen Formel sagen könnten : Hier liegt die klinische Verwandtschaft mit einzelnen, hier der grundsätzliche Unterschied von allen andern psychopathischen Charaktertypen verborgen, der es bedingt, daß nur diese eine so geartete Charakterform diese bestimmte psychopathische Krankheitsform hervorbringen kann und daß sie sie mit innerer Notwendigkeit hervorbringen muß, sobald das Erlebnis da ist, das sie erschließt.
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Kretschmer, E. (1918). Zur psychiatrischen Charakterlehre. In: Der Sensitive Beziehungswahn. Monographien aus dem Gesamtgebiet der Neurologie und Psychiatrie, vol 16. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-42995-2_2
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