Zusammenfassung
Organverpflanzungen gelingen nur mit List und Kunst: zur perfekten Technik des Chirurgen muß die Überlistung der körpereigenen Abwehrkräfte kommen. Doch diese Probleme sind alt. „Ein gewisser Bewohner von Brüssel“, berichtet van Helmont, ein flämischer Arzt des 17. Jahrhunderts, „hatte in einer Schlacht seine Nase verloren und wandte sich an den berühmten Chirurgen Tagliacozzus, der in Bononia lebte, mit der Bitte, er solle ihm eine neue Nase verschaffen. Da er aber den Einschnitt in seinen eigenen Arm fürchtete, mietete er sich einen Lastträger, aus dessen Arm — nachdem man über die Belohnung einig geworden war — eine neue Nase geformt wurde. Ungefähr dreizehn Monate, nachdem er in seine Heimat zurückgekehrt war, wurde die überpflanzte Nase plötzlich kalt, sie verfaulte und fiel binnen weniger Tage ab. Seine Freunde, die sich für die Aufklärung der Ursachen dieses Mißgeschickes interessierten, fanden heraus, daß der Lastträger just zur gleichen Zeit verschieden war, als die Nase kalt und faul wurde. Es gibt heute noch Leute in Brüssel mit gutem Leumund, die Augenzeugen dieser Geschichte waren.“ Offensichtlich glaubte man an eine Prädestination auf biologischem Niveau, an die Existenz einer inneren Uhr, die unbarmherzig nach vorherbestimmtem Plane abläuft. Aber abgesehen von dieser calvinistischen Interpretation beschreibt van Helmont recht genau, was passiert, wenn ein Organ auf einen nicht-verträglichen Empfänger übertragen wird: das Organ wächst zunächst an, wird aber dann nur mangelhaft durchblutet — die Nase fühlt sich kalt an —, es wird nekrotisch und schließlich abgestoßen. Der Organismus hat die neue Nase als Fremdkörper erkannt und danach eliminiert.
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Süss, R., Kinzel, V., Scribner, J.D. (1970). Tumor-Immunologie: Grundlagen einer körpereigenen Tumorabwehr. In: KREBS Experimente und Denkmodelle. Heidelberger Taschenbücher. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-39825-8_9
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