Skip to main content
  • 12 Accesses

Zusammenfassung

Mit der Physiologie des Geschmacks- und des Geruchssinns beginnen wir die Darstellung der sogenannten niederen Sinne,zu welchen außer den genannten auch die Hautsinne und die Lage- und Bewegungssinne gerechnet werden. Der Grund für die herabsetzende Bezeichnung „niedere Sinne“ ist nicht die Armut an Empfindungsqualitäten, welche sie vermitteln, — denn das Geruchsorgan beispielsweise steht darin kaum hinter den höheren Sinnesorganen zurück —, ebensowenig ist es eine geringere Empfindlichkeit. Sondern die Ursache ist die größere Entbehrlichkeit, wenigstens für den kultivierten Menschen. Denn alle namhaften Errungenschaften der Kultur, Künste und Wissenschaften, werden uns fast ausschließlich durch Auge und Ohr vermittelt. Die Wissenschaft, welche aus den Sondererscheinungen allgemeine Sätze herleitet und deshalb die Bildung von Begriffen zur Voraussetzung hat, bedarf der Sprache und noch mehr der Schrift zu dauerhafter Fixierung dieser Begriffe. Eine Vermittlung von Begriffen durch Geruchs- und Geschmacksorgan ist kaum denkbar, und die taktile Übertragung nach Art der Blindenschrift ist der optischen Übertragung der Begriffe zweifellos unterlegen. Auch die Künste, Malerei und Skulptur, Musik und Dichtkunst, sind von Auge und Ohr abhängig. In allgemeinster Auffassung beruhen sie auf der Wahrnehmung räumlich und zeitlich geordneter Komplexe von Empfindungen. Den Raum erfassen wir vornehmlich mit Auge und Haut; aber die Eindrücke räumlicher Kunstwerke, welche die Haut etwa dem Blinden übermittelt, sind ästhetisch doch nur minderwertig, die Freude daran nicht echt, viel mehr anempfunden. In der Musik und Dichtkunst aber kommt es auf die Reproduktion von Empfindungskomplexen in der Zeit an, und dem Ohr, das uns die Gehörsempfindungen nur mangelhaft in räumlicher Ordnung, vielmehr zeitlich gegliedert vermittelt, können die anderen „Zeitsinne“, wie Geschmacks-und Geruchssinn, nach ihrer ganzen Organisations- und Funktionsweise in der Fähigkeit, bestimmte Empfindungskomplexe zu reproduzieren, uns etwa sozusagen eine Geschmacks- und Geruchssymphonie vorzuführen, kaum an die Seite gestellt werden. So hat denn also allein vom Standpunkt des Kulturmenschen die Bezeichnung als niedere und höhere Sinne ihre Bedeutung.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Additional information

Besonderer Hinweis

Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1928 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

About this chapter

Cite this chapter

Höber, R. (1928). Geschmacks- und Geruchssinn. In: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-36482-6_34

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-36482-6_34

  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-35652-4

  • Online ISBN: 978-3-662-36482-6

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics