Zusammenfassung
Die neoklassische Ökonomie erhebt den Anspruch, Optimalkriterien für die Formulierung von Klimaschutzzielen bestimmen zu können. Danach liegt das ökonomisch optimale Niveau der THG-Reduktion (Emissionsziel) dort, wo der gesellschaftliche Grenznutzen aus einer vermiedenen Einheit eines Treibhausgases den Grenzkosten der Vermeidung (Grenzvermeidungskosten = GVK) dieser Einheit entspricht (vgl. Stengel und Wüstner, 1997 und Loske, 1996: 149ff.). In diesem Fall ist das Emmissionziel durch die Höhe der Vermeidungskosten bestimmt. Der folgenden Analyse der Joint Implementation liegt jedoch die Annahme zugrunde, daß das Emissionsziel durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse über die THG-Absorptionsfähigkeit der Erdatmosphäre und durch den politischen Prozeß internationaler Verhandlungen bestimmt wird. Da das Emissionsziel nicht durch die Höhe der Vermeidungskosten bestimmt wird, müssen Rückwirkungen der Wahl des Umsetzungsinstrumentes auf das Emissionsziel nicht berücksichtigt werden. Für die Bewertung ökonomischer Instrumente daraufhin, inwieweit sie sich für die optimale Umsetzung des Emissionszieles eignen, werden in der neoklassisch orientierten Umweltökonomie meist folgende Kriterien herangezogen (Loske, 1996: 175):
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Ökonomische Effizienz: Gesamtwirtschaftliche Kostenwirkungen
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Ökologische Effektivität: Geschwindigkeit und Treffsicherheit der Zielerreichung
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Literatur
Eine umfassende Untersuchung hierzu findet sich u.a. bei Rentz, 1995 und Michaelowa 1997. Greiner, 1996 analysiert die Effizienz des JI-Mechanismus anhand eines akteurezentrierten Public Choice-Ansatzes.
Ein freies Gut darf zum Nulltarif genutzt und verbraucht werden, weil es in hinreichendem Umfang vorhanden ist. Ein knappes Gut hingegen reicht nicht zur Bedürfnisbefriedigung aller aus, dadurch wird ein entsprechendes wirtschaftliches Handeln erforderlich.
Der einzelne Nutzer dehnt seine Faktornutzung bis zum individuell optimalen Punkt aus, bei dem Grenzkosten = Grenznutzen sind, und übernutzt so eine Ressource, beispielsweise das Klimasystem. Die durch die Nichtbeachtung der gesamtwirtschaftlichen Nutzenfunktion verursachte Fehlallokation führt zu gesellschaftlichen Wohlfahrtsverlusten, die unterschiedliche Ausmaße annehmen können (Stähler, 1990: 178ff.; Kölle, 1992, 293f.).
Ein öffentliches Gut sei hier als ein Gut definiert, bei dessen Nutzung keine Rivalität herrscht und von dessen Genuß keiner ausgeschlossen werden kann.
Beeinflussen die Aktivitäten eines Wirtschaftssubjektes die Wohlfahrt eines anderen, ohne daß diese über den Preismechanismus des Marktes koordiniert werden, liegen externe Effekte vor. Die Umweltökonomik analysiert die Ursachen und Wirkungen negativer externer Effekte, die aus der Nichteinbeziehung der Folgen individueller Handlungen auf das öffentliche Gut Umweltqualität resultieren.
Üblicherweise wird eine Unterteilung der umweltpolitischen Instrumente vorgenommen in ordnungspolitische Instrumente und in marktwirtschaftliche Instrumente. Ordnungspolitische Instrumente (Ge- und Verbote; Auflagen, Grenzwerte, usw.) machen den Akteuren konkrete Verhaltensvorschriften, die keine Handlungsalternativen offen lassen, außer der Einstellung der Aktivität. Marktwirtschaftliche Instrumente (Abgaben, Steuern, Lizenzen, usw.) lassen den Akteuren prinzipiell die Wahl zwischen einem umweltfreundlichen Verhalten oder z.B. der Zahlung höherer Preise für weiterhin umweltschädigendes Verhalten. Der wesentliche Vorzug dieser Instrumente liegt darin, daß wirtschaftliche Anreize zur Einsparung von Energie und zur Schadstoffreduktion aktiviert werden (Kopfmüller, 1993: 36).
Damit wird der Begriff der Kompensation nicht in der englischen Tradition der Entschädigung für einen Schaden oder Verlust verstanden, sondern im Sinne des Ersatzes einer ansonsten staatlich erzwungenen Verhaltensweise (Ordnungsrecht) oder Zahlungspflicht (Steuerrecht) durch Möglichkeiten gezielter Ersatzmaßnahmen beziehungsweise der gewollten Steuervermeidung.
Art. 12 des Kioto-Protokolls zur UN Klimarahmenkonvention. Vgl. Anhang 9.1.3.
Nach der neoklassischen Theorie existieren ‘Ohne Reue’-Maßnahmen (engl.: ‘no regrets’) nicht, da die Unternehmen sie aus Gründen der Kostenminimierung längst durchgeführt hätten, was an den Witz über den Ökonom der Chicago-Schule erinnert, der mit seiner Enkeltochter spazieren geht und dabei einen 100 $ -Schein findet. Als die Enkeltochter sich danach bücken will, hält er sie zurück mit der Begründung: „Wenn er echt wäre, hätte ihn schon längst jemand aufgehoben.“ Die Existenz von ‘Ohne Reue’-Maßnahmen, die nicht ergriffen werden, läßt sich empirisch nicht mehr leugnen. Das IPCC schätzt das Einsparpotential zu negativen und niedrigen Kosten auf 10–30 % des gesamten Energieverbrauchs (Loske 1996: 167).
Zum anderen hängen die Kosten der Vermeidung auch vom Lohnniveau ab, welches in den EL wesentlich niedriger ist als in den IL. Aufforstungsmaßnahmen sind in den EL nicht etwa billiger, weil in den IL bereits mehr aufgeforstet wurde, sondern weil die Kosten der Bewirtschaftung aufgrund niedriger Löhne wesentlich unter dem IL-Niveau liegen.
Möglich sind auch sogenannte Selbstverpflichtungsabkommen der Industrie. Für die Analyse von JI macht es keinen Unterschied, ob Emissionsreduktionen über Emissionssteuern oder über Selbstverpflichtungsabkommen erreicht werden sollen, (vgl. Rennings et al. 1997).
In der Literatur werden die Begriffe ‘Gemeinsamen Vertragsumsetzung’, ‘Kompensation’ und ‘Joint Implementation’ synonym verwendet. Wir benutzen vor allem den englischen Terminus, um das dahinterstehende Konzept von sonstigen Kompensationsmechanismen und Vertragsumsetzungen abzugrenzen.
Grundsätzlich sind auch JI-Projekte zwischen Industriestaaten möglich, die eine Reduktionsverpflichtung eingegangen sind. Solche Projekte folgen anderen Gesetzmäßigkeiten (Heister, 1997: 299) und werden hier nicht beleuchtet, da sich diese Arbeit auf Nord-Süd-JI beschränkt.
Im Gegensatz zu einem System handelbarer Emissionszertifikate werden hier keine Emissionsrechte, sondern Kredite realisierter Emissionsreduktionen gehandelt (siehe dazu Nentjes und Zhang, 1997).
Projektkosten seien hier die inkrementellen Kosten eines Klimaschutzprojektes. Hätte z.B. ein EL ein weniger effizientes Kraftwerk zum Preis x gebaut und ein umweltfreundlicheres Kraftwerk kostet x+y, so belaufen sich die inkrementellen Kosten auf y.
Ebd.: 21. Nach der Theorie des kollektiven Handels wird es einer großen, heterogenen Gruppe nicht gelingen, sich zu einem Kartell zu organisieren, es sei denn, sie verfugt über selektive Anreize (vgl. Olson, 1968). Die Erfahrung der EL auf den Rohstoffmärkten läßt vermuten, daß solch selektiven Anreize fehlen, da es EL-Gruppen wie der G77 nie gelungen ist, ein Preiskartell zu bilden.
Im Fall diskreter Kostensprünge ist mit durchschnittlichen Vermeidungskosten zu argumentieren, da die Grenzvermeidungskosten, sofern die betrachtete marginale Einheit nicht gerade auf einem Kostensprung hegt, immer gleich Null ist (Rentz, 1995: 187f.).
Wenn JI-Projekte von privatwirtschaftlichen Akteuren ohne Prüfung der Regierungen durchgeführt werden, besteht die Gefahr, daß JI zu einer Wohlfahrtsverschlechterung im Land des Investors führt, da es zu einer Übertragung positiver Externalitäten von den IL in die EL (rent-shifting) kommt. Zwar können z.B. Aufforstungsmaßnahmen billiger in EL durchgeführt werden, allerdings fallen die Dienste, die ein Wald außer der CO2-Reduktion liefert, nicht mehr im IL an. Nun kann es sein, daß der Wert dieser Externalitäten für die Gesellschaft dieses Landes höher ist als die Kostenersparnis, die ein JI-Investor erzielt, wenn er dasselbe Projekt im Ausland zu niedrigeren Kosten realisiert.
In China und Indien ist diese Annahme plausibel, da ein Großteil der Kraftwerke, Industrieanlagen und Waldflächen, die für JI-Projekte in Frage kommen, in staatlicher Hand sind. Der indische Staat als ‘Gesamtunternehmen’ kann somit Externalitäten internalisie-ren. Wenn private Unternehmen den Preis für Emissionskredite aushandeln, so ist es wahrscheinlich, daß der Preis nicht wesentlich unter den inkrementellen Kosten liegt. Aber auch bei privaten Anbietern von JI-Projekten ist eine Internalisierung der Kosten möglich, wenn der Staat das Unternehmen in Höhe der durch das JI-Projekt entstehenden positiven Externalitäten kompensiert.
Unter Verifikation ist die korrekte Erfassung der tatsächlich reduzierten Emissionen und deren Zuordnung auf einen Investor zu verstehen.
Das Konzept der additiven Kosten meint in diesem Fall die über die Kostendeckung hinausgehenden Kosten. Wenn das Projekt, welches für den Klimaschutz förderlich wäre, Kosten mit sich bringt, die es betriebswirtschaftlich unrentabel machen, sind die additiven Kosten jene Kostendifferenz, ab welcher das Projekt rentabel wäre.
Eine ausführlichere Diskussion zur Bestimmung der Baseline und Problemen der Addi-tionalität führen Rentz, 1997; Gosh et al., 1994; Luhmann, 1995. Eine Analyse des Base-line-Problems unter Einbeziehung asymmetrischer Informationsverteilung und strategischem Verhalten findet sich bei Hagem, 1996 und Greiner, 1997.
Allerdings können JI-Projekte im Bereich der ‘Ohne Reue’-Optionen sinnvollerweise als Demonstrationsprojekte dienen. Oft halten sich Unternehmen auch bei rentablen Investitionsmöglichkeiten in den Umweltschutz aufgrund mangelnder Erfahrung und Skepsis zurück. Ein Demonstrationsprojekt kann zur Überwindung solcher Skepsis fuhren.
In Annex 1 der Klimarahmenkonvention sind jene Länder aufgeführt, die sich auf THG-Reduktionen verpflichtet haben. Als Nicht-Annex Staaten werden die übrigen Länder bezeichnet. Dabei handelt es sich um EL, Schwellenländer und ehemalige Ostblockstaaten.
Der Regierung würde also die Aufgabe der Losgrößentransformation zukommen. Dadurch wird das Risiko für den einzelnen Investor reduziert.
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Bräuer, W., Kopp, O., Rösch, R. (1999). Ökonomie des Klimaschutzes: Joint Implementation. In: Ökonomische Aspekte internationaler Klimapolitik. Umwelt und Ressourcenökonomie. Physica, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-41516-0_5
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