Zusammenfassung
Die menschliche Psyche ist in allen ihren Funktionen so sehr abhängig von dem Großhirn, daß der Ausdruck gebraucht wird, sie habe daselbst ihren Sitz. Selbstverständlich sind die nervösen und damit die Gehirnfunktionen eine Spezialisierung von Funktionen, die im Keim schon bei den einfachsten Tieren vorkommen, und so kann man denn auch — objektiv genommen — eine kontinuierliche Stufenleiter vom einfachsten Reflex eines Infusors bis hinauf zu den höchsten psychischen Funktionen sehen. Aus mancherlei Gründen wird aber von vielen ein absoluter Unterschied zwischen körperlichen bzw. zentralnervösen und psychischen Vorgängen angenommen Der wichtigste dieser Gründe ist die Existenz der Bewußtheit, die für das Psychische charakteristisch sein, andern Funktionen aber fehlen soll. Das ist aber ein Unterschied nicht der Sache, sondern des Standpunktes, von dem aus wir die Vorgänge im psychischen Organ betrachten.
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Literatur
Vgl. E. Bleuler: Naturgeschichte der Seele, II. Aufl. Berlin: Julius Springer 1932.
Wollte man sie abtrennen, so könnte man sie doch nur mit psychischen Ausdrücken (Wahrnehmen, Handeln usw.) bezeichnen.
Ich rede nicht von „psychopetalen“ Funktionen, weil zwar eine „Richtung” gegeben ist, aber doch sowohl die ein-wie die ausgehenden Funktionen, soweit sie in der Psychologie in Betracht kommen, innerhalb der Psyche verlaufen. Man tut indessen gut, sich hier unter „Zentrum“ und „Richtung” nur Symbole, aber möglichst wenig eigentlich Räumliches vorzustellen,während allerdings die Wege zwischen Sinnesorgan und Gehirn und zwischen Gehirn und Muskel räumlich vorgestellt werden müssen.
Vgl. E. Bleuler: Naturgeschichte der Seele, II. Aufl. Berlin: Julius Springer 1932.
Ähnliches oder Analoges hat gemeinsame Teilpsychismen. Ferner ist die Empfindlichkeit der Psyche (eventuell des Zentralnervensystems) für Unterschiede eine beschränkte. Was sich durch unterhalb der Unterschiedsschwelle liegende Differenzen unterscheidet, erscheint und wirkt als Gleichheit.
Zum Beispiel nach überstandenem Alkoholdelir bleibt bisweilen die Orientierung in Zeit und Ort einige Tage gestört, während die anderen Funktionen schon ziemlich normal erscheinen.
Die folgende Darstellung bloß unter dem Gesichtspunkt der Affektivität ist etwas vereinfacht. Die Affektivität ist eine von der Vulgärpsychologie herausgehobene Seite unserer auf Erhaltung des Lebens gerichteten Aktivität, für die die Triebe und Instinkte Repräsentanten sind. Erlebnisse, die das Leben fördern, sind (im wesentlichen) von innen gesehen lustbetont, gegenteilige unlustbetont. (Vgl. BLEULER: Affektivität, Suggestibilität, Paranoia. Halle a. d. S.: Carl Marhold 1925, oder: Naturgeschichte der Seele. 1932.)
Ich habe anderswo dafür „holothym“ vorgeschlagen, möchte aber nun den Ausdruck von Maler annehmen.
Vgl. die klassische Selbstschilderung von Staudenmaier • Die Magie als experimentelle Naturwissenschaft. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft m. b. H. 1912.
Vgl. E. Bleuler: Naturgeschichte der Seele, II. Aufl. Berlin: Julius Springer 1932. Bleuler, Lehrbuch der Psychiatrie. 6. Aufl.
Es kann aber auch der Affekt bloß bei dem Suggerierten vorhanden sein, indem eine an sich gleichgültige Bemerkung einen affektbetonten Komplex trifft: ein unheilbar Kranker hört von einer Wunderkur in gleichgültigem oder sogar abschätzigem Tone reden und begeistert sieh sofort dafür, sie selbst zu versuchen.
Da die Bezeichnung „autistisch“ zu Mißverständnissen Anlaß gab (Beschränkung auf schizophrenen Autismus, Identifikation mit „egoistisch” usw.), habe ich „dereistisch” vorgeschlagen (reor, ratio, real).
Der Ausdruck „Selbstbewußtsein“ bedeutet in der vulgären Psychologie einen andern Begriff: hohe Einschätzung seiner selbst.
Auffassung der Psyche als eine Hirnfunktion.
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Bleuler, E. (1937). Psychologische Wegleitung. In: Lehrbuch der Psychiatrie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-36479-6_1
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