Genesis

Zusammenfassung

Die Bewegung auf dem wirthschaftlichen Gebiet Deutschlands, welche sich um das Jahr 1875 aus kleinen Anfängen entwickelte und, mächtig fortschreitend, in der reaktionären Tarifreform von 1879 ihren Abschluss fand, unterscheidet sich wesentlich, im Charakter wie in der Intensität, von allen ähnlichen Vorgängen früherer Zeit. Erst seit den politischen Umwälzungen von 1848 bekundete sich überhaupt eine Theilnahme unseres Volkes an wirthschaftlichen Dingen. Damals zuerst bildeten sich geschlossene wirthschaftliche Vereine, um zunächst in dem allmächtig geglaubten Frankfurter Parlament ihre Zolltarife durchzusetzen. Die Freihandelsvereine stützten sich dabei auf den Handel und die Landwirthschaft des deutschen Nordens; die Schutzzollvereine auf die Fabrikinteressen Süddeutschlands, Sachsens und der preussischen Westprovinzen. Der Streit dieser nunmehr organisirten Parteien, bis dahin im Wesentlichen auf die Interessentenkreise und die Nationalökonomen von Fach beschränkt, wuchs allerdings vorübergehend, im Anfang der fünfziger Jahre, in das deutsche Volksleben hinein, als, mit Oesterreich’s Vorschlag des 70-Millionen-Zollbundes, die politischen Gegensätze der beiden deutschen Grossmächte ins Spiel kamen. Als jener für Preussens Machtstellung so gefährliche Plan gefallen und zu dem Differentialzollvertrag von 1853 zusammengeschrumpft, der deutsche Zollverein aber auf geographisch erweiterter Grundlage erneuert war, dauerten zwar die wirthschaftlichen Streitigkeiten der Schutzzoll- und Freihandelsparteien fort und maassen sie, insbesondere in der von der Heydt’schen Periode, ihre Kräfte mit abwechselndem Glück auf dem Gebiet der Eisen- und Garnzölle. Allein diese Kämpfe erschütterten weder Volk noch Staat.