Zusammenfassung
Allen verschiedenen Nerven ist eine gewisse physiologische Breite des Funktionsumfanges gemeinsam. Sie wird bedingt durch den Endapparat, durch die Leitung und durch die psychische Thätigkeit. Eine verminderte Vollkommenheit des einen Faktors kann durch die angeborene oder angelernte Ausbildung des anderen zum Theil oder ganz ausgeglichen werden. Ein hochgradig Kurzsichtiger kann doch auf verhältnissmässig grosse Entfernungen Menschen erkennen, aber nur daran, dass er z. B. Entgegenkommende, die ihm nur mit grossen Zerstreuungskreisen erscheinen, nach charakteristischen Bewegungen und anderen Merkmalen beurtheilt, solange er das Gesicht im Einzelnen noch nicht unterscheiden kann. Im Ohr müssen in der Schnecke allerdings die Anzahl Nervenendigungen, welche den Intervallen der Töne entsprechen, vorhanden sein, allein auch das Ohr muss, um sie richtig unterscheiden zu können, doch erst eingeübt werden, geradeso wie im Beginn des Klavierspielens die Finger erst lernen müssen, sich unabhängig von einander zu bewegen. Auch das scharfsichtigste Auge muss erst sehen lernen, wenn es sich darum handelt, Unterschiede zu erkennen, auf welche es bis dahin nicht eingeübt war. Ich erinnere nur daran, dass man im Mikroskop anfangs oft Mühe hat, Dinge zu sehen, deren Wahrnehmung nachher als ganz selbstverständlich erscheint, dass auch mit guten Augen begabte Jäger anfangs das Wild im Wald gar nicht entdecken können, während ihnen später kein Stück entgeht.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 1894 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Schmidt, M. (1894). Erkrankungen der Nerven in den oberen Luftwegen. In: Die Krankheiten der oberen Luftwege. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-36893-0_16
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-36893-0_16
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-36063-7
Online ISBN: 978-3-662-36893-0
eBook Packages: Springer Book Archive