Enzymatische und Säure-Basen-Gleichgewichtsstörungen nach experimenteller SO₂-Vergiftung sowie Schutzwirkung von Ammoniakdämpfen

Summary

In connection with a new method for neutralizing SO₂ in combustion gases by means of ammonia, we have examined the changes induced in the organism by SO₂, compared with the effect of the products of the reaction of SO₂ with ammonia.

We made our experiments on one hundred guinea pigs, twenty of which were controls. The first group of twenty guinea pigs were exposed to SO₂ at a concentration of 2 g/Nm³ in a special toxicological chamber; the second group og twenty were similarly to the products resulting from the reaction of SO₂ with ammonia. The third group of twenty guinea pigs were exposed SO₂ at a concentration of 50 mg/Nm³ for eight hours a day for four month, and the fourth group of twenty to the reaction products of SO₂+NH₃ for a period of four months.

The blood of all the animals was examined for: level of hemoglobin number of erythrocytes and leukocytes, the coloured indicator and a percentage composition of leukocytes. We investigated the disturbances of acid-base equilibrium, and determined the pH of blood taken from the left ventricle, the partial pressure of CO₂ and the total pressure of CO₂ in the plasma. We also determined the total protein level as the activity of aldolase, lactic acid dehydrogenase and asparagine and alanine aminotransferase.

In the urine determined pH contents of sugar, protein and morphotic components. Samples of liver and brain were taken after the animals had been to death. These samples were then homogenized in the usual way, and the activity of their enzymes was determined as well as those of the blood.

The results show that the toxic activity of SO₂ is multiple and leads to the impairment of the function of several organs.

The toxic action of SO₂ is due to the disturbances of the acid-base equilibrium brought about by the inhalation of acid products and by the disturbances of ventilation resulting from changes in the respiratory system.

The decreased activity of aldolase and lactic-acid dehydrogenase in the blood and tissues in cases of SO₂ intoxication may interfere with the carbohydrate metabolism, thus accounting for hyperglycemia and disturbances of glycogen synthesis in the tissues, as described by many authors.

Animals exposed to the reaction products of SO₂ with ammonia had a statistically lower mortality rate.

The chemical reaction of SO₂ with ammonia reduces the disturbances of the acid-base equilibrium observed in SO₂ intoxication and eliminates the enzymatic disturbances in the blood and tissues noted in SO₂ intoxication.

Zusammenfassung

Im Zusammenhang mit der Bearbeitung einer neuen Neutrali-sierungsmethode des SO₂ in Verbrennungsgasen mit Hilfe von Ammoniak wurden in toxikologischer Hinsicht unter dem Einfluß von SO₂ entstandene Strukturveränderungen untersucht. Außerdem wurde der durch die SO₂-Verbindung mit Ammoniak entstandene Einfluß der Reaktionsprodukte verfolgt. Diese Untersuchungen wurden an 100 Meerschweinchen durchgeführt. Die Kontrollgruppe bestand aus 20 Meerschweinchen. Die nächsten 20 Meerschweinchen wurden in einer speziellen toxikologischen Kammer durch SO₂ in einer Konzentration von 2 g/Nm³ vergiftet. Die weiteren 20 Tiere exponierte man den infolge der Verbindung von SO₂ mit Ammoniak entstandenen Reaktionsprodukten. Die 4. Gruppe von Tieren (20 Meerschweinchen) wurde langdauernd, und zwar 8 Std täglich innerhalb von 4 Monaten, SO₂-exponiert (50 mg/Nm³). Die 5. Gruppe von Tieren ist ebenfalls 4 Monate lang den Reaktionsprodukten SO₂+NH₃ ausgesetzt worden. Bei allen untersuchten Tieren wurde im Blut Hämoglobinbestimmung, Erythrocyten- und Leukocytenzahl und prozentuelle Zusammensetzung der Leukocyten aufgezeichnet. Es wurden Störungen im Säure-Basen-Gleichgewicht verfolgt. Verzeichnet wurden in dem aus der linken Herzkammer entnommenem Blut pH-Wert, CO₂-Partial-druck sowie vollständiges Plasma-CO₂. Außerdem bestimmte man im Blut das vollständige Eiweißniveau und ebenso die Aktivität der Aldolase, Milchsäure-Dehydrogenase, der Alanin- und Asparagin-Aminotranspherase. Im Urin der untersuchten Tiere wurde pH-Wert, Zucker- und Eiweißgehalt sowie morphologische Bestandteile bestimmt.

Aus den durch Ausblutung getöteten Tieren wurden Ausschnitte aus Leber und Hirn entnommen. Die entnommenen Ausschnitte wurden auf übliche Weise homogenisiert und, ähnlich wie beim Blut, die Aktivität der Enzyme bestimmt. Die erhaltenen Ergebnisse haben erwiesen, daß die toxische Wirkung des SO₂ sehr vielseitig ist und zur Funktionsschädigung einer Reihe von Organen führt. Grundlegend für die toxische SO₂-Wirkung sind Störungen im Säure-Basen-Gleichgewicht, hervorgerufen durch die Resorption saurer Produkte, als auch Ventilationsstörungen, die das Ergebnis von Veränderungen im Atmungssystem sind.

Der bei SO₂-Vergiftung beobachtete Funktionsabstieg der Aldolase und Milch-säure-Dehydrogenase im Blut und den Geweben kann auf Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels hinweisen, wodurch man die von vielen Autoren beschriebene Hyperglykämie und Störungen in der Synthese von Glykogen der Gewebe deuten kann. Die Exposition der Tiere auf das Ergebnis der SO₂-Bindung durch Ammoniak entstandene Reaktionsprodukte veranlaßte eine statistisch signifikante Verringerung der Sterblichkeitszahl bei Tieren und verlängerte bedeutend ihre Lebensdauer. Das durch Ammoniak gebundene SO₂ läßt Störungsbeseitigungen im Säure-Basen-Gleichgewicht erkennen. Solche Störungen wurden dagegen bei Vergiftungen mit reinem SO₂ beobachtet. Die bei SO₂-Vergiftungen ermittelten Enzymstörungen im Blut und den Geweben werden behoben, wenn Ammoniak in gebührenden stöchio-metrischen Mengen eingeführt wird. Die erhaltenen Ergebnisse zeigen, daß das durch Ammoniak gebundene SO₂ Stoffwechselstörungen in den Geweben evident verringert. Im toxikologischen Aspekt sprechen die Ergebnisse für die Wirksamkeit der Methode der Bindung von SO₂ durch Ammoniak.