Zusammenfassung
1910 notierte der einunddreißigjährige Klee in sein Tagebuch: „Und nun noch eine revolutionäre Entdeckung: wichtiger als die Natur und ihr Studium ist die Einstellung auf den Inhalt des Malkastens. Ich muß dereinst auf dem Farbenklavier der nebeneinanderstehenden Aquarellnäpfe frei phantasieren können1.“ Solch autonome Behandlung der Farbe, wie sie andere Maler bereits ins Werk umgesetzt hatten, blieb bei Klee jedoch zunächst noch Theorie. Sieht man von einigen Ausnahmen ab, so kann man sagen, daß erst das Erlebnis der nordafrikanischen Landschaft in ihm die Farbe freisetzte. „Die Farbe hat mich“, schreibt er 1914 in Kairuan. „Ich weiß das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler2.“ Bisher war Klee hauptsächlich Graphiker gewesen. Zum ersten Mal in diesem Jahr der tunesischen Reise erreichen, laut Oeuvrekatalog, die Aquarelle mit 111 Nummern vor 92 Zeichnungen den Vorrang.
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Referenzen
Tagebücher von Paul Klee, 1898–1918. Hrsg. u. eingel. v. Felix Klee. Köln 1957, S. 253.
S. Fußn. 1, dort S. 301.
S. Fußn. 1, dort S. 246.
R. M. Rilke, Briefe über Cézanne. Leipzigo. J. (1953), S. 40 u. 43.
R. Delaunay, Über das Licht. Übersetz. v. Klee in: Der Sturm 3, Heft 144/145, S. 256.
W. Hausenstein, Kairuan oder eine Geschichte vom Maler Klee und von der Kunst dieses Zeitalters. München 1921, S. 76.
David Katz, Die Erscheinungsweisen der Farben und ihre Beeinflussung durch die individuelle Erfahrung. In: Zs. f. Psychologie u. Physiologie d. Sinnesorgane Erg. Bd. 7, S. 15 (1911).
E. v. d. Bercken, Über einige Grundprobleme der Geschichte des Kolorismus in der Malerei. In: Münchner Jahrbuch d. bild. Kunst V, 1928, S. 312.
D. Katz, s. Fußn. 7 dort S. 6 ff.
G. J. v. Allesch, Besprechung von: Wolfgang Schöne, Über das Licht in der Malerei. In: Götting. Gelehrte Anzeigen. 210, Nr. 314, S.203 (1956). — Wenn im folgenden die Begriffe von Katz zur Unterscheidung verschiedener Farbengebung gebraucht werden, so geschieht dies nur in einem rein beschreibenden Sinn.
Harry Mänz, Die Farbgebung in der italienischen Malerei des Protobarock und Manirismus. Berlin 1934, S. 11–12.
Paul Cézanne, Über die Kunst. Gespräche mit Gasquet und Briefe. Hamburg 1957, S. 25.
Adolf Hölzel, Über künstlerische Ausdrucksmittel und deren Verhältnis zu Natur und Bild. In: Die Kunst für Alle. XX, 1, S. 81.
D. Katz, Psychologisches zur Frage der Farbengebung. In: Kongress f. Ästhetik u. Allg. Kunstwiss. Stuttgart 1914, S. 319.
D. Katz, Die Erscheinungsweisen der Farben etc. (s. Fußn. 7) S. 9, 18 u. 29.
H. v. Wedderkop, Paul Klee. In: Der Cicerone 12. Jg., S. 531 (1920).
S. Fußn. 16, dort S. 528.
Lorenz Dittmann, Die Farbe bei Grünewald. München 1955, S. 160, Anm. 170, spricht der „freien Farbe abstrakter Bilder“ die letztgenannten Fähigkeiten ab.
P. Klee, Das bildnerische Denken. Schriften zur Formund Gestaltungslehre. Hrsg. u. bearb. v. Jürg Spiller. Basel/ Stuttg. 1957, S. 449, 457.
S. Fußn. 19, dort S. 89.
In gleicher Weise erklärt v. Allesch, Die ästhetische Erscheinungsweise der Farben. In: Psychologische Forschung. Zeitschr. f. Psychologie u. ihre Grenzwissenschaften. 6. Bd. Berlin 1925, S. 43, diesen Vorgang bei der Deutung von Farberscheinungen: „Das, was man Assoziationen nennt, sind gewissermaßen nur Kanäle ohne Zahl, die dazu dienen, um der einen sinnvollen Verbindung, die auf die Gleichheit der Intention geht, den Weg zu öffnen. Sie sind etwas durchaus sekundäres.“
S. Fußn. 19, dort S. 169.
Beides sind Begriffe, die v. d. Bercken, s. Fußn. 8 dort S. 321, geprägt hat. Der „Bildwert“ ist nach ihm von besonderer Bedeutung für die Malerei Frankreichs, während der „Ausdruckswert“ häufig in der des Nordens zu finden sei.
S. Fußn. 19, dort S. 87.
D. Katz, Die Erscheinungsweisen der Farben etc., s. Fußn. 7, dort S. 15.
Beispiele für eine ähnliche Verwendung von Raumfarben wären „Beflaggte Stadt“, 1927, und „Barbarenopfer“, 1930.
W. Grohmann, Paul Klee. Stuttgart 1954, S. 200.
G. J. v. Allesch, Die ästhetische Erscheinungsweise der Farben, s. Fußn. 21, dort S. 27.
H. Conrad-Martius, Skommt dagegen über die Reihe des Spektrums mit der grünen Mitte durch die Verklammerung von drei Umbiegungsstellen zu einer verwandten Deutung der Farben. Ein Kapitel aus der Realontologie. In: Festschrift E. Husserl. Ergbd. z. Ib. f. Philosophie u. phänomenolog. Forschung. Halle 1929, S. 366.
P. Klee, Das bildnerische Denken, s. Fußn. 19, dort S. 429.
Steigerung steht bei Goethe im Zusammenhang mit seiner Idee der Metamorphose, die ein Fortschreiten nach der Vervollkommnung hin bedeutet. Der Begriff der „Intention“ wie ihn v. Allesch, s. Fußn. 21, dort S. 38, 40, 46, entwickelt hat, dürfte in die gleiche Richtung weisen.
Juan Gris, Les possibilités de la peinture. In: D. H. Kahnweiler, Juan Gris, Sa vie, son oeuvre, ses écrits. 2. Aufl. Paris 1946, S. 284.
W. Kandinsky, Über das Geistige in der Kunst. 4. Aufl. Bern-Bümpliz 1952, S. 87 u. S. 97.
G. J. v. Allesch, s. Fußn. 21, dort S. 57.
So definiert Jantzen, den „Darstellungswert“ der Farbe. H. Jantzen, Über die Prinzipien der Farbengebung in der Malerei. In: Über den gothischen Kirchenraum u. a. Aufsätze. Berlin 1951, S. 61.
Definition von E. v. d. Bercken, s. Fußn. 8, dort S. 319.
Nach Katz, s. Fußn. 7, dort S. 31, sind dies die psychologischen Kategorien, die jedem Farbeneindruck, unabhängig von seiner besonderen Erscheinungsweise, zukommen.
Crescendo und Diminuendo schildert v. Allesch als entscheidende Momente im Aufbau von Farbeindrücken. Außerdem tritt durch plötzliches (für ein gemaltes Bild müßte man sagen: sparsames) Hinzufügen einer neuen Farbe zu länger betrachteten anderen (zu einer quantitativ größeren Anzahl anderer) ein Gefälle in Richtung der neuen Dominanz ein. s. Fußn. 21, dort S. 247 ff., 273.
Gerade die diametralen Beziehungen zwischen Rot und Grün hat Klee mit seinen Schülern methodisch untersucht. Das bildnerische Denken, s. Fußn. 19, dort S. 474 ff.
A. Gehlen, Soziologischer Kommentar zur modernen Malerei. In: Merkur. XII., H. 4, S. 307 (1949), deutet diesen für Klee typischen Umschlag ins Unkontrollierbare als einen neuen „Reiz der Natürlichkeit“.
Goethes Werke, Weimarer Ausg. II, 5II, S. 11.
P. Klee, Pädagogisches Skizzenbuch. Bauhausbücher Nr. 2., München 1925, S. 49.
P. Klee, Das bildnerische Denken, s. Fußn. 19, dort S. 494.
P. Klee, Das bildnerische Denken, s. Fußn. 19, dort S. 489.
Petra Petitpiere, Aus der Malklasse von Paul Klee, Bern-Bümpliz 1957, S. 30.
G. J. v. Allesch, Die ästhetische Erscheinungsweise der Farben, s. Fußn. 21, dort S. 76.
Vgl. die Ausführungen über moderne Musik bei Thomas Mann, Doktor Faustus, Stockholm 1947, S. 300.
P. Klee, Das bildnerische Denken, s. Fußn. 19. dort S. 88.
Will Grohmann, Paul Klee. Stuttgart 1954, S. 275.
In dieser Gattung von Arbeiten begegnen wir wieder vermehrt der „Raumfarbe“. Sie entsteht dort, wo Farbflächen Tupfengefüge überlagern und tönen.
Werner Haftmann, Paul Klee. Wege bildnerischen Denkens. München 1950, S. 159.
Wolfgang Schöne, Über das Licht in der Malerei. Berlin 1954, S. 200.
Walter Hess, Das Problem der Farbe in den Selbstzeugnissen moderner Maler. München 1953, S. 19.
W. Schöne, s. Fußn. 52, dort S. 210.
Vgl. Schönes gegenteilige Meinung. S. Fußn. 52, dort S.219.
D. Katz, s. Fußn. 7, dort S. 95, nennt „prägnante Oberflächenfarben“ solche Farben, die an die Wahrnehmung einer Oberflächenstruktur gebunden sind. Den Malgründen wendet Klee schon in den zwanziger Jahren seine besondere Aufmerksamkeit zu und präpariert sie auf die verschiedensten Weisen. Er befestigt Papier auf Leinwand, grundiert mit Gips und Kreide und klebt häufig noch Gaze darüber. Auch kombiniert er Wasser-, Tempera- und Ölfarben, glättet die Oberflächen mit verschiedenen Mitteln oder rauht sie auch auf. — Ausnahmen hinsichtlich der Verwendung von Oberflächenfarben finden wir in den letzten Lebensjahren Klees. „La belle jardinière“, 1939, sowie „Flora am Felsen“, 1940, beide Klee-Stiftung Bern, verbinden meist dunkelfarbige Linienfigurationen so mit einem irisierenden Farbgrund, daß dort, wo die ersteren hinter dem schimmernden Farbnebel stehen, in besonderem Maße der Eindruck von Raumfarben entsteht.
Formulierung Mondrians zit. nach W. Hess, Das Problem der Farbe etc., s. Fußn. 53, dort S. 134.
Zit. nach W. Haftmann, s. Fußn.51, dort S. 14.
Klee hat solche Variationen zur Schachbrettordnung im Zusammenhang mit seiner Gliederungslehre aufgezeichnet. Das bildnerische Denken, s. Fußn. 19, dort S. 58.
Augusto Giacometti, Die Farbe und ich. Zürich 1934, S. 17.
Damit gibt Klee eine gemalte Antwort auf Fragen, die Franz Marc, Briefe, Aufzeichnungen und Aphorismen. Berlin 1920., S. 121–122, stellte: „Naturalisten gaben das Objekt. Das Schwerste, im Grunde das Wichtigste, das Prädikat wird selten gegeben. Das Wichtigste in einem Gedankensatze ist das Prädikat. Subjekt ist eine Prämisse. Das Objekt ist belangloser Nachklang, der den Gedanken spezialisiert, banalisiert . . . Die Rose. Manet hat sie gemalt. Die Rose blüht, wer hat das Blühen der Rose gemalt?“ — Vgl. das Beispiel vom Baum in der „Schöpferischen Konfession“ und in „Über die moderne Kunst“, das bildnerische Denken, s. Fußn. 19, dort S. 79 u. 82.
Fritz Novotny, Über das „Elementare“ in der Kunstgeschichte. In: Plan 1., H. 3, S. 180 (1945). — Ebenso wie „Blühendes“ sind viele von Klees Arbeiten auf den strukturellen Zusammenhang des Bildgegenstandes mit seinem Existenz- und Erlebnisraum gerichtet. Klee sagt einmal: „Ein Saatfeld ist nicht ein Saatfeld, sondern gereihte Ordnung, Anhauch des Frühlings, Teppich der Erde.“ (Zit. nach Haftmann, s. Fußn. 51, dort S. 125). Zu diesen Werken gehören u. a. auch die Streifenbilder um die Wende der dreißiger Jahre, zu deren Vorläufern man „Architektur der Ebene“ zählen kann.
P. Klee, Das bildnerische Denken, s. Fußn. 19, dort S. 29.
S. Fußn. 19, dort S. 86.
S. Fußn. 19, dort S. 140.
A. D. B. Sylvester, Paul Klee, La période de Berne. In: Les Temps Modernes 63, S. 1303 (1951), spricht von einer Neuschaffung der Zeit bei Klee in den magischen Quadraten und im Spätwerk.
Alexander Dorner, Die neue Raumvorstellung in der bildenden Kunst. In: Museum der Gegenwart. Zs. d. dtsch. Museen f. neuere Kunst 2, S. 31 u. 34 (1931/32).
Erwin Straus, Die Formen des Räumlichen. Ihre Bedeutung für die Motorik und die Wahrnehmung. 1. Teil: Zielbewegung und präsentische Bewegung. In: Der Nervenarzt 3, H. 11, S. 646 u. 655 (1930).
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Wankmüller, R. (1960). Zur Farbe bei Paul Klee. In: Über psychische Farbwirkunge. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-38252-3_4
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