Zusammenfassung
Wenn man die schier endlose Reihe von Tatsachen überblickt, die uns auf dem Gebiete der Heilkunde, der Rechtspflege und der Volkswirtschaft auf das eindringlichste die unheilvollen Folgen der Alkoholvergiftung unseres Volkskörpers dartun, so muß es zunächst unbegreiflich erscheinen, daß nicht öffentliche Meinung und Gesetzgebung längst mit Entschiedenheit die Ausmerzung dieser Schäden gefordert und durchgesetzt haben. Die Ursache dieser merkwürdigen Erscheinung liegt gewiß zum großen Teile in den lustbringenden und einschmeichelnden Wirkungen des Alkohols selbst, die den Rausch mit dem Schimmer sorglosen Lebensgenusses umgeben und auch dessen abstoßende Züge in milderem Lichte erscheinen lassen. So hat sich in der Folge der Geschlechter ein allgemeines Vorurteil zugunsten des Alkohols entwickelt, das immer von neuem den verderblichen Trinksitten Vorschub leistet und gegen die Größe des angerichteten Schadens blind macht. Das Gemütsbedürfnis, das in der aufheiternden Wirkung des Alkohols Befriedigung sucht, ist in weiten Kreisen selbst geistig hochstehender Menschen so stark, daß es vielfach auch dann vom rücksichtslosen Kampfe gegen den tückischen Feind unseres Volkes abhält, wenn die rein verstandesmäßige Einsicht in seine Gefährlichkeit vorhanden ist.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Kraepelin, E. (1923). Alkohol und Tagespresse. In: Die Wirkungen der Alkoholknappheit Während des Weltkrieges. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-34037-0_11
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