Zusammenfassung
In der Biologie stehen sich bekanntlich seit jeher zwei Richtungen einander gegenüber. Die eine, welche die »mechanistische« genannt wird, läßt sich kurz darin zusammenfassen, daß die Lebenserscheinungen nichts weiter darstellen, als komplizierte physikalisch-chemische Erscheinungen, die Lebewesen komplizierte physikalisch-chemische Apparate. Die Aufgabe der Biologie ist also die chemische Zusammensetzung der Lebewesen zu eruieren und die physikalisch-chemischen Bedingungen ihrer Wirkungen zu untersuchen, wodurch jede Lebenserscheinung ihre Erklärung finden wird. D. h. jedes Lebewesen ist eine »Maschine«, die auf Grund der schon bekannten physikalischen und chemischen Gesetze aufgebaut ist und die Aufgabe des Biologen ist die physikalischen und chemischen Triebkräfte und ihr Zusammenwirken in dieser Maschine zu finden, auf welche sämtliche Leistungen dieser Maschine: die Lebensfunktionen, zurückgeführt, also erklärt werden können. Die zweite Auffassung, welche den Namen »Vitalismus« bekommen hat, behauptet, daß in den Lebenserscheinungen eine eigenartige Kraft, die »Lebenskraft« in Wirkung tritt, die mit den bisher bekannten physikalischen und chemischen Kräften nicht gemeinsam ist und deren Wirkungsbedingung nur in den Lebewesen gegeben ist. Das Hauptargument der Vitalisten ist die Tatsache, daß es bisher nicht gelungen sei, die Lebenserscheinungen restlos mechanistisch zu erklären und diese doch eine ausgesprochene abgegrenzte Gruppe der Naturerscheinungen darstellen; dagegen ist nun das Argument der »Mechanisten«, daß eine rasche Lösung der erwähnten Aufgabe bei der Kompliziertheit der Einrichtung der Maschine und Erscheinungen auch nicht zu erwarten ist, hingegen zeigen sämtliche Untersuchungen, daß die physikalischen Gesetze auch hier giltig sind.
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Bauer, E. (1920). Vitalismus und Mechanismus. In: Die Grundprinzipien der Rein Naturwissenschaftlichen Biologie und ihre Anwendungen in der Physiologie und Pathologie. Vorträge und Aufsätze über Entwicklungsmechanik der Organismen, vol 26. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-34612-9_2
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