Zusammenfassung
Die Frage nach dem Begriff der Aussichtslosigkeit des § 64 Abs. 2 ist ohne Kenntnis der Behandlung von Suchtmittelabhängigen und ohne Kenntnis des medizinisch generell und individuell Erreichbaren nicht zu beantworten. Die erforderliche Konkretisierung der rechtsdogmatischen „Vorgaben“ verlangt hinsichtlich Diagnose und Prognose eine medizinische Beurteilung, die — wie bei anderen Erkrankungen auch — vom Patienten und seinem Krankheitsbild ausgehend all jene Faktoren abzuschätzen hat, die einerseits für die Notwendigkeit, andererseits für die Möglichkeit einer therapeutischen Beeinflußbarkeit sprechen. Vor dem Hintergrund von Epidemiologie und Ätiologie des Rauschmittelmißbrauchs wird dabei nicht nur die Kenntnis der Drogentypologie und ihrer induktiven Wirkung auf die individuelle Drogenkarriere verlangt, sondern auch das Wissen um die Remission organischer (insbesondere hirnorganischer) Schäden, ferner die Kenntnis um Anforderungen und Grenzen einer Entziehungskur sowohl hinsichtlich der angewendeten psychotherapeutisch wie auch der soziotherapeutisch-psychagogisch orientierten Verfahren. Letztlich hat sich der prognostizierende Arzt dabei auch die Frage zu stellen, welches qualitative Niveau einer Entziehungskur Maßstab für die Beurteilung der „Aussichtslosigkeit“ sein soll: etwa das einer Entziehungsanstalt mit starker Selektion und hoher Erfolgsbilanz oder das einer völlig unausgelesenen Entzie-hungsabteilune (z. B. an einem Landeskrankenhaus) mit niedriger Erfolgsbilanz.
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Referenzen
Vgl. Protololle, IV, S. 806 f.
Vgl. „Gelöbnis“ der Berufsordnung für die deutschen Ärzte, Dtsch Ärztebl 1979, 2442.
Für die Alkoholabhängigkeit („Trunksucht“) ist die Krankheitsqualität im Hinblick auf die sozialrechtliche Bewertung 1968 vom Bundessozialgericht in einem Urteil mit Grundsatzcharakter entschieden worden (vgl. BSGE 28, 114), wobei von der gefestigten Krankheitsdefinition im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung ausgegangen wurde: „Krankheit ist ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand, dessen Eintritt entweder allein die Notwendigkeit einer Heilbehandlung oder zugleich oder ausschließlich Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.“ Als regelwidrig ist dabei ein Körperzustand anzusehen, der von der durch das Leitbild des gesunden Menschen geprägten Norm abweicht (vgl. BSGE 26, 242); hierunter fällt auch die Sucht, und zwar nicht nur in ihrer Variante als Trunksucht, sondern auch als Medikamentensucht. Ferner stellte das Bundesarbeitsgericht fest, daß Alkoholabhängigkeit (Alkoholismus) eine Krankheit im Sinne des Lohnfortzahlungsgesetzes sei; die Frage, ob ein Selbstverschulden des Arbeitnehmers vorliege, sei — unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (z. B. BAGE 24, 477) — in jedem Fall individuell unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen, vgl. BAG, JZ 1984, 158.
Nicht diskutiert werden sollen hier psychoanalytische, lerntheoretische Modelle, bei denen der pathogenetische Gesichtspunkt, daß Alkoholabhängigkeit das Symptom einer zugrundeliegenden Krankheit ist, aufgegeben wurde.
Die Prävalenz als „Bestandsrate“ bezeichnet die Häufigkeit einer Krankheit innerhalb einer Population, bezogen auf die Gesamtheit der exponierten Personen. Die Inzidenz beschreibt als „Neuerkrankungsrate“ die Häufigkeit des Neuauftretens einer Krankheit in einem bestimmten Zeitraum.
Je genauer und offensichtlich approximativer die Zahlenangaben hinsichtlich Alkoholismus und Drogenabhängigkeit wurden, desto betroffener war die Reaktion nicht nur weiter Bevölkerungsschichten, sondern auch die der zu Gegenregulationen aufgerufenen Stellen. Fortsetzung s. S. 40. (Fortsetzung) Oftmals entstand dabei allerdings der Eindruck, der allgemeine Trend zum Mißbrauch psychotroper Stoffe (Medikamente, Alkohol, Drogen) werde nicht mit derselben Schärfe beachtet und proklamiert wie die spektakuläre Abhängigkeit vom Heroin. Die ständig ansteigende Zahl der Drogentoten wurde als exorbitant bezeichnet, ohne sie an der wesentlich höheren Zahl Alkoholtoter (Verkehrsunfälle, tödlich verlaufende Intoxikationen, Spätschäden wie z. B. Zirrhose der Leber) oder Medikamentenopfer zu relativieren bzw. sie in eine kritische Gesamtschau einzufügen.
Vgl. hierzu Fromm in Christiani u. Stübing, Drogenmißbrauch, S. 7.
Erläuterungen hierzu bei Christiani, Drogenmißbrauch, S. 13.
Vgl. Informationsschrift „Alltagsdrogen und Rauschmittel“, S. 7; aus neuester Zeit auch die Publikation des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit zum Konsum und Mißbrauchsverhalten junger Menschen (1983), die sich auf die Befragung von ca. 12000 Personen durch Infratest stützt, vgl. Konsum und Mißbrauch, S. 19 f.
Vgl. Ziegler, Epidemiologie, S. 11, in: Teschke u. Lieber, Alkohol und Drogenschäden.
So Feuerlein, Alkoholismus, S. 61.
Vgl. Bericht über Alkoholmißbrauch, S. 13.
Zu dem volkswirtschaftlichen Kostenfaktor „Rauschmittelabhängigkeit“ und den aus der Drogentherapie resultierenden Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten vgl. die Arbeiten von Turek (1981) und Täschnern. Wanke, Kosten-Nutzen-Gesichtspunkte, S. 13.
Vgl. Kreuzer, Gebhardt, Maassen, Steinhilbers, Drogenabhängigkeit, S. 20.
Körner, Betäubungsmittelgesetz, Einleitung, Rdnr. 16.
Skarabis u. Becker, Epidemiologische Untersuchung, S. 338.
, 18 Text s.S. 41
Zahlenangaben nach Täschner, Therapie, S. 65, und Lutz, Ärztl Praxis 1984, 1009.
Feuerlein, Alkoholismus, S.62; vgl. auch die Untersuchung von Idelberger u.a. zum Trinkdebut und zum ersten Alkoholrausch von Jugendlichen, Alkoholkonsum, S. 15 f.
Vgl. Skarabis u. Becker, Die Berliner Ärztekammer 1980, 271 f., 335 f.
Zum Durchschnittsalter vgl. auch die von Infratest im Auftrag der Bundesländer erarbeitete neuere (Aug. 1983) Studie, hrsg. vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Konsum und Mißbrauch von Suchtmitteln, S.21 f.
Vgl. Skarabis u. Becker, Die Berliner Ärztekammer 1980, 338.
Vgl. Feuerlein, Alkoholismus, S. 63.
Verwiesen werden soll lediglich auf die synoptischen Darstellungen mit zahlreichen Literaturverweisen von Feuerlein, Alkoholismus, S. 10 f., und Täschner, Therapie, S.49f.
Vgl. z. B. Zerbin-Rüdin, Alkoholismus, in: Zang, Klinische Genetik, S. 29.
Soziologische Aspekte haben stets auch die kulturspezifischen Alkoholnormen zu berücksichtigen, wobei nach der Untersuchung von Pittmann und Tate in erster Linie zwischen prohibitiven, ambivalenten und permissiven Kulturen zu unterscheiden ist, Q J Stud Alc 1969, 888: vgl. ferner auch die Übersicht von Berger, Aspekte, S.237f.
Vgl. hierzu auch Täschner, Therapie, S.40.
Zilboorg, Am J Orthopsychiatry 1937, 15.
Angeführt seien hier nur die grundlegenden Arbeiten von: Kielholz u. Ladewig, Dtsch Med Wochenschr. 1970, 101; Sieber u. Angst, Drogen (1981); Uchtenhagen, Zimmer-Höfler u. Widner, Familiäre Hintergründe (1981).
Zur Nomenklatur: Unter dem Oberbegriff „Droge“ werden alle Stoffe verstanden, die eine Wirkung auf das Zentralnervensystem haben und deswegen eine Abhängigkeit erzeugen können. Nicht ganz korrekt ist daher die allgemein übliche Handhabung, den „Alkoholabhängigen“ die „Drogenabhängigen“ gegenüberzustellen; mit letzteren sind dann die Konsumenten der dem Betäubungsmittelgesetz unterliegenden Rauschmittel gemeint.
In gleichem Maße, wie diese Medikamente als stark wirksame Analgetika bei schweren Schmerzzuständen eingesetzt werden, ist auch regelmäßig wegen des hohen Suchtpotentials an eine iatro-gene Suchtinduktion zu denken.
Zwischen diesen Extremen sind alle Varianten möglich, wobei die leichter verlaufenden Entzugssymptome zumeist überwiegen. Wenig hilfreich ist daher die unrichtige, wenngleich publikumswirksame Behauptung, daß Süchtige bereits zu Beginn einer Entziehung kaum erträglichen Schmerzen ausgesetzt werden; so aber: Mommsen-Henneberger, Ärztl Praxis 1984, 87.
Vgl. Waldmann, Schönhöfer u. Hasse, Dtsch Med Wochenschr 1973, 327.
Unzutreffend ist daher die Angabe, der Morphinist oder Heroinist suche die Euphorie in der Einsamkeit des Opiumrausches, vgl. Gädeke u. Gehrmann, Drogenabhängigkeit, S. 24, weil in den weit überwiegenden Fällen dieser Konsumenten zunächst gegen die „Dysphorie“ gespritzt wird.
Vgl. Täschner, Therapie, S. 35.
Vgl. hierzu insbesondere die eingehende Darstellung von Täschnern. Richtberg, Kokain-Report, S.19f.
Vgl. z.B. „Stern“ vom 22.05. 1980: „Was Haschisch für die 60er Jahre und Heroin für die 70er Jahre war, scheint Kokain für die 80er Jahre zu werden.“ Vgl. ferner die von ap mitgeteilte Information des Vorsitzenden des Innenausschusses Wernitz (SPD), der nach einer Delegationsreise durch südamerikanische Länder von einer „Kokain-Welle“ spricht, die auf Europa zurolle: Kieler Nachrichten vom 04.05.1984, S.2.
Vgl. hierzu die Statistik des Bundeskriminalamtes bei Täschnern. Richtberg, Kokain-Report, S. 52.
Vgl. Täschner, Ärztl Praxis 1984, 641.
Vgl. hierzu insbesondere die bereits erwähnte Gesamtdarstellung von Täschner u. Richtberg, Kokain-Report (1982).
Siehe auch die Anmerkungen von Tretter, Dtsch Ärztebl 1983, 54.
Also Barbitursäurederivate.
Vgl. World Health Organization, Techn. Rep. Ser. 48 (1952).
Zitiert nach Feuerlein, Alkolismus, S. 5.
Ähnlich auch die Definition von Keller, Br J Addict 1972, 153.
Vgl. Feuerlein, Monatskurs für die ärztliche Fortbildung 1981, 18.
Jellinek, Can Med Assoc J 1960, 1341.
Vgl. hierzu z. B. Bochniku. Richtberg, Depravation, S. 85.
Aus den zahlreichen Darstellungen vgl. hierzu z. B. Keup, Sucht, Abhängigkeit und Mißbrauch, S.3f.
Kritisch zum Kriterium des Kontrollverlustes z.B. Spengler, Alkohol, S.123, m.w.N. und dem Hinweis, daß es sich hierbei keineswegs um ein Alles-oder-Nichts-Gesetz handele; nach Marconi ist die Unfähigkeit aufzuhören zu unterscheiden von der Unfähigkeit, sich des ersten Schluckes zu enthalten, Q J Stud Alc 1959, 216.
, 51 Text s. S. 48.
Lateinisch „depravatio“ = Verunstaltung.
Von Zutt wird Depravation treffend als „Verfall der historischen Persönlichkeit“ bezeichnet, vgl. Nervenarzt 1958, 439.
Pschyrembel, Wörterbuch, Stichwort: „Depravation“; Huber, Psychiatrie, S. 258.
Vgl. Schrappe, Über die Depravation, S. 113.
Dieser plastische, eingängige Vergleich stammt von Täschnern. Richtberg, Kokain-Report, S. 145.
Bochnikn. Richtberg, Depravation, S. 87.
So z. B. von Eisen als „primitivierende und nivellierende organische Wesensänderung“, Handwörterbuch, S. 161; ferner Wanken. Täschner, Mißbrauch und Sucht, S.6; Täschnern. Richtberg, Kokain-Report, S. 145.
Bochnikn. Richtberg, Depravation, S. 87.
Vgl. Schrappe, Depravation, S. 100.
Bochnikn. Richtberg, Depravation, S.87.
Bochnik u. Richtberg, Depravation, S. 91.
Bochniku. Richtberg, Depravation, S. 87.
Hartmann, Stichwort „Verwahrlosung“, in: Lexikon der Psychiatrie, S. 557.
Vgl. hierzu Hartmann, Stichwort „Verwahrlosung“, in: Lexikon der Psychiatrie, S. 258.
Wie bei anderen Prognoseverfahren wurde die prognostische Relevanz empirisch ermittelt; anhand von Schlechtpunkten wird das Versagensrisiko abgeschätzt. Siehe hierzu Hartmann u. Eberhard, Legalprognosetest für dissoziale Jugendliche (LDJ), 1972.
Erinnert sei hier z. B. an die psychische Rückwirkung von ernsten, suchtmittelinduzierten somatischen Schäden (z. B. zirrhotischer Leberumbau bei Alkoholikern oder infektiöse Rhythmusstörungen des Herzens bei Heroinabhängigen); die Kenntnis um derartige Erkrankungen kann einerseits motivationsfördernd wirken, gelegentlich aber auch reaktiv-depressive Verstimmungs-zustände und Resignation hervorrufen.
Im Diagnosenschlüssel und Glossar psychiatrischer Krankheiten der WHO (1980) werden diese Schädigungen noch leichterer Art des zentralen Nervensystems zunächst unter der Nr. 310 als spezifische, nicht psychotische Störungen nach Hirnschädigung beschrieben und unter der Nr. 310.1 als chronische, leichte Beeinträchtigung von Gedächtnis und Intelligenz, oft begleitet von gesteigerter Irritierbarkeit, Querulanz, Abgespanntheit und Klagen über körperliche Schwäche. Diese Schädigungen können schweren Zustandbildern vorausgehen, die auf einer umfassenden Hirn-schädigung beruhen (zu verschlüsseln unter „Demenz jeder Typologie“ oder unter „Vorübergehende organische Psychosen“, Nr. 293).
Bleuler, Psychiatrie, S. 197.
Bleuler, Psychiatrie, S. 198.
Bleuler, Psychiatrie, S. 199.
Bleuler, Psychiatrie, S. 199.
Bleuler, Psychiatrie, S. 317.
Bleuler, Psychiatrie, S. 318.
Kryspin-Exner, Alkoholismus, S. 21.
Feuerlein, Alkoholismus, S. 92.
Vgl. Feuerlein, Psychiatrische Krankheitsbilder, S. 228.
Huhn, Therapie, in: Steinbrechern. Solms, Sucht und Mißbrauch, S. VI, 40.
Krampe, Suchtgefahren 1979, 59.
Templer, Int J Addict 1975, 609.
Carlson, Br J Addict 1973, 83.
Burian u. Feselmayer, Restitution, S. 60.
Burian u. Feselmayer, Restitution, S. 67.
Grünberger, Kryspin-Exner, Masariku. Wessely, Unterschiedlichkeiten, S. 151.
Zu diesem Problem schrieb bereits Kruse (1910): „Was wir nötig haben, das sind besondere Pflegestätten für diejenigen Alkoholkranken, bei denen auf eine volle Wiederherstellung kaum oder überhaupt nicht zu rechnen ist. Die Aufgabe einer solchen Pflegestelle darf nicht gering bewertet werden. Auch wenn sie nur in den allerseltensten Fällen einen Pflegling dahinbringen wird, daß er für die Rückkehr ins Leben tüchtig wird, so ist es doch etwas Gutes und Großes, die charakterschwachen Menschen vor weiterem Niedergang in einen immer weniger menschenwürdigen Zustand zu bewahren.“ Vgl. Alkoholfragen 1910, 216. Ähnliche Überlegungen stellte auch Voss (1913) an: „Die Behandlung asozialer Trinker ist theoretisch einfach zu lösen: Sie gipfelt in Auslese und Bewahrung___Es fehlen uns Pflegestätten für diejenigen Alkoholkranken, bei denen auf eine volle Wiederherstellung kaum oder überhaupt nicht zu rechnen ist. Es sind das Individuen, die trotz aller auf sie verwandten Mühe und Kosten immer wieder rückfällig werden,...“ Alkoholfragen 1913, 123.
Vgl. Täschner, Therapie, S. 126.
Vgl. Bericht über die Lage der Psychiatrie, BT-Drucksache 7/4200, S. 26.
Ebenso auch der als Sachverständiger gehörte Medizinaldirektor Dr. Beyer, vgl. Protokolle, IV, S.807f.
Vgl. die Äußerung von Schafheutle: Die Strafanstalt sei die wirksamste Entziehungskur, die es gebe. Protokolle, IV, S.794.
So bezeichnen Schmidbauer u. Scheidt die Drogentherapie als düsterstes Kapitel der Rauschdrogenliteratur: Rauschdrogen, S. 196.
Vgl. Solms, Grundprinzipien, S. VI, 83. Auf eine mehr relativierende Betrachtungsweise von vorwiegend psychoanalytisch und verhaltenstherapeutisch orientierten Autoren (z. B. Bailey und Stewart, Q J Stud Alc 1967, 305) soll hier ebensowenig eingegangen werden wie auf medikamentöse Abstinenzhilfen und Substitutionsprogramme (z. B. das Methadonprogramm), die jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland kaum Anhänger gefunden haben.
Winter, Möglichkeiten der Behandlung, S. 267.
Der Kontrollverlust des γ-Alkoholikers kann noch nach Jahren der Abstinenz auftreten und persistiert als „latenter Kontrollverlust“; er wird als Zeichen einer erlernten und pathologisch fixierten Reaktionsbereitschaft des Zentralnervensystems aufgefaßt, vgl. Spengler, Alkohol, S. 125.
31 dieser Einrichtungen sind dem Deutschen Heilstättenverband angeschlossen; sie behandeln v. a. behandlungswillige γ-Alkoholiker.
Abgedruckt bei Gerchow u. Heberle, Alkohol, S. 62.
Vgl. z. B. Feuerlein, Alkoholismus, S. 112; Gerchow u. Heberle, Alkohol, S.93; Hansel, Gedanken zum Verlauf,S. 116.
Unbedingte Abstinenz für alle diejenigen Fälle, in denen eine Einweisung nach § 42 c a. F. erforderlich war, vertrat auch noch Langelüddeke in einer Vorauflage (Gerichtliche Psychiatrie, 3. Aufl., S. 83): Das in § 42 c geforderte Streben nach einem gesetzmäßigen und geordneten Leben laufe in der Praxis zunächst auf die Forderung nach völliger Abstinenz hinaus.
Vgl. Winter, Behandlung, S. 264, hier in bezug auf die Alkoholabhängigkeit; ebenso Huhn, Therapie, S. VI, 37.
Nach Keup stehen derzeit ca. 1500 Therapieplätze für Drogenabhängige zur Verfügung; „ausreichend“ sei diese Zahl wegen der schlechten Motivationslage, nicht jedoch ausreichend für die Gesamtzahl der Drogenabhängigen; für Medikamentenabhängige gebe es immer noch keine Spezialeinrichtungen, vgl. Zahlen, S. 14.
Vgl. hierzu die Empfehlungsvereinbarung über die Zusammenarbeit der Kranken- und der Rentenversicherungsträger bei der Rehabilitation Abhängigkeitskranker („Suchtvereinbarung“) vom 20.11.1978, Ortskrankenkasse 1979, 489 f.
Veröffentlicht bei Gerchow u. Heberle, Alkohol, S. 123.
LSG Nordrhein-Westfalen (Essen), Suchtgefahren 1974, 305–307.
Mißverständlich ist insofern die Forderung von Hadamik (Entwicklungen, S.103) nach Entziehungsanstalten für die Unterbringung depravierter, nicht mehr behandlungsfähiger Trinker; denn hier wird sich neben einem therapeutischen „Minimalprogramm“ das Augenmerk insbesondere auf das bloße Fernhalten vom Suchtmittel zu richten haben.
Wird im folgenden von einer „Entziehungskur“ gesprochen, so ist damit stets eine über die bloße Entgiftung hinausgehende Entwöhnungsbehandlung („Entziehungskur im engeren Sinne“) zu verstehen.
Vgl. hierzu Huhn, Therapie, S. VI, 39.
Siehe Rieth, Suchtgefahren 1971, 12.
Vgl. Protokolle, IV, S. 807 f.
Ähnlich auch Winter, Möglichkeiten zur Behandlung, S. 257.
Zum Begriff des „Mißbrauchs“ vgl. S. 18 f. Zu eng erscheint demgegenüber die von Langelüddeke u. Bresser vertretene Auffassung, eine Entziehungskur sei dann gerechtfertigt, wenn körperliche oder seelisch-geistige Schäden eingetreten sind und durch die Anamnese der ununterbrochene, langfristige und zunehmende Gebrauch erwiesen sei, vgl. Gerichtliche Psychiatrie, S.281.
Text s.S. 62.
Ganz ähnlich auch die von Prokop vorgetragene Einteilung in: a) Süchte mit neurotropem Angriffspunkt („echte Süchte“), b) Süchte mit psychischer Abhängigkeit, aber ohne neurotropem Angriffspunkt (Genußgifte, Nikotinsucht), c) Suchtformen im ausschließlich seelischen Bereich (z. B. bei sexuellen Perversionen); vgl. Prognostische Gesichtspunkte, S. 178.
Vgl. Bochnik u. Richtberg, Depravation, S. 86.
Entsprechenddemsog.„Drop-out-Phänomen“nach Prokop, Prognostische Gesichtspunkte, S.178.
Kuschinsky u. Lüllmann, Kurzlehrbuch, 5. Aufl. (1972), S.267.
Vgl. Feuerlein, Alkoholismus, S.4.
Die Begriffe „Gewöhnung“ und „Toleranz“ werden auch im wissenschaftlichen Sprachgebrauch annähernd synonym gebraucht, wobei „Gewöhnung“ mehr die dynamischen Aspekte und „Toleranz“ mehr die Statusbeschreibung berücksichtigt; zur Pathophysiologie vgl. insbesondere Spengler, Alkohol, S.44f.
Vgl. hierzu auch oben Kap. 1, Fußnote 96.
Vgl. hierzu auch oben Kap. 1, Fußnote 97.
Vgl. hierzu auch oben Kap. 1, Fußnote 99.
Ebenso Täschner, Therapie, S.214; in der Tendenz gegen eine zu enge Kopplung an den Krankheitsbegriff (und insofern entgegen der obigen Auffassung des BGH) auch Mrozynski, Mschr Krim 1985, 11
Entziehungskuren setzen nach der Empfehlungsvereinbarung der Kranken- und Rentenversicherungsträger voraus, daß der Patient „motiviert“ ist; ferner muß er bereit sein, eine erforderliche Nachsorge in Anspruch zu nehmen; vgl. § 2 „Suchtvereinbarung“, Ortskrankenkasse 1979, 489 f.
Daß aktuelle Therapieunwilligkeit jedoch nicht irreversibel und v.a. nicht mit irreversiblem Kranksein verbunden ist, zeigen zum einen die Quoten der „Spontanheilungen“ und zum anderen die Untersuchung von Kendellxx. Staton, Q J Stud Alc 1966, 30.
Vgl. seine psychodynamischen Überlegungen zum Motivationsverlauf, Gedanken, S. 112 f.
Dabei können das Verhalten der Menschen in der Umgebung des Suchtkranken (insbesondere nahe Bezugspersonen) ebenso wie soziale Komplikationen zur Erhöhung des Leidensdruckes beitragen; vgl. auch Hänsel, Gedanken, S. 114.
Text s.S. 65.
Diesem motivationsfördernden Konzept des Leidensdrucks entspricht die in der Praxis oftmals vorgetragene Äußerung, ein Suchtmittelabhängiger sei „noch nicht tief genug gesunken“, es gehe ihm noch nicht schlecht genug, als daß eine Entziehungskur zu diesem Zeitpunkt sinnvoll sei. Derartige Äußerungen entspringen letztlich der vielfachen Erfahrung, daß das Ausmaß der individuell erlebten suchtinduzierten Frustrationen erst eine bestimmte Reizschwelle überschritten haben muß, ehe man von einer motivationsfördernden Wirkung ausgehen kann. Dabei wird freilich die Höhe dieser Reizschwelle persönlichkeitsabhängig und individuell unterschiedlich sein. Dies kann letztlich sogar über die bereits beschriebenen suchtmittelinduzierten destruktiven Persönlichkeitsveränderungen in einen Circulus vitiosus einmünden, in dem die Ansprechbarkeit für frustrane Kränkungen durch den Persönlichkeitsabbau schrittweise erhöht und so die Ausbildung einer tragfähigen Motivation verhindert wird.
Vgl. Volckart, Maßregelvollzug, S. 116. Zur Rechtfertigung einer nur vorübergehenden Unterbringung im „Festen Haus“.
So auch Kleiner, Behandlung, S.53. Selbst wenn man den lerntheoretischert Modellen folgen würde, daß bei chronischem Alkoholmißbrauch insbesondere ein angelerntes Verhalten bedeutsam sei und somit auch die Bereitschaft des γ-Trinkers zum Kontrollverlust bei fehlender Übung „verlernt“ werden kann, ist zu berücksichtigen, daß der Kontrollverlust bei entsprechender Konstellation auch wieder rasch aktiviert werden kann; vgl. hierzu auch Spengler, Alkohol, S. 125.
Entsprechend der „initial-repressiven“ Motivationsarbeit nach Kleiner über einen „sekundären Leidensdruck“, vgl. Behandlung, S. 54, und Motivationsarbeit, S.248.
So z. B. die Argumentation von Huhn, Therapie, S. VI, 38.
So z. B. die Argumentation von Langelüddeke u. Bresser, Gerichtliche Psychiatrie, S.281.
Vgl. Kurtz, Erfolge, S. 187.
Der von Kleiner vorgeschlagenen Unterteilung in 2 Methoden zur Therapieeinleitung (vgl. Motivationsarbeit, S.248), nämlich in die induktive Methode (vorwiegend durch Street-worker-Arbeit gekennzeichnet) und in die direkte, initial-repressive Methode (insbesondere durch Strafverfolgung gekennzeichnet), wird hier nicht gefolgt, da beide Modelle letztlich induktive Elemente in sich bergen und sich lediglich durch die Rahmenbedingungen unterscheiden.
Zum Beispiel die Frage, wieweit ein hirnorganisches Psychosyndrom nach Detoxikation persistiert oder nicht, vgl. S. 50 f.
Vgl. Richtlinien der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 8. Juni 1978, Ersatzkasse 1979, 322–327.
ICD, International Classification of Diseases, vgl. hierzu Diagnosenschlüssel und Glossar psychiatrischer Krankheiten.
Vgl. Bschor, Z Rechtsmed 1976, 25.
Wie personalintensiv beispielsweise Drogentherapie sein kann — und wohl auch sein muß belegt Kurtz für die Drogenabteilung des Psychiatrischen Krankenhauses Merxhausen bei Kassel: 1, 1 Mitarbeiter stehen jedem Patienten vom therapeutischen Personal zur Verfügung bzw. 1, 6 Mitarbeiter unter Einschluß von Verwaltungs- und Versorgungspersonal, vgl. Katamnesen, S.9. Zum Stellenwert von geschultem Personal vgl. auch Keup, Behandlung, S. 197.
Schriftliche Mitteilung des Justizministers des Landes Schleswig-Holstein vom 28.01.1983.
Vgl. Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, Band 4 (1958), S. 491.
Vgl. Hadamik, Bilanz, S. 100.
Vgl. hierzu die Analyse von Huhn, Therapie, S. VI, 37.
BT-Drucksache 7/4200; vgl. insbesondere S. 13, 14 zur Versorgung der Suchtkranken.
Vgl. Hadamík, Bilanz, S. 103.
Z. B. John, Suchtgefahren 1979, 65; Watzl, Gnerlich, Hünnekens, Rometsch u. Thomas, Suchtgefahren 1976, 121.
Wieser, Fortschr Neurol Psychiatr 1966, 565.
So z. B. John, Suchtgefahren 1979, 66.
So Emrick, Q J Stud Alc 35, 523.
Bschor, Z Rechtsmed 1976, 25.
Durchgeführt im Auftrage des National Institut on Alcohol abuse und Alcoholism (NIAAA der USA).
Vgl. hierzu Emrick, der aus 265 Veröffentlichungen in englischsprachigen Fachzeitschriften der Jahre 1952–1971 insgesamt 13000 Patienten erfaßt hatte und die Untersuchungen verglich, Q J Stud Alc 35, 523.
Vgl. Watzl, Suchtgefahren 1979, 37.
Zur Frage der Vorselektion vgl. Keup mit seinem Hinweis, daß durch geeignete Auswahlkriterien die Erfolgsquote auf 60% und mehr gesteigert werden könne, sowie seine kritische Frage: „Wer aber behandelt die Übriggebliebenen?“ Freiwillige Behandlung, S. 194.
Feuerlein, Alkoholismus, S. 153.
Funken. Klein, Suchtgefahren 1981, 143.
Vgl. Kielholz, Hauser, Ladewig, Balmer, Hobi u. Weidmann, Dtsch Med Wochenschr 1976, 521.
Vgl. Dittrich, Gnerlich, Hünnekens, Rometsch u. Thomas, Suchtgefahren 1976, 121.
Deswegen dürfte es sich bei der Auffassung des OLG Celle, „daß es sich bei den Therapieunfahi-gen in der Regel um eine kleine Minderheit handelt“, eher um eine vage Vermutung handeln als um die Wiedergabe eines wissenschaftlich belegten Urteils, vgl. NStZ 82, 303.
So insbesondere Kurtz, Katamnesen (1980), Keller, Praxis und Erfolg (1969), Andritsch, Suchtgefahren 1984, 107. Vgl. zur spezialpräventiven Effektivitätsmessung auch die literarische Übersichtsarbeit von Har-tung (1981), die zur Problematik der § 42 c a. F. bzw. des § 64 keine Arbeit nachweisen konnte (die vorliegende Arbeit von Keller 1969 wurde offenbar wohl übersehen).
Nach Feuerlein sollen die Abstinenzquoten bei Nachuntersuchungen nach einem und nach mehreren Jahren zwischen 9% und 17% liegen, vgl. Alkoholismus, S. 153.
Vgl. Keup, Drogensituation (1972).
Keup, Behandlung, S. 193.
Kurtz, Katamnesen, S. 87.
Täschner, Therapie, S. 187.
Bschor, Z Rechtsmedl976, 28.
Diese Größenordnung ist fast deckungsgleich mit der von Andritsch mitgeteilten, der seine Erfolgseinschätzung ausschließlich an nachgewiesener Rückfalldelinquenz ausrichtete, vgl. Suchtgefahren 1977, 108.
Vgl. Keller, Praxis und Erfolg, S. 108.
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Penners, BM. (1987). Medizinische Aspekte. In: Zum Begriff der Aussichtslosigkeit einer Entziehungskur nach § 64 Abs. 2 StGB. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-41143-8_3
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