Untersuchungsmethoden der allgemeinen Reizphysiologie und der Verhaltensforschung an Tieren

Zusammenfassung

Allgemeinstes Ziel der reizphysiologischen Forschung ist es, Wesen, Umfang und Art der Reizbarkeit tierischer Organismen vergleichend darzustellen. Wirken Reize, d. h. Vorgänge, die dem reizbaren Gebilde Energien zuführen oder entziehen (Marx), auf den lebenden Organismus oder seine Teile, so ist die Reizwirkung wohl aufzufassen als Störung des stationären Lebensvorganges, wie er den „reizlosen Zustand“ auszeichnet; sie äußert sich vorerst im Auftreten von Erregung, über deren chemisch-physikalisches Wesen die Vorstellungen sich eben erst an wenigen Punkten (periphere Nerven) zu verdichten beginnen. Auf diese Ansätze sowie auf die unmittelbaren Kennzeichen der vorhandenen Erregung (Aktionsströme) einzugehen, ist hier nicht der Ort. — Die Erregung breitet sich aus (Erregungsleitung) und versetzt endlich Teile des Organismus in eine meist äußerlich. sichtbare Aktion (Reizbeantwortung, Reaktion). Man unterscheidet innere und äußere Reize, je nachdem die Energieumsätze im Innern des Tieres beginnen oder von außen her in Gang gebracht werden. Als Reizwirkungen im allgemeinsten Sinne sind zu buchen Formänderungen (Entwicklung, Wachstum, Metamorphose, Fortpflanzung, Krankheiten, Regeneration u. a.), ferner die Tätigkeiten der Teile des Organismus und die des Organismus als eines Ganzen. Aus rein äußerlichen und vorwiegend historischen Gründen ist es gebräuchlich geworden, die ganze Lehre von den formverändernden Reizen getrennt zu behandeln (Entwicklungsphysiologie). Auch was die Verdauungsorgane, die Organe der Atmung, des Kreislaufs, die Geschlechts- und Exkretionsorgane, die Drüsen mit äußerer oder innerer Sekretion, die Farbzellen der Haut und viele andere Organe an Reizwirkungen erkennen lassen, wird meist in besonderen Kapiteln der Physiologie behandelt, und selbst die Physiologie der Muskeln (des wichtigsten Erfolgorganes) und die der peripheren Nerven finden zumeist gesonderte Besprechung.