Zusammenfassung
Gegenüber dem, was man gewöhnlich unter Krankheiten versteht, nimmt die sog. nervöse Erkrankung eine Sonderstellung ein. Der für sie meistens gebrauchte Name der »Neurose« weist auf körperliche Störungen hin, deren Ergründung aber die forschende Tätigkeit bald in das Gebiet der Seele führte. Die körperlichen Störungen, die als nervöse bezeichnet werden, haben ihren Grund in seelischen Störungen, die viel weiter reichen, als die körperlichen Symptome, in denen sie auftreten können. Diese besitzen ausdrücklich den Charakter von Konsekutivfunktionen (Folgeerscheinungen), die nicht einmal notwendig sind. Das körperlich-klinische Bild der Neurosen vermag in keiner Weise Aufschluß zu geben über das Wesen dieser Erkrankungen, noch über das Maß ihrer Verbreitung. Die mit dem Begriff der Neurose oder Nervosität umschriebenen Störungen der menschlichen Seele treten seit Jahrzehnten mit einer solchen Regelmäßigkeit und in solcher Allgemeinheit auf, daß es wie eine höhere Gesetzmäßigkeit und eine noch nicht voll verstandene Notwendigkeit anmutet, wenn fast jedes Glied der heutigen Kulturmenschheit in die nervösen Störungen mehr oder minder verstrickt erscheint.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Wilken, F. (1927). Der Intellektualismus als Ersatz mittelalterlicher Gemeinschaftsbindungen und als Anzeichen der Verselbständigung (Autonomie) der Persönlichkeit in der Neuzeit. In: Die nervöse Erkrankung als sinnvolle Erscheinung unseres gegenwärtigen Kulturzeitraumes. Individuum und Gemeinschaft, vol 9. J.F. Bergmann-Verlag, Munich. https://doi.org/10.1007/978-3-662-34428-6_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-34428-6_1
Publisher Name: J.F. Bergmann-Verlag, Munich
Print ISBN: 978-3-662-34158-2
Online ISBN: 978-3-662-34428-6
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