Zusammenfassung
Nach einer von Graham 1 herrührenden Einteilung unterscheidet man zwischenkrystalloiden und kolloiden Substanzen. Zu den ersteren gehören diejenigen Körper, die gelöst ein beträchtliches Diffusionsvermögen und die Fähigkeit besitzen, Membranen aus Pergamentpapier zu durchdringen. Zu der anderen Gruppe von Substanzen, den Kolloiden, rechnet Graham diejenigen, welohe ein sehr geringes Diffusionsvermögen aufweisen und denen die Fähigkeit abgeht, durch Gallerten oder Pergamentpapier zu diffundieren.
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Referenzen
Th. Graham: Philos. Transact. 1861, 183; Liebigs Annalen 121, 1 bis 77 (1862).
F. Krafft: siehe Kap. 90.
S. Kap. 44.
Die wenigen Ausnahmefälle lassen sich zurückführen auf Verunreinigung mit Kolloiden der zweiten Art, von welchen oft minimale Spuren genügen, das Verhalten der Lösung abzuändern.
Die Bezeichnung reversible und irreversible Kolloide wurde zuerst von W. B. Hardy [Zeitschr. f. phys. Chemie 33, 326 bis 343, 385 bis 400 (1900)] gebraucht, aber in einem anderen Sinne als von W. Biltz [Ber. 37, 1096 (1904)] und vom Verfasser. Gegen die Bezeichnung reversible Kolloide ist u. a. eingewendet worden, daß diese Kolloide zuweilen auch irreversible Zustandsänderungen erleiden. Wenn man wie hier nur eine Zustands-änderung, nämlich diejenige beim Eintrocknen bei konstanter Temperatur, in Betracht zieht, so entfällt dieser Einwand. Immerhin ist es vielleicht vorteilhaft, um jedes Miß-verständnis zu beseitigen, erforderlichenfalls die Ausdrücke resolubel und irresolubel statt der Wörter reversibel und irreversibel zu gebrauchen. Da die letzteren aber schon eingebürgert sind und von verschiedenen Autoren im Sinne obiger Ausführungen angewendet werden, so werde ich in vorliegendem Buche mich der letzteren Ausdrucksweise neben der ersteren bedienen. Diese Einteilung gewährt gegenüber anderen den Vorteil, wirklich durchführbar zu sein und bezüglich der typischen Kolloide keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen, ob ein gegebenes Kolloid der einen oder der anderen Gruppe angehört. (Vgl. meine Ausführungen Koll. Zeitschrift 13, 1913, 109 u. 110.) Wie weit die Mißverständnisse bereits gediehen sind, beweist eine Kritik von T. Oryng (Koll. Zeitschr. 14, 105 bis 108 (1914)], der meint, die Einteilung der Kolloide in reversible und irreversible verstoße nicht nur gegen die Systematik, sondern gegen die Tatsachen. Der Herr Kritiker hat sich nicht klar gemacht, daß die betreffenden Einwände nur gegen die Bezeichnung, nicht gegen die Einteilung gerichtet sind, daß daher die von ihm abfällig beurteilte, von Agrikulturchemikern versuchte Einteilung nicht gegen die Tatsachen verstoßen kann, sondern nur gegen die ihm anscheinend allein näher bekannte Wo. Ost-waldsche Systematik. Die Unzulänglichkeit dieser Systematik beweist Oryng durch den Satz (S. 106, Spalte 1, Z. 22): „somit ist also als kolloider Bestandteil nur der zu nennen, der im Wasser des Bodens kolloid gelöst ist“. Die Gele des Bodens (die eine so enorme Wichtigkeit für den Basenaustausch haben) wären demnach keine Kolloide. Man sieht, daß die von Oryng herangezogene Systematik kaum geeignet ist, das Kolloidgebiet erschöpfend zu behandeln. — Damit soll kein Vorwarf gegen die in anderer Richtung vorzüglich bewährte Wo. Ostwaldsche Einteilung der dispersen Systeme erhoben werden, die in Kap. 19 näher berücksichtigt worden ist. Der Vorwurf richtet sich nur gegen die mißbräuchliche Anwendung derselben an einer Stelle, an der sie nicht am Platze ist. Bei Kolloiden begegnet ja jede Einteilung gewissen Schwierigkeiten, und wir sind noch keineswegs zu einem allseitig befriedigenden Abschluß gekommen. Vgl. auch Wo. Ostwald, Koll. Zeitschr. 11, 230 bis 238, 1912 und die Ausführungen des Verfassers, Koll. Zeitschr. 13, 109 bis 112, 1913.
R. E. Liesegang: Centralbl. f. Min., Geol. usw. 1910, 593 bis 597; 1911, 497 bis 507.
J. M. van Bemmelen: Landw. Vers.-Stat. 35, 69 bis 136 (1888).
Lüppo Cramer: Kolloidchemie und Photographie. Dresden 1908.
Vgl. H. Bechhold: Die Kolloide in Biologie und Medizin. Dresden 1912. 2. Aufl. 3 1. c., siehe S. 1.
Schon früher haben einzelne Forscher Verschiedenheiten zwischen Kolloid-und Krystalloidlösungen hervorgehoben, insbesondere Francesco Selmi [1844, 1852 usw., vgl. die Ausführungen von I. Guareschi: Koll. Zeitschr. 8, 113 bis 123 (1911)]; ferner Faraday, der das kolloide Gold eingehend untersucht hatte. Ihre Arbeiten sind aber der Vergessenheit anheimgefallen und wurden erst wieder entdeckt zu einer Zeit, wo sie keinen wesentlichen Einfluß auf die Entwicklung der Wissenschaft mehr ausübten. Zum Teil ist das darauf zurückzuführen, daß sie den Gegenstand ihrer Forschung durch unglücklich gewählte Namen, wie Suspensionen, Pseudolösungen (Scheinlösungen) usw., selbst in Mißkredit brachten.
A. Lottermoser: Über anorganische Kolloide. Stuttgart 1901, S. 2.
Wolfgang Ostwald (Grundriß der Kolloidchemie. Dresden 1909, S. 446) definiert die Koagulation als weitgehende Verringerung des Dispersitätsgrades der dispersen Phase, verbunden mit einem Aufgeben der Homogenität der räumlichen Verteilung. Dementsprechend zählt er die Alkalisalzfällungen der Eiweißkörper zu den Koagulationen. Verfasser hat mit obiger Pefinition sich dem Sprachgebrauch angepaßt.
Graham: Proc. Roy. Soc. 16. Juni 1864. Poggendorffs Annalen 123, 529 bis 541 (1864).
Auch krystallisiertes Eiweiß und andere Kolloidkrystalle verhalten sich ähnlich.
Vgl. B. Zsigmondy: Über „Lösungstheorie“ und „Suspensionstheorie“ Koll. Zeitschr. 26, 1 bis 10 (1920).
Q. Hüfner u. E. Gansser: siehe bei Hämoglobin.
The Svedberg: Die Methoden zur Herstellung kolloider Lösungen anorganischer Stoffe. Dresden 1909.
R. Zsigmondy: Koll. Zeitschr. 13, 105 bis 112 (1913).
W. Mecklenburg u. 8, Valentiner, Zeitschr. f. Instrumentenkunde 34, 209 bis 220 (1914), Physik. Zeitschr. 15, 267 bis 274 (1914).
H. Siedentopf: Berl. klin. Wochenschr. 1904, Nr. 32.
B. Zsigmondy: Zur Erkenntnis der Kolloide. S. 87 (1905).
H. Siedentopf u. R. Zsigmondy: Drudes Annalen d. Phys. (4), 10, 1 bis 39 (1903).
R. Zsigmondy: Phys. Zeitschr. 14, 975 bis 979 (1913). Handhabung des Immersionsultramikroskops : Zsigmondy u. Bachmann: Koll. Zeitschr. 14, 283 bis 295 (1914). Das Instrument wird von der Firma R. Winkel in Göttingen angefertigt.
A. Cotton et H. Mouton: Les ultramicroscopcs et les objects ultra microscopiques. Paris 1906.
H. Siedentopf: Zcitschr. f. wiss. Mikroskopie 24, 104 bis 108 (1907).
C. Reichert: Zeitschr. d. Allg. Österr. Apoth. Ver. Nr. 6 (1908).
W. V. Ignatowsky: Zèitschr. f. wiss. Mikroskopie 26, 387 bis 390 (1909).
IL Siedentopf: Verh. d. Deutsch. Phys. Ges. 12, 6 bis 47 (1910).
F. Jentzsch: Verh. d. Deutsch. Phys. Ges. 12, 875 bis 991 (1910).
vgl. ferner H. Siedentopf: Über bisphärische Spiegelkondensoren für Ultramikroskopie. Annalen d. Phys. (4) 39, 1175 bis 1184 (1912).
Die Methode selbst und ihre Fehlerquellen sind ausführlich behandelt bei H. Siedentopf und R. Zsigmondy: Drudes Annalen d. Phys. (4) 10, 16 bis 29 (1903).
Die durch Auszählen bestimmte mittlere Teilchengröße kann dann um ein Vielfaches den wahren Wert derselben übertreffen. Solche Fälle können eintreten, wenn man mit nicht genügend intensivem Licht oder mit unvollkommenen Apparaten arbeitet. Darauf dürften wohl auch einige ganz fehlerhafte Bestimmungen der Teilchengröße zurückzuführen sein, welche in der Literatur zu finden sind (siehe Abeggs Handbuch II, 1, S. 741, 843). Für kolloides Silber wird der Teilchenradius zu 1,7 × 10–5 cm (also ein Durchmesser von 350 µµ, für kolloides Gold gar der Teilchenradius von 2 bis 6 × 10–5 cm (also ein Durchmesser von 400 bis 1200 ¶µ) angegeben. Solche enormen Teilchen würden schnell zu Boden sinken und im gewöhnlichen Mikroskop sichtbar sein.
G. Wiegner: Kolloidchem. Beihefte, IL Heft 6 bis 7, S. 213 bis 242 (1911).
R. Zsigmondy: Zeitschr. f. Elektrochemie 13, S. 634 (1906).
Wo. Ostwald (Koll. Zeitschr. 11, 290 (1912) unterscheidet dementsprechend zwischen optischen und Dimensionsamikronen.
Für Objektive AA zur Beleuchtung und D* von Zeiß zur Beobachtung bei 6 bis 10 µµ, wenn bei Sonnenlicht beobachtet.
B. Zsigmondy: Zur Erkenntnis der Kolloide. Jena 1905. S. 122.
Die Lineardimensionen der Goldteilchen wurden nach der im Kap. 10 angegebenen Formel berechnet, nachdem Teilchenzahl und Konzentration der Goldlösungen bestimmt worden waren. Die Zahl der submikroskopischen Goldteilchen wurde durch Auszählen von Lösungen möglichst gleicher Teilchengröße ermittelt; es wurden Hydrosole, in denen sich Amikronen befanden, von der Zählung ausgeschlossen. Die Größe amikroskopischer Goldteilchen wurde entsprechend unter Zuhilfenahme der Keimmethode Kap. 40, 3 ermittelt.
Die Stärke- und die Mahlprodukte, Kassel u. Berlin 1882.
W. Migula: Die Bakterien, Leipzig 1903.
R. Zsigmondy: Zur Erkenntnis der Kolloide. Jena 1905. S. 13.
W. Mecklenburg: Zeitschr. f. anorg. Chemie 74, 262 (1912).
Auch als Emulsoide und Suspensoide sind derartige Kolloide unterschieden worden.
Goldhydrosol mit Teilchen von ca. 6,5 µµ.
Sven Odén: Zeitschr. f. phys. Chemie 78, 682 bis 707 (1912).
Vgl. z. B. Svante Arrhenius, Immunochemie, Leipzig 1907.
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Zsigmondy, R. (1912). Einleitung. In: Kolloidchemie Ein Lehrbuch. Chemische Technologie in Einzeldarstellungen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-33915-2_1
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